Protocol of the Session on June 20, 2002

Zum Zweiten ist natürlich auch die Bundesanstalt für Arbeit gefordert, ältere Menschen wieder in Arbeit zu bringen. Dazu muss man sagen darauf hat schon Herr Hausmann hingewiesen , dass die Bundesregierung bei ihrer

untergeordneten Behörde, der Bundesanstalt für Arbeit, ein wichtiges Programm aufgelegt hat. Es gibt das Programm „50 plus die können es“. Herr Hofer hat es auch gelobt. Es handelt sich dabei zum Beispiel um Trainingsmaßnahmen in Betrieben oder um betriebliche Einstellungshilfen. Auch ein Eingliederungsvertrag kann geschlossen werden, damit ein Arbeitgeber, der testen will, ob es der Arbeitnehmer denn bringt, den Arbeitnehmer zunächst risikolos einstellen kann. Dies wird vom Arbeitsamt unterstützt. Dies sind sehr wichtige und sehr gute Maßnahmen. Herr Hausmann hat die Zahlen dafür genannt, die belegen, dass diese Maßnahmen auch greifen. Ich meine, das ist ein gutes Bündel von Maßnahmen. Man muss es eventuell der aktuellen Entwicklung anpassen und weiterentwickeln.

Zum Schluss jetzt aber die Frage: Was muss die Politik tun? In der Stellungnahme der Landesregierung zu dem Antrag sind dazu einige Maßnahmen genannt, die ich jetzt nicht vorzulesen brauche. Ich möchte drei ergänzende Punkte nennen, bei denen das Land zusätzlich noch etwas tun kann.

Erstens: Wenn es stimmt, dass die Haupthemmnisse für die Einstellung von älteren Arbeitnehmern Vorurteile einer eher jugendzentrierten Einstellungspolitik sind, dann ist eine Öffentlichkeitsarbeit des Landes vonseiten des Wirtschaftsministeriums sicherlich sehr hilfreich, um älteren Arbeitnehmern zusätzliche Chancen zu eröffnen.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP Abg. Wieser CDU: Sehr gut! Das wollen wir auch!)

Zweitens: Ich sagte, die Gestaltung der Arbeitsbedingungen in den Betrieben ist ein zentraler Punkt, um Änderungen zu erreichen. Das Land könnte dabei die Rolle übernehmen, erfolgreiche Modelle der Beschäftigung Älterer im Sinne einer Publikation von „best practice“ publik zu machen. Es könnte Wettbewerbe organisieren, bei denen Betriebe ihre Erfahrungen darstellen und so die Möglichkeit der Eingliederung älterer Arbeitnehmer breitere Kreise zieht. Ich denke da zum Beispiel an die Möglichkeit, Arbeitsplätze umzustrukturieren oder bestimmte Sonderregelungen für Schichtarbeit einzuführen, die auf die Belange von Älteren Rücksicht nehmen. Dies sind Möglichkeiten für das Land, aktiv zu werden.

(Beifall des Abg. Wieser CDU)

Als Letztes ist das Land natürlich auch als Vorbild gefordert. Auch das Land muss seine Einstellungspraxis an diesen Leitlinien orientieren.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Wir haben 50-Jährige ge- wählt!)

Herr Hofer, auch die Frage der Frühverrentung muss geklärt werden. Der Landesrechnungshof erarbeitet ja zurzeit ein Gutachten, in dem das Problem der Frühverrentung kritisiert wird. Dies hat möglicherweise auch Folgen für die Qualität der Arbeitsplätze. Speziell wurde von den Lehrern gesprochen, bei denen die Zahl der Frühpensionierungen deutlich steigt. Dort stellt sich natürlich auch die Frage nach dem Arbeitsplatz Schule. Dort ist natürlich auch das Land gefordert.

In diesem Sinne sollten wir dieses Problem sachlich angehen; denn wir können es uns nicht leisten, die älteren Arbeitnehmer ins Abseits zu stellen.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU, der SPD und der FDP/DVP)

Das Wort erhält Frau Staatssekretärin Lichy.

(Abg. Hofer FDP/DVP: Wir hatten zwei Redner ausgemacht!)

Die FDP/DVP hat schon gesprochen.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Wir hatten zwei Redner ausgemacht!)

Ja, aber Frau Staatssekretärin Lichy erhält jetzt das Wort. Sie wünscht das Wort, und ich halte es auch im Sinne des Debattenablaufs für besser, wenn Sie hinterher auf die Ausführungen der Frau Staatssekretärin eingehen können.

Frau Staatssekretärin Lichy, Sie haben das Wort. Mitglieder der Landesregierung erhalten auf Verlangen stets das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Debatte gibt so, wie sie zeitweise gelaufen ist, Anlass, dass man das, was eigentlich erst heute Mittag auf der Tagesordnung steht, jetzt debattieren müsste. Denn manche Dinge kann man tatsächlich nicht so im Raum stehen lassen. Ich werde trotzdem nur ein paar wenige Sätze zur Gesamtarbeitsmarktpolitik des Bundes und des Landes sagen, möchte aber dann sachlich auf die Diskussion eingehen, die jetzt unter Punkt 2 aufgerufen ist, nämlich auf das wichtige Thema der Erhaltung der älteren Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt und auch ihrer Qualifizierung.

