Protocol of the Session on July 17, 2002

(Unruhe Abg. Drexler SPD: Was?)

Meine Damen und Herren, wenn Sie, Herr Sakellariou, hier auftreten und sagen, Sie seien ein Jahr lang unterwegs gewesen und hätten etwas im Land präsentiert, dann kann ich nur sagen: Das ist ein Füllhorngesetz. Da haben Sie natürlich bei allen bis auf denjenigen, die das bezahlen sollen Zustimmung gefunden. Darüber wundere ich mich überhaupt nicht.

Im Übrigen: Wenn Sie Storys von vor 14 Jahren erzählen, dann sind Sie nicht auf der Höhe der Zeit.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben etwas länger als ein Jahr an der Novellierung des Kindergartengesetzes gearbeitet, und Sie werden sicherlich hoch erfreut sein über das, was wir auf den Weg

bringen werden. Der Gesetzentwurf wird, wie Sie richtig zitiert haben, in der nächsten Woche im Kabinett verabschiedet werden, und ich will Ihnen einfach einmal die Grundlagen für die Fortentwicklung dieses Gesetzes sagen:

Erste Grundlage ist das bestehende erfolgreiche Kindergartengesetz. Da haben Sie sich mit Ihren Weissagungen 1998 geirrt. Es ist anders gekommen, als Sie es dargestellt haben.

Wir haben zweitens die Wünsche der Eltern und der Kinder die stehen bei uns im Mittelpunkt bei der Novellierung berücksichtigt. Wir haben die Wünsche der Träger berücksichtigt, und zwar aller Träger: der Vereine, der freien Träger, der Kirchen und der Kommunen. Da sind im Übrigen auch SPD-Bürgermeister beteiligt. Sie sollten mit Ihrem Entwurf einmal hinausgehen, und wenn es Ihnen gelingt, bei auch nur 20 SPD-Bürgermeistern eine Unterschrift für Ihren Gesetzentwurf zu bekommen, dann erhalten Sie einen Orden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU Zuruf des Abg. Zeller SPD)

Meine Damen und Herren, wir sind drittens in unserem Entwurf auf die Wünsche der Erzieherinnen und Erzieher eingegangen, viertens auf die Qualitätsverbesserung, wir sind fünftens auf die Beschlüsse der Landesregierung auf das Konzept „Kinderfreundliches Baden-Württemberg“ eingegangen mit neuen Betreuungsformen zwischen null und drei und einer Erweiterung der Betreuung zwischen sechs und 14 Jahren. Sechstens finden in unserem Gesetzentwurf die Erkenntnisse aus der PISA-Studie, die die Sprachförderung betreffen, ihren Einfluss.

(Abg. Wintruff SPD: Lauter Sprechblasen! Alles Sprechblasen!)

Überhaupt keine Sprechblasen. Sie werden sich wundern. Meine Damen und Herren, ich will nur sagen: Es ist außerordentlich schwierig, diese sechs Punkte, die ich angesprochen habe, unter einen Hut zu bekommen. Diesen Weg haben Sie ja nicht beschritten. Wir haben sorgfältig abgewogen und haben versucht, alle Interessen zu bündeln, und Sie sind, wie gesagt, mit einem Füllhorngesetz hinausgegangen und haben überhaupt nicht gefragt, wer das Ganze bezahlen soll. Sie wollen das Ganze mit unseriösen Hinweisen auf Verkäufe von Landesbeteiligungen finanzieren. Da kann ich Ihnen nur sagen: Wer einmal etwas verkauft, dem geht irgendwann das Geld aus. Irgendwann ist das Geld, das man erlöst hat, weg. Sie denken einfach nicht weiter. Mit diesen Verunsicherungen sind Sie jetzt ein Jahr lang draußen herumgeturnt, und dies werden wir heute beenden.

