Herr Präsident, meine Damen und Herren! Warum wir die Fehlbelegungsabgabe abgeschafft sehen wollen, möchte ich am Beispiel zweier Familien aus meiner Heimatstadt anschaulich machen.
Das ist zum einen die Familie einer Edelgard G., die mit zwei Kindern auf 86 Quadratmetern am Rande eines Industriegebiets gewohnt hat. Der Mann ist ausgezogen. Der erwachsene Sohn ist inzwischen bei der Bundeswehr, aber noch bei der Mutter gemeldet, und sein Einkommen wird daher der Mutter zugerechnet. Die Angestellte bezahlt 524 € Miete plus 136 € Fehlbelegungsabgabe, insgesamt also 660 € im
Monat bei einem Nettoverdienst von 1 380 €. Für die Wohnung ging also fast die Hälfte des Nettoeinkommens drauf. Die Familie ist zu Beginn des Jahres ausgezogen.
Ein anderer Fall: Eine Familie wohnt mit Frau, Tochter und Mann in einer Erdgeschosswohnung eines sozial schwierigen Wohngebietes. Für 66 Quadratmeter verlangt die städtische Wohnungsgesellschaft als Warmmiete 491 €. Hinzu kommen 147 € Fehlbelegungsabgabe. Das sind dann in der Summe 638 € für 66 Quadratmeter, also fast 10 € pro Quadratmeter für eine Wohnung, in der die Familie wegen lärmender Jugendlicher vor dem Fenster nachts erst spät einschlafen kann. Auch diese Familie will aus Verärgerung über die hohe Miete und die Fehlbelegungsabgabe ausziehen.
Ich denke, Familien, die so bis an ihre finanziellen Grenzen belastet werden oder sich einfach nur abgezockt vorkommen, ziehen halt aus, und die Armen ziehen ein.
Eine große Zeitung hat die Gesetzesinitiative der SPD unter der Überschrift „Sozialwohnungen nicht nur für Arme“ zusammengefasst. Ich denke, diese Zeitung hat es auf den Punkt gebracht. Denn dort, wo nur Arme wohnen, treten besondere soziale Probleme auf.
Dies sehen im Übrigen auch diejenigen so, die mit der Vermietung dieser Wohnungen zu tun haben, nämlich die kommunalen Wohnungsunternehmen. Deren Stellungnahme ist ja in der Anhörung erwünscht worden, und ich möchte nur die wesentliche Passage daraus zitieren. In der Stellungnahme der Wohnungsunternehmen heißt es:
Seit Aufhebung der Wohnungsgemeinnützigkeit Anfang der Neunzigerjahre konzentrieren sich wirtschaftlich und sozial schwache Gruppen bzw. Haushalte in den Beständen der kommunalen Wohnungsunternehmen, was durch die Fehlbelegungsabgabe zusätzlich gefördert wurde. Selbst wenn durch die Fehlbelegungsabgabe Erträge erwirtschaftet wurden, so halten wir die sozialen Folgekosten aus der Konzentration von wirtschaftlich schwachen Haushalten in bestimmten Wohngebieten für weitaus schwerwiegender.
wenn nicht die kommunalen Verbände auch noch erklärt hätten, sie würden aus finanziellen Gründen gern dabei bleiben. Dazu möchte ich am Beispiel dieser schönen Stadt Freiburg, in der wir hier sind, einmal zeigen, wie viel die Fehlbelegungsabgabe noch bringt und was ihre Erhebung kostet. Im Jahr 2001 erbrachte sie 640 000 DM, an Aufwendungen kostete sie 350 000 DM. Das heißt, der Stadt blieben netto 290 000 DM – weniger als 150 000 € –, und dafür wurde ein riesiger bürokratischer Aufwand betrieben.
Lassen Sie mich am Schluss noch sagen: In NordrheinWestfalen hat die CDU beantragt, die Fehlbelegungsabgabe
aufzuheben. In Berlin haben CDU und FDP mitgestimmt, dass die Fehlbelegungsabgabe in diesem Jahr abgeschafft wurde. In Hamburg haben CDU und FDP nach der Regierungsübernahme die Fehlbelegungsabgabe abgeschafft.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Fehlbelegungsabgabe ist ein notwendiges Instrument im sozialen Wohnungsbau. Mit ihr sollen sozialer Missbrauch und Fehlsubventionierung eingeschränkt werden. Sie ist damit eine sozialpolitisch notwendige Maßnahme.
In seiner Stellungnahme berichtet der Städtetag zu dem Gesetzentwurf der SPD, dass die überwiegende Anzahl der am meisten betroffenen Städte für die Beibehaltung der Fehlbelegungsabgabe ist. „Sie ist danach auch nach wie vor von großer Bedeutung als zweckorientierte Einnahmequelle zur Schaffung neuen Wohnraums“, schreibt der Städtetag. Der Gesetzentwurf der SPD ist also zum jetzigen Zeitpunkt falsch und wohnungsbaupolitisch schädlich.
Das Hauptproblem der Wohnungsbaupolitik, Herr Schmiedel, ist, dass sich Rot-Grün auf Bundesebene von einer aktiven Wohnungsbaupolitik verabschieden will. Heute hat Schröder seinen vierten Bauminister benannt.
Dieser braucht sein Amt aber gar nicht anzutreten, weil RotGrün am vergangenen Montag das Bauministerium ausgeräubert hat.
(Abg. Schmiedel SPD: Sag mal! Ihr seid doch nicht gewählt worden! Ihr habt doch die Wahl verloren! – Weitere Zurufe von der SPD)
Es gibt Kürzungen im sozialen Wohnungsbau von 300 Millionen € auf 230 Millionen €, bei der Städtebauförderung von 142 Millionen € auf 42 Millionen €, und bei der Eigenheimzulage werden 7 Milliarden € gestrichen.
Zum Thema kann ich Ihnen ganz genau sagen: Wenn die Wohnungsbaupolitik, die Sie in Berlin betreiben, wirksam wird, brauchen wir über Fehlbelegungsabgabe und über so
zialen Wohnungsbau überhaupt nicht mehr zu reden, weil es keine aktive Wohnungsbaupolitik mehr gibt.
(Abg. Schmiedel SPD: Typisch CDU! Was habt ihr gegen Kinder? Das ist doch unglaublich! Was ha- ben Sie gegen Kinder?)
(Abg. Schmiedel SPD: Was haben Sie gegen Kin- der? Wenn Sie nichts gegen Kinder haben, dann hören Sie doch auf!)
Ich habe nichts gegen Kinder; ich bin für Kinder und verstehe nicht, warum Sie in diesem Bereich Kürzungen in Höhe von 13 500 € vornehmen wollen.
Insgesamt sollen die Mittel in der aktiven Wohnungsbaupolitik um über 80 % gekürzt werden. Der neue Bauminister kann nicht aus einem tiefen See, sondern nur aus einer seichten Pfütze schöpfen.
Zu wenig Beachtung finden die unterschiedlichen Notwendigkeiten in Deutschland. Die SPD orientiert sich nur nach Osten und Norden, und der Süden bleibt bei der SPD ausgeblendet. Das interessiert sie gar nicht mehr. Die SPD verkennt in der Wohnungsbaupolitik, dass wir im Süden einen Bevölkerungszuwachs haben und dass wir im Süden deshalb auch mehr Wohnungsbau brauchen.
Das sollten Sie in Berlin geltend machen. – Das ist kein Wahlkampf, sondern es geht um die aktuelle Politik.