Protocol of the Session on May 16, 2002

(Zuruf des Abg. Hauk CDU)

Jetzt kommt etwas ganz Wichtiges das ist für uns Agrarpolitiker nicht unwichtig : Diese Firma hat eine Konzeption, die schon fast Philosophie zu nennen ist, die besagt: Die Hälfte des Besitzes dieser Firma muss den Bauern gehören. Die müssen Anteilseigner sein. Das ist ihr Biodiesel, den sie anliefern als Raps und den sie zurückkriegen als Biodiesel.

Ich habe bei uns vier Firmen gefragt. Zwei machen ab Juni so schnell wie möglich mit. Sie würden ihre gesamte LkwFlotte auf Biodiesel umstellen. Bei der einen Firma sind das 1,5 Millionen Liter Diesel, die bisher jede Menge CO2 ausgestoßen haben. Das könnten wir rübernehmen.

Worum bitte ich Sie eigentlich? Nichts Ideologisches. Es tut mir Leid, wenn Sie das von mir erwartet haben. Das kann ich Ihnen nicht liefern. Wir haben aber die einmalige Chance, in Baden-Württemberg auf die Angaben und Vorgaben der EU so zu reagieren, dass wir die Schnellsten sind. Wenn es nicht innerhalb von wenigen Monaten durch Förderung durch das Land Baden-Württemberg den Anreiz gibt, den auch Bayern dieser Firma gegeben hat, dann wird das Ding in Bayern gebaut, und wir sind in Zukunft abgehängt.

Herr Minister, ich weiß, dass Sie auch wollen, dass die Anlage bei uns gebaut wird. Ich weiß auch, dass Sie unseren Landwirten ein zusätzliches „Einkommensbein“, das natürlich nicht die Rettung für die Landwirte ist das weiß ich auch , bieten wollen. Das Wirtschaftsministerium hat mir signalisiert, dass es bei einer vernünftigen Finanzplanung und die steht; ich sage Ihnen gleich, warum eigentlich gar kein Problem bei der Förderung gebe.

Jetzt muss ich Ihnen noch sagen, wie die Finanzierung in Bayern geklappt hat. Dieser Baden-Württemberger ist zur L-Bank nach Stuttgart gegangen und hat gesagt: „Geben Sie mir dafür ein Darlehen.“ Dann hat die L-Bank getestet, ob sich das rechnet, und hat gesagt: „Wir geben Ihnen Geld. Das rechnet sich nämlich.“ Nur hat er unser badenwürttembergisches Geld leider in Bayern investiert.

(Abg. Drexler SPD: Oh!)

Das muss in Zukunft zu uns,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

weil wir den Bedarf haben, weil wir die Notwendigkeit haben und weil wir mit Obrigheim auch einen geeigneten Gewerbe- und Landwirtschaftsstandort haben.

In diesem Sinne bitte ich Sie um Unterstützung.

Wenn nachher der Antrag der CDU zur Diskussion steht: Ziffer 1 des Antrags sagt eigentlich genau dasselbe. Nur haben Sie noch nicht gesagt, was Sie haben wollen. Ich biete es Ihnen hiermit an. Ich bitte um grünes Licht von allen Parteien für Rapsmethylester oder Biodiesel aus BadenWürttemberg, aus Obrigheim.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Dr. Brenner.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Biodiesel ist ein umweltfreundlicher Kraftstoff. Daran gibt es keinen Zweifel.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der CDU)

Vor allem die Kinder lieben die Autos, die mit Biodiesel fahren, weil sie dann immer meinen, es sei eine Pommesfrites-Bude in der Nähe.

(Heiterkeit)

Der Mineralölwirtschaftsverband schätzt, dass bis zum Jahr 2005 der Absatz von Dieselkraftstoffen steigt und der Absatz von Ottokraftstoffen leicht zurückgeht. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Biokraftstoffe gelten als kurzfristig einsetzbare Alternativkraftstoffe, vor allem im Verkehrsbereich. Das sagt sogar eine Studie des Ölmultis Shell.

Nun ein bisschen Chemie und Technik; denn wir müssen ja sehr genau wissen, wovon wir eigentlich reden.

Herr Teßmer, wenn Sie heute im Festzelt Biodiesel bestellen, was kriegen Sie dann?

(Abg. Teßmer SPD: Salatöl!)

Bananenweizen.

(Heiterkeit)

Deswegen müssen wir Biodiesel hier ein bisschen definieren. Grundsätzlich ist Pflanzenöl als Kraftstoff für Dieselmotoren geeignet. Es gibt aber eine Unterscheidung. Es gibt a) unbehandeltes Pflanzenöl, also so wie gepresst, und b) Biodiesel. Der Rohstoff ist für beide gleich. Das sind ölhaltige Samen. In Deutschland ist das aufgrund des Klimas hauptsächlich Raps, in Südeuropa sind das eher Sonnenblumen, und in den USA sind das Sojabohnen. Aus einem Hektar Raps kann man ca. 1 200 Liter Öl gewinnen.

Nun hat man also naturbelassenes Öl wie gepresst. Mit dem kann man schon einiges anfangen. Damit kann man zum Beispiel Motoren antreiben, aber man braucht spezielle Motoren, zum Beispiel den so genannten „Elsbeth-Motor“; die Landwirte wissen das.

