Protocol of the Session on July 18, 2002

Integrierte Produktion hat noch nie jemanden vom Hocker gerissen und wenn es jetzt besser wird, umso besser , aber die Kontrolle haben wir damals auch schon kritisiert. Diese kam immer aus dem eigenen Klub und war nicht unabhängig.

(Beifall der Abg. Ursula Haußmann SPD)

Folgerichtig hat das Herkunfts- und Qualitätszeichen bei den jüngsten Ereignissen eine Schieflage erfahren, die alles andere als Vertrauen bei den Verbrauchern entstehen ließ. Damit konnten sich nie die Preise durchsetzen, die die Bauern eigentlich erwartet haben, wenn sie auf diese Produktion umgestellt haben. Wertvolle Zeit ist verloren gegangen.

Das setzt sich übrigens einmal ganz am Rande bemerkt bei der Präsentation Baden-Württembergs auf der Grünen Woche fort, wo bis heute der Markt gewesen wäre, um die

HQZ-Produkte aus unserem Land auch der Öffentlichkeit vorzustellen.

(Abg. Traub CDU: Sie waren doch dabei!)

Ja, ich war da. Deshalb kann ich so reden, wie ich rede.

Im Übrigen werden wir uns bei der Abstimmung über Ihren Antrag der Stimme enthalten, weil uns das längst nicht weit genug geht und wir nicht von heute Morgen auf jetzt wollen, dass das zerredet wird. Wir werden dazu im Ausschuss weiter Stellung nehmen.

(Zuruf des Abg. Traub CDU)

Viertens: Jetzt komme ich zur Käfighaltung, Herr Kollege Traub. In der Tat haben die Bundesregierung und die Mehrheit im Bundesrat den Ausstieg aus der Käfighennenhaltung beschlossen. Fünf Jahre früher, als es die EU fordert, wird es hierzulande keine Produktionsmethoden mehr geben, die Tierschutzmaßnahmen und ethische Kriterien völlig ad absurdum führen. Was war das für ein Aufschrei in der Legehennenwirtschaft. Man sprach von Enteignung und wollte vor Gericht ziehen. Ich habe nicht gehört, dass sie das gemacht hat. Vielleicht hat sie sich darauf besonnen, dass es künftig ein Marktvorteil sein kann

(Abg. Traub CDU unterhält sich mit Abg. Schuh- macher CDU.)

Herr Kollege Traub, ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir zuhören würden, weil Sie gerade darauf eben abgehoben haben , frühzeitig den Markt mit solchen Eiern zu besetzen, bei deren Produktion Tierschutz und Ethik berücksichtigt werden, und ihn eben nicht den Österreichern oder Dänen zu überlassen.

(Beifall bei der SPD Abg. Traub CDU: Die kom- men aber aus Polen!)

Anstatt wie hierzulande üblich und wie Sie es zur Genüge getan haben zu jammern, sollte man unternehmerisches Handeln beweisen und die Marktposition in Europa rechtzeitig mit Eiern aus hiesiger ethischer und tierschutzgerechter Produktion besetzen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Fünftens: Die Bundesregierung will in der Tat eine Neuausrichtung der Agrarpolitik. Ganz entgegen dem, was das Ministerium für Ernährung und Ländlichen Raum offensichtlich erwartet hat, wie hier in einer Drucksache nachzulesen ist, ist die EU der gleichen Auffassung. Davon waren Sie offenbar überrascht, Herr Minister. In Wirklichkeit steht nämlich nicht Frau Künast im Abseits, sondern unser Minister für Ernährung und Ländlichen Raum.

(Unruhe)

Es soll eine Abkehr von den Produktprämien und eine Hinwendung zu einer echten Vergütung der flächenhaften Landschaftspflege geben. Dies ist auch das Ziel von Herrn Fischler. Hier in der Drucksache wird aber unterstellt, das sei ein einsamer Weg von Frau Künast. Die Landesregierung steht hier also eindeutig im Abseits. Sie sollte sich beeilen, den Pfad der Europäischen Union zu beschreiten.

Sechstens: Verfütterungsverbot von Tiermehl. Das ist ja ganz besonders pikant.

(Anhaltende Unruhe Glocke des Präsidenten)

In der Drucksache hier steht, die Bundesregierung habe sich mit dieser Forderung nicht durchsetzen können. In Wirklichkeit das habe ich mit eigenen Ohren gehört hat sich die CDU-Europaabgeordnete Frau Elisabeth Jeggle am 22. Juni beim Verbandstag des VdAW in Sindelfingen kritisch zum absoluten Verfütterungsverbot geäußert. Wenn Sie mir oder meinen Ohren nicht glauben, dann möchte ich das aus der Verbandszeitschrift des VdAW zitieren. Da steht:

Kritisch äußerte sie sich

nämlich Frau Jeggle

zum absoluten Verfütterungsverbot von Tiermehl und plädierte für eine differenzierte Handhabung. Jeggle hat sich im Europäischen Parlament dafür stark gemacht, das Verbot der Verfütterung an Nichtwiederkäuer aufzuheben.

