Protocol of the Session on February 19, 2003

Das wissen wir jetzt auch vor dem Hintergrund der Ergebnisse und der gesellschaftlichen Entwicklung. Die Medienüberflutung und auch die Geschwätzigkeit innerhalb der Gesellschaft führen dazu, dass Sprachwahrnehmung, Sprachverständnis und Sprachkompetenz bei den Kindern nicht mehr so vorhanden sind, wie wir das eigentlich voraussetzen, wenn wir an die Grundschule denken. Deshalb besteht dringender Handlungsbedarf.

(Beifall bei der SPD)

Wenn wir davon ausgehen, dass bis zu 25 000 Kinder eines Jahrgangs hier einen Förderbedarf haben, dann ist es allerhöchste Zeit, dass Sie ein Gesamtkonzept vorlegen, das Kinder ab dem dritten Lebensjahr bis zum Grundschulalter einschließt und das natürlich auch, abgestimmt in Kooperation mit all den Tätigen und Verantwortlichen, dargestellt und vorgestellt werden muss. Denn wenn ich in die Kindergärten hineingehe, stelle ich fest, dass sie im Moment noch keine Ahnung davon haben, was auf sie zukommt, und noch nicht wissen, wie sich das gestalten soll. Auch die Sprachhilfe vor Ort und die Sprachförderer vor Ort wissen noch nicht, wie sie in dieses System integriert werden.

(Abg. Zeller SPD: Genau so ist es!)

Meine Damen und Herren, es geht hier um das, was vielfach auch hier in den Debatten schon besprochen wurde: Es geht um die Schlüsselqualifikationen für die Zukunft. Wir können es uns einfach nicht leisten, Kinder auf der Seite stehen zu lassen. Wir brauchen alle für eine Gesellschaft von morgen, für die Zukunft unseres Landes.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Meine Damen und Herren, der Sozialminister – schade, dass er nicht mehr da ist – hat uns das ja in eindrucksvoller Weise bestätigt. Er spricht sich für die Sprachförderung ab dem dritten Lebensjahr aus. Er hat auch angekündigt, dass er bis Anfang dieses Jahres ein Konzept vorlegen wolle.

(Abg. Schmiedel SPD: Genau! Wo ist es denn?)

Jetzt ist die Frage: Wo ist dieses Konzept? Die Frage ist natürlich berechtigt und auch von der Zeit her angebracht.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Wo ist das Kon- zept?)

Wenn Sie nämlich im Herbst dieses Jahres anfangen wollen, dann müssen Sie jetzt langsam wissen, was Sie wollen, und müssen vor allem mit denen, die das umsetzen sollen und müssen, besprechen, was sie denn zu tun haben und was von ihnen verlangt wird.

(Beifall bei der SPD – Abg. Fischer SPD: So ist es! – Abg. Bebber SPD: Sehr richtig!)

Sie sagen nun, Sie wollten bis zum Frühsommer oder bis zu den Sommerferien den großen Wurf hier einbringen.

(Abg. Braun SPD: Die haben eine andere Zeitrech- nung!)

Ich frage Sie: Warum so spät? Ich frage Sie noch einmal: Wer soll sich dann darauf einstellen können?

(Abg. Dr. Caroli SPD: Wie?)

Vielleicht liegt des Pudels Kern doch darin, wie das Ganze gestrickt ist. Man muss sich das jetzt einmal angucken. Sie haben eine interministerielle Arbeitsgruppe,

(Abg. Braun SPD: Auwei!)

Sie haben eine Projektgruppe bei der Landesstiftung, Sie haben Untergruppen und Steuerungsgruppen, Sie haben eine Vielzahl von Beratungsgremien, aber nichts kommt dabei heraus.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Die machen das, was die Frau Ministerin sagt!)

Hier kreißt ein Berg, und möglicherweise wird ein Mäuslein geboren. Ich verstehe das nicht.

(Abg. Teßmer SPD: Noch nicht einmal ein Mäus- lein!)

Doch die Zeit drängt.

