Das hat man auch in der Vergangenheit nicht getan. Wir haben schon zu Beginn unserer Koalition die Zahl der Ministerien von elf auf neun reduziert. Das wird man auch in Zukunft immer wieder diskutieren müssen. Das hat überhaupt
nichts mit Majestätsbeleidigung zu tun. Vielmehr müssen die Ergebnisse auch als Erstes oben sichtbar sein, wenn eine Verwaltungsreform von oben nach unten ansetzt. Das ist eine Logik, um die man meines Erachtens nicht herumkommt.
Lieber Herr Drexler, ich habe vorhin gehört, es würde nicht genügend gemacht, was die zahlenmäßige Verringerung der Landesoberbehörden und -mittelbehörden angeht. Das Hesse-Gutachten kommt zu einer zahlenmäßig viel größeren Verringerung, als Sie mit der Schaffung von Regionalämtern anstreben.
Nicht umsonst ist der Bund der Steuerzahler darüber ganz erfreut – was nicht immer richtig ist; denn es geht nicht nur um Einsparung, sondern auch um die Wettbewerbsfähigkeit einer modernen Verwaltung.
Übrigens – weil vorhin das Thema Länderaufgliederung angesprochen worden ist, Herr Heinz – machen wir auch andere Vorschläge. Ich bin da auch guten Willens, aber ich weiß auch, dass es da einige Hürden gibt. Wir schlagen vor – wieder gestützt auf das Gutachten –, doch wenigstens einen ersten Schritt zu machen und einmal zu überlegen, ob man Länderkooperation nicht durch gemeinsame Einrichtungen verstärken kann. Das kann man insbesondere dort machen – da gibt es ganz detaillierte Vorschläge –, wo es um spezialisierte Dinge oder um reine Bildungseinrichtungen geht. Eine Feuerwehrschule etwa könnte das Land Baden-Württemberg auch zusammen mit einem anderen Bundesland schaffen. Man kann sich selbst einmal überlegen, ob jedes Bundesland ein Landeskriminalamt haben muss. So könnte man nicht nur über Ländervereinigung reden, sondern möglicherweise erst einmal eine Zusammenarbeit praktizieren. Dann tut man sich nachher vielleicht auch leichter.
Außerdem schlagen wir vor, dass man zusätzlich verstärkt Landesbetriebe einrichtet, zum Beispiel für die Forstwirtschaft.
Vorhin wurde, glaube ich, das Thema Schulverwaltung angesprochen: Wir machen ganz konkrete Vorschläge, wie man durch mehr Autonomie bei den Schulen selbst die Lasten der Behörden bei der Erledigung von Aufgaben verringert und dadurch zu einem Wegfall einer Verwaltungsebene kommt.
Die Vorschläge liegen auf dem Tisch. Ich werde nachher auch sagen, wie wir weiter damit verfahren wollen.
Übrigens kommen Sie ja bei den Ministerien nahezu deckungsgleich zu den gleichen Ergebnissen wie das HesseGutachten. Erst habe ich gedacht, das sei ein weiteres Plagiat; daran hätten wir uns schon langsam gewöhnt. Aber selbst wenn das so wäre: Ein Plagiat ist die beste Form der Bestätigung.
Jetzt komme ich zu dem Bereich, bei dem wir nicht mehr einer Meinung sind. Das ist kein Detail, wie Herr Drexler meint, sondern es gehört für uns zum Gesamtaufbau dazu. Da gehen die Meinungen eindeutig auseinander. Das ist das Thema
Regionalkreise. Das ist kein ganz taufrischer Vorschlag. Manche sagen, das sei ein Ladenhüter. Ich erinnere an die Achtzigerjahre, an Regierungspräsident Bulling.
Noch früher. – Uns ist es damals schon aufgestoßen. Allerdings – das möchte ich an dieser Stelle ausdrücklich sagen – haben wir diesen Vorschlag früher auch in Betracht gezogen. Es ist nicht so, dass dieser Vorschlag völlig neu wäre. Aber – und da bitte ich Sie einfach, in die Diskussion und in die Überlegungen mit einzusteigen – dieser Vorschlag ist in der Zwischenzeit durch die Entwicklung, insbesondere durch die regionale Entwicklung, überholt. Es hat sich auch gezeigt, dass er für eine Umsetzung – wir dürfen nicht nur von Reformen reden; beim Reden besteht kein Defizit; das Defizit besteht bei der Umsetzung – kontraproduktiv ist.
Erstens einmal bin ich nicht der Meinung, dass das Land Baden-Württemberg am Stuttgarter Wesen genesen sollte.
