Protocol of the Session on January 23, 2003

Wir haben eine andere; wir werden noch unseren parlamentarischen Antrag diskutieren. Beides muss in einem demokratischen Rechtsstaat liberaler Prägung möglich sein, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Anhaltender Beifall bei der SPD und den Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Pfister.

(Abg. Heike Dederer und Abg. Boris Palmer GRÜ- NE: Jetzt kommt der Liberale!)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Um es noch einmal vorwegzunehmen: Es wird kein Verbot dieser Ausstellung geben.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Sehr großzügig! – Abg. Birzele SPD: An sich eine Selbstverständlich- keit! – Zuruf von der SPD: Das wäre ja noch schö- ner!)

Das hängt nicht nur mit formalen Gründen zusammen, sondern das hängt auch damit zusammen, dass zunächst einmal gilt – was von mir auch als richtig empfunden wird –, was die Grünen in ihrer Einladung geschrieben haben, nämlich dass die freie Mitteilung der Gedanken und Meinungen eines der kostbarsten Rechte der Menschen ist.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Hauk CDU)

Das bleibt zunächst einmal stehen; das ist auch die Meinung der Fraktion der FDP/DVP. Nur sage ich im gleichen Atemzug: Freiheit ist nicht grenzenlos, sondern Freiheit ist immer auch mit Verantwortung verbunden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Lasotta CDU: Sehr richtig!)

Die Freiheit endet dort, wo die Unfreiheit des anderen beginnt. Das heißt, wir stehen vor der Frage, ob die Unfreiheit, das heißt auch die Diffamierung des Einzelnen nicht an der Stelle beginnt, wo demokratisch gewählte Politikerinnen und Politiker in die Grauzone und in die Nähe des Neofaschismus gerückt werden.

(Abg. Drexler SPD: Das ist nicht der Fall! – Zuruf des Abg. Fischer SPD)

Ich werde Ihnen nachher Beispiele dafür bringen, Herr Kollege Fischer, dass genau dies auch Bestandteil dieser Ausstellung ist. Wenn dem so ist, dann behaupte ich, dass an dieser Stelle nicht nur eine Freiheitsbeschädigung des Einzelnen stattfindet, sondern dass damit zugleich eine Diffamierung von demokratisch gewählten Politikern festzustellen ist, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Ich war in der Vergangenheit – und ich gehöre diesem Hause schon einige Zeit an – stolz darauf, dass zwischen SPD, Grüne, FDP/DVP und CDU zumindest in einem Punkt kein Blatt gepasst hat: wenn es darum ging, rechtsradikale Gruppierungen, rechtsradikale Fraktionen und Parteien in diesem Hause zu bekämpfen. Es war mit ein Erfolg der demokratischen Fraktionen dieses Parlaments,

(Abg. Hofer FDP/DVP: Sehr richtig!)

dass der Spuk mit den Republikanern bei der letzten Landtagswahl aufgehört hat.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Ich wünsche mir, dass dieses Zusammenstehen der Demokraten im Kampf gegen Rechtsradikalismus weiter fortgesetzt wird. Aber ich wünsche mir genauso, dass die Demokraten im Kampf gegen anders gearteten Extremismus, zum Beispiel auch gegen Linksextremismus, zusammenstehen.

(Beifall des Abg. Theurer FDP/DVP)

Linksextremismus, Rechtsextremismus: Beides ist Extremismus. Alle demokratischen Fraktionen dieses Hauses

dürfen keine Zweifel daran lassen, dass sie politischen Extremismus bekämpfen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Wenn man diesen Rahmen akzeptiert, den ich aufgezeigt habe, dann stellt sich die Frage: Wie fügt sich diese Ausstellung, die, wie gesagt, nicht verboten werden wird,

(Abg. Drexler SPD: Das ist eine Selbstverständ- lichkeit!)

die wohl heute Nachmittag um 13 Uhr eröffnet wird, in diesen Rahmen ein? Ich will gar nicht versuchen, Ihnen dazu meine persönliche Überzeugung darzulegen. Das ist auch ein bisschen schwierig, weil ich mir die Ausstellung erst einmal ansehen muss. Herr Drexler, ich werde sie mir ansehen.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Aha!)