Genau das Gegenteil steht hier drin, nämlich als ob es Frau Künast wäre, die dieses Verfütterungsverbot aufheben wolle. Nein, Sie sind es! Machen Sie sich und der Öffentlichkeit einmal klar, was Sie eigentlich wollen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Das heißt: Die Stellungnahme der Landesregierung ist pure Heuchelei und nur dafür gemacht, zwei Monate vor der Bundestagswahl Wahlkampf zu betreiben.

Ich komme zum letzten Punkt. Die Bundesregierung hat ein Verbraucherinformationsgesetz vorgelegt. Warum hat sie das gemacht? Damit der Verbraucher künftig ein Recht auf Information hat. Das ist nämlich das Neue: ein Recht, das den Verbrauchern gegeben wird, das es in den USA und in anderen europäischen Ländern längst gibt, weil man weiß, dass mündige Verbraucher nachfragen wollen.

Die Landesregierung sagt dazu: Wir brauchen ein Informationsgesetz.

(Unruhe Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, ich bitte um Ruhe.

Der Bundesrat hat wohl auch mit den Stimmen Baden-Württembergs am 26. April mehrheitlich diesem Gesetzentwurf im Grundsatz zugestimmt. Danach wurden mit dem Bundesrat sogar weitere Änderungen in das Gesetz eingearbeitet. Die CDU-regierten Länder lehnten das Gesetz aber am 21. Juni unter den fadenscheinigsten Gründen ab.

Es wird dann ganz besonders dreist, wenn in dieser Stellungnahme der Landesregierung zu lesen ist ich zitiere :

Die ursprünglich angekündigte Informationsverpflichtung für die Unternehmen wurde nicht aufgenommen.

Als ob ausgerechnet diese Landesregierung jemals einer solchen Verpflichtung für die Wirtschaft zugestimmt hätte! Dann wäre sie vom Saulus zum Paulus geworden. Diese Landesregierung hat in Wahrheit die Verbraucher hängen lassen. Erneut ist dies pure Heuchelei. Sie eiern hier herum und müssen heute den Verbrauchern erklären, warum Sie ihnen das Recht auf Information vorenthalten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grü- nen)

Es ist einfach so: Die CDU-regierten Bundesländer haben der Bundesregierung diesen Erfolg des Gesetzes drei Monate vor der Bundestagswahl nicht gegönnt.

(Zuruf des Abg. Walter GRÜNE)

Denn die Verbraucher hätten sehr wohl gewusst, wem sie dieses Gesetz zu verdanken haben, und die Verbraucher hätten dies als enormen Fortschritt betrachtet.

Und tun Sie bitte nicht so, als sei das Gesetz, das es in Baden-Württemberg gibt, besser. Denn nach dem hiesigen Gesetz, nämlich dem Ausführungsgesetz zum Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetz, ist es noch immer ins Belieben der Behörden gestellt, bei vorschriftswidrigen Erzeugerpraktiken oder bei Gesundheitsgefährdungen die Öffentlichkeit zu informieren oder auch nicht. Das wurde ja oft genug verschwiegen, zum letzten Mal bei der Belastung von Obst vom Bodensee mit Pflanzenschutzmitteln oder beim Nitrofen. In keinem einzigen der letzten Skandale hat Baden-Württemberg bei der Information die Nase vorn gehabt, obwohl teilweise, wie beim Nitrofen, der Ursprung der Erkenntnisse in unserem Land liegt.

(Zuruf des Abg. Drautz FDP/DVP)

Zu dem, was wir täglich über verseuchtes Futtermittel oder unappetitliches Hormongepansche lesen: Wer weiß, ob diese Nachrichten bei dieser Landesregierung überhaupt je das Licht der Öffentlichkeit erblickt hätten. Dass wir jetzt einen Skandal nach dem anderen haben, ist kein historisch einmaliger Zufall,

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

sondern darauf zurückzuführen, dass jetzt das Kartell des Schweigens tatsächlich gebrochen wurde. Deshalb erfahren wir so viel, was vorher verschwiegen wurde.

Ich komme zum Schluss.

(Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Meine sehr geehrten Kollegen von der CDU, das ist der Unterschied zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Wir erheben den Anspruch, dass der Markt künftig besser reagiert übrigens haben das die Bauernverbände auch längst begriffen und dass es nicht allein darauf ankommt, die Landwirtschaft zu fördern. Der Verbraucher bestimmt den Markt, und dann profitieren alle davon.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grü- nen)

Das Wort erhält Herr Abg. Walter.