Wir haben immer gesagt: Stuttgart hat seine Arbeit gut gemacht. Die Region soll diese Arbeit fortführen. Aber regionale Entwicklung heißt auch regionale Vielfalt und Eigentümlichkeiten. Eine regionale Arbeit gestaltet sich in einer grenzüberschreitenden Gegend – im Dreiländereck, im Rhein-Neckar-Dreieck – völlig anders als in der Metropolregion Stuttgart.
Am Bodensee ist es anders als in einem Gebiet des ländlichen Raums. Dies alles über einen Kamm zu scheren schadet einer Regionalentwicklung und tut ihr nicht gut.
Das ist unsere Meinung. Wir sind sehr viel mehr für eine projektbezogene, vernetzende Zusammenarbeit. Da gefällt mir das Karlsruher Beispiel, die Technologieregion Karlsruhe, ausgezeichnet. Diese Art der Zusammenarbeit soll weiterhin stattfinden dürfen.
Der Vorschlag der SPD – hier stimme ich dem Kollegen Heinz zu – bezüglich der Regionalämter führt nun wirklich nicht zu mehr Bürgernähe. Er bewirkt das krasse Gegenteil, nämlich einen Verwaltungszentralismus ältester Prägung.
Ich muss Ihnen sagen – Sie können dies abstreiten, wie Sie wollen –: Der Gemeindetag Baden-Württemberg hat Recht.
Die notwendige Folge wäre dann auch eine neue Gemeindegebietsreform. Das geht gar nicht anders. Wenn Sie auf der einen Seite Regionalkreise mit über 1 Million Einwohner haben, über die Hälfte der Kommunen jedoch weniger als 5 000 Einwohner hat, dann passt das nicht zusammen.
Ich sage Ihnen auch: Lassen Sie uns über den Vorschlag der SPD bezüglich der Regionalämter ruhig diskutieren. Ich bin dafür sehr dankbar, denn man muss immer beide Seiten sehen. Er ist, was die Umsetzung angeht, kontraproduktiv. Ich weiß, je rigoroser ein Vorschlag ist, desto größer ist die Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit und desto öffentlichkeitswirksamer ist dieser Vorschlag,
aber desto unwirksamer ist er bei der Umsetzung. Dies ist eine Vorgehensweise nach dem Motto „Alles auf einmal, alles zur gleichen Zeit: weg mit den Regierungspräsidien, weg mit den Landkreisen und noch schauen, was man mit den Kommunen macht“. Ein Vorgehen nach einem solchen Motto hat in der Bundesrepublik jedes Mal zu gescheiterten Reformen geführt. Das können wir uns nicht mehr erlauben.
Wir wollen also – ich komme zum Schluss – die Landkreise nicht abschaffen, sondern wir wollen sie über die Regionalentwicklung stärken. Wir wollen die Regierungspräsidien in ihrer Struktur bis hin zu ihrer Zahl und ihrem Bestand ständig weiter überprüfen. Wir wollen die Landkreise nicht abschaffen, sondern stärken und dort staatliche Aufgaben kommunalisieren. Dazu gehört bei uns übrigens notwendigerweise auch die Direktwahl des Landrats. Wir wollen weitere Sonderbehörden einbinden oder sie dort, wo dies nicht geht, wenigstens zusammenlegen.
Vor allem aber – und darauf läuft bei uns alles hinaus – wollen und müssen wir den Kommunen mehr Gestaltungsräume bieten. Dafür setzen wir uns ebenso ein wie für die Konnexitätsfinanzierung, die dann ebenfalls eingeführt sein muss, denn sonst geht es natürlich nicht.
Wie geht es jetzt weiter? Unsere Vorschläge sind im Detail derartig ausgearbeitet, dass wir in den nächsten Wochen als Erstes einmal die kommunalen Landesverbände dazu anhören wollen, was sie davon halten. Natürlich sind wir in der Koalition Realisten und werden uns auch vertrauensvoll an unseren Koalitionspartner wenden.
Denn der Umstand, dass von dort bisher noch nicht so furchtbar viel Konkretes gekommen ist, ist kein Hinweis darauf, dass es dort keine Vorstellungen gibt.
Übrigens haben wir, lieber Herr Drexler, im nächsten Jahr die Möglichkeit, eine Art Bürgeranhörung über die Kommunalwahlen zu machen. Dabei werden wir unser Konzept
und Ihr Konzept gegenüberstellen und dabei sehen, was Bürger unter Bürgernähe verstehen und was nicht.
(Abg. Herrmann CDU: Jetzt hat er eine Karte da- bei! – Abg. Pfister FDP/DVP: Er bringt eine Karte mit! Sollen wir sie aufhängen?)