Protocol of the Session on December 12, 2001

Jetzt kann ich auch nichts dagegen machen. Man hat die Werbung eben weiterlaufen lassen. Es ist offensichtlich schwierig gewesen, diese auf der Strecke zu stoppen. Das ist aber auch kein Beinbruch gewesen. Die Werbung ist ja gut für das Programm, das jetzt wieder anlaufen kann.

(Abg. Capezzuto SPD: Aber die Leute fühlen sich natürlich hinters Licht geführt!)

Verehrter