Ich komme allmählich zum Schluss, denn ich kann selbstverständlich nicht auf alle Details der gesamten Bildungspolitik eingehen.
(Abg. Wacker CDU: Am besten, Sie gehen nicht auf Herrn Zeller ein! Das ist vergebliche Liebes- müh!)
Frau Kultusministerin Schavan, Sie hätten schon sehr lange die Möglichkeit gehabt, den Schulen mehr Selbstständigkeit zu geben und damit auch gleichzeitig die Schulverwaltung einer Aufgabenkritik zu unterziehen – mit dem Ziel, die Aufgaben zu begrenzen, Kompetenzen nach unten zu verlagern und von der unsinnigen Dreistufigkeit der Schulverwaltung wegzukommen. Sie haben das nicht getan. Sie haben damit eine Chance verpasst. Denn jetzt hat Ministerpräsident Teufel eigenmächtig gehandelt und angekündigt, die Schulverwaltung, bei der eine unsinnige Mehrstufigkeit besteht, in die vorhandenen Verwaltungsstrukturen einzugliedern. Jetzt besteht nicht mehr die Chance, eine einheitliche Behörde zu schaffen und damit entscheidende Impulse für die Schulentwicklung zu geben. Sie hätten diese Möglichkeit gehabt, haben diese Chance aber vertan. Das muss ich Ihnen jetzt leider vorhalten.
Wenn wir eine selbstständige Schule propagieren, müssen wir auch den Lehrern und Lehrerinnen einiges abverlangen. Für manche ist es auch bequem, unmündig zu sein. Oder anders formuliert: Freiheit ist immer auch anstrengend.
Wenn wir aber Länder wie Holland oder Schweden anschauen, stellen wir fest, dass dort, wo Schulen selbstständig sind, viel mehr Verantwortung für die Qualität der Schulen übernommen wird.
Ein höheres Ansehen von Lehrern und Lehrerinnen stärkt auch den Stellenwert von Bildung in der Gesellschaft.
Und wenn der Stellenwert von Bildung in der Gesellschaft gestärkt wird – da sage ich, das ist Konsens, das wollen wir in diesem Hause alle –,
haben wir auch bessere Chancen, mehr Ressourcen für die Bildung zu verlangen. Gleichzeitig akzeptiert die Gesellschaft auch, dass wir in anderen Bereichen härtere Einschnitte vornehmen müssen.
Frau Kultusministerin Schavan, ich habe in der gestrigen Debatte zum Irak-Konflikt Folgendes behauptet: Ich habe überhaupt kein Verständnis dafür, dass das Kultusministerium in Erwägung zieht, gegen Schülerinnen und Schüler, die für den Frieden demonstriert haben, Sanktionen zu erlassen. Diese Behauptung kann ich so nicht aufrechterhalten und nehme sie mit Bedauern zurück.
Ich muss zugeben, dass ich das schlecht recherchiert habe und sich diese Aussage in Wirklichkeit auf ein Verhalten des Oberschulamts Stuttgart bezog, das allerdings eine nachgeordnete Behörde ist, für die Sie auch Verantwortung haben. Jedenfalls kann ich den Vorwurf in dieser Form nicht aufrechterhalten. Da ich der Ansicht bin, dass wir genügend Differenzen haben, brauchen wir ja nicht irgendwelche noch zu erfinden.
Frau Ministerin, Sie haben jetzt zur Verfügung gestellt, was Ihr Haus zu dieser Frage gesagt hat. Dies ist für die heutige Debatte sehr aufschlussreich. Dazu gibt es drei Erklärungen, in denen Ihr Haus Verschiedenes sagt. Einmal heißt es: Das Kultusministerium erwartet, dass solche Aufforderungen zur Demonstration unterbleiben, dass dafür Sorge getragen wird, dass die Demonstrationen nicht in der Unterrichtszeit stattfinden. Weiter heißt es, dass die Dienstpflicht es Lehrerinnen und Lehrern verbietet, während ihrer Dienstzeit an solchen Demonstrationen teilzunehmen. Dann sagen Sie noch – das ist natürlich sehr interpretationsfähig –, das Kultusministerium bittet die Schulleitungen außerdem darum, bei Schulpflichtverletzung ebenfalls in geeigneter Weise zu reagieren.
