Protocol of the Session on March 26, 2003

(Abg. Wieser CDU: Das ist doch keine Region!)

mit dem Oberrheinrat –, der sieht, wo in Zukunft die Musik spielt und was die zentrale Ebene einer Verwaltungsstruktur in Baden-Württemberg sein wird.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Das eine schließt doch das andere nicht aus!)

Dies werden nämlich die Regionen sein.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Drexler SPD: Das wäre die vierte Ebe- ne! Das kann doch keiner bezahlen! – Abg. Hofer FDP/DVP: Vernetzen! Heute vernetzt man!)

Wenn man eine Verwaltungsreform macht, die diese Ebenen wieder richtig justiert, mit den Regionen als Kern der mittleren Verwaltungsebene, wird man mit den großen Städten und den kreisfreien Städten als den dynamischen Motoren solcher Regionen

(Abg. Hofer FDP/DVP: Richtig!)

genau die richtige Größenordnung finden.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Sehr gut!)

Das werden dann etwa 15 solcher Kreise sein, die diese Aufgaben wahrnehmen. Und wenn man das erreicht hat, kann man haargenau auf eine Ebene, nämlich die Ebene der Regierungspräsidien, verzichten.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Hofer FDP/DVP: Grenzübergreifender Kreis!)

Was Sie jetzt mit den Landkreisen machen, ist,

(Abg. Drexler SPD: Verstärkung unserer Struktur!)

eine nicht zukunftsfähige Struktur noch zu zementieren, indem Sie noch mehr staatliche Sonderbehörden da hineingliedern. Sie haben völlig verkannt, was Kreise sind. Kreise sind gemischte Verwaltungsebenen der bürgerschaftlichen, also kommunalen Selbstverwaltung und Organe des Staates. Was Sie machen, ist, den staatlichen Teil der kommunalen Selbstverwaltung auf Kreisebene unglaublich aufzublähen. Die Landräte werden bei diesem Konzept immer weniger Vertreter der Kommunen und der Bürgerschaft und immer mehr Vertreter einer Staatsverwaltung.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Es kann gewiss nicht das Ziel einer modernen Verwaltung sein, die staatlichen Strukturen einfach immer mehr in die kommunale Selbstverwaltung hineinzuverlagern. Das ist genau der falsche Weg.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Damit gibt es mehr Mög- lichkeiten für die Kommunen!)

Ich sage Ihnen: Entscheidend ist, das wir die dienstleistungsnahen Teile der Verwaltung – Bauen, alles, was sich ums Kfz dreht, usw., was der Bürger braucht –, auf die Kommunen herunterbrechen müssen.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Richtig! – Beifall bei den Grünen und der SPD sowie des Abg. Hofer FDP/ DVP)

Jede Große Kreisstadt ist selbstverständlich in der Lage, diese Dienstleistungsfunktion der Verwaltung zu erfüllen. Dann habe ich für den Rest der staatlichen Verwaltung auf der Regionalebene die richtige Größe.

(Abg. Alfred Haas CDU: Das machen wir so!)

Ich fasse zusammen: Eine Verwaltungsreform mit den Sonderbehörden zu beginnen, zäumt das Pferd vom Schwanz auf. Man siedelt sie an der völlig falschen Ebene an. Man kann sie nicht richtig lozieren, weil man gar keine Aufgabenbeschreibung und Aufgabenkritik gemacht hat, und man zementiert Verwaltungsstrukturen, die offenkundig im europäischen Kontext überholt sind. Deswegen muss jede sinnhafte Verwaltungsreform Aufgabenanalyse, Aufgabenkritik und Aufgabenreduktion beinhalten. Sie muss die Ebenen neu justieren: Das sind die Regionen als Zentrum. Sie muss die dienstleistungsnahen Funktionen auf die Ebene der Kommunen dezentralisieren. Dann erst hat man zum Schluss eine leistungsfähige Verwaltung, die Grundlage jeder Demokratie ist, eine bürgernahe Verwaltung und eine sparsame Verwaltung.

(Abg. Drexler SPD: Das ist das Wichtigste: schlan- ker und billiger!)

