Protocol of the Session on May 15, 2002

Wenn man in Karlsruhe ist und hier über das Thema Europa spricht, kann man nur sagen: Das ist hier das richtige Thema. Grenzüberschreitende Zusammenarbeit ist unsere Zukunft. Das weiß man im ganzen Land, aber in Karlsruhe besonders. Ich füge hinzu: In Freiburg weiß man auch, dass unsere Zukunft vom Zusammenwachsen Europas abhängig ist und wir alles dafür tun müssen, dass Europa zusammenwächst.

Wenn ich als vierter Redner hier nicht sonderlich originell sein sollte, sondern auch Positionen vertrete, die hier schon genannt wurden, dann ist das das sage ich an die Zuhörerinnen und Zuhörer oben auf der Tribüne gerichtet für Sie vielleicht langweilig. Aber insgesamt ist es eine Errungenschaft, ist es ein hohes Gut das habe ich schon einmal gesagt , dass sich die Parteien, die Fraktionen im badenwürttembergischen Landtag im Grundsatz einig sind, was diese Frage angeht. Sie müssen sich über den Weg im Detail natürlich streiten; das ist normal. Aber im Grundsatz sind sie sich einig. Diejenigen, die dazu eine andere Position einnahmen, sind nicht mehr im Landtag vertreten, und das ist gut so.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der CDU, der SPD und der FDP/DVP)

Das ist insbesondere dann ein hohes Gut, wenn man sich im europäischen Ausland umsieht, wenn man sich ansieht, welche Ängste unsere niederländischen Nachbarn bei den Wahlen, die gerade stattfinden, haben dort hat nämlich ein Rechtspopulist in den letzten Monaten für Furore gesorgt , wenn man sich das Ergebnis der französischen Prä

sidentschaftswahl ansieht den ersten Wahlgang, als die ganze Nation, die französische Republik, erschüttert war , wenn man sich anschaut, was in Österreich, in Italien, in Dänemark der Fall ist. Man muss sagen: Es ist ein hohes Gut, dass wir uns in Deutschland in den Grundzügen einig sind. Man kann nur hoffen, dass diese Grundstimmung bleibt; das ist nämlich keine Selbstverständlichkeit.

Meine Damen und Herren, nach der Einführung der Wirtschaftsunion, nach der Einführung der Währungsunion, die eben nicht zu Demonstrationen für den Erhalt der D-Mark geführt hat, muss man sagen, dass man eigentlich mit großer Freude den Euro erwartet hatte und dass wir nun auch kulturell akzeptiert haben, dass wir e i n Europa sind. Nun stehen wir vor einer Aufgabe, die ungleich größer ist, nämlich die politische Union in einer Situation zu schaffen darauf hat Kollege Maurer hingewiesen , in der wir auf doppelte Art die Quadratur des Zirkels leisten müssen. Dass es jetzt diesen Konvent gibt, ist schon einmal ein großes Verdienst. Aber dieser Konvent ist zum Erfolg verdammt. Ich wünsche Ihnen, Herr Ministerpräsident, alles Gute, dass Sie auch Erfolg haben werden.

Dass es diesen Konvent gibt, ist insofern erstaunlich, als man in Nizza vor noch nicht einmal eineinhalb Jahren, Weihnachten 2000, eigentlich sagen musste: Die hohen Erwartungen, die an den Gipfel in Nizza geknüpft waren, wurden fast alle nicht erfüllt. Europa drohte an kleinlichem Streit wirklich zu scheitern ich sage nicht: zu Grunde zu gehen. Herr Berlusconi und Herr Chirac man muss es sagen standen fast vor der Abreise, weil sie sich nicht darüber einigen konnten, in welchem Land eine europäische Lebensmittelbehörde angesiedelt werden soll. Über solchem Klein-Klein ist fast vergessen worden, dass man eigentlich eine institutionelle Reform der Europäischen Union angestrebt hat. Man kann nur froh sein, dass wir überhaupt sagen können: Es gibt diesen Konvent, und er muss diese Verfassung ausarbeiten.

Dieser Konvent steht unter einem doppelten Druck, weil schon heute in dem Europa der 15 völlig klar ist, dass wir mit diesem Institutionengefüge, das sich über die Jahrzehnte langsam herausgebildet hat, im Prinzip nicht in der Lage sind, Europa demokratisch zu regieren. Momentan regiert in Europa zwar relativ erfolgreich die Exekutive: der Ministerrat, die EU-Kommission. Nicht regiert das ist ja logisch, weil es nicht die Regierung ist , nicht das Sagen hat das Europäische Parlament.

