darüber muss man reden können. Wir können nicht einfach das 1 : 1 abbilden, was sich vom Markt her ergibt, sondern ich muss das in eine Gesamtkonzeption
Ich will ein Drittes sagen: Die Luftverkehrsbedürfnisse des Landes Baden-Württemberg werden heute zu 60 % im Land befriedigt. Das hängt mit unserer Geographie zusammen. Wir haben Zürich, Basel, München, Frankfurt und Straßburg verhältnismäßig nahe um uns herum. Ein erheblicher Teil unseres Luftverkehrs wird außerhalb des Landes abgewickelt.
Jetzt füge ich einfach den Satz an: Es ist für uns kein unabgeleitetes Ziel, kein Ziel, das man nicht mehr erklären müsste, wenn wir sagen: Wir wollen 100 % haben. Es stört uns nicht, wenn wir einen Teil des Luftverkehrsbedarfs Baden-Württembergs auch außerhalb des Landes befriedigen.
Das muss nicht automatisch bei uns sein. Herr Dr. Caroli, weil Sie so strahlen und sich so lässig zurücklehnen, erinnere ich Sie einmal daran, was Sie in Sachen Lahr seinerzeit gemacht haben. Wissen Sie das noch?
Herr Minister, Ihre allgemeinen Ausführungen haben mir sehr gut gefallen. Nun frage ich Sie aber: In welchem Verhältnis stehen diese allgemeinen Ausführungen zu der Tatsache, dass in einer globalen steuerfreien Zone, die der Flugverkehr ohnehin darstellt, noch massiv Landesmittel zur Subventionierung des Ausbaus von Flughäfen eingesetzt werden müssen, allein für den Flughafen Stuttgart von 700 Millionen DM? In welchem Verhältnis steht das zueinander?
Ich sage: Eine Politik ist dann differenziert, wenn sie mehrere Faktoren zur gleichen Zeit berücksichtigt. Deswegen standen und stehen wir hinter dem Ausbau des Flughafens Stuttgart und haben dafür erhebliche öffentliche Mittel eingesetzt. Wir werden da auch noch Weiteres tun. Aber es gibt umgekehrt Grenzen. Die Frage ist nur: Wo liegt die Grenze?
Ich glaube, dass das, was wir bislang am Flughafen Stuttgart gemacht haben, dem Flughafen und der Region Stuttgart gut zupass gekommen ist, dass wir aber nicht einen Persilschein ausstellen können, der bedeutet, dass an diesem Standort jedes weitere Wachstum möglich sei. Das ist die Differenzierung.
Wir stellen also fest: Nicht der ganze Luftverkehrsbedarf in Baden-Württemberg muss im Land befriedigt werden. Das sieht man vor allem im Blick darauf, dass sich in Frankfurt etwas entwickelt, dass sich in München etwas entwickelt und dass die Zufahrtsstrecken die Bahnstrecke nach Frankfurt und die Bahnstrecke nach München, eine Hochgeschwindigkeitsstrecke und möglicherweise eine Transrapid-Strecke neue Möglichkeiten eröffnen.
Wenn Sie fragen, was wir eigentlich tun, ist übrigens eines interessant. Wir haben an allen Standorten des Landes etwas gemacht, ob das in Stuttgart ist, ob das in Söllingen ist, ob das in Friedrichshafen ist, ob das in Mannheim ist oder ob das in Zukunft in Schwäbisch Hall ist; in Stuttgart war das logischerweise in ganz großem Stil der Fall. Wir haben an allen diesen Standorten vor allem auch etwas für die Verknüpfung der einzelnen Verkehrsträger gemacht. Wir haben mit Blick auf diese Flughäfen straßenmäßig und schienenmäßig etwas unternommen. Sie können das in der Landtagsdrucksache nachlesen, die der Auslöser dieser Debatte ist.
Zur differenzierten Politik: Ich werde eine Stufe konkreter und sage, das muss sich in den jeweiligen Maßnahmen, in den Maßnahmen in Bezug auf die jeweiligen Standorte und in der gekonnten und richtigen Mischung aus Wachstumsförderung und -begrenzung niederschlagen. Dafür gibt es Instrumente.
Beispielsweise gibt es die Investitionspolitik. Für den Flughafen Stuttgart nenne ich in diesen Jahren das Terminal 3, das Terminal 4 und das Luftfrachtzentrum. Das sind immerhin alles Investitionen von mehreren Hundert Millionen DM, unabhängig von der Start- und Landebahn, die ja schon im letzten Jahrzehnt ausgebaut worden ist. Das ist Investitionspolitik, die wir als Miteigentümer betreiben.