Das ist unser Konzept. Wir sind sicher, das ist das zukunftsfähige und richtige Konzept. Das werden wir als Messlatte

anlegen an das, was Sie tun, werden Sie damit kritisieren und diesen Weg frisch beschreiten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Hofer FDP/DVP: Genau so machen wir es!)

Das Wort erhält der Herr Ministerpräsident.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Politik beginnt mit dem Betrachten der Wirklichkeit. Was ist Wirklichkeit seit der November-Steuerschätzung des letzten Jahres? Ein Ausfall in Milliardenhöhe beim Bund, bei allen Ländern, bei den Städten und Gemeinden. Wenn man nach den Ursachen fragt, dann wird ganz sicher niemand die Stadt Mannheim oder die Stadt Konstanz und wohl auch niemand das Land Nordrhein-Westfalen oder das Land Baden-Württemberg dafür verantwortlich machen, sondern die Ursachen dafür liegen ganz sicher auf einer anderen Ebene, auch wenn wir die Folgen zurzeit in den Städten, Gemeinden und Ländern austragen müssen und Antworten finden müssen.

Ursache ist nicht nur die konjunkturelle Entwicklung mit einem Wachstum, das nennenswert zurückgegangen ist, sondern Ursache ist beispielsweise auch das totale Politikversagen des Bundesfinanzministeriums bei der Körperschaftsteuerneuordnung gewesen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Widerspruch bei der SPD)

Ich habe mir gerade noch einmal die Zahlen für das Land Baden-Württemberg geben lassen. Wir haben allein aufs Land Baden-Württemberg bezogen netto – nach Abzug dessen, was wir im Rahmen des Länderfinanzausgleichs abliefern – mehr als 1 Milliarde € weniger als vor drei Jahren. Mehr als 1 Milliarde € weniger! Das heißt, der Ausfall von einer zusätzlichen Milliarde nach der November-Steuerschätzung könnte von uns allein ausgeglichen werden, wenn wir die Körperschaftsteuereinnahmen des Jahres 2000 hätten. Allein dadurch! Auch wenn Sie vielleicht behaupten, Sie hätten für die konjunkturelle Entwicklung keine Verantwortung – obwohl Sie nichts gegen die Verschlechterung getan haben –, steht jedoch fest, dass Sie für die Körperschaftsteuerentwicklung die volle Verantwortung tragen

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Schmiedel SPD)

und damit auch für den Ausfall von 1 Milliarde € im Jahr 2002 und von 1 Milliarde € im Jahr 2003, was unsere großen Probleme ausmacht.

Nun müssen wir mit diesem Ausfall fertig werden. Wir haben nach der Steuerschätzung vom Mai des letzten Jahres 300 Millionen € eingespart, und die standen uns für einen teilweisen Ausgleich des Ausfalls nach der November-Steuerschätzung bezogen auf das Jahr 2002 zur Verfügung. Aber einen damit noch nicht ausgeglichenen Ausfall von 700 Millionen € konnten wir im Dezember nicht mehr ausgleichen, sondern schleppen ihn in dieses und in das nächste Jahr hinein.

(Ministerpräsident Teufel)

Das führt im Jahr 2003 dazu, dass wir uns, obwohl wir über 500 Millionen € eingespart haben, nun im Nachtragshaushaltsplan, den wir heute verabschieden, mit zusätzlich über 1 Milliarde € verschulden müssen.

Deshalb habe ich beispielsweise vor der Tarifrunde gesagt, wir bräuchten eine Nullrunde, und ich bin dem Kollegen Kretschmann dankbar für seinen Mut, ebenfalls öffentlich eine Nullrunde zu fordern. Es kam, wie wir alle wissen, nicht zu dieser Nullrunde. Nun stehen wir da und sagen: Wir können uns doch im Jahr 2004 nicht zwangsläufig genauso hoch wie im Jahr 2003 verschulden.