Das liegt an vielem. Das liegt natürlich daran, dass wir so etwas wie eine europäische Öffentlichkeit noch gar nicht haben. Die Zeitungen, die gelesen werden, sind oft Regionalzeitungen und in der Regel nationale Zeitungen, während es so gut wie keine europäischen Zeitungen gibt. Wer verfolgt das politische Geschehen im Ausland? Das geht über Schlagzeilen, wenn es einmal einen Regierungswechsel oder eine große Krise gibt, kaum hinaus. Das ist ja auch schwierig. So etwas wie eine europäische Öffentlichkeit gibt es nicht.

Es gibt auch nicht so etwas wie ein europäisches Parteiensystem. Natürlich gibt es politisch befreundete Parteien, ähnliche Parteien, ähnlich strukturierte Parteien. Es gibt Christdemokraten, Sozialdemokraten, Grüne und Liberale

in ganz Europa. Aber es gibt kein europäisches Parteiensystem. Das heißt, wir sind noch weit weg davon, dass Wahlen zum Europäischen Parlament ähnlich attraktiv werden wie zum Beispiel Bundestagswahlen.

In dieser Situation, in der das demokratische Europa noch völlig unterentwickelt ist, kommt noch etwas ganz anderes dazu: Das Europa der 15 wird sich ab 2004 zu einem Europa der 25 oder der 27 entwickeln. Dabei wird endgültig klar, dass wir mit einem Europa, das in vielen Bereichen noch nicht einmal in der Lage ist, Mehrheitsentscheidungen zu fällen, sondern auf einstimmige Beschlüsse angewiesen ist, einfach nicht mehr weiterkommen. Wenn sich dieses Europa nicht ändert, wenn es sich nicht demokratisiert, wird es an die Wand fahren.

Vor diesem Hintergrund wünsche ich Ihnen, Herr Ministerpräsident, alles Gute. Ich wünsche Ihnen eine glückliche Hand, dass Sie diesen Konvent auch mit zum Erfolg führen, damit wir so etwas wie eine europäische Verfassung kriegen. Aber auch darauf wurde schon hingewiesen: In Europa darf man diese europäische Verfassung nicht einmal „Verfassung“ nennen, weil es auch da Empfindlichkeiten gibt, die wir in den nächsten Jahren noch überwinden müssen.

Was sind jetzt die Aufgaben dieses Konvents? Wie gestaltet sich Europa denn zukünftig? Bis 1990, als die Deutschen das Gefühl hatten, sie seien eigentlich keine Nation, sondern immer noch eine Nachkriegsnation, hatten wir uns die europäische Einigung nach unserem eigenen Vorbild vorgestellt, nämlich als eine Art Zweikammermodell mit Bundesrat und als Föderalismusmodell. Inzwischen sind wir weiter. Sowohl Bundespräsident Johannes Rau als auch Joschka Fischer als auch der Bundeskanzler als auch Wolfgang Schäuble sind der Ansicht, dass Europa auf lange Zeit ein Europa der Nationen bleiben wird, und zwar aus der kulturellen Tradition heraus, wegen der unterschiedlichen Sprachen und aus dem Selbstverständnis der einzelnen Nationen heraus.

Trotzdem muss ein Europa der Nationen als Europäische Union natürlich gemeinsame Aufgaben wahrnehmen. Das heißt, die Nationalstaaten müssen Aufgaben an Europa abgeben. Heute ist ja schon besprochen worden und das ist auch eigentlich gar nicht groß kontrovers , dass eine gemeinsame Außenpolitik, eine gemeinsame Sicherheitspolitik und vielleicht auch eine gemeinsame europäische Grenzpolizei und eine zusammenarbeitende Harmonisierung im Bereich der Innenpolitik und der Rechtspolitik im Wesentlichen unstrittig sind.

Dann wird es spannend. Klar ist: Die Nationalstaaten müssen Aufgaben an Europa abgeben. Das heißt, dieser Grundkatalog ist klar. Unklar ist aber: Was ist die Aufgabe Europas? Wie geht es dann weiter? Je länger ich Ihnen, Herr Oettinger, Herr Maurer und Herr Pfister, zugehört hatte, desto mehr fragte ich mich, ob der Streit, ob der Begriff „Kompetenzordnung“ der richtigere ist, ob der Begriff „Kompetenzkatalog“, für den Sie ja schwere Prügel bezogen haben, zu scharf ist, oder ob nicht das, was bereits eigentlich Status quo ist, nämlich die begrenzte Einzelermächtigung dass Europa nur dann tätig werden kann, wenn alle Staaten sagen: „Da musst du als Europa tätig

werden“ , sowieso schon Stand der Technik ist und wir nicht ein Stück weit einen Streit um des Kaisers Bart haben.