Es gibt das Thema der Förderpolitik, einerseits in der Tat Schuldendiensthilfe und andererseits auch Förderpolitik für die Regionalflugplätze. Da geben wir übrigens im Verhältnis zu anderen Bundesländern relativ wenig Geld aus. Das kann man jetzt beklagen oder begrüßen; ich stelle es nur einmal fest. Aber es ist ein Instrument. Wir haben die Mittel, die wir für die Regionalflughäfen zur Verfügung stellen, im letzten Doppelhaushalt sogar erhöht. Sie sollen schwerpunktmäßig beispielsweise Schwäbisch Hall zugute kommen.
Es gibt zum Dritten die Ordnungspolitik. Da geht es um die Fragen: Wie stehen die einzelnen Flughäfen zueinander? Welche Rolle kann ich ihnen zuweisen? Da aber betrachte ich es schon als eine einigermaßen ordentliche Tat übrigens ohne große Konzeption; das nur nebenbei , dass wir die Angelegenheit Söllingen über Stuttgart in den Griff bekommen haben und gerettet haben. Man kann Vernünftiges tun, auch ohne viel darüber zu reden.
Es geht um die Schnittstellen zwischen den Flughäfen und den anderen Verkehrsträgern, und es geht schließlich auch um die Genehmigungspolitik, das heißt um die Frage: Was kann denn wann fliegen, nachts, tagsüber und am Wochenende, wie steht es mit dem Lärmkontingent usw. usf.? Alles das sind Instrumente einer Politik, die ich als differenziert betrachte. Es ist eine Mischung aus diesen Komponenten.
Herr Minister, Ihre bisherige Rede war ein einziges Plädoyer für eine Landesluftverkehrskonzeption, wie es sie in anderen Ländern auch gibt. Warum kann man sich nicht annähern? Sie sprechen von differenziertem Vorgehen.
Dies alles soll ja in eine Landesluftverkehrskonzeption einfließen. Warum weigert sich die Landesregierung denn, eine solche Luftverkehrskonzeption zu erstellen, um endlich eine gediegene Grundlage für all das zu bekommen, was Sie angesprochen haben?
Es freut mich, dass Sie sehen, dass wir mehr im Kopf haben, als Sie vielleicht vermuten. Das ist bei dieser Gelegenheit offenkundig geworden. Sie mögen vielleicht gemerkt haben: Wir handeln konzeptionell.
Vielleicht gibt es eines Tages auch einmal ein Papier; warum denn nicht? Daran soll es nicht liegen.
Die Probleme, die man bei einer solchen Gratwanderung zu bewältigen hat, mögen Sie beispielsweise auch daran ersehen, wie das beim Bund aussieht. Sie haben gesagt, wer jetzt alles tolle Papiere habe. Papier ist geduldig, aber ich stelle beispielsweise fest: Der Bund hat den Luftverkehr bis heute nicht im Bundesverkehrswegeplan geregelt. Ich stelle fest, dass es eine ungeklärte Pattsituation zwischen Trittin und Bodewig in Sachen Lärmbegrenzung gibt. Ich stelle fest, dass man beispielsweise bei der Kerosinbesteuerung nichts getan hat um das ganz freundlich zu sagen , obwohl sich alle in die Brust geworfen und gesagt hatten, es werde etwas getan. Man hat schon damit gerechnet, wenn Rot-Grün erst einmal an der Regierung sei, werde etwas passieren. Also: Das Ganze ist relativ schwierig.
(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Die zocken lieber die Rentner ab! Abg. Boris Palmer GRÜNE: Aber Sie wissen, dass man das nicht national machen darf!)
Herr Palmer, aber jetzt einmal ganz konkret: Jahrelang haben Rot und Grün, als sie noch in der Opposition waren, von uns verlangt, wir sollten genau das tun, von dem sie mittlerweile erkannt haben, dass man es nicht tun kann.
(Abg. Fleischer CDU: Nationale Alleingänge gibt es noch! Aber sie haben dazugelernt! Das ist gut! Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP Abg. Boris Palmer GRÜNE: Ich habe das nicht gefor- dert!)
Jetzt kommt die Opposition und sagt: Das Ganze ist ein schwieriges Thema. Was machen wir mit der Regierung? Das ist ganz einfach: Wir verlangen von ihr eine Konzeption. Ganz egal, was sie dann sagt, wir haben dann auf jeden Fall etwas zu kritisieren.
Das ist im Prinzip Ihr Ansatzpunkt. Sie wollen, dass wir in irgendeiner Weise Festlegungen treffen, um daraus dann Kritik ableiten zu können. Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass! Das ist im Prinzip das, was Sie gerne erreichen würden.