Protocol of the Session on March 26, 2003

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Beim Staatsaufbau müssen wir darüber nachdenken, welche zentralen Aufgaben von den Ministerien bis an die Basis reichen. Hier gibt es drei Bereiche: die Justiz – diese lassen Sie –, die Polizei, um Durchgriffsrechte zu haben – die verändern Sie; wir halten es für eine völlige Schnapsidee, Polizeidirektionen in Landratsämter zu integrieren –, und die Finanzverwaltung. Das sind die drei Bereiche.

Ich sage Ihnen: Es ist völliger Unsinn, die Polizei in Landratsämter zu integrieren. Sie werden den erbitterten Widerstand der Polizei selber, aber auch von uns Sozialdemokraten erleben, weil dies Unsinn ist. Das ist nicht durchdacht.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Scheuer- mann CDU)

Ich kann Ihnen gleich einmal sagen, wie das Ihre Abgeordneten sehen, Herr Scheuermann. In der „Schwäbischen

Post“ von heute steht: „Die jetzt anvisierte Reform betreffe nur die Verwaltung, erklärte der Landtagsabgeordnete Winfried Mack, CDU.“ Der muss es wissen; er kommt ja aus dem Staatsministerium.

(Zuruf des Abg. Mack CDU)

„Alle Behörden blieben unter staatlicher Hoheit; der Landrat sei nur ‚formal‘ der Chef.“

(Lachen bei der SPD)

Na bitte, das ist eine Reform! Da schiebt man alles herum, und nachher ist der Landrat nur noch formal Chef. Das ist eine tolle Aussage zu Ihrer Verwaltungsreform.

Ein Zweites: Wo ist denn die Diskussion mit den Beschäftigten darüber, Ämter mit hineinzunehmen? In dem Artikel heißt es weiter: „Keinen Kommentar zu den Plänen der Landesregierung darf Polizeidirektor Gerhard Wiest abgeben. Per Fax sei aus Stuttgart die Order gekommen, dass nur das Innenministerium zu der Überlegung Stellung nehmen dürfe, erklärte der Chef der Polizei im Ostalbkreis.“ Das ist eine tolle Mitarbeiterbeteiligung an der Reform, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Abg. Wieser CDU: Bei uns wird die Politik vom Minister gemacht!)

Nicht mehr lange.

Zu diesem Durcheinander will ich Ihnen zum Schluss nur noch eines sagen, wenn ich die vier Seiten der Konzeption im Einzelnen durchlese: Eingliederung in die Stadt- und Landkreise, Vermessungs- und Flurneuordnungsämter. Wenn ich es richtig weiß, haben wir mit viel Geld erst vor kurzem einen Landesbetrieb Vermessungsamt errichtet. Wir haben mit viel Geld alles Mögliche zusammengebracht. Jetzt zerschlagen Sie es wieder und verteilen es auf die 35 Landkreise und 9 Stadtkreise. Das ist eine völlig irre Politik.

Sie werfen Geld hinaus und verunsichern die Leute. Das kommt davon, wenn man von heute auf morgen einen Reformvorschlag einbringt, den man mit Gewalt durchsetzen will. Das ist die Politik der CDU. Wir werden dagegen entschiedenen Widerstand leisten, weil das, was Sie machen wollen, Quatsch ist.

Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Hofer.

(Abg. Gustav-Adolf Haas SPD: Die FDP/DVP ist auch dabei! – Abg. Capezzuto SPD: Es gibt eigent- lich nichts mehr zu sagen!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Als wir gestern in der FDP/DVP-Fraktion die Vorschläge zur Verwaltungsreform behandelt haben,

(Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

haben wir ihnen, wie Sie sicherlich mitbekommen haben, einstimmig zugestimmt. Wir haben dazu keine Stunde gebraucht,

(Lachen bei der SPD und den Grünen – Abg. Schmiedel SPD: In verschlossenem Umschlag! – Abg. Gustav-Adolf Haas SPD: Befehlsempfänger!)

nicht weil wir es uns leicht gemacht haben, sondern weil es uns leicht gefallen ist.

(Beifall der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Denn wir haben in weiten Passagen über Vorschläge abgestimmt, wie wir sie schon seit Monaten – immer wieder gestützt auf das Hesse-Gutachten – vorgestellt haben.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Zuruf des Abg. Seimetz CDU)

Das Hesse-Gutachten ist durch zum Teil weiter reichende Vorschläge noch übertroffen worden. Ich komme nachher darauf zurück. Aber wir sagen unumwunden: Wir gratulieren dem Herrn Ministerpräsidenten zu diesen weitreichenden, konsequenten

(Oh-Rufe von der SPD – Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU)

und vor allem umsetzbaren Vorschlägen.

