Protocol of the Session on May 16, 2002

Ich darf schon sagen: Die Regionalmesse Karlsruhe war ein Projekt, das auch die Region mit sehr großen Aufwendungen mitgetragen hat. Wir haben gesehen, dass die Kosten nicht in der Höhe einzuhalten sind, wie sie ursprünglich berechnet war. Das Land Baden-Württemberg hat die Stadt beauftragt, ein Gutachten auch über die Qualität und über die Frage erstellen zu lassen, ob es sich überhaupt um eine Regionalmesse handelt. Dieses Gutachten ist für die Region sehr positiv ausgefallen. Es kam zu dem Ergebnis, dass es sich nicht um eine Regionalmesse, sondern um eine überregionale Messe handelt.

Dann stehen die Kosten zur Diskussion. Das Land verabschiedet sich daraus und leistet keinen höheren Zuschuss. Das muss ich schon sagen: Ich wundere mich, wenn Herr Minister Döring, der heute nicht anwesend ist, und der Kollege Oettinger als

(Zuruf von der CDU)

Ich bemängle ja nicht, dass er nicht anwesend ist. Ich sage nur, er kann sich jetzt gegen diesen Vorwurf nicht wehren.

Ich wundere mich also, dass Herr Minister Döring und Kollege Oettinger als Vorsitzender der größten Regierungsfraktion vor Wochen nach Karlsruhe gegangen sind

und sagten: „Wir werden es richten. Wir werden dafür eintreten, dass die Karlsruher Messe höhere Zuschüsse erhält.“ Das ist nicht eine Karlsruher Messe, sondern eine Messe für die Region. Wie ist dann bei den Haushaltsberatungen entschieden worden? Sie wissen alle: Meine Fraktion hat bei den Haushaltsberatungen den vernünftigen Antrag gestellt nicht nur für die Messe Karlsruhe, sondern für die Regionalmessen insgesamt , dass eine höhere Bezuschussung

(Abg. Dr. Birk CDU: Unseriös!)

Der Antrag war nicht unseriös.

(Beifall bei der SPD)

Der Antrag war überhaupt nicht unseriös, Kollege Birk. Ich sage Ihnen auch, warum er nicht unseriös war. Unseriös ist das, was Sie in den Haushalt eingestellt haben, nämlich rund 200 Millionen € für die Messe Stuttgart, die sich überhaupt noch nicht im Bau befindet im Gegensatz zu der Messe hier, die im Bau ist. Das ist unseriös.

(Beifall bei der SPD und des Abg. Kretschmann GRÜNE)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind weiter bei der Bilanz und den negativen Punkten. Ich erinnere dabei noch an die Bankenfusion. Auch hier hat die SPD-Landtagsfraktion vor der Art dieser Fusion gewarnt, weil sie ihr nicht weit genug ging. Für Karlsruhe hat die Bankenfusion nur negative Auswirkungen gehabt. Wir haben unter dem Strich 70 Arbeitsplätze verloren. Wir haben außerdem die gesamte Gewerbesteuer verloren, die aus dieser Bank heraus an die Stadt Karlsruhe geflossen ist. Das sind unter dem Strich 7 bis 8 Millionen DM im Jahr. Wenn Sie das über zwei, drei, vier Jahre hochrechnen, können Sie das multiplizieren und schließlich sagen, was dabei herauskommt. Wenn dann der Herr Ministerpräsident bei der Beratung im Landtag der Stadt Karlsruhe empfiehlt, sie solle einen Brief an den Stuttgarter Oberbürgermeister schreiben und die Stuttgarter bitten, einen Teil der Mehreinnahmen aus der Gewerbesteuer an Karlsruhe zurückzugeben, dann ist das schon

(Lachen bei Abgeordneten der SPD)

Ich frage einmal: Welche Stadt würde das tun? Der Brief, der aus Stuttgart gekommen ist, fiel dementsprechend aus. Stuttgart hat das natürlich abgelehnt.

Das ist die Bilanz der letzten Jahre.

(Beifall bei der SPD)

Ich komme zur Rundfunkfusion: Auch das, was die Rundfunkfusion bedeutet, was sie für den Standort Baden-Baden bedeutet, wurde in der letzten Legislaturperiode alles eindeutig als positiv dargestellt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, machen Sie einen Besuch in Baden-Baden, um zu sehen, was nach der Rundfunkfusion herausgekommen ist: eindeutig Arbeitsplatzverluste in Baden-Baden. Da kann niemand sagen, das sei eine positive Bilanz.

(Zurufe)

Das stimmt.

Jetzt noch etwas zum Kollegen Vetter. Es gibt 20 Kilometer von hier entfernt, in der Region, die Landesanstalt für Schweinezucht Forchheim.

