Protocol of the Session on December 11, 2002

Seit 1993 ist das Wachstum tendenziell zurückgegangen. Daraufhin hat die damalige Regierung bereits Reformen eingeleitet. Diese Reformen haben Sie allerdings abgeschafft oder blockiert. Das ist überhaupt keine Frage.

(Beifall bei der CDU – Abg. Drexler SPD: Lauter Sprüche! Das stimmt alles nicht!)

Wir stehen heute, was das Wirtschaftswachstum betrifft, in Europa an allerletzter Stelle, und auch was den Haushalt

betrifft, hat der Bund neben Portugal die größte Verschuldung in ganz Europa. Das muss einfach festgestellt werden.

Noch einmal: Wir haben – das ist keine Frage – weltweit konjunkturelle Probleme; bei uns sind sie aber ganz besonders stark.

Neben diesen Problemen, die dann zum Konjunktureinbruch geführt haben, hat natürlich auch die stümperhafte Steuerreform, die heute schon ein paar Mal genannt worden ist, dazu beigetragen – –

(Abg. Drexler SPD: Die wollten Sie doch vorzie- hen!)

Herr Drexler, Ihre Zwischenrufe sind genauso falsch wie immer.

(Abg. Drexler SPD: Sie wollten sie doch vorzie- hen!)

Jetzt lassen Sie mich doch weiterreden. Wir wollten sie doch nicht vorziehen. Es geht doch hier um die Körperschaftsteuer, falls Sie den Unterschied kennen. Da bin ich nicht so ganz sicher.

(Beifall bei der CDU – Abg. Drexler SPD: Das ist doch das Letzte! Nehmen Sie Ihre Hand aus der Tasche, wenn Sie mit mir reden!)

Jetzt sagt er, ich soll die Hand aus der Tasche nehmen.

(Zuruf von der CDU: Das sagt er bei jedem!)

Etwas Besseres fällt ihm nicht ein. Sie sind der Lümmel von der ersten Bank.

(Beifall bei der CDU – Abg. Drexler SPD: Also jetzt wird es natürlich schwierig! Also das geht nicht! – Glocke des Präsidenten)

Herr Finanzminister, ich muss feststellen, dass dies nicht dem Sprachgebrauch des Hauses entspricht.

(Abg. Drexler SPD: So ist es! Das war eine Belei- digung! – Abg. Capezzuto SPD: Entschuldigen! Wo sind wir denn?)

Okay. – Die stümperhafte Steuerreform hat ganz entscheidend dazu beigetragen.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass die Körperschaftsteuer im Jahr 2000 noch 46 Milliarden DM eingebracht hat. Sie hat im Jahr 2001 überhaupt nichts mehr eingebracht. Das ist doch der wahre Grund, warum es Bund, Ländern und Gemeinden so schlecht geht.

(Zurufe von den Grünen, u. a. Abg. Heike Dederer: Das war doch in dem alten Recht! Systemumstel- lung! – Unruhe)

Noch einmal, ihr lieben Freunde. Auch das Schreien bringt nichts. Das ist falsch. – Die Bundesregierung ist davon ausgegangen, dass die Eigenkapitalanteile, die mit hohen Steuern belastet waren, über 17 Jahre abgebaut werden.

(Abg. Heike Dederer GRÜNE: 15!)

(Minister Stratthaus)

In der Zwischenzeit sind sie fast vollständig abgebaut. Die Bundesregierung hat nichts Besseres als eine Fußnote, in der sie erklärt, warum uns 46 Milliarden DM fehlen. Dort steht: Das Verhalten der Steuerzahler hat sich anders eingestellt, als es erwartet war. So schreibt uns die Bundesregierung. Das ist der Grund, warum das Geld fehlt.

Neben diesen allgemeinen Steuern kommt noch die Gewerbesteuer hinzu. Auch die Gewerbesteuer ist im letzten Jahr ganz dramatisch eingebrochen. Auch dafür gibt es mehrere Gründe: zum einen die schwache Konjunktur, zum anderen aber auch die Tatsache, dass wir die Gewerbesteuer in den letzten Jahren zu einer reinen Gewinnsteuer gemacht haben, dass wir die Gewerbesteuer zu einer Steuer gemacht haben, die insbesondere größere Unternehmen bezahlen.

Sie können sich erinnern, dass es früher eine Gewerbekapitalsteuer gab. Sie ist abgeschafft worden. Sie können sich erinnern, dass man immer größere Freibeträge eingeräumt hat. Das hat dazu geführt, dass im Grunde genommen nur noch der Gewerbeertrag besteuert wird. Der ist eben ganz besonders konjunkturabhängig. Das ist der Grund für die Ausfälle bei der Gewerbesteuer. Ich führe das deswegen aus, weil es nachher bei der Frage, was wir dagegen tun können, eine Rolle spielt.