(Dem Redner wird das Ende seiner Redezeit ange- zeigt. – Glocke der Präsidentin)

Frau Präsidentin, ich habe das Zeichen gesehen. Ich brauche noch eine Minute, bitte.

Einen Satz, Herr Staiger.

Die Erzieherinnen und Erzieher, die Sprachhelferinnen und Sprachhelfer, die Lehrerinnen und Lehrer warten darauf, was Sie konzeptionell vorstellen. Sie wollen ihren Sachverstand in diese ganz wichtige bildungspolitische Aufgabe einbringen, und sie sind natürlich auch noch nicht von den Methoden, die Sie zum Beispiel für die Sprachstandsdiagnose anbieten, überzeugt.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Staiger, bitte kommen Sie zum Ende Ihrer Ausführungen.

(Abg. Zeller SPD: Er kommt zum Schluss!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, das Thema ist natürlich in fünf Minuten nicht erschöpfend zu diskutieren, und deshalb

(Abg. Herrmann CDU: Hätten Sie mehr Redezeit beantragt! – Unruhe)

beruhigen Sie sich; das ist kein Problem – werden wir diesen Antrag an den Schulausschuss überweisen. Ich hoffe, dass wir dort eine differenzierte Diskussion über das Konzept zustande bringen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD – Abg. Wacker CDU: Da liegt es uns schon längst vor, da hat es sich erledigt!)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Brunnemer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Das Ziel, das wir hier einvernehmlich verfolgen, ist klar: Wir wollen Kinder in ihrer Sprachfähigkeit bestens ausbilden. Klar ist inzwischen auch, dass die Sprache die zentrale Rolle für die schulischen und die späteren beruflichen Entwicklungschancen eines Kindes spielt. Gerade die ersten Lebensjahre eines Kindes sind dabei besonders wichtig; das sagen uns die Hirnforscher immer wieder, das sagte auch Professor Pöppel beim CDU-Elternforum im Juni 2002.

Lern- und Entwicklungsprozesse beginnen somit in der Familie und werden später durch Erzieherinnen und Lehrer unterstützt und gefördert. Daher brauchen wir die aktive Mitarbeit der Eltern,

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr richtig!)

um die Grundlage für den Erwerb von Kompetenzen zu legen, die für einen erfolgreichen Lebensweg notwendig sind.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Wir brauchen die Partnerschaft und die Zusammenarbeit aller, die für Erziehung und Bildung von Kindern Verantwortung tragen. Insbesondere die Sprachförderung im Vorschulalter und in der Grundschule spielt dabei eine wichtige Rolle; das wurde heute ja schon vielfach erwähnt. Wir haben längst die Konsequenzen daraus gezogen

(Abg. Dr. Caroli SPD: Was? Welche denn?)

und zu den bestehenden Maßnahmen weitere auf den Weg gebracht.

Bereits seit vielen Jahren setzt die Landesregierung einen Schwerpunkt bei der vor- und außerschulischen Sprachförderung von so genannten Kindern mit Migrationshintergrund. Hilfen bei Hausaufgaben, Hilfe beim Erlernen unserer Sprache und Hilfen beim Lernen überhaupt sind für diese Kinder ganz wichtige Angebote. Wenn nämlich in den Familien nur die ausländische Muttersprache gesprochen wird, dann ist es für die Entwicklung eines Kindes ganz entscheidend, dass es über solche Hilfeangebote in unseren schulischen und außerschulischen Alltag hineinwächst. Da gibt es viele ganz hervorragende Projekte und Elterninitiativen, die in der Schule und in deren Umfeld wertvolle Arbeit leisten

(Abg. Schmiedel SPD: Können wir mal über das Vorschulalter sprechen?)

und die Zusammenarbeit von Schülern, Eltern und Schule mit Leben erfüllen.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Jawohl!)

Und dass dieses Angebot Früchte trägt, zeigt PISA. Die Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund

(Zuruf von der SPD: Es gibt aber auch andere Kin- der!)

führt in Baden-Württemberg zu weit besseren Ergebnissen als in den anderen Bundesländern.