Im Grundsatz sind wir uns doch einig. Herr Pfister hat es schön gesagt: Subsidiarität ist das Zauberwort. Ich kann nur sagen: Subsidiarität ist Grundbestandteil des EU-Vertrags, und im Prinzip sollte Europa nach dem Prinzip der Subsidiarität funktionieren. Wenn das nicht richtig funktioniert, liegt es vielleicht daran, dass das zu wenig eingeklagt wird. Auch unser Land funktioniert nach dem Prinzip der Subsidiarität. Wir wissen aber genau, dass uns der Bund jede Menge Kompetenzen weggenommen hat und wir jetzt über den Bedeutungsverlust des Landtags jammern. Wir wissen, dass das Verhältnis, das das Land zu den Kommunen hat, im Prinzip ähnlich ist. Wir beschließen hier munter Dinge, reden vom Hochhalten der kommunalen Selbstverwaltung, und die Kommunen wissen nicht, wie sie es bezahlen sollen. Das ist eigentlich auch nicht Subsidiarität.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Kleinmann FDP/DVP)

Wir haben nicht den Mut, Dinge, die man auf einer unteren Ebene entscheiden könnte, auch dort entscheiden zu lassen. Ich würde sagen: Man sollte zum Beispiel im Kindergartengesetz was ja schon einmal angedacht war Mindeststandards festlegen, den Kommunen Geld geben und sie selbst handeln lassen. Dann kommt wahrscheinlich mehr heraus, als wenn das Land immer sagt, was wie zu geschehen hat. Das müssen wir selber überlegen.

(Demonstrativer Beifall bei der FDP/DVP und Ab- geordneten der CDU)

Das Problem, das wir dabei haben, Herr Kollege Hofer, ist aber nur das gleiche, das der Bund umgekehrt auch hat. Wenn wir munter nach unten und nach oben abgeben, fragt man sich, was wir hier eigentlich machen. Das gleiche Problem hat der Bund. Deshalb agieren sowohl die Länder als auch der Bund so, dass sie nichts abgeben wollen nach unten schon gar nicht, und nach oben wehren sie sich auch heftig.

(Beifall des Abg. Hofer FDP/DVP)

Wenn das die Zukunft des Föderalismus ist, muss ich sagen, dass es einem angst werden muss. Ich als überzeugter Föderalist kann nur sagen: Wir müssen selbstbewusster werden und unsere Rechte auch einklagen.

Aber das ist das nächste Problem mit der Kompetenzordnung. Die anderen europäischen Staaten kennen so etwas wie Föderalismus nicht. Immer, wenn der Deutsche von Föderalismus, von den Bundesländern, vom Bundesrat spricht, erntet er in Frankreich großes Unverständnis und in Großbritannien eher großen Ärger. Das wird dort eher als deutsche Krankheit empfunden, weil es Staaten sind, die sich sehr zentral verstehen.

Jetzt haben wir gesagt, wir verstünden uns auch als Europa der Regionen. Das ist ja auch ein guter Vorschlag. Der heutige Bundespräsident und damalige Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Johannes Rau, ist einmal so

habe ich mir sagen lassen; ich hoffe, die Anekdote stimmt empört von einem gemeinsamen Essen aufgebrochen, als der Ausschuss der Regionen getagt hat. Er hat gesagt: Ich bin der Ministerpräsident eines 18-Millionen-Volkes und hocke hier mit dem Bürgermeister von Sevilla an einem Tisch. Er meinte, das sei doch irgendwie etwas ungleichgewichtig. Das heißt, das Verständnis dessen, was in Europa Regionen sind, ist sehr unterschiedlich ausgeprägt.

Darum glaube ich, dass wir, wenn wir es mit dem Föderalismus ernst meinen, weniger ein Problem mit Europa haben, sondern eher ein Problem mit dem Bund, mit Berlin. Dann müssen wir mit Berlin aushandeln, was wir in einem Europa, das sich eint und in dem der Bund immer mehr Kompetenzen abgeben muss, selber wieder an eigenständigen Kompetenzen zurückkriegen müssen. Das müssen wir mit Berlin auskämpfen. Wir müssen dafür kämpfen das tun Sie auch, Herr Ministerpräsident , dass die Mitgliedsstaaten, die Nationalstaaten klare Kompetenzen behalten. Ich kann alles unterstreichen, was Sie dazu sagen. Aber wir müssen dann auch innerstaatlich gegenüber dem Bund deutlich machen, was die Länder davon zu behalten beanspruchen.

