Protocol of the Session on November 14, 2002

Das wollen wir nur einmal feststellen. Nehmen Sie einmal zur Kenntnis, was das Weltwirtschaftsforum sagt.

(Beifall bei der SPD – Zuruf des Abg. Dr. Reinhart CDU)

Jetzt, Herr Oettinger, hätte mich schon einmal interessiert – Sie stellen sich hier hin und sagen, wir hätten kein Wirtschaftswachstum –: Auf welchen Grundlagen erstellen Sie denn Ihren Nachtrag?

(Abg. Bebber SPD: Das sind doch alles Jammerlap- pen!)

Machen Sie das mit Nullwachstum, oder machen Sie das mit 1,4 %? Welches Wachstum liegt denn Ihrem Nachtrag zugrunde?

(Abg. Pfister FDP/DVP: Das richtet sich danach, welche Möglichkeiten wir haben!)

Dann sagen Sie es hier doch einmal. Zuerst alles herunterreden und dann einen anderen Haushalt vorlegen, das geht natürlich auch nicht, Herr Pfister.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Pfister FDP/DVP: 0,4 bis 1,0! – Abg. Dr. Birk CDU: Wovon sprechen Sie eigentlich?)

Zweitens: Wir hätten gern etwas zum Ausgleich der Steuermindereinnahmen von 1 Milliarde € gehört. 300 Millionen € seien eingespart worden, sagt der Finanzminister. Das stimmt ja auch. Wir waren von 205 Millionen € ausgegangen. Wenn es 300 Millionen € sind, ist es ja gut. Dann bleiben 700 Millionen €. Wie gleichen Sie jetzt diese 700 Millionen € in diesem Jahr aus?

Im Übrigen erinnere ich mich noch daran, dass Herr Stoiber im Wahlkampf erklärt hat, wir bräuchten eine Steuerreform für eine Entlastung nicht nur des Mittelstands, sondern für die Industrie insgesamt.

(Abg. Oettinger CDU: Vor allem Mittelstand! – Abg. Dr. Birk CDU: Mittelstand und Einzelunter- nehmer!)

Ja, ja, ja. – Die Industrie werde hier mit Steuern geknebelt, hieß es. Jetzt hören wir: Sie hat nichts gezahlt. Wird das Land Baden-Württemberg denn jetzt bei der Reformierung der Körperschaftsteuer, von der die Industrie ja drastisch entlastet wurde, mitmachen, oder wird es nicht mitmachen? Dazu habe ich nichts gehört. Das würde uns einmal interessieren.

(Abg. Schmid SPD: Schulterzucken!)

Das wären Aussagen, die wir heute hören wollten. Wird das Land Baden-Württemberg mitmachen? Nachdem beim Bund 4,2 Milliarden € über die Schließung von Steuerschlupflöchern eingehen sollen und die Länder 2 Milliarden € erhalten sollen, wäre das Land mit 250 Millionen € bis 300 Millionen € pro Jahr dabei. Macht das Land dabei mit, um seine Einnahmesituation zu verbessern, nachdem so viel ausgefallen ist, oder macht es nicht mit? Die Antwort darauf hätten wir heute gern gehört. Es gab keine Antwort von Ihnen, Herr Oettinger,

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Wie immer!)

keine Antwort von Herrn Pfister und auch keine Antwort vom Finanzminister.

Jetzt möchte ich schon noch einmal etwas zu der Frage der Steuerausfälle sagen, Herr Finanzminister. Niemand ist davon ausgegangen, auch Sie nicht, dass die Rückstellungen so schnell aufgelöst werden könnten. Wenn Sie das gewusst haben, dann haben Sie dies natürlich vor der Bundestagswahl auch nicht gesagt,

(Zuruf des Abg. Schmiedel SPD)

und zwar nicht deswegen, weil Sie an die Bundesregierung geglaubt haben, sondern weil Sie geglaubt haben, Sie kämen an die Regierung. Deswegen haben Sie es vor der Wahl nicht gesagt. Wenn Sie es gewusst haben, dann hätte uns auch vorher einmal Ihre Auffassung interessiert, dass null Körperschaftsteuer oder sogar ein Minusbetrag eingeht.

(Abg. Alfred Haas CDU: Das war doch vor der Wahl bekannt!)

Ich habe das vor der Wahl vom Herrn Finanzminister nicht gehört.