Wenn ich von Wünschen der Eltern spreche, will ich einmal aus einem Gutachten zitieren, welches im Landkreis Karlsruhe erstellt worden ist und ich sage vorweg: Politik beginnt mit dem Betrachten der Wirklichkeit, und die haben Sie völlig außer Acht gelassen :

Die ideale Kleinkinderbetreuung stellen sich fast ausnahmslos alle Befragten als eine häusliche Betreuung durch die Mutter vor, der Vater soll ab dem zweiten Lebensjahr verstärkt mitwirken.

(Unruhe bei der SPD Beifall der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Ich habe da kein Problem.

Lediglich 4 % der Befragten fanden, dass ab dem zweiten Lebensjahr des Kindes auch eine Betreuung durch die Großeltern oder durch eine Pflegemutter ideal sein könne. Eine außerfamiliäre Betreuung eines Kleinkindes unter drei Jahren lehnten deshalb 66 % der jungen Leute mit Nachdruck ab.

(Zuruf der Abg. Heike Dederer GRÜNE)

Hören Sie doch einfach zu! Das ist kein CDU-Papier, sondern das ist vom Institut Allensbach sehr sorgfältig vorbereitet worden.

(Widerspruch bei der SPD und den Grünen)

Jetzt können Sie lachen. Wenn Sie aus dem Landkreis Karlsruhe kämen, wüssten Sie auch noch, was das gekostet hat.

(Abg. Wintruff SPD: Ich komme aus dem Land- kreis Karlsruhe! Die kennt aber niemand! Das hat die CDU selber gemacht!)

Sie haben es noch nicht gelesen, weil Sie es noch nicht haben. Herr Wintruff, Sie haben wahrscheinlich Probleme mit dem Lesen. Das kennen wir.

Diese Ablehnung bestätigte sich bei unterschiedlichen Frageformen. Lediglich 15 bis 20 % hielten eine derartige außerhäusliche Betreuung für angemessen oder denkbar. Doch auch wer außerfamiliäre Betreuung des Kleinkinds nicht von vornherein ausschließt, betrachtet sie als mehr oder weniger schlechten Ersatz für eine Betreuung durch die Mutter.

Das müssen Sie einfach einmal zur Kenntnis nehmen. Sie wollen hier zwangsweise die Kinder vereinnahmen und in die Kleinkindbetreuung stecken. Das wird mit uns nicht stattfinden.

(Beifall bei der CDU Unruhe Glocke des Präsi- denten)

Herr Kollege Haas, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abg. Kipfer?

Frau Kipfer kann immer etwas dazulernen.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Herr Kollege Haas, ich möchte Sie jetzt einmal ganz ernst nehmen. Können Sie sich vorstellen, dass das Angebot von Kinderbetreuungsplätzen auch ein Standortfaktor für eine Kommune sein wird, nämlich in der Zeit, in der es immer weniger junge Familien mit Kindern geben kann? Jedenfalls haben das sozialdemokratische Bürgermeister und Oberbürgermeister längst erkannt. Können Sie sich das auch vorstellen?

Das kann ich mir vorstellen. Allerdings haben nicht alle SPD-Oberbürgermeister das er

kannt. Da kann ich Sie auch beruhigen. Es geht leider Gottes in diesem Land sehr unterschiedlich zu. Wir sind auf genau diese Fragen vorbereitet. Wir sind dabei, das Kindergartengesetz weiterzuentwickeln, und ich werde Ihnen auch ein paar Sätze dazu sagen. Dann werden Sie auch verstehen, wo der Weg für uns hingeht.

