Protocol of the Session on December 12, 2002

(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Und Herr Schröder auch! – Abg. Hofer FDP/DVP: Einschließlich der Abgeordneten!)

und dass dann eben auch die Landesregierung nicht etwa ausgenommen werden darf, sondern eher mit gutem Beispiel vorangehen sollte.

Wenn davon geredet wird, dass man Opfer bringen müsse, muss das bei einem Minister oder jemandem, der 10 000 € verdient, anders aussehen als bei jemandem, der 2 000 oder 3 000 € verdient.

Ich betone, Herr Oettinger: Wir greifen wirklich nicht alles auf, was hier möglich wäre. Man könnte ja auch an die Streichung der 13. Monatsgehälter denken. Es gibt noch eine ganze Reihe anderer Vorschläge. Das wollen wir ausdrücklich nicht. Es soll deutlich gesagt werden: In diesen zentralen Eckpunkten sollen Korrekturen vorgenommen werden, die vertretbar sind. Sie machen keinen arm. Es sind keine wirklich schwerwiegenden Einschnitte. Sie sind vertretbar in Anbetracht der allgemeinen Situation, in der von vielen in unserer Bevölkerung Opfer verlangt werden. Ich erinnere Sie an den Rundbrief des Ministerpräsidenten an die Beamten des Landes. Konsequenterweise müsste dies, so wie wir es vorschlagen, dann auch zu Korrekturen bei der Versorgung der Minister, der Mitglieder der Landesregierung führen.

(Beifall bei der SPD)

Wem darf ich für die CDU das Wort erteilen? – Herr Abg. Oettinger, Sie erhalten das Wort.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen, meine Herren! Der Gesetzentwurf der Sozialdemokraten ist sehr konkret. Er enthält Einzelpunkte, über die man beraten kann. Wir sagen nicht, dass wir ihn generell ablehnen wollten, sondern nehmen mit Ihnen gemeinsam und sicher auch mit anderen Fraktionen diesen Ball auf und werden im Fachausschuss und auch heute schon beraten, wie eine gerechte, leistungsbezogene Vergütung unserer Regierungsmitglieder für die Zukunft aussehen soll.

Nur, Kollege Bebber: So, wie Sie im ersten Teil Ihrer Rede sehr konkret und detailbezogen argumentierten, fand ich Ihren Schluss weniger gut. Die vorletzte Abschmelzung bei der Struktur der Altersversorgung von Ministern stammt aus dem Jahr 1991, bevor Sie in der großen Koalition in Mitverantwortung gewesen sind. Damals hat man den Sockelbetrag des Ruhegehaltssatzes von 50 % auf 45 % zurückgeführt. Die letzte Abschmelzung, Kollege Drexler, stammt aus der letzten Wahlperiode. Das heißt, exakt in den vier Jahren, in denen es Minister und Staatssekretäre der SPD in Baden-Württemberg gab – sie gehören der Generation vor Ihnen und Ihrer Generation an –, haben Sie gar nichts gemacht. Mir scheint, dass Sie nicht mehr daran glauben, jemals wieder in Baden-Württemberg zu regieren, weswegen Ihnen hier eine beliebige Abschmelzung sehr plausibel erscheint.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Drexler SPD: Das ist doch Blech! Die sind doch noch gar nicht in Pension! Das ist ein Unsinn! – Zuruf der Abg. Carla Bregenzer SPD)

Kollege Drexler, Sie haben nachher Gelegenheit zu sprechen.

Wichtig ist folgender generelle Ansatz: Bisher werden Minister in ganz Deutschland nach dem Beamtenrecht dotiert: Besoldungsgruppe B 11. Ich stelle hier schon die entscheidende Frage, ob es auf Dauer notwendig und sinnvoll ist, Minister als Spitzenbeamte zu dotieren, oder ob nicht sehr wohl auch eine andere Vergütung angebracht wäre.

(Abg. Drexler SPD: Deswegen haben wir es doch vorgeschlagen!)