(Abg. Hofer FDP/DVP: So ist es! Das war das Thema!)

Herr Abg. Hausmann, Sie haben hier jedoch Polemik hineingebracht. Denn was Abg. Schuhmacher gesagt hat, hat nur den Fakten entsprochen.

(Lachen bei der SPD Zurufe der Abg. Ruth We- ckenmann und Ursula Haußmann SPD)

Wenn Sie jetzt aber den Bundesarbeitsmarkt mit dem Arbeitsmarkt in Baden-Württemberg verquicken Wissen Sie, da gibt es normalerweise einen Satz: Bei so viel Selbstgerechtigkeit redet man andernorts von Pharisäertum.

(Beifall bei der CDU Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Lassen Sie mich meinen Satz jetzt zu Ende bringen. Ich werde heute Mittag noch ausführlich darauf eingehen. Ich will nur etwas zu dem sagen, was eben nicht stimmt. Das muss gesagt werden. Im Bund gibt es derzeit im Mai 3,95 Millionen Arbeitslose. Das ist ein Prozentsatz von 9,6 %. In Baden-Württemberg ob Sie das nun gern hören oder nicht haben wir die Bestmarke von 5,2 %.

(Abg. Ruth Weckenmann SPD: Wir haben hier die stärksten Gewerkschaften! Deswegen vielleicht! Gegenruf des Abg. Wieser CDU: Nein, in Nord- rhein-Westfalen ist eine stärkere Gewerkschaft!)

In diesem Zeitraum, in dem die rot-grüne Bundesregierung in Verantwortung steht, ist die Arbeitslosigkeit im Bund um 50 000 zurückgegangen. Das waren gerade 1,3 %.

(Abg. Dr. Caroli SPD: Zum Thema, bitte!)

In Baden-Württemberg sind es in diesem Zeitraum insgesamt elf Komma ungerade Prozent.

(Abg. Rudolf Hausmann SPD: Was?)

Die Zahl der Langzeitarbeitslosen ging in den Zeiten, in denen ein Abbau von Arbeitslosigkeit stattgefunden hat, in Baden-Württemberg um ein Viertel zurück. Heute sagen Sie bei einem faktischen Rückgang von 50 000 Arbeitslosen bundesweit, dass die Zahlen sich in der Zeit dieser Bundesregierung bei den älteren Arbeitslosen eklatant verbessert hätten. Ich habe wohl aufgepasst, als Sie davon gesprochen haben. Warum können Sie das sagen? Weil die 58-Jährigen gar nicht mehr in der Arbeitslosenstatistik erscheinen, weil sie in Rente sind. Jetzt bin ich bei genau dem Thema, zu dem ich sprechen will.

(Beifall bei der CDU Abg. Seimetz CDU: Genau so ist es! Das ist die Statistik! Glocke des Präsi- denten)

Frau Staatssekretärin, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Capezzuto?

Ja, von mir aus gern. Aber dann führen wir natürlich die Debatte, die wir heute Mittag führen wollten. Ich wäre jetzt sachlich auf den Punkt eingegangen, der jetzt aufgerufen ist.

(Abg. Brigitte Lösch GRÜNE: Das weiß man ja nicht!)

Gestatten Sie sie, oder gestatten Sie sie nicht?

Er darf gern noch eine Frage dazu stellen.

(Unruhe)

Dann versuche ich, die Debatte wieder auf den Punkt zu bringen. Bitte, ja.

Herr Capezzuto, Sie erhalten das Wort. Gehen Sie bitte zum Mikrofon.

Eigentlich habe ich eine sehr laute Stimme.

(Abg. Seimetz CDU: Einbildung! Abg. Hofer FDP/DVP: Wir singen ja nicht! Zuruf des Abg. Alfred Haas CDU)

Frau Staatssekretärin, wenn Sie schon von Pharisäertum reden, dann müsste Ihnen doch bekannt sein, dass die Arbeitslosigkeit bei uns in Baden-Württemberg seit 1998

nach unten gegangen ist. Das haben Sie nur den Maßnahmen des Bundes zu verdanken.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD Lachen bei der CDU und der FDP/DVP Lebhafte Unruhe Abg. Wieser CDU: Das muss ja einmal gesagt sein! Abg. Seimetz CDU: Erstens war das keine Frage, zweitens hat er sich angesprochen gefühlt! Abg. Wieser CDU: Warum ist sie dann in Nie- dersachsen gestiegen? Fortgesetzte Unruhe)

Ein Satz dazu. Ich gebe Ihnen Antwort.

(Anhaltende Unruhe)

Bitte, darf ich Antwort geben? In Baden-Württemberg ist die Arbeitslosigkeit entgegen dem Bundestrend zurückgegangen,

(Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

weil das Land mit Rahmenbedingungen steuernd in die Arbeitsmarktpolitik eingegriffen hat

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP Abg. Capezzuto SPD: Die Maßnahmen des Bundes! Abg. Wieser CDU: Niedersachsen, Sachsen-An- halt, Nordrhein-Westfalen! Unruhe)