Dabei muss klar sein, dass wir im Augenblick für plus 10 % gar keinen Spielraum haben. Das ist eine rein virtuelle, akademische Diskussion, in München wie bei Ihnen. Trotzdem, wir machen das mit. Wir müssen aber in der Umsetzung einer Nullrunde bei den Angestellten und Arbeitern prüfen, ob dann nicht eine Absenkung des Weihnachtsgeldes und eine Streichung des Urlaubsgeldes zumutbar sind. Auch dies kündigen wir an. Daraus würde ein Spielraum in der Größenordnung von 300 bis 400 Millionen € erwachsen, der für den Haushalt des Landes Baden-Württemberg ein wichtiger struktureller Einsparbetrag für das nächste Jahr und auch dauerhaft sein kann und der auch die Kommunen in den nächsten Jahren spürbar entlasten kann. Ich kündige diesen Kurs an. Wir unterstützen ihn. Ich bin gespannt, ob das hohe Haus in der gesamten Breite hinter diesem Sparkurs steht.
Wir haben mit Sicherheit einen weiteren Stellenabbau vor uns. In den Beratungen der nächsten Wochen wird es um die Frage gehen, wie die Aufgaben unserer Fachverwaltungen mit noch weniger Mitarbeitern erfüllt werden können. Konkrete Vorschläge dafür werden von der Regierungskoalition mit Sicherheit bis zum Jahresende in den Landtag von Baden-Württemberg eingebracht.
Die Mehrzahl der Ausgaben – namentlich unserer Kommunen, der Landkreise, der Stadtkreise und der Gemeinden – entstehen aber durch Bundesgesetze.
Die Mehrzahl der Leistungen, die vor Ort gezahlt werden, stehen im Bundesrecht. Jetzt hat die alte und neue Bundesregierung eine Kommission zum Thema Kommunalfinanzen eingesetzt, die, so höre ich, jetzt zum dritten Mal tagt, aber bisher ohne befriedigendes Ergebnis geblieben ist.
Ich glaube ernsthaft: Wenn es nicht zu einem Haushaltssicherungsgesetz des Bundes für die Kommunen kommt, wenn es nicht auf Bundesebene die Bereitschaft gibt, die gesetzlichen Leistungen, die die Haushalte der Kreise und Gemeinden belasten, zu deckeln und zu senken,
werden wir in den nächsten Jahren auf kommunaler Ebene vor der Konkurserklärung der Mehrzahl der Gemeinden stehen.
Deswegen habe ich zu dem Stichwort Sozialleistungen, zu dem Stichwort Eingliederungshilfe und zu dem Stichwort, was die Wohlfahrtsverbände als Umlage an Kreise und Gemeinden zu bezahlen haben, die Frage: Sind Sie zu einem Haushaltssanierungsgesetz des Bundes für die Länder und Kommunen bereit, ja oder nein? Bisher haben Sie dazu überhaupt nichts ausgesagt.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. La- sotta CDU: So ist es! – Abg. Drexler SPD: Sagen wir auch nicht!)
Die Ausgaben der Gemeinden und des Landes in den Haushalten 2002 und 2003 sind sauber im Plan. Alle Lehrer sind da, alle Polizeibeamten sind da, alle Hausmeister sind da, alle Lichter sind an, das Salz zum Streuen ist gekauft, und die Abschreibungen laufen. Das heißt, die Ausgaben erfolgen im Grunde genommen plangemäß. Aber die Einnahmen brechen genauso weg, wie die Wirtschaft in Deutschland weggebrochen ist. Jeden Tag gibt es neue Schlagzeilen. Heidelberger Druck baut ab,
Alcatel/SEL baut ab. Das Problem liegt im Grunde genommen darin, dass die Wirtschaft, die Unternehmer und die Arbeitnehmer kein Vertrauen haben, dass in Berlin halbwegs kompetente Politik gemacht wird.
Jetzt nehme ich die Ökosteuer einmal hin. Punkt. Aber dass trotzdem der Rentenversicherungsbeitrag auf 19,5 %
und dann, wenn die Grünen im Deutschen Bundestag morgen Mut beweisen und das Ganze ablehnen, automatisch auf 19,9 % steigt, ist eine Bankrotterklärung Ihrer Politik. Zum Thema Gesundheit und zum Thema Rente haben Sie überhaupt kein Konzept.