Pflanzenöl hat eine hohe Viskosität und ist schwer zu zünden. Deswegen muss man diese Motoren mit normalem Dieselkraftstoff starten. Diesen braucht man also auch. Mit Pflanzenöl das ist nun wieder interessant kann man jedoch recht einfach Blockheizkraftwerke betreiben, die gleichzeitig Wärme und Strom erzeugen. Diese laufen ja im Dauerbetrieb. Dann ist dieses Kaltstartproblem eigentlich nachrangig. Das ist für mich zum Beispiel eine sehr interessante Geschichte für kleinere kommunale Projekte.

Kommen wir jetzt zur vielfältiger einsetzbaren Alternative, zum Biodiesel. Er wird aus dem Öl, das wir jetzt schon haben, durch Veresterung hergestellt, das heißt, das Fettmolekül wird zerlegt. Dafür braucht man Alkohol, und man erhält neben Biodiesel auch noch Glycerin. Das Glycerin wird normalerweise von der chemischen Industrie gerne als Grundstoff abgenommen.

(Abg. Gall SPD: Machen wir jetzt was, oder ma- chen wir nichts? Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Immer gemach, gemach! Ich möchte, dass wir sehr genau wissen, worüber wir reden.

(Zuruf des Abg. Boris Palmer GRÜNE)

Jetzt haben wir also Biodiesel, Herr Palmer. Den können Sie nicht einfach in Ihren Diesel-Pkw schütten; denn der Motor muss geeignet sein. Biodiesel ruft nämlich bei Polymeren das sind Kunststoffe und bei Elastomeren das sind die ganzen Dichtungen und Leitungen andere Reaktionen hervor als Dieselkraftstoff. Wenn Sie den geeigneten Motor haben, ist alles in Ordnung. Dann können Sie das eine oder das andere reinschütten oder sogar die Mischung.

(Zurufe von der SPD und den Grünen)

Biodiesel emittiert weniger Ruß als Dieselkraftstoff, er ist vollständig biologisch abbaubar das sind Vorteile, Herr Teßmer; das sehe ich auch so , und er hat die Wassergefährdungsklasse 1, ist also nur schwach Wasser gefährdend.

Nun stellt sich tatsächlich die Frage, weshalb nicht jeder mit Biodiesel fährt oder weshalb nicht jeder Landwirt Raps anbaut.

(Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

Wie so oft ist es auch hier eine Frage des Preises, und zwar auf verschiedenen Ebenen. Das Entscheidungsfeld ist nun etwas diffus. Deshalb nur einige Aspekte.

Erstens: Um den Kraftstoffbedarf aller Dieselfahrzeuge in Deutschland mit Biodiesel zu decken, bräuchte man 26 Millionen Hektar Rapsfläche. Deutschland hat aber nur 17 Millionen Hektar Ackerland, und hier wird nicht allein Raps angebaut. Also selbst mit Stilllegungsflächen wäre das zu wenig. Darüber sind wir uns einig.

Zweitens: Beim Rapsanbau ist eine bestimmte Fruchtfolge einzuhalten. Raps kann nämlich höchstens alle vier Jahre auf derselben Ackerfläche angebaut werden. Verkürzt man diese Phase, kommt es zu Pflanzenkrankheiten und Schädlingsbefall, sodass der Ertrag sinkt. Das wollen wir ja nicht. Das heißt aber, dass die Anbaufläche für Raps nicht beliebig vermehrbar ist und schon gar nicht jedes Jahr.

Drittens: Die Flächenprämien der EU für Raps und Ölsaaten haben im letzten Jahr noch ca. 500 € pro Hektar erbracht, in diesem Jahr wurden sie auf ca. 300 € pro Hektar gesenkt. Wie hoch die Prämien sein werden, wenn die Agenda 2000 im Jahr 2006 ausläuft, weiß im Moment kein Mensch. Dann sind womöglich auch die neuen Beitrittskandidaten mit dabei, und dann ist sowieso alles anders.

(Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

Viertens: Der Pflanzenölmarkt ist ein Weltmarkt mit Global Players wie zum Beispiel den USA und Südamerika. Wir allein können hier und das ist wichtig keinen Preis bestimmen oder halten. In den letzten drei Jahren war an den Warenterminbörsen für Öle ein deutlicher Preisverfall zu verzeichnen. Das heißt: Immer noch ist Importpflanzenöl günstig.

Fünftens: Die Kosten der Ölherstellung hängen wesentlich von der Anlagengröße ab. Eine Großanlage wie die in Mannheim hat Produktionskosten von ca. 20 Cent pro Liter, bei Kleinanlagen kann dieser Anteil auf bis zu 1,50 €

pro Liter steigen. Dann wird es natürlich aufgrund des Preises schwieriger, Abnehmer zu finden.

(Zurufe von der SPD)

Ja, das ist Wirtschaft, nicht Parteipolitik. Wenn allerdings, Herr Teßmer, bei der Mineralölsteuer etwas getan wird, ist das sicher richtig.

(Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

Zusammengefasst kann man sagen: Rapsanbau kann für die Landwirte ein zusätzliches wirtschaftliches Standbein sein, muss es aber nicht, und vor allem nicht für alle, und zwar weil der erzielbare Preis schwer vorhersehbar ist, also auch das erzielbare Einkommen.

(Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

Das ist halt anders als bei den Beamten, die jeden Monat dasselbe bekommen.