Dreh- und Angelpunkt ist doch: Sie stellen Fragen, liefern aber keine Antworten. Sie sind nicht einmal bereit, bei der Frage des Sparpakets des Bundes eigene Alternativvorschläge zu machen. Sie sagen nur, dass Sie alles nicht haben wollen. Dabei ist doch klar, dass auch das Land im nächsten Jahr von diesem Sparpaket profitieren wird; denn es sind auch Mehreinnahmen in Höhe von 300 Millionen € für das Land zu erwarten. Diese Mehreinnahmen brauchen Sie doch, wenn Sie die Neuverschuldung nicht ins Unermessliche steigen lassen wollen. Ich warte auf Ihre Aussage, ob Sie auf diese 300 Millionen € verzichten wollen oder nicht. Herr Finanzminister, ich bin gespannt, wie Sie das Loch in Höhe von 1 Milliarde € decken wollen, wenn Sie Sparvorgaben in Höhe von 300 Millionen € machen, die im Gegensatz zu denen im Bund noch nicht einmal konkretisiert sind. Sie hätten noch die Chance, Mehreinnahmen in Höhe von 300 Millionen € durch das Sparpaket zu erreichen. Jetzt bin ich gespannt, wie Sie damit umgehen wollen. Oder sagen Sie: „Wir lassen es bei diesen 700 Millionen € mehr für das nächste Jahr“? Da warte ich auf Ihre Antwort.
Es kann auch nicht angehen, dass wir im Land seit Jahren eine Haushaltspolitik nach dem Motto machen: Im Landeshaushalt wird gespart, aber die Landesstiftung vergibt die Weihnachtsgeschenke schon im November. Dieser Grund
fehler hindert uns daran, eine solide Finanzpolitik zu betreiben, meine Damen und Herren. Diesen Fehler müssen Sie korrigieren. Kehren Sie vor der eigenen Tür, bevor Sie in Berlin große Versprechungen machen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn heute die Zeitungen „Schwarzer Tag für Deutschland“
und Ähnliches mehr titeln, dann könnte ich damit leben, wenn ich wüsste und eine Hoffnung haben könnte, dass sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt, in der Wirtschaftspolitik auf absehbare Zeit verbessert. Nur: Wirtschaft ist zu 50 % Psychologie. Es kommt darauf an, dass aus dem politischen Umfeld positive Signale nach außen gehen. Es kommt darauf an, dass geeignete Impulse nach außen gehen.
damit in absehbarer Zeit auch wieder wirtschaftliche Dynamik einkehren kann, damit in absehbarer Zeit wieder Wirtschaftswachstum entstehen kann.
Meine Damen und Herren, nur dann, wenn es uns gelingt, durch eine geeignete Politik dieses Wirtschaftswachstum wieder anzuregen, werden wir eine Chance haben, die Arbeitslosen von der Straße zu bekommen, werden wir eine Chance haben, mehr Beschäftigung zu erreichen, werden wir eine Chance haben, die Steuereinnahmen zu verbessern und damit auch unsere Haushalte bei Bund, Ländern und Kommunen in Ordnung zu bringen, und nur dann werden wir auch eine Chance haben, unsere Sozialversicherungssysteme zu stabilisieren und in Ordnung zu bringen. Dazu braucht man ein positives Umfeld. Dazu braucht man entsprechende Impulse. Genau diese haben wir nicht.
Herr Kollege Schmid, wenn Sie davon sprechen, dass Sie im Bund oder im Land die Hausaufgaben gemacht hätten, um dieses positive Umfeld zur Verfügung zu stellen,
(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Schmid SPD: Wer hat die Streichliste vorgelegt, Sie oder wir? Wo ist Ihre Streichliste?)
Sie haben Ihre Hausaufgaben nicht gemacht, sondern Sie haben in Ihrer Politik gegen alle Grundwahrheiten und alle Prinzipien einer vernünftigen Wirtschafts- und Finanzpolitik verstoßen.
Das Herbstgutachten hat es ja im Grunde auf den Punkt gebracht. Das Herbstgutachten der wirtschaftswissenschaftlichen Institute sagt, dass die Anhebung der Steuern und der Abgaben genau das Gegenteil von dem ist, was wachstumspolitisch geboten ist. Da ist alles gesagt, meine Damen und Herren. Deshalb bleibt es dabei: Alles das, was Sie jetzt in Ihrer Regierungserklärung, alles das, was Sie in Ihrer Koalitionsvereinbarung niedergelegt haben, ist Gift für die Konjunktur. Das ist leicht nachzuweisen: Allein die Punkte, die Sie jetzt beschlossen haben, die für den Bund gelten, die aber natürlich auch auf Baden-Württemberg und auf die Gemeinden herunterbrechen, werden dazu führen, dass wir durch diese Maßnahmen einen Wachstumsverlust von 0,5 Prozentpunkten bekommen werden, und ein Wachstumsverlust von 0,5 Prozentpunkten macht zum Beispiel in den Kassen des Landes Mindereinnahmen in der Größenordnung von 5 Milliarden € aus. Das ist Ihre Politik, das haben Sie zu verantworten, meine Damen und Herren.