(Beifall bei der CDU – Abg. Drexler SPD: Was hät- ten Sie denn gemacht? Die Rentenerhöhung ver- schoben!)
Wenn im nächsten Jahr dem Land Baden-Württemberg netto 1 Milliarde € von 30 Milliarden € fehlt – die Steuerschätzung sagt: 1 Milliarde € weniger als geplant –, dann werden wir, sage ich Ihnen ganz ehrlich, vielleicht 0,3, 0,5 oder 0,6 Milliarden € durch eigene Kraft einsparen können. Aber bei einem Wirtschaftswachstum von nur 0,2 % wie in diesem Jahr, bei Rezession und Stagnation, bei den falschen Entwicklungen, die die Bundespolitik in der Volkswirtschaft verursacht, gleichen wir die 1 Milliarde € im Land nicht zu 100 % aus.
Damit bin ich beim letzten Punkt: Unsere Koalitionsvereinbarung ist älter als die von Rot-Grün. Die von Rot-Grün ist gerade vier Wochen alt. Unsere liegt immerhin eineinhalb Jahre zurück. Aber unsere ist seriöser und aktuell, und Ihre ist längst überholt.
Das Papier Ihrer Regierungserklärung und der Koalitionsvereinbarung ist nach vier Wochen vergilbt, und unsere Koalitionsvereinbarung ist nach eineinhalb Jahren noch immer aktuell.
In unserer Koalitionsvereinbarung steht: Wir streben einen Haushalt ohne Neuverschuldung im Jahre 2006 an. Wir kommen mit der Finanzierung unserer Ausgaben zurecht, indem die Steuereinnahmen dafür ausreichen, wenn – das ist der entscheidende Punkt – die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in Deutschland von Wachstum geprägt ist. Eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts, wie sie Eichel in seiner Konkurserklärung gestern im Grunde genommen einräumen musste, würde den entscheidenden Beitrag darstellen, dass dann und nur dann der Ausgleich auch unseres Haushalts, auch des Haushalts von Baden-Würt
temberg, nicht erreichbar ist. Wir streben weiter die Nullnettoneuverschuldung im Jahre 2006 an. Aber der entscheidende Punkt ist, dass das Rahmendatum, dass die Volkswirtschaft und die Politik in Berlin
derzeit im Grunde genommen von Ratlosigkeit, von Rezession, von Unsicherheit und von einem Wahlbetrug ohnegleichen geprägt sind.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! So ist es halt im baden-württembergischen Landtag: Geht es dem Land gut, ist die CDU verantwortlich, und geht es dem Land schlecht, dann sind das die SPD und die Grünen in Berlin.
(Beifall bei der SPD – Abg. Hoffmann CDU: So ist es! Genau so stimmts! – Abg. Dr. Reinhart CDU: Das stimmt! – Demonstrativer Beifall der Abg. Dr. Vetter und Wacker CDU – Abg. Dr. Birk CDU: Das ist ja geradezu zynisch!)
Herr Oettinger, wenn man den Herrn Finanzminister heute reden gehört hat, dann hat man den Eindruck: Es geht ja allen wahnsinnig schlecht, und eigentlich befinden wir uns in einer Depression, und Sie reden das auch noch herbei.
(Abg. Hauk CDU: Jetzt sind w i r diejenigen, die es herbeireden! – Abg. Pfister FDP/DVP: Lesen Sie doch mal Zeitung! – Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)
Es ist eine ganz schlimme Geschichte. Vor zwei Tagen hat das Weltwirtschaftsforum in New York – wenn Sie die Wirtschaftsseiten in der Zeitung gelesen hätten,
dann hätten Sie das zur Kenntnis genommen – die Bundesrepublik Deutschland im Ranking der besten Wirtschaftsstandorte auf Platz 4 gesetzt, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Das wollen wir nur einmal feststellen. Nehmen Sie einmal zur Kenntnis, was das Weltwirtschaftsforum sagt.