Wir kommen zu Abschnitt II des Änderungsantrags der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 13/928. Hierzu liegt der Änderungsantrag der SPDFraktion, Drucksache 13/932, vor, mit dem der Text ergänzt werden soll. Ich frage die Antragsteller, ob sie diese Ergänzung übernehmen.
Dann lasse ich zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD, Drucksache 13/932, abstimmen. Wer für diesen Änderungsantrag ist, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! Enthaltungen? Der Antrag ist abgelehnt.
Dann lasse ich über Abschnitt II des Antrags der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 13/928, abstimmen. Wer zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! Enthaltungen? Abschnitt II dieses Antrags ist mehrheitlich zugestimmt worden.
Ich lasse jetzt über den Antrag der Fraktion der SPD, Drucksache 13/156, abstimmen. Wer für die Annahme dieses Antrags ist, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! Enthaltungen? Dieser Antrag wurde mehrheitlich abgelehnt.
Aktuelle Debatte Kranke Kassen statt Krankenkassen Verfehlte Gesundheitspolitik der Bundesregierung zulasten der Bürgerinnen und Bürger beantragt von der Fraktion der CDU
Es gelten die üblichen Regeln der Aktuellen Debatte mit Ausnahme der Redezeitbegrenzung, aber natürlich mit der Regelung, dass in zwei Runden debattiert werden soll.
Meine Damen und Herren, ich bitte um Aufmerksamkeit für den Redner. Bitte schön, Herr Kollege Hoffmann.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn Gesundheit das Wichtigste im Leben ist und für die Aussprache über die Windenergie schon zweieinhalb Stunden gebraucht wurden, müsste eigentlich die jetzige Aktuelle Debatte fünf Stunden dauern; aber ich glaube, das will hier niemand.
Stellen Sie sich unsere Krankenkassen einmal als Patienten vor, die ernsthaft erkrankt sind und dringend einen Arzt benötigen. Als Ärztin erscheint Frau Gesundheitsministerin Schmidt, und als einziges Medikament es sei ihr verziehen, weil sie nicht vom Fach ist hat sie ein Glas Wasser dabei. Dieses Glas Wasser symbolisiert die Gesetze, die schon seit vielen Monaten die Rettung der schwer kranken Krankenkassen einleiten sollen. Warum Wasser?, fragt man sich. Das ist leicht zu beantworten: Wasser ist billig, es kann nicht schaden, es wird auch nichts nützen, aber niemand kann der Ärztin vorwerfen, sie habe nichts unternommen. Ein Glas Wasser ist ein gutes Symbol für die völlig unzureichenden Gesetze, die in den letzten dreieinhalb Jahren rot-grüner Gesundheitspolitik über uns hereingebrochen sind.
Mit einem Rekorddefizit Frau Haußmann, ich muss es sagen, es ist so von 5,5 Milliarden DM haben die Kassen das Jahr 2001 abgeschlossen, und dies, obwohl wir Beitragssätze haben, die so hoch sind wie noch nie in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland. Die Patienten müssen mit immer höheren Beiträgen rechnen, bekommen dafür aber keine besseren Leistungen. Wenn nichts Entscheidendes passiert das sind auch Aussagen der Krankenkassen von dieser Woche , ist damit zu rechnen, dass noch in diesem Jahr, spätestens am 31. Dezember, die Beitragssätze die 15-%-Marke überschreiten. Ich denke, wir alle wissen, was das bedeutet: Als wir hier vor einem Jahr diskutiert haben, waren wir bei 13,2 %, und jetzt sind wir bei fast 15 %.
Passiert ist wider besseres Wissen nichts, aber auch gar nichts. Das Einzige, was innerhalb der letzten Monate abgeliefert worden ist, sind Beruhigungstabletten und hanebüchene Fehlleistungen.
Ich will Ihnen auch zwei Beispiele nennen, die das ganz deutlich machen: Wir haben die Aufhebung der Arzneiund Heilmittelbudgets ohne jedes Auffangkonzept. Oder ich nenne den Ablasshandel unseres Bundeskanzlers mit der Pharmaindustrie über 400 Millionen DM.
Ich möchte Ihnen zwei Sätze aus der Presseerklärung der Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen zur aktuellen Situation vorlesen. Satz 1:
Offenbar habe die Ankündigung der Bundesgesundheitsministerin Schmidt, die Arzneimittelbudgets abzuschaffen, ohne gleich wirksame Alternativen vorzusehen, diesen Ausgabenanstieg ausgelöst.
Bis Ende des Jahres das war 2001 rechnen die Spitzenverbände allein deswegen mit einer Mehrausgabe von 3 Milliarden DM.
Wir haben in dieser Woche mit Herrn Sing gesprochen. Ich habe heute vor dieser Debatte auch mit Herrn Dr. Schlenker von den Betriebskrankenkassen geredet.
Wir haben eine hanebüchene Situation. Im letzten Frühjahr sind die Arzneimittelausgaben der Krankenkassen um über 20 % in die Höhe gegangen. Frau Schmidt hat gesagt, das sei ein Einmaleffekt.
Dieser Einmaleffekt hat sich über das ganze Jahr hingezogen, und im ersten Quartal jetzt wieder , zum 31. März, wurden auf die 20 % noch einmal 6 % Steigerung draufgesattelt. Das heißt, wir hatten innerhalb eines Jahres Ausgabensteigerungen für Arzneimittel um rund 25 %.