Ich stelle einen Vergleich unter den 16 Bundesländern an, und dabei fällt mir Folgendes auf: Während in Baden-Württemberg, Kollege Bebber, die Privilegierung unserer Regierungsmitglieder so aussieht, dass sie erst nach fünf Jahren Amtszeit einen Grundanspruch auf Ruhegehalt haben,

(Abg. Drexler SPD: Auf 40 %!)

entsteht der Anspruch in allen anderen Ländern sehr viel früher. Die Mindestamtszeit beträgt im Bund zwei Jahre, in Berlin vier Jahre, in Bremen zwei Jahre, in Hessen zwei Jahre, in Niedersachsen zwei Jahre, in NRW – wie bei uns – fünf Jahre und in Rheinland-Pfalz fünf Jahre. Das heißt, man sollte, wenn man die besseren Bestandteile bei uns darstellt und daran etwas korrigieren will, schon auch die Gesamtbetrachtung vornehmen: In Baden-Württemberg be

trägt die Mindestamtszeit fünf Jahre. Es gibt keine längere, aber es gibt in der Mehrzahl der anderen Länder und beim Bund sehr viel kürzere Zeiten.

Zweitens: In Baden-Württemberg liegt die Pension über dem Bundesdurchschnitt. Das stimmt. Aber die Altersgrenze von 55 Jahren bis zur Auszahlung des Ruhegehalts gibt es ausnahmslos in jedem anderen Land.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Außer Bremen!)

Nur Bremen hat eine Grenze von 59 Jahren. Der Bund hat 55 Jahre und 15 Bundesländer ebenso. Wenn wir jetzt auf 65 Jahre gehen sollen, müssen Sie wissen, dass wir damit in Baden-Württemberg einen Vorschlag haben, der eine völlig andere Struktur aufweist – über die man reden kann – und mit dessen Umsetzung wir uns im Ländervergleich erheblich verschlechtern würden.

Ich stelle fest, dass eine vergleichbare Initiative in Ländern, in denen Sie regieren oder in denen Sie auch in Zukunft Chancen suchen zu regieren, nicht ergriffen wird. Das heißt, wir gehen hier im Grunde genommen einen baden-württembergischen Sonderweg.

Der entscheidende Faktor ist der, den ich als dritten nennen will: In unserem Land ist die Altersversorgung deutlich besser als im Bundesschnitt. Das stimmt. Aber die Barvergütung ist weit schlechter als im Schnitt der anderen Länder und beim Bund.

Ganz konkret: Ein Minister in Baden-Württemberg bekommt B 11. Ein Regierungsmitglied im Saarland und in Thüringen – ich zitiere ganz konkret – bekommt ebenfalls B 11, obwohl die Verantwortung dort weit geringer ist, da diese Länder eine geringere Einwohnerzahl haben. Auch in Brandenburg bekommt ein Regierungsmitglied B 11.

Aber jetzt geht es los. Wir haben drei Länder, die gleich viel bezahlen wie wir. Die Barvergütung von Ministern ist im Saarland, in Thüringen und in Brandenburg gleich. Schon Berlin gibt seinen Bürgermeistern B 11 plus 7 %; 7 % mehr als Baden-Württemberg. Niedersachsen gibt seinen Ministern 7,55 % mehr. Nordrhein-Westfalen gibt seinen Ministern gleich viel wie Baden-Württemberg seinem Ministerpräsidenten. Bayern gibt seinen Ministern drei Sechzehntel mehr als wir. Und Hamburg schlägt dem Fass den Boden aus. In Hamburg bekommt ein Senatsmitglied B 11 plus 23 %.

Was meine ich damit? Mit uns kann man über eine Kürzung der Pension reden. Ich glaube aber, dass dann ein Minister während seiner aktiven Tätigkeit ein höheres Amtsgehalt bekommen soll.

(Beifall bei der CDU)

Unser Angebot ist Folgendes: Lassen Sie uns einmal den Vergleich im Gesamten sehen. Ich halte es für nicht in Ordnung, wenn man dort, wo sich Baden-Württemberg im Vergleich zu anderen Ländern etwas besser stellt, kappt und alles andere, wo wir deutlich schlechter liegen, nicht erwähnt.

Damit komme ich zu einem Grundgedanken, der mir persönlich wichtig ist – das muss nicht die Fraktionsmeinung sein; wir haben darüber noch nicht beraten; wir tun dies, be

vor der Ausschuss tagt –: Ich glaube, dass es gelingen muss, dass auch in Zukunft die besten Köpfe aus Gesellschaft, Wirtschaft und Gewerkschaft bereit sind, auf Zeit Verantwortung in Regierung und Politik zu übernehmen. Wer immer nur abschmelzt und nicht umbaut, erreicht dies nicht. Ich glaube, dass unsere Altersversorgung im Beamtenbereich, in der Wirtschaft und in der Politik in der jetzigen Höhe mittelfristig nicht haltbar ist und Abschmelzungen notwendig sind. Aber ich meine schon, dass ein Minister eines großen Flächenlandes wie Baden-Württemberg, der für wichtige Bereiche, für Dienstleistungen und für eine große Zahl von Mitarbeitern Verantwortung trägt, der jederzeit kündbar ist, der erst nach fünf Jahren Amtszeit überhaupt Anspruch auf den Sockelbetrag, auf eine Grundversorgung hat, eine angemessene und im Vergleich zur Wirtschaft eher höhere Bezahlung erhalten sollte als heute.