Es ist in der Tat eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung und der stellen wir uns , zukunftsorientierte Konzepte und Angebote zu entwickeln. Wir stützen uns auf das bestehende Gesetz und machen es attraktiv und attraktiver, wir bauen es vernünftig und bedarfsorientiert aus. Dabei soll es eben keinen Zwang geben, kein flächendeckendes Angebot, sondern ein exakt am Bedarf orientiertes Angebot. Das bestehende Gesetz das wissen Sie gibt Möglichkeiten, was die altersgemischten Gruppen angeht. Das haben wir sehr sorgfältig untersuchen lassen. Wir werden das Angebot für altersgemischte Gruppen ausbauen. Das geht dann auch in die Ganztagsbetreuung hinein. Wir werden die altersgemischten Gruppen künftig in allen Gruppenformen haben. Es wird also keine Beschränkung mehr auf eine Gruppenart geben, sondern in allen Gruppen gibt es altersgemischte Gruppenvielfalt.

Wir werden in anderen Bereichen dafür sorgen, dass sich die Qualität insgesamt verbessert und dass die Öffnungszeiten verlässlicher werden. Das ist sicher ein Schwachpunkt, der auch in diesem Gutachten zum Ausdruck kommt. Es muss verlässlichere Öffnungszeiten geben. Wer dort die großen Bremser sind, wissen Sie auch.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Wie viel Plätze mehr wollen Sie schaffen? Sagen Sie dazu auch et- was!)

Das ist nicht die Politik. Die Möglichkeit, verlängerte Öffnungszeiten in Anspruch zu nehmen, gibt es seit 1999. Sie wird leider Gottes sehr unterschiedlich in Anspruch genommen. Wir werden weitere Stellschrauben einfügen, damit die Dinge verlässlicher werden und sich die Eltern darauf verlassen können.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Bla, bla, bla!)

Wir übernehmen eine Lobbyfunktion für die Kinder und die Eltern. Wir wollen mehr Dienstleistungsangebote in den Kindergärten haben, und zwar durch die Öffnungszeiten, durch Ferienbetreuung. Wir werden auch eine Stellschraube, was die Schließtage angeht, in diesem Gesetz haben,

(Beifall bei der CDU Abg. Ursula Haußmann SPD: Dann sagen Sie einmal konkret, wo Sie an- setzen wollen! Nennen Sie ein konkretes Bei- spiel!)

sodass die Träger sich Gedanken machen müssen, wie sie dafür sorgen, dass der Kindergarten maximal 15 Tage im Jahr geschlossen ist. Sie werden gezwungen, zusammenzuarbeiten, und das ist der richtige Weg. Wir werden auch das habe ich gesagt im Zusammenhang mit PISA dafür sorgen, dass die Sprachkompetenz eine größere Rolle spielt und dass die Kommunikations- und Sozialkompetenz erweitert wird.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Wie wollen Sie das machen? Sagen Sie einmal etwas Konkretes!)

Das wird ganz konkret gemacht werden, liebe Frau Haußmann.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Wie denn?)

Dass Sie das noch nicht verstehen, ist mir klar. Sie haben es auch noch nicht gelesen. Ich kann hier jetzt nicht den ganzen Gesetzentwurf, den wir erarbeitet haben, vortragen.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Oje! Dieses Lied von Ihnen kennen wir!)

Genauso wenig kann ich auf Ihren Quatsch, den Sie vorgetragen haben, in ganzer Länge eingehen.

(Abg. Ursula Haußmann SPD: Was Sie hier ablie- fern, ist unter aller Kanone!)

Meine Damen und Herren, ich komme zum SPD-Entwurf, zu diesem bürokratischen Monstrum, das Sie uns hier vorgelegt haben. Typisch SPD, kann man nur sagen. Alles ist bis ins Detail per Gesetz geregelt. Gesetzes- und Papiergläubigkeit, Bürokratie pur, das passt genau in die Aufreihung 630-DM-Gesetz, Pflegequalitätsgesetz

(Zurufe von der SPD: Oh!)

ja, das ist leider so , bürokratische Riester-Rente, überbürokratisierte Disease-Management-Programme. Lauter Bürokratie pur! Behalten Sie den Quatsch in Berlin, und lassen Sie uns in Baden-Württemberg damit in Frieden.

(Beifall bei der CDU)