Da kann ich nur sagen, dass ich eines nicht verstehe: Es gibt in diesem Hause das weiß man nicht erst seit dem letzten Jahr eine Mehrheit dafür, einmal eine Enquetekommission zum Thema Föderalismus einzusetzen, aber sie kommt nicht zustande. Ich frage mich eigentlich, woran sich die CDU und die FDP/DVP da verhakt haben. Das ist doch eigentlich ein Witz. Wir halten hier ich jetzt schon als Vierter mehr oder weniger Sonntagsreden zum Thema Europa wie schön und schwierig, aber auch wie gut insgesamt , aber wenn es einmal konkret wird, wenn man zum Föderalismus fragt, wo eigentlich die neue Austarierung zwischen Bund und Ländern ist, weil Europa kommt, dann klemmt es. Ich will einfach noch einmal sagen, dass Sie da noch nachbessern müssen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Zum Thema Kompetenzordnung, Herr Oettinger das hat Herr Maurer schon ausgeführt, aber ich will es noch einmal bekräftigen , haben Sie sich, denke ich, mit dem Beispiel FFH-Flächen Flora, Fauna, Habitat ein denkbar schlechtes Beispiel ausgesucht. Im Prinzip haben Sie ja Recht: Wieso soll Europa zuständig sein, wenn das doch die Länder und Regionen selber genauso gut machen können? Das ist ein richtiges Argument. Das Problem in Baden-Württemberg war nur, dass das Land und die Regionen eben nicht tätig waren, dass sie das Ganze verschlafen haben. Dann muss man sagen: Die Zugvögel sind schon darauf angewiesen, dass es hier Naturschutzgebiete und Freiflächen gibt. Wenn es Baden-Württemberg selber nicht macht, ist es vielleicht ganz gut, dass es die EU macht.

(Zuruf des Abg. Oettinger CDU)

Subsidiarität ist nicht nur eine Einbahnstraße, Subsidiarität heißt, dass unten auch etwas geschehen muss.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Wie soll die institutionelle Reform aussehen? Das ist eine große Frage. Eines ist klar: Ich habe gerade eben beschrieben, welche Schwierigkeiten es beim Europäischen Parlament gibt, weil es keine europäische Öffentlichkeit gibt, weil es kein europäisches Parteiensystem gibt. Europa wird noch lange zu knapsen haben, bis es einen Kompetenzzuwachs kriegt. Aber das Mindeste, was dieses Europäische Parlament braucht, ist Budgethoheit, um über den europäischen Etat zu beschließen.

Es ist angedacht, den Ministerrat zu einer zweiten Kammer, zu einer Staatenkammer aufzuwerten, in die die Mitgliedsstaaten ihre Leute entsenden. Das ist sicher richtig. Das ist dann aber kein Bundesratsmodell, sondern ein Modell, bei dem diese Staatenkammer ebenfalls eine Doppelfunktion hat: nämlich eine exekutive Funktion, zusammen mit der EU-Kommission als Exekutive, und gleichzeitig auch die gesetzgeberische Funktion. Das ist sicher ein Schritt in die richtige Richtung. Wenn wir das im nächsten Jahr erreichen sollten, wären wir schon gigantisch weit. Ich glaube einfach, dass wir nicht umhinkönnen, im nächsten Jahr erfolgreich zu sein.

Ich will noch eines sagen, was in der Debatte oft verloren geht und auch bei Herrn Oettinger zu kurz kam. Er hat sofort gesagt: Ja, die EU-Erweiterung kommt, aber sie darf natürlich nicht mehr kosten, als wir vereinbart haben.

Eines will ich sagen: Nach 1989, als der ehemalige Ostblock in sich zusammengefallen ist und die Länder Mittelund Osteuropas gesagt haben: „Wir wollen nach Europa!“, haben sie das nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen, sondern aufgrund einer europäischen Tradition getan. Es gab seit Jahrhunderten eine europäische Tradition. Sie fühlen sich als Europäer, als Teil des christlichen Abendlandes und in unseren Traditionen, Kulturen und Sprachen verwurzelt. Dann kann man nicht mit dem Zollstock kommen und beckmesserisch sagen: „Das kostet aber so wahnsinnig viel!“, sondern man muss hergehen und sagen: Europa ist ein Wert an sich. Es ist völlig klar, dass wir den mittel- und osteuropäischen Ländern, die in die Europäische Gemeinschaft aufgenommen werden wollen, diese Aufnahme auch ermöglichen. Weil das so ist, ist die wirtschaftliche Frage erst nachgeordnet. Sie ist zwar eine nachgeordnete, aber dennoch keine unwichtige Frage.