Dafür hat ja einmal der Ihrer Partei angehörende Regierungschef Clement seinerzeit gemeinsam mit Stoiber bei Roland Berger ein Gutachten in Auftrag gegeben. Das Gutachten hat in etwa vorgeschlagen: Verdopple die Vergütung im aktiven Dienst, und streiche die Pension. Sie gehen jetzt an die Pension heran, aber zu der Bezahlung im aktiven Dienst sagen Sie nichts. Ich glaube schon, dass hier der Vergleich mit einem Kreissparkassendirektor oder mit dem Direktor einer Volksbank nicht unangebracht ist. Ich halte es nicht für richtig, dass ein Sparkassendirektor mehr verdient als ein Minister.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich halte es für falsch, dass bei Bosch die vierte Reihe – ich rede nicht von der Geschäftsleitung –, ein kleiner Werksleiter, mehr verdient als ein Minister.

Deswegen fordere ich Sie auf: Werden Sie nicht populistisch.

(Lachen bei der SPD)

Stellen Sie sich der Frage, ob Baden-Württemberg bei der Barvergütung von Ministern mit B 11 nicht im hinteren Mittelfeld liegt, also weniger als jedes andere Flächenland gibt, sodass hier genauso Handlungsbedarf besteht.

(Beifall bei der CDU)

Dann noch ein Satz zur aktuellen Situation. In der Tat streben wir die Nullrunde an. Wir streben im öffentlichen Dienst an, dass für jeden, der Arbeiter oder Angestellter oder Beamter ist, im nächsten Jahr Arbeitsplatzsicherheit besteht und das gleiche Gehalt wie bisher bezahlt wird. Aber eine Steigerung ist nicht drin. Möglicherweise ist eine Einmalzahlung oder eine bescheidene Anpassung für den mittleren und den gehobenen Dienst angebracht. Aber im Prinzip streben wir mit dem Oberbürgermeister, der den Grünen angehört, mit dem Bundesinnenminister, der der SPD angehört,

(Abg. Drexler SPD: Gott sei Dank!)

mit anderen Ländern die Nullrunde an.

Dann, Kollege Bebber, ist doch die Automatik da. Da bedarf es keines Antrags von Ihnen. Die Nullrunde im Beamtenbereich heißt automatisch, dass B 11 B 11 bleibt und

keine Erhöhung kommt, auch nicht für Minister. Deswegen ist Ihre Ausführung hier im Grunde genommen zwar nicht falsch, aber auch nicht nötig und deswegen unangebracht.

(Beifall bei der CDU – Lachen bei der SPD)

Wir bieten – wir nehmen hierbei einen Ball der FDP/DVPFraktion auf – Ihnen folgende Überlegung an: Wäre es nicht richtig, dass sich der Ständige Ausschuss einmal sachverständig beraten lässt?

(Abg. Drexler SPD: Experten!)

Ich schlage Ihnen vor, dass ein Personalvermittler aus der Unternehmensberatung, ein Wirtschaftsprüfer, ein Gewerkschaftsvorsitzender, der selbst über Erfahrung verfügt, was er bekommt,

(Heiterkeit)

ein Arbeitsdirektor und Personalvorstand, ein Arbeitsrechtler und der Bund der Steuerzahler

(Abg. Drexler SPD: Und der Arbeitslose auch noch!)

in den Fachausschuss eingeladen werden, damit sich dieser einmal durch Dritte Rat geben lässt, was für einen Umbau der Gehalts- und der Versorgungsstruktur bei Regierungsmitgliedern mittel- und langfristig der richtige Weg ist.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Alles in allem: Wer das Amtsgehalt und die Versorgung zusammen betrachtet, kommt zu dem Ergebnis, dass in Baden-Württemberg nicht überbezahlt wird. Wer bei der Altersversorgung kürzen will, muss das Amtsgehalt etwas anheben. Ansonsten erreichen wir nicht mehr, dass die besten Köpfe einer Gesellschaft bereit sind, auf Zeit Regierungsverantwortung zu übernehmen.

Vielen Dank.