(Abg. Göschel SPD: Das war jetzt der Kotau!)

Uns hat nicht so sehr die Tragweite dieser Vorschläge überrascht. Da habe ich immer gelesen, dass die Vorschläge sehr weit gingen und dass dies ungeheuer sei. Mich hat nicht die Tragweite überrascht. Denn die Tragweite haben wir, ohne dass wir die gleiche Resonanz hatten, eigentlich immer gekannt und auch vorgestellt.

Mich hat viel mehr überrascht, dass es angesichts der gegenwärtigen Haushaltssituation, die auch anhält, möglich war, diesen Sprung zu machen. Ich habe auch allen Respekt vor unserem Koalitionspartner, vor der CDU-Fraktion, die dies angesichts der Notsituation im Haushalt so beschlossen hat. Das hat überrascht.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Natürlich ist es ein Unterschied in der Wahrnehmung, ob die Botschaft von der FDP/DVP-Fraktion kommt oder vom Ministerpräsidenten dieses Landes.

Ich habe auch ein bisschen den Eindruck, Herr Drexler, und uns tut es auch ein bisschen Leid – das sage ich ganz offen –, dass dieses Thema eigentlich nicht mehr allein unser Thema innerhalb der Koalition ist.

(Zuruf des Abg. Drexler SPD)

Aber bei Ihnen habe ich den Eindruck, Sie sind schon sehr enttäuscht, dass die Koalition diesen Weg jetzt ganz konsequent beschreitet

(Lachen bei Abgeordneten der SPD – Abg. Drexler SPD: Den falschen!)

und dass Ihnen das Agieren im Grunde weggenommen worden ist.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Abg. Kretschmann GRÜNE: Wir sind froh, dass Sie überhaupt einmal etwas machen! – Zuruf des Abg. Drexler SPD)

Ein ganz wichtiger Punkt dieser Vorschläge zur Verwaltungsreform ist – das ist der erste Punkt –, dass man nicht, wie wir das in der Vergangenheit durchaus mit einigen guten Ergebnissen und Erfolgen gemacht haben, einmal da und einmal dort ansetzt, sondern ein ganzheitlicher Ansatz verfolgt wird, der als Prüfauftrag in seiner Gänze selbstverständlich zu einer Haushaltsstrukturkommission gehört. Denn ich kann ja nicht alles Mögliche auf den Prüfstand stellen, aber die Frage einer ganzheitlichen Überprüfung einer Verwaltungsreform, die Frage der Übermöblierung, die wir im behördlichen Bereich in diesem Land unstreitig haben, ausklammern. Dies wird aufgenommen, und das halte ich für ausgezeichnet. Wir können nur sagen: Wir bleiben da auch weiter am Ball.

Natürlich ist der Umfang der Reform beachtlich. Wenn man von 450 Behörden 350 abbaut

(Zurufe von der SPD)

eingliedert –, dann können eigentlich nur Leute, die sich in der Verwaltung relativ schlecht auskennen, sagen, das hätte keine Auswirkungen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Selbstverständlich hat das große Auswirkungen. Ich habe sowieso den Eindruck, dass man sich im Vorfeld mit rigorosen Modellen überbietet, und wenn es an die Umsetzung geht, die wir nicht mehr aufschieben können, weil uns die Not zwingt, dann beginnt man mit dem allgemeinen Wehklagen, wie wir das gewohnt sind, und zwar ausgerechnet von denen, die vorher das meiste verlangen.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Jetzt muss umgesetzt werden. Wir haben übrigens nie ein Hehl daraus gemacht – ich sage das an dieser Stelle auch noch einmal deutlich –, dass sich auch die FDP/DVP-Fraktion und die FDP/DVP insgesamt von Modellen gelöst haben. Wir haben früher auch einmal den Regionalkreis in Betracht gezogen, haben aber festgestellt, dass nichts anderes eintritt als das, was Hesse prophezeit hat, dass all diese Vorschläge, wo jeder jeden auflöst und nirgends sagt, wie es weitergeht, Reformen sind, die zur Erfolglosigkeit verdammt sind. Das sind Sackgassen. Das haben wir erlebt. Weitere Sackgassen können wir uns nicht erlauben. Jetzt muss umgesetzt werden.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Da haben wir uns getrennt.