Dann gibt es noch einen sehr interessanten Chat, in dem Sie mit Schülern auch über diese Frage diskutieren. Einen Abschnitt daraus halte ich für sehr interessant. Auf eine Schülereinlassung „Ich möchte gegen den Irak-Krieg demonstrieren, wie viele meiner Klassenkameraden auch. Wird die Schule am Donnerstag oder wann auch immer ausfallen?“
antworten Sie: „Nein, die Schule wird nicht ausfallen. Demonstrationen sollten nach dem Unterricht stattfinden. Ansonsten wird es viel Unterrichtsausfall geben. Das finde ich nicht in Ordnung.“ Pepe antwortet: „Warum nur in der unterrichtsfreien Zeit? Der Krieg ist doch kein Freizeitthema.“
Wenn ich dies lese und auf die heutige Debatte beziehe, dann muss ich fragen: Mit welchem Geist führen Sie eigentlich eine Schulreform? Der Krieg im Irak ist ein Thema, das die ganze Welt und die Nation aufrührt. Fragen kommen auf, ob und wie man da demonstriert, nach der Schule oder während der Unterrichtszeit. In der Schulleitung sitzen erfahrene Pädagogen. Ich muss dazu sagen: Wenn eine Schule nicht selbstständig entscheiden kann, ohne dass in irgendeiner Weise von oben kommentiert und reglementiert wird – wo doch an den Schulen erfahrene Pädagogen sind, die das Schulgesetz und ihre Aufgaben kennen, die in einem solchen Fall mit Schülern und Eltern diskutieren –, wenn man es den Schulen nicht zutraut, ein solches Problem selbst zu regeln, dann hat man kein Vertrauen in Schulen und Lehrerschaft, dass sie die wesentlichen Fragen, die sich an einer Schule stellen, selbstständig beantworten.
Sie haben vorhin in Ihrer Regierungserklärung von Einsicht und Erfahrung, ganzheitlicher Auffassung von Bildung gesprochen. Wenn es jetzt bei der Frage von Krieg und Frieden exemplarisch darum geht – – Man muss darüber diskutieren, aber man muss auch einmal seine Emotionen zeigen. Der Diskussion um Frieden müssen ja überhaupt erst der Wille und die Emotion dafür vorausgehen.
Ich sage das alles nur deshalb: Wenn man nicht einmal glaubt, dass die Schulen ohne die Aufsicht von oben ein solches Problem selbstständig und verantwortlich lösen können, dann, finde ich, hat man kein Vertrauen in die einzelne Schule. Das ist im Kern unsere Kritik. Eine selbstständige Schule setzt natürlich voraus, dass man Vertrauen in die Akteure vor Ort hat.
Wir haben dieses Vertrauen. Darum sagt, glaube ich, die Auseinandersetzung über eine solche Frage schon sehr viel darüber aus, mit welchem Geist und welchem Ziel man eine Reform macht. Dafür war das ein gutes Beispiel.
Aber bei aller Interpretation enthebt das nicht davon, dass man keine Vorwürfe machen sollte, die nicht korrekt sind. Das tut mir Leid.
Ich werde mich wirklich bemühen, in Zukunft genauer zu recherchieren und keine falschen Vorhaltungen zu machen. Ich bitte da noch einmal um Entschuldigung.
(Beifall bei den Grünen – Abg. Wieser CDU: Sehr gut! – Abg. Fischer SPD: Davon kann der Haas et- was lernen!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich gehe zunächst kurz auf den Beitrag von Herrn Kretschmann ein und bedanke mich für die Richtigstellung. Ich sage zu dem Kommentar: Ich teile Ihre Meinung. Die Entscheidung, ob Unterricht offiziell ausfällt, um Schülerinnen und Schülern die Teilnahme an einer Demonstration, gleich welcher Art, zu ermöglichen, ist Sache der Schule.
(Beifall des Abg. Wieser CDU – Abg. Wieser CDU: Sehr gut! Dazu habe ich nie den Minister ge- braucht!)
Eltern haben aber im Ministerium angerufen und darüber geklagt, dass am Vorabend bei einem Elternabend die Eltern aufgefordert worden seien – die Eltern! –, Entschuldigungen für ihre Kinder zu schreiben,
damit sie auf Wunsch der Schule an einer Demonstration teilnehmen können. Sie werden verstehen, dass es die Aufgabe und die Pflicht eines Kultusministeriums ist,
bei solchen Nachfragen von mehreren Eltern zu sagen: Das Kultusministerium ordnet die Teilnahme an Demonstrationen nicht an. Das gehört auch zum Thema.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP sowie der Abg. Renate Rastätter GRÜNE – Abg. Schmiedel SPD: Das wäre ja noch schöner! – Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)