Deshalb sage ich, meine Damen und Herren: Wenn wir uns heute in einer schwierigen Situation der Landespolitik befinden und wenn wir ab heute Nachmittag allergrößte Anstrengungen unternehmen müssen, um dieses finanzielle Desaster wieder einigermaßen in den Griff zu bekommen, dann muss aber auch klar sein, dass eine wesentliche Ursache für die Situation eine verfehlte Wirtschafts- und Finanzpolitik ist,
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Verehrter Herr Pfister, verehrter Herr Oettinger,
Sie haben sich heute Morgen um konkrete Aussagen gedrückt und haben mit Worthülsen geglänzt. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um konkreter zu werden.
„Wir werden die Ökosteuer abschaffen.“ „Wir werden ein Familiengeld einführen.“ „Wir werden einen Kinderbonus bei der Sozialversicherung einführen.“
„Wir werden den Verteidigungsetat erhöhen.“ „Wir werden mehr Geld für den Straßenbau und auch mehr Geld für den sozialen Wohnungsbau ausgeben.“
„Wir werden die Gewerbesteuerumlage für Kommunen senken.“ Und, und, und. – Tolle Partei, kann ich da nur sagen.
Aber ein wichtiger Punkt ist bei diesem Programm vergessen worden, nämlich die Frage der Gegenfinanzierung. Diese ist aber nicht ganz unwesentlich.
(Abg. Drexler SPD zur CDU: 86 Milliarden €! Ihr habt doch wohl einen Schaden! – Abg. Hauk CDU: Das ist doch eine rein fiskalische Betrachtung, wie Sie es machen! – Unruhe bei der CDU)
Ich habe – und Sie hören es schon an den Reaktionen der Herren – aus dem Märchenbuch der CDU vor der Bundestagswahl zitiert.
Sie haben Steuergeschenke, Wohltaten vom Weihnachtsmann in Höhe von 76 Milliarden € versprochen, und jetzt stehen Sie, Herr Oettinger, mit einem Heiligenschein hier und wollen uns etwas von seriöser Finanzpolitik erzählen. Da kann ich nur lachen. Sie sind unglaubwürdig.
Herr Kollege Hauk, die Finanzierung eines Haushalts nur auf eine Scheindynamik der Wirtschaft aufzubauen, das ist unseriös. Da können Sie weder uns noch der SPD etwas vorwerfen.
Wir haben keine Zeit für Märchen, Herr Kollege Hauk; denn die finanzpolitischen Realitäten, vor die wir heutzutage gestellt sind,
sind schwierig. Und wir haben diese Realitäten erkannt. Sie wissen doch selber: Wir haben es mit Altlasten zu tun,
mit einer weltweiten Konjunkturschwäche zu tun. Sagen Sie doch einfach mal, woher Sie das Geld nehmen wollen! Von Ihnen kommen keine Vorschläge.
Sie bleiben unkonkret, und stattdessen fordern Sie weitere Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger. Aber in der letzten Legislaturperiode haben Sie unseren Reformen zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger nicht zugestimmt. Unsere Einkommensteuerreform, die die Steuersätze bis zum Jahr 2005 deutlich senkt, haben Sie im Bundesrat abgelehnt.
Wir haben die Gewerbekapitalertragsteuer abgeschafft, und wir haben die Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer möglich gemacht und damit vor allem den Mittelstand entlastet. Auch das haben Sie abgelehnt.
Meine Damen und Herren, ich habe die Situation der öffentlichen Haushalte beschrieben. Wir müssen handeln, und wir haben nun in Berlin konkrete Vorschläge gemacht. Wir kür
vielleicht nicht zu 100 %, aber wenigstens zu 18 %. Stattdessen kommt von Ihnen auch hier kein Beifall, obwohl Sie natürlich genau wissen, dass die jetzt vorgeschlagenen Reformen auch unsere Steuereinnahmeausfälle im Land mildern, und zwar macht das im Jahr 2003, Herr Oettinger, 200 Millionen DM aus.
200 Millionen €. – Deswegen möchte ich Sie eindringlich bitten, den Änderungen im Bundesrat zuzustimmen. Sonst kommen Sie in die prekäre Lage, auch diese Beträge noch ausgleichen zu müssen. Da möchte ich nicht in Ihrer Haut stecken.