Jetzt wollen wir uns einmal über die konkreten Maßnahmen unterhalten, die die Bundesregierung vorgelegt hat, um die GKV zu retten.
Frau Haußmann, hören Sie mir jetzt einmal zu. Vielleicht können Sie noch etwas lernen, wenn Sie einmal einen Moment zuhören.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU Abg. Dr. La- sotta CDU: Beratungsresistent! Zuruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE Unruhe)
Die Bundesregierung wirbt landauf und landab mit den Chronikerprogrammen. Jetzt muss man sagen da bin ich redlich , das Ziel ist ehrenwert, nämlich chronisch Kranke besser zu behandeln und dadurch mittelfristig nicht nur Geld einzusparen, sondern auch eine gerechte Mittelverteilung herzustellen. Ich sage es noch einmal Frau Haußmann, Sie werden das nachher sicher aufgreifen, hoffe ich :
Das Ziel ist in Ordnung, aber der Weg ist eine Katastrophe. Warum? Die chronisch Kranken sind bei genau denjenigen Kassen versichert, die schon jetzt die höchsten Beiträge haben. Diese Kassen müssen jetzt dafür sorgen, dass sich ihre Kunden in die Chronikerprogramme einschreiben. Wer viele Kunden dazu motivieren kann, bekommt viel Geld aus dem Risikostrukturausgleich. Aber das ist der große Strickfehler das Geld kommt nicht von den Kassen, die viel Geld haben, sondern die Kassen, die schon die chronischen Patienten haben und unter Mangel leiden, teilen sich
diese Kosten auf. Sie haben nichts anderes als ein fröhliches Modell des Kreislaufs innerhalb der ohnehin angeschlagenen Großkassen. Betroffen sind die AOK, die Innungskrankenkassen und die Ersatzkassen.
Was wird die Folge sein? Die Chronikerprogramme sind ja das Hauptargument von Frau Schmidt. Es wird überhaupt nicht darum gehen, wer die besten Behandlungskonzepte vorweist, sondern es wird ein Wettbewerb ausbrechen. Dieser Wettbewerb hat schon begonnen: Die Patienten mögen sich einschreiben. Ob am Ende dann wirklich Chronikerprogramme stehen, die auch von den Patienten durchgeführt werden, spielt bei der Bezahlung der Programme schließlich keine Rolle. Das heißt, die Qualität am Ende wird nicht mehr überprüft. Sie ist völlig unwichtig. Wir machen jetzt eines: Wir machen einen riesigen Wettbewerb um die Einschreibung der Patienten. Das ist auch schon alles.
(Abg. Döpper CDU: Mehr Kosten! Abg. Ursula Haußmann SPD: Was wollen Sie denn ändern? Das würde mich interessieren!)
Das kommt noch. Der nächste Punkt zu diesen Chronikerprogrammen ist: Ich bin gespannt, wie viele Abschlüsse wir in diesem Jahr zu diesen Programmen überhaupt bekommen. Denn die Vertragsparteien sind bis auf ganz wenige Ausnahmen bisher überhaupt nicht imstande, die Chronikerprogramme als leitliniengestützte Behandlung einzuführen, weil die Gesetzgebung wieder einmal sehr, sehr enge Vorgaben gemacht hat und sich kaum einer der Vertragspartner imstande sieht, die Programme zu definieren.
Ich sage Ihnen eines voraus: Wir werden wahrscheinlich im nächsten Jahr wieder darüber reden, weil dann hoffentlich wir an der Regierung sind und an den von Ihnen ausgelösten Folgen der Gesundheitspolitik etwas ändern können.
(Beifall bei der CDU Abg. Ursula Haußmann SPD: Das stimmt nicht! Da brauchen Sie bestimmt keine Angst zu haben! Abg. Dr. Salomon GRÜ- NE: Da ist aber der Stoiber vor! Abg. Bebber SPD: Sie werden nicht Gesundheitsminister!)
Ich sage Ihnen noch eines voraus: Die Chronikerprogramme werden, wenn überhaupt, erst in vielen Jahren Wirkung zeigen. Sie werden uns insgesamt mehr Geld und nicht weniger Geld kosten. Wir haben dann immerhin die Behandlung der Patienten verbessert, aber von Beitragsersparnis oder konstruktiven Plänen kann man nicht reden.
Jetzt gibt es ein neues Gesundheitspapier unserer Gesundheitsministerin. Das ist vergangene Woche präsentiert worden offensichtlich um für Wahlkampfruhe zu sorgen. Es scheint aber ein zweites Papier zu geben, und ich bin gespannt, Frau Haußmann, was Sie nachher dazu sagen werden.
(Abg. Fischer SPD: Wieso wissen Sie, dass Frau Haußmann nachher redet? Abg. Dr. Salomon GRÜNE: Frau Haußmann sitzt nur zur Ablenkung da!)
Initiatoren dieses Papiers sind zwei Herren: Der eine heißt Steinmeier, Chef des Bundeskanzleramts, und der zweite heißt Florian Gerster, der ja inzwischen eine neue Aufgabe übernommen hat. In diesem zweiten Papier sind drastische Einschnitte im Gesundheitswesen enthalten. Es ist aber offensichtlich ein Geheimpapier. Dieses Papier ist erstellt worden mit dem Hinweis auf den drohenden blauen Brief aus Brüssel.