Protocol of the Session on February 19, 2003

Wir sehen nach wie vor großen Korrekturbedarf am Gesetzentwurf zur Änderung des Kindergartengesetzes, weil der vorgelegte Gesetzentwurf nicht die Kriterien für ein kinderund familienfreundliches Baden-Württemberg erfüllt. Entgegen den im Vorfeld oder jetzt auch wieder gemachten Aussagen, dass es durch das neue Gesetz auf keinen Fall zu Verschlechterungen kommt,

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Das steht aber drin!)

treten sehr wohl Verschlechterungen auf. Es treten Verschlechterungen für Kinder mit Behinderungen auf, es treten Verschlechterungen für Einrichtungen mit gemeindeübergreifendem Einzugsgebiet auf.

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Das stimmt doch nicht!)

Ich erkläre es Ihnen nachher.

(Zuruf des Abg. Dr. Lasotta CDU)

Gleich, Herr Dr. Lasotta, ganz ruhig! – Es treten auch finanzielle Verschlechterungen für die Kommunen auf, weil die Zuschusspauschalen gedeckelt sind.

Die Kommunalisierung der Kindergartenförderung in § 8 ist ja einer der Schwerpunkte der Neuregelung. Dass die Planungs- und die Finanzierungszuständigkeit auf örtlicher Ebene gebündelt werden, ist in der Tat sachgerecht und zielführend,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

da vor Ort die Kommunen diejenigen sind, die am besten bestimmen können, wie die Angebote aussehen sollen und was bedarfsgerecht ist.

(Zuruf des Abg. Scheuermann CDU)

Wir haben auch immer gesagt: Kommunalisierung ist vom Prinzip her nicht des Teufels, aber es müssen die Rahmenbedingungen stimmen, damit Kommunalisierung Sinn macht.

(Beifall bei den Grünen – Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)

Es steht aber nicht nur die reine Anzahl – wir haben immer über die Anzahl der Plätze geredet – der Kindergartenplätze im Mittelpunkt der Diskussion, sondern es geht auch um die Qualität der Kinderbetreuung. Spätestens seit PISA haben auch die Politikerinnen und Politiker mitbekommen, dass Bildung etwas mit dem Vorschulbereich zu tun hat, dass der Kindergarten, wie es in § 2 des Kinder- und Ju

gendhilfegesetzes steht, neben dem Betreuungsauftrag auch einen Erziehungs- und Bildungsauftrag hat. Um diesen umzusetzen, benötigt man vernünftige Rahmenbedingungen. Das heißt, dass der Kindergarten, wenn er seinem Bildungsund Sprachförderungsauftrag nachkommen soll, dringend Gruppengrößen zurückfahren muss und die Personalausstattung, wenn es darauf ankommt, erweitern muss. Das kostet Geld.

(Zuruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP)

Die Behauptung, wenn die Kinderzahlen zurückgingen, könne man da sparen, stimmt nicht.

(Abg. Hauk CDU: Das wird doch auch nicht getan! – Gegenruf des Abg. Zeller SPD)

Denn die Qualität innerhalb der Kinderbetreuung wird eine andere werden müssen. Außerdem braucht man weitere Ganztagsplätze und auch Plätze für unter Dreijährige. Das kostet auch Geld.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Dr. Lasotta CDU: Sie haben Recht!)

Die Landesregierung gibt Geld. Aber 7 Millionen € an originären Landesmitteln für die unter Dreijährigen, sei es im Bereich der Tagespflege,

(Zuruf des Abg. Hauk CDU)

sei es im Kleinkindbereich, sind ein Nasenwasser und viel zu wenig.

(Beifall des Abg. Schmiedel SPD)

Die Kommunen müssen da viel Geld in die Hand nehmen,

(Abg. Drexler SPD: So ist es!)

um diesen Bereich auszubauen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Alfred Haas CDU: Es gibt keinen Zwang zur kommunalen Mitfinanzierung, Frau Lösch!)

Deshalb besteht die Gefahr, dass die Kommunen angesichts ihrer schlechten Finanzlage eben an der Qualität der Kinderbetreuung sparen.

(Zurufe der Abg. Scheuermann CDU und Dr. Noll FDP/DVP)

Ich will sagen, dass die Kommunen selbstverständlich diejenigen sind, die vor Ort wissen, was am besten ist.

(Beifall der Abg. Dr. Lasotta CDU und Dr. Noll FDP/DVP)

Aber Qualität hat eben etwas mit Finanzen zu tun.

(Abg. Alfred Haas CDU: Nein!)

Natürlich hat Qualität etwas mit Finanzen zu tun. Deshalb sprechen wir uns auch gegen die Deckelung der Förderungsbeträge aus.

(Abg. Alfred Haas CDU: Welche Deckelung? – Abg. Hauk CDU: Es wird doch gar nichts gede- ckelt!)

Ein zweiter Punkt, der gegen die Deckelung spricht: Es gibt nach wie vor Kommunen – –

(Abg. Alfred Haas CDU: Was für eine Decke- lung?)

„Was für eine Deckelung?“ Jetzt schauen Sie einmal in den Gesetzentwurf. Dann erkennen Sie, dass die Förderzuschüsse in der Kinderbetreuung gedeckelt sind bei 394 Millionen €. Herr Haas, guten Morgen!

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP)

Ich habe einen Brief von der Stadt Eislingen bekommen. Die Stadt Eislingen baut in diesem Jahr

(Zuruf des Abg. Walter GRÜNE)

eine Einrichtung mit drei Gruppen für 1 Million €. Die Stadt Eislingen schreibt, dass der Geburtenjahrgang 2001 zahlenmäßig der stärkste seit mehr als 15 Jahren sei.

(Abg. Dr. Lasotta CDU: Ist doch schön!)

Von wegen zurückgehende Kinderzahlen! Aber die Investitionen dieser Kommunen in diesem Jahr gehen in die Pauschalförderungen nicht ein,

(Zuruf des Abg. Dr. Noll FDP/DVP)

weil die Pauschalförderungen auf den Betrag festgeschrieben wurden, der 2002 gezahlt wurde. Ich weiß nicht, ob Sie das jetzt kapiert haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Boris Palmer GRÜNE – Zurufe: Nein! – Zurufe von der CDU – Glocke des Präsidenten)

Frau Kollegin Lösch, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Haas?

(Zurufe von der SPD: Nein!)

Ja oder nein?