Im Übrigen: Von der Landesregierung von Baden-Württemberg habe ich unter der Kohl-Regierung auch nicht viel gehört. Ich habe weder etwas gehört, als man Familien finanzpolitisch falsch besteuert hat, und zwar verfassungswidrig –

(Abg. Dr. Birk CDU: Herr Drexler, kommen Sie end- lich mal in der Gegenwart an!)

da habe ich von dieser Landesregierung nichts gehört –,

(Abg. Dr. Birk CDU: Das war Ihr Fehler!)

noch habe ich, nachdem wir bezüglich des Wachstums innerhalb der EU an letzter Stelle standen, gehört, dass die Landesregierung dies gegeißelt hätte. Zu allem habe ich nichts gehört. Sie haben Ihren Widerstand erst entdeckt, nachdem Sie nicht mehr die Bundesregierung gestellt haben. Vorher haben Sie alles von der Bundesregierung, auch zum Nachteil des Landes, hingenommen.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Heike Dederer GRÜNE)

Herr Oettinger, ich habe auch noch nichts dazu gehört, wie Sie denn diese 700 Millionen € und diese Milliarde Euro decken wollen.

(Abg. Alfred Haas CDU: Entschuldigung, da haben Sie nicht zugehört!)

Da hätte uns heute schon einiges interessiert. – Ja, wir haben einige Vorschläge gehört.

(Abg. Dr. Birk CDU: Und wie stehen Sie dazu? Zur Sache! – Abg. Capezzuto SPD: Die zu nichts füh- ren!)

Ich sage Ihnen zum Beispiel: Bei der Frage Stelleneinsparung haben wir eine ganz klare Haltung. Wir glauben nicht, dass es sinnvoll ist, im Land Baden-Württemberg weiter Stellen einzusparen, aber die Aufgaben sowie die Verwal

tungsstruktur in gleicher Form bestehen zu lassen. Wenn, dann fordern wir das, was wir seit eineinhalb Jahren fordern, nämlich eine Verwaltungsreform, eine Kommission wenigstens,

(Zuruf von der CDU: Schon wieder?)

um die Bürokratie abzubauen.

(Beifall bei der SPD und der Abg. Heike Dederer GRÜNE – Abg. Dr. Birk CDU: Sagen Sie einmal et- was zu den Tarifverhandlungen!)

Dann geht es an die Regierungspräsidien, Herr Pfister, dann geht es an die Oberschulämter. Dann werden wir den Aufbau einmal durchleuchten, und dann können wir über die Frage eines Abbaus der Aufgaben und einer Verringerung der Zahl der Beschäftigten im öffentlichen Dienst reden. Da hoffen wir auf die FDP/DVP.

(Abg. Hauk CDU: Wissen Sie denn überhaupt, wo Personalkosten entstehen? Doch nicht bei den RPs!)

Herr Hauk, Sie stehen im Wald. – Die FDP/DVP ist da interessant. Bei der FDP/DVP erkennen wir wenigstens, dass sie Strukturreformen im Land will. Die CDU will gar keine Strukturreformen. Da hoffen wir, dass die FDP/DVP mit uns mitmacht.

(Abg. Hauk CDU: Reine Nebelkerzenwerferei!)

Herr Hauk, jetzt gehe ich noch mal auf den Bund ein: Eine Partei, die im Bundestagswahlkampf der Bevölkerung Steuergeschenke in Höhe von 86 Milliarden € versprochen hat,

(Abg. Hauk CDU: Das ist notwendig!)

braucht sich hier nicht hinzustellen und von irgendwelchen Lügen zu reden. Das fällt auf Sie zurück.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Alfred Haas CDU: Jetzt klatschen die auch noch zu dem Quatsch!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Theurer.

(Abg. Capezzuto SPD: Jetzt kommt die Apokalypse! – Gegenruf von der CDU: Die haben wir schon in Berlin!)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! In deutschen Landtagen, auch hier in Baden-Württemberg, und im Bund wird über die Frage gestritten, wo eingespart werden kann. Meine Damen und Herren, ich würde gerne einmal darüber streiten, wie wir Überschüsse im Haushalt verteilen, so wie das das niederländische Parlament machen konnte. Wenn man behauptet, es gebe eine weltweite Konjunkturschwäche, dann verkennt man, dass andere westeuropäische Volkswirtschaften mit diesem Problem besser umgehen und dass es anderen Ländern wie Schweden und den Niederlanden sogar gelungen ist, hier eine Trendwende zu erreichen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Daran, meine Damen und Herren, sollten wir uns orientieren. In der Debatte fehlt die klare Grundausrichtung an einer Ordnungspolitik, die Rückbesinnung auf die geistigen Väter der sozialen Marktwirtschaft. Das wäre notwendig. Das habe ich in der Debatte bis jetzt nicht gehört, gestern nicht, als wir über Kinderbetreuung gesprochen haben, und heute nicht, wo es doch darum geht, die Wachstumskräfte unserer Wirtschaft wieder zu wecken, meine Damen und Herren.

Ich darf hier einfach einen der Väter unserer sozialen Marktwirtschaft zitieren.