Eine weitere Frage, die ganz wichtig war, ist die, dass der Bund sich eine Reihe von Einnahmen verschafft hat, die ganz automatisch zu weniger Einnahmen bei den Kommunen und auch bei den Ländern geführt haben. Es ist heute schon einmal gesagt worden: Man hat für 100 Milliarden DM die UMTS-Lizenzen versteigert. Das führt natürlich zu Mindereinnahmen bei der Körperschaftsteuer und bei der Gewerbesteuer.

Ein Superbeispiel für etwas, was uns viele Milliarden gekostet hat – das müsste eigentlich den Grünen die Haare zu Berge stehen lassen –, sind schließlich die Ökosteuer und die Entfernungspauschale. Der Bund hat die Ökosteuer eingeführt. Als die ersten Autofahrer protestiert haben, wurde die Entfernungspauschale erhöht.

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Sind Sie bereit, die abzusenken?)

Bei der Entfernungspauschale haben die Gemeinden und die Länder Geld verloren, während umgekehrt einzig und allein der Bund die Einnahmen aus der Ökosteuer eingesteckt hat.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Er wird mich jetzt fragen, ob ich bereit bin, die Entfernungspauschale abzuschaffen. Ich sage Ihnen: Wenn wir eine große Steuerreform machen und nicht die Flickschusterei, die Sie bei jeder Gelegenheit betreiben, dann muss auch über diese Dinge nachgedacht werden. Man darf aber natürlich nicht nur hier und dort einmal an einem Schräubchen drehen. Ich darf Ihnen übrigens sagen, dass die Entfernungspauschale gemäß den Petersberger Beschlüssen zumindest sehr stark zurückgefahren werden

sollte. Das nur als Antwort auf die Frage, die Sie gestellt hätten.

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU – Zuruf von der CDU: Das ist ein schlauer Finanzminister!)

Meine Damen und Herren, jetzt komme ich zur Frage, was zu tun ist. Zunächst einmal bin ich der Meinung, dass wir eine bessere Wirtschafts-, Finanz- und Arbeitsmarktpolitik brauchen, damit unsere Wirtschaft eine bessere Konjunktur erhält und dadurch mehr Steuern gezahlt werden. Darüber sind wir uns einig. Das müssen wir nicht bei jeder Gelegenheit diskutieren.

Sowohl Herr Junginger als auch Frau Dederer haben hier die Steuererhöhungen genannt. Meine Damen und Herren, hier ist Ihr Ansatz völlig falsch. Sie machen den Fehler zu sagen, man könne die Steuern erhöhen, dann bleibe alles, wie es ist, und wir hätten mehr Einnahmen. Dies ist ein großer Trugschluss.

(Abg. Scheuermann CDU: So ist es! – Zuruf der Abg. Heike Dederer GRÜNE)

Wenn wir die Wirtschaft weiter belasten, wird die Konjunktur noch schwächer.

(Abg. Kübler CDU: So ist es!)

Dann werden die Steuereinnahmen noch niedriger sein. Ich habe hier ein Zitat eines großen deutschen Politikers, in dem steht: „Steuererhöhungen kommen nicht in Frage. Sie passen nicht in die Landschaft.“

(Abg. Theurer FDP/DVP: Sehr gut! – Beifall des Abg. Theurer FDP/DVP)

Wer hat das gesagt? – Gerhard Schröder, allerdings 14 Tage vor der Bundestagswahl.

Steuererhöhungen können für uns im Augenblick nicht infrage kommen. Diese Denkweise, man könnte einfach den Steuersatz erhöhen, und die Wirtschaft würde dann weiterlaufen wie bisher und wir hätten mehr Einnahmen, ist viel zu fiskalisch und ist deswegen falsch.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Die Frage ist nun tatsächlich: Was ist zu tun? Einige Male ist schon das Konnexitätsprinzip genannt worden. Ich bin auch der Meinung, auch der Bund muss das Konnexitätsprinzip – das nach unserer Verfassung übrigens zwischen dem Land und den Gemeinden besteht – einführen.

(Abg. Junginger SPD: EDV-Ausstattung! Schüler- transporte!)

Lassen Sie mich jetzt gleich einmal weitermachen. – Vorhin ist behauptet worden – das muss ich hier jetzt unbedingt klarstellen –, unser Sparprogramm würde die Gemeinden mit 70 Millionen € belasten. Das ist falsch.

(Abg. Göschel SPD: Sondern?)

(Minister Stratthaus)

Nein. Vielleicht wissen Sie es wirklich nicht. Das ist kein Vorwurf. Das ist eine Aufklärung. Es sind in Wirklichkeit 15 Millionen €.