Weil es dahin gehend immer solche Horrorgemälde gab, will ich eines noch sagen: Ich weiß nicht, ob es sehr glücklich ist, hinsichtlich der Freizügigkeit jetzt eine Übergangsregelung zu schaffen. Das zeigt natürlich schon, dass man die Ressentiments, die es in Europa gibt, ernst nimmt und Angst hat, von billigen Arbeitskräften, die nach Westeuropa drängen, überschwemmt zu werden. Jetzt versucht man, wieder Grenzen einzuziehen.

Alle Untersuchungen zeigen: Wenn Europa kommt und wenn die Menschen in ihren Heimatländern Zukunftschancen und Perspektiven sehen, dann kommen sie nicht zu uns, sondern bleiben, wo sie sind. Ganz nebenbei gesagt, könnten wir viele von denen sowieso gut gebrauchen. Ich verstehe also die Ängste nicht und denke, wir sollten damit offener, offensiver umgehen. Je offener und offensiver wir mit dem Thema Europa umgehen, desto weniger Rückhalt haben diese populistischen Ressentiments, die es gegen Eu

ropa gibt und die sich immer auf Behauptungen stützen wie: „Europa ist groߓ, „Europa ist anonym“, „Europa ist ein Moloch“, „Europa ist entfremdet“, „Was entscheiden die denn eigentlich?“ Aber umso mehr werden wir alle zu guten Europäern.

Nun will ich noch einen letzten Satz zum Thema Konvent und zu dem, was Herr Kollege Pfister das hat mich gefreut hier angesprochen hat, sagen. Ich fand es gut, Herr Ministerpräsident, dass Sie mit Herrn Dr. Palmer einen Europaminister installiert haben. Das war richtig. Ich finde es auch gut, dass sich das Land in Brüssel jetzt eine Vertretung sucht, die tatsächlich repräsentativ ist, und dass man dabei nicht nur auf den Pfennig schaut, sondern auch darauf, dass die Immobilie richtig ist. Ich finde es auch gut, dass das Land dort zahlenmäßig stark vertreten ist.

Ich finde aber, der Landtag hat es sich mit dem Thema Europa bislang etwas zu einfach gemacht. Warum heißt der Europaausschuss „Ständiger Ausschuss“ und nicht der Ständige Ausschuss „Europaausschuss“? Das wäre ein erster Schritt. Sie haben zwar Recht, Herr Pfister, Europa ist ein Querschnittsthema, aber auch andere Themen sind Querschnittsthemen. Finanzen sind ebenfalls ein Querschnittsthema, und keiner fragt sich, weshalb wir einen Finanzausschuss haben. Natürlich brauchen wir einen Finanzausschuss. Ich finde, wir brauchen auch einen Europaausschuss, um das deutlich zu machen.

(Zuruf)

Wir gehören hier zu den Antragstellern und haben beantragt, dass über das Thema Europa und die Fortschritte im Konvent endlich einmal diskutiert wird. Das darf nicht nur heißen: „Stell dir vor, es gibt Europa, und Erwin Teufel geht für dich hin“, sondern Europa muss etwas werden, das uns alle angeht, sonst werden wir so etwas wie eine europäische Öffentlichkeit auch gar nicht herstellen können. Eigentlich müssten wir sehr viel häufiger als nur einmal im Jahr einen Europatag veranstalten.

Wir müssten vielleicht auch das ist eine Anregung auf Landesebene etwas hinbekommen ich will jetzt keinen falschen Zungenschlag hineinbekommen wie einen Konvent, um uns hier unter der Überschrift Zivilgesellschaft auch einmal zu überlegen, was denn unsere Ziele als Land Baden-Württemberg in Europa sind. Das kann die Landesregierung initiieren; das kann auch der Landtag beschließen. Ich denke, wenn es 2004 Wirklichkeit werden soll, dass der EU-Konvent tatsächlich eine europäische Verfassung beschließt, dann wäre es auch an der Zeit, darüber einmal nachzudenken und es nicht immer nur wenigen Leuten, die selbst Regierungsmitglieder sind, zu überlassen, wie Europa gestaltet wird.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: Sehr richtig!)

Es muss das Europa der Bürgerinnen und Bürger werden.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den Grünen sowie Abgeordneten der SPD und der FDP/DVP)