Die Eigenheimzulage mit 9,5 Milliarden € ist die größte Steuersubvention, die wir jetzt umstrukturieren wollen. Wir haben als Grüne noch weiter gehende Vorschläge gemacht. Wir hätten gern eine ökologische Komponente gehabt. Das war mit der SPD nicht machbar. Aber es ist richtig, dass wir diese Subvention anpassen und in eine Familienförderung umwandeln.
Zum Thema Lohnnebenkosten, das Sie ausgelassen haben: Das ist in der Tat für uns kein erfreuliches Thema. In diesem Fall ist der schwarze Peter ein roter Peter. Aber ich habe den Eindruck, wenn ich die Presse lese, dass hier bisweilen Alzheimer grassiert.
Ich erinnere mich daran, bei welchem Beitragssatz wir im Jahr 1998 bei der Rentenversicherung standen. Das waren 20,3 %. Durch die rot-grünen Reformen in Berlin ist der Beitragssatz auf 19,1 % gesunken. Hier steht es schwarz auf weiß. Diese Spitze haben Sie zu verantworten und nicht wir.
Ein Hinweis: Der Vorwurf, man hätte das Rentensystem schon in den letzten vier Jahren reformieren können, schlägt auf Sie zurück. Denn man hätte dieses Rentensystem bereits Anfang der Achtzigerjahre ohne Probleme reformieren können. Ich darf Ihnen einmal eine kleine Skizze zeigen. Damals kamen auf einen Rentenempfänger fünf Beitragszahler. Da wäre es ein Leichtes gewesen, die Rentenkassen aufzufüllen. Das haben Sie versäumt.
(Abg. Hofer FDP/DVP: Alles Konjunktiv! – Abg. Scheuermann CDU: Sie lügen sich doch in die eige- ne Tasche!)
Meine Damen und Herren, ich komme zum Land. Was machen Sie im Land, Herr Oettinger? Sie standen hier und haben keine konkreten Vorschläge gemacht. Ich vermute, Sie haben auch noch kein Konzept. Sie haben von einem ausgeglichenen Haushalt für 2005 und 2006 gesprochen. Haben Sie aus den Haushaltsberatungen die mittelfristige Finanzplanung nicht mehr im Kopf? Ich habe sie noch genau im Kopf. Da klaffen nämlich Deckungslücken von bis zu 1 Milliarde €. Dazu haben Sie nichts gesagt. Das ist für mich kein ausgeglichener Haushalt.
Stattdessen – wir haben es diese Woche wieder mit der Landesstiftung erlebt – werden die Milliönchen verteilt: 180 Millionen € GVS-Erlös hätten diesem Landeshaushalt sicher gut getan. Sie haben einen anderen Weg gewählt und müssen nun mit dem Landeshaushalt dafür bluten.
Ihre Aufgabe ist es, Herr Oettinger und Herr Pfister, dafür zu sorgen, dass unsere Finanzverwaltung schlagkräftig ist und die Einnahmen sichert. Ihre Aufgabe ist es, hier im Land für strukturelle Reformen zu sorgen. Wir haben schon im Mai unsere Mitarbeit in der Haushaltsstrukturkommission angeboten, wohl wissend, dass es im Landeshaushalt schmerzhafte Einschnitte geben wird. Diese Mitarbeit haben Sie abgelehnt. Wir bieten diese Mitarbeit heute nochmals an und werden mit unseren Verbesserungsvorschlägen gerne dazu beitragen.
Ich wiederhole noch einmal unsere Aufforderung an Sie: Blockieren Sie die notwendigen Reformen jetzt nicht im Bundesrat. Herr Oettinger, Sie haben selber in einem Zeitungsinterview gesagt: Wir können nur mit konkreten Verbesserungsvorschlägen überzeugen. Dann handeln Sie auch danach, und zwar auch hier im Parlament, und nicht so wie heute, dass keine Vorschläge von Ihnen kommen. Das war ausgesprochen blutleer, aber das ist nach der Aktion gestern vielleicht auch kein Wunder.