Aber ich will Ihnen sagen, dass es natürlich Stellungnahmen dazu gibt. Ich halte es nicht für falsch, wenn man sich zu der Frage „Soll so etwas stattfinden oder nicht stattfinden?“ die eine oder andere Stellungnahme einholt.

Der Bundesverfassungsschutz ebenso wie der Verfassungsschutz des Landes Baden-Württemberg kommen jedenfalls in ihrer Beurteilung zu eindeutigen Ergebnissen. Beide Verfassungsschutzorganisationen kommen zu der Bewertung, dass die Organisationen VVN und BdA eine enge Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit gewaltbereiten linksextremistischen Zusammenschlüssen an den Tag legen.

(Abg. Drexler SPD: Das hat aber nichts mit der Ausstellung zu tun!)

Das hat insofern etwas mit der Ausstellung zu tun, als sowohl Bundesverfassungsschutz als auch Landesverfassungsschutz zu dem Ergebnis kommen, dass der Veranstalter dieser Ausstellung, also der Aussteller selbst – ich meine jetzt nicht die Grünen, sondern VVN und BdA –

(Abg. Schmid SPD: Und die IG Metall auch!)

die lasse ich jetzt einmal außen vor, ich spreche jetzt von der VVN –,

(Abg. Schmid SPD: Was ist mit der IG Metall?)

dass beide Organisationen nicht hundertprozentig auf dem Boden der freiheitlichen Grundordnung stehen. Das ist zunächst einmal festzustellen.

(Abg. Schmid SPD: Was ist mit der IG Metall, Herr Kollege Pfister?)

Herr Kollege Drexler, nachdem Sie vorhin gesagt haben, dass es auch aus pädagogischen Gründen sinnvoll wäre, eine solche Ausstellung zu zeigen,

(Abg. Drexler SPD: Das sage nicht ich, das sagen die Oberschulämter!)

dann will ich Ihnen gerne sagen, dass das Innenministerium in Berlin zu einer exakt anderen Darstellung kommt.

(Abg. Drexler SPD: Wieso? Die sind doch nicht pädagogisch zuständig!)

Das Innenministerium in Berlin sagt – ich will Ihnen das gerne mitteilen –, dass eine solche Ausstellung nicht für sinnvoll erachtet wird

(Abg. Drexler SPD: Weil dort keine Pädagogen sit- zen! – Abg. Boris Palmer GRÜNE: Es geht darum, ob sie verboten wird, und nicht darum, ob sie nur für nicht sinnvoll erklärt wird!)

jetzt seien Sie bitte mal ruhig, Sie müssen schon zuhören –,

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Ich höre zu!)

wenn Organisationen wie die VVN vom Verfassungsschutz als nicht in vollem Umfang auf dem Boden des Grundgesetzes stehend eingestuft werden. Das Bundesinnenministerium sagt dann weiter, dass diesen durch staatliche oder kommunale Behörden und Einrichtungen keine Plattform für eine solche Ausstellung gegeben werden soll. – So das Innenministerium Berlin, meine Damen und Herren.

(Abg. Drexler SPD: Da ist doch über die Pädago- gik gar nichts gesagt!)

Ich will das nur einmal zur Kenntnis geben, damit Sie erkennen, dass es auch anders gesehen wird.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Drexler SPD: Jetzt sagen Sie doch einmal selber etwas!)

Das Bundesinnenministerium teilt im Übrigen die Einschätzung des Bundesamts und auch des Landesamts für Verfassungsschutz.

Aber, meine Damen und Herren, der entscheidende Punkt ist wirklich der folgende, und darauf will ich noch einmal abstellen: Es wird, wie gesagt, kein Verbot dieser Ausstellung geben,

(Abg. Carla Bregenzer SPD: Das geht ja gar nicht!)