(Zurufe und Unruhe)

Lieber Herr Kollege Hauk, ich weiß, dass das wehtut. Lieber Herr Kollege Hauk, dass das vordergründig nichts mit Technologie zu tun hat, weiß ich. Das müssen Sie mir nicht sagen. Aber wir machen eine Bilanz, und dazu gehört, dass man für einen relativ hohen Aufwand, für etwa 50 Millionen DM, vor vielen, vielen Jahren die Verlagerung der Landesanstalt nach Boxberg beschlossen hat; das hat auch der Kollege Vetter in seiner Zeit als Kabinettsmitglied bis zum Schluss mitgetragen. Herr Kollege Vetter, Sie waren dann nur noch Abgeordneter das sage ich nicht negativ , als Sie sich dann wieder hier in der Öffentlichkeit dafür stark gemacht haben, dass dieser Beschluss verändert wird und die Anstalt in Forchheim bleibt. Das sind Aussagen, die populistisch sind, weil keine Kraft dahinter steht, das so zu verändern. In Forchheim wäre diese Anlage für 10 Millionen DM zu erhalten, man gibt aber 50 Millionen DM aus, um irgendwann einmal die Verlagerung durchzuführen.

Jetzt noch etwas zum Negativen. Der Karlsruher Gemeinderat unter Vorsitz des Herrn Oberbürgermeisters, der jetzt hier in diesem Raum zugegen ist, hat 1998 eine Reise zum Herrn Ministerpräsidenten unternommen, um nach einem vorab zugestellten Brief über Probleme, die hier in der Region durch Fusionsveränderungen entstanden sind, ein Gespräch zu führen. Da ging es um die Badische Bank, die LBank, die Bakola, die Gebäudeversicherungsanstalt, die Außenstelle des Landesamts, das Flurordnungsamt, die Staatliche Landwirtschaftliche Untersuchungs- und Forschungsanstalt Augustenberg, das Landesvermessungsamt, das Staatliche Hochbauamt, die Forstdirektion, um Veränderungen in der Oberfinanzdirektion, um das Naturkundemuseum und die Alte Münze. Das ist ein Schriftstück gewesen, das der Gemeinderat über alle Fraktionen hinweg als Negativbilanz dem Herrn Ministerpräsidenten übermittelt hat. Darüber wurde verhandelt. Das sind keine Erfindungen eines SPD-Abgeordneten, der jetzt zufällig hier in Karlsruhe ist, sondern das sind Tatsachen, die über Jahre hinweg eingetreten sind.

Wenn wir über die Stärkung von Regionen reden, müssen diese Beispiele einfach genannt werden. Ich habe sie deshalb genannt, um zu sagen: Wenn es dem Land BadenWürttemberg gut gehen soll, wie dies auch der Kollege Vetter behauptet hat, dann soll es allen Regionen gut gehen. Deshalb muss die Landesregierung wohlweislich überlegen, wenn sie Änderungen durchführt: Wie werden sie durchgeführt? Wo gibt es auch Ausgleiche für die Verluste, die eintreten? Dann ist das eine vernünftige Politik.

Lassen Sie mich zum Schluss noch zusammenfassend sagen, lieber Kollege Vetter: Die Entstehungsgeschichte über die Technologieregion Karlsruhe, wie Sie sie dargelegt haben, stimmt. Wir als SPD haben aber eine andere Meinung. Wir sind der Meinung, solche Aufgaben sollten nicht in freiwilligen Zusammenschlüssen wahrgenommen werden, sondern durch legitimierte Mehrheiten in Parlamenten. Es

ist nicht so, dass wir die Region Stuttgart als das Wahre für Karlsruhe ansehen,

(Zurufe und Unruhe)

aber der Weg ist richtig, und die SPD-Landtagsfraktion wird dazu im Laufe dieser Legislaturperiode noch weitere Vorschläge machen.

(Beifall bei der SPD)

Sie wird Vorschläge einbringen, um hier zu legitimierten Veränderungen zu kommen.

Es kann nicht sein, dass solche Entscheidungen, sage ich einmal, von vier oder fünf Leuten getroffen werden. Solange die sich verstehen, ist das positiv. Wenn sie sich aber nicht mehr verstehen, ist es rückwärts gewandt. Das muss man ganz klar sagen. Dann ist es nicht zum Vorteil dieser Regionen.

Ich beende damit einmal meinen Vorausblick bzw. meine Bilanz. Eventuell gibt es noch Redemöglichkeiten in einer zweiten Runde. Ich stehe genauso wie meine Fraktion zu der Technologieregion Karlsruhe. Wir stehen zu dem Standort Karlsruhe, aber es muss erlaubt sein, auch Entwicklungen, die nicht so eingetreten sind wie vorgesehen bzw. die negativ verlaufen sind, in einer solchen Debatte aufzuzeigen. Sie hätten diese Debatte heute ja nicht beantragen müssen, dann hätte man nicht so argumentieren können.

Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Hofer.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP/DVP-Fraktion hatte ursprünglich ebenfalls vor, die Technologieregion Karlsruhe zum Thema einer Aktuellen Debatte zu machen. Wir haben davon Abstand genommen. Denn erstens ist keiner in unseren Reihen, der zu diesem Thema einen so festlichen Vortrag halten kann wie der Kollege Vetter,

(Beifall bei der FDP/DVP Lebhafter Beifall bei der CDU)

und zweitens, Herr Kollege Fischer, kann Wirtschaftsminister Dr. Döring an dieser Plenarsitzung leider nicht teilnehmen, weil er mit einer Wirtschaftsdelegation im Interesse des Landes in Saudi-Arabien ist, übrigens auch das wird Ihr Verständnis dafür erleichtern, wie ich Sie kenne mit Karlsruher Unternehmern.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Im Übrigen, meine Damen und Herren, könnte ich mir vorstellen, dass es manch einem in Karlsruhe lieber wäre, wenn das Thema „Region Karlsruhe“ anstatt einmal in 50 Jahren in einer Festsitzung in Karlsruhe gelegentlich auch in allen anderen Jahren in Stuttgart behandelt würde.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Es wäre in der Tat zu wenig für die Aktualität einer Debatte, wenn sie nur vom Tagungsort abhängig wäre.

Besondere Aktualität erfährt das Thema aber durch das Landesjubiläum „50 Jahre Baden-Württemberg“. Ich will das nicht austappen, aber wenn wir auf die vergangenen fünf Jahrzehnte zurückblicken, wissen wir, dass die Entscheidung der Gründer für eine dezentrale Struktur des Landes einer der maßgeblichen Gründe für die Erfolgsstory dieses Bundeslandes gewesen ist.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Damals waren es die vier Regierungspräsidien, die diese ausgewogene dezentrale Struktur ermöglicht haben, und sie sind es bis in die jüngste Zeit. Im Zuge der Globalisierung, im Zuge des Zusammenwachsens der europäischen Mitgliedsstaaten sehen wir, dass die Regionalentwicklung immer mehr zum zentralen Thema auch der Dezentralität wird. Die Lebens- und Wirtschaftsbedingungen entsprechen immer weniger den administrativen Grenzziehungen. Immer mehr wird es erforderlich sein, die regionale Entwicklung voranzutreiben. Das sehen wir insbesondere hier das ist schon wirklich „Preisend mit viel schönen Reden“ gesagt worden in der Technologieregion Karlsruhe. Es freut mich, dass unser Koalitionspartner das Thema „Regionale Entwicklung“ ebenfalls mehr und mehr so sieht, wie wir ja am heutigen Debattenthema erkennen. Im Übrigen möchte ich einfach einmal sagen: Es war auch notwendig, dass man darüber debattiert, denn in all den Festansprachen zum 50-Jahr-Jubiläum ist mir dieser regionale Ansatz bisher eigentlich etwas zu kurz gekommen.

Eine weitere große Aufwertung erhält das Thema Regionalentwicklung auch durch das, worüber wir gestern diskutiert haben, nämlich durch den EU-Verfassungskonvent. Wenn wir dort mit vollem Recht Subsidiarität verlangen, ein Europa der Regionen, Rückübertragung von Zuständigkeiten auf den Bund, jedenfalls teilweise, und erwarten, dass das sonst macht es ja keinen Sinn auch an die Länder weitergegeben wird, müssen wir, denke ich, diesen Subsidiaritätsgrundsatz und dieses Prinzip selbstverständlich auch im Lande praktizieren, das heißt, so gut es geht Aufgaben auf Kommunen und Regionen übertragen.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Anlässlich des 50-Jahr-Jubiläums wünschen uns viele den Mut, den Weg für örtliche und regionale Versuche freizugeben. Das Land braucht nicht alles gleich zu machen. In der Vielfalt liegt die Stärke.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Die Technologieregion Karlsruhe das wurde vorhin deutlich, man muss nicht alles wiederholen ist für die Zukunft bestens gerüstet und mit ihren Partnern auf einem guten, sicheren Weg, auf einem guten, sicheren Kurs in Richtung Europa. Das Denken und Handeln im europäischen Geist waren in Karlsruhe schon immer Tradition und waren hier zu Hause. Ich erwähne die Nähe zu Frankreich und die hervorragenden internationalen Verkehrsanbindungen. Natürlich müssen wir uns mit aller Kraft für die Magistrale für Europa einsetzen,

(Beifall bei der FDP/DVP)