Ich sehe aber noch zusätzliche Haushaltsrisiken: Die Steuerschätzung vom November beruht auf der Annahme eines Wirtschaftswachstums von 1,5 %. Herr Clement hat diese Zahl bereits vor einigen Wochen kassiert und gesagt: „Unrealistisch! 1 %!“ Das Finanzministerium in Berlin rechnet jetzt natürlich nicht einmal mehr mit einem Wachstum von 1 %, nachdem alle Sachverständigen sagen, dass die Entwicklung gegen null geht. Wir müssen in der nächsten MaiSteuerschätzung also eher mit weiteren Ausfällen als mit einer positiven Korrektur rechnen.

Wenn wir dann noch bedenken, welche Pensionslast mittelfristig auch auf unser Land zukommt, dann bleibt uns doch angesichts der Ausfälle, die wir nicht zu vertreten haben, und dieser mittelfristigen Risiken gar nichts anderes übrig, als einen radikalen Sparkurs zu fahren, gleichzeitig aber angesichts der verheerenden wirtschaftlichen Entwicklung, der Situation der Bauwirtschaft und der verheerenden Situation des Mittelstands nicht kontraproduktiv zu handeln, indem wir einfach die Investitionen noch mehr zusammenstreichen.

In einem Haushalt, der zu mehr als 50 % aus Personalausgaben besteht – und das trifft auf die Landeshaushalte zu –, bleibt doch, wenn man Antworten auf diese neu entstandene Situation sucht, gar nichts anderes übrig – ob man das will oder nicht –, als auch bei den Personalkosten einzusparen.

Wir werden damit allein die Haushaltsprobleme nicht lösen. Aber ohne Einsparungen bei den Personalkosten werden wir sie überhaupt nicht lösen.

Das ist der Versuch unserer Antwort seitens der Regierung und der sie tragenden Fraktionen: Da der erste Punkt auch von unserem Fraktionsvorsitzenden schon geschildert worden ist, kann ich das in Überschriften machen.

Erstens, das Beamtenbundmodell: Es ist doch höchst bemerkenswert, dass ein Berufsverband als einsamer Rufer in der Wüste in der Lage war, ein eigenes Einsparkonzept vorzulegen. Das unterscheidet ihn doch von allen anderen Gewerkschaften und Berufsverbänden. Das muss man einmal sagen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Das ist verantwortungsbewusstes Handeln, obwohl die Beamten durch eine Umsetzung des Vorschlags des Beamtenbunds nicht nur Nachteile, sondern auch einen Vorteil gehabt hätten. Ich habe mich auf Bundesebene dafür eingesetzt, dass das Beamtenbundmodell umgesetzt wird. Das ist leider nicht mehrheitsfähig geworden. Die Länder haben

sich im Bundesrat aber fast einstimmig dazu entschieden, den Bund aufzufordern, in einem Bundesgesetz den Ländern finanziellen Spielraum beim Urlaubsgeld und beim Weihnachtsgeld zu geben, und der Bundeskanzler hat in seiner Regierungserklärung zugesagt, auf die Vorschläge der Länder positiv einzugehen, sodass ich damit rechne, dass dieses Gesetz kommt und wir dann diese Möglichkeit haben.

(Zuruf von der CDU: Er hat schon viel gesagt! – Gegenruf von der CDU: Und nichts gehalten!)

Es gibt Zwischenrufer, die wahrscheinlich daran zweifeln, dass man darauf bauen kann. Auch ich baue noch nicht darauf. Würde ich darauf bauen, hätten wir für die heutige Sitzung bereits einen konkreten Deckungsvorschlag gemacht. Ich will das Bundesgesetz aber zuerst verabschiedet sehen. Deswegen bleibt es noch beim Pauschalansatz.

Wir sagen nun: Wir gehen zurück und halten uns in eigener Verantwortung an das Beamtenbundmodell. Wir haben den Mut dazu. Es ist leicht, zu sagen, dies sei für die Beamten unzumutbar. Unzumutbar für die Beamten ist, dass sie beim Weihnachtsgeld nennenswerte Einschnitte hinnehmen müssen, ohne dass die Angestellten im Tarifvertrag die gleichen Kürzungen hinnehmen müssen. Das ist nicht gerecht.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Hofer FDP/ DVP)