Bundeskanzler Schröder sagt und schreibt in seiner Regierungserklärung als Überschrift: Diese Politik ist eine Politik des intelligenten Sparens. Jetzt frage ich, meine Damen und Herren: Was hat intelligentes Sparen mit einer zusätzlichen Steuerbelastung zu tun? Was hat intelligentes Sparen damit zu tun, dass die Abgaben erhöht werden, dass wir, wie es im Augenblick aussieht, im Jahr 2002 trotz Ökosteuer eine Abgabenlast von 42,2 % und damit einen Höchststand haben? Was hat intelligentes Sparen damit zu tun, dass die Schulden erhöht werden? Und was hat intelligentes Sparen damit zu tun, dass die Defizitquote auf 3,8 % erhöht wird?
Dies hat nichts mit intelligentem Sparen zu tun. Dies ist das Werfen von Nebelkerzen. Dies ist eine Verdummung der Bevölkerung. Dies ist eine babylonische Sprachverwirrung, die Sie anrichten. Dies ist aber vor allem auch der beste Weg, die wirtschaftliche Dynamik abzubremsen. Das Gegenteil muss geschehen, meine Damen und Herren.
Dieser sagt Ihnen in einer der letzten Ausgaben der „Zeit“, wie unsere Wirtschaftsdynamik wieder erreicht werden kann. Er nennt Ihnen Beispiele dafür, wie Sie den Arbeitsmarkt zubetoniert haben, und er weist Sie darauf hin, welcher Unsinn es war, die 630-DM-Geschichte abzuschaffen. Jetzt robben Sie sich mühsam wieder an 400 oder 500 € heran, vergessen aber dabei, dass es nicht ausreicht, dies nur auf den engen Bereich der privaten Haushalte zu beschränken. Wir brauchen eine Regelung für den Niedriglohnbereich. Hätten Sie damals die 630-DM-Geschichte gelassen, dann hätten Sie in diesem Bereich viel für mehr Beschäftigung getan.
(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Drex- ler SPD: Dann hätten wir Millionen von Frauen oh- ne Rentenanspruch! Das haben Sie gestern nicht gesagt? Heute sagen Sie es!)
Kollege Drexler, es gibt jetzt in der Hartz-Kommission eine Ich-Kommission. Manche nennen sie auch eine Wir-Kommission.
Ich kann nur sagen: Wer kommt auf einen so unsinnigen Gedanken, auf der einen Seite eine Ich-AG – Entschuldigung – ins Leben zu rufen, aber drei Jahre vorher ein Scheinselbstständigkeitsgesetz zu schaffen, mit dem nichts anderes erreicht worden ist,
als jungen Unternehmern, die sich selbstständig machen, das Leben so schwer wie irgend möglich zu machen. Hätten Sie auf das Scheinselbstständigkeitsgesetz verzichtet, dann hätten wir mehr jungen Unternehmern eine Chance gegeben, sich selbstständig zu machen. Das ist die Voraussetzung für mehr Arbeitsplätze und für mehr wirtschaftliche Dynamik.
Dann kommt da zum Beispiel auch die Frage der Rentenreform. Der Bundestagsabgeordnete Fritz Kuhn hat dieser Tage erklärt, dass es in dieser Legislaturperiode darum gehen müsse, in unser Rentenversicherungssystem endlich einen demographischen Faktor einzubauen.
Meine Damen und Herren, wenn Fritz Kuhn dies sagt, gibt er gleichzeitig zu, dass er vier Jahre voll verschlafen hat.
Er hätte besser vier Jahre nicht geschlafen, und Rot-Grün hätte besser daran getan, das Rentenreformgesetz
von Bürgerlich-Liberal 1998 nicht abzuschaffen; denn dieses alte Gesetz von Bürgerlich-Liberal hatte 1998 bereits diesen demographischen Faktor, den Sie jetzt mühsam wieder einführen wollen.
Bitte hören Sie jetzt auch auf, zu behaupten, der Bund betreibe eine Politik, die von der Devise ausgehe, er werde den Ländern in dieser schwierigen Situation selbstverständlich helfen. Gestern haben wir eine Debatte über das Thema Ganztagsschulen geführt und über das Angebot des Bundes diskutiert, den Ländern 4 Milliarden € für Ganztagsschulen zur Verfügung zu stellen. Das ist alles gut und recht, aber Sie vergessen dabei, dass der Bund zum gleichen Zeitpunkt, nur wenige Wochen vorher, den Ländern und Kommunen durch die Gewerbesteuerumlagenerhöhung genau diese 4 Milliarden € weggenommen hat, die jetzt wieder verteilt werden sollen.
Ich kann Ihnen nur sagen, meine Damen und Herren: Betreiben Sie in Berlin eine neue Politik, die davon ausgeht, dass Sie den Menschen das Geld in der Tasche lassen!
Die Menschen, die Arbeitnehmer, die Arbeitgeber, die Menschen im Lande, auch die Kommunen, alle wissen mit Geld besser umzugehen als ein Heer rot-grüner Bürokraten.
Deshalb sage ich, meine Damen und Herren: Wenn wir uns heute in einer schwierigen Situation der Landespolitik befinden und wenn wir ab heute Nachmittag allergrößte Anstrengungen unternehmen müssen, um dieses finanzielle Desaster wieder einigermaßen in den Griff zu bekommen, dann muss aber auch klar sein, dass eine wesentliche Ursache für die Situation eine verfehlte Wirtschafts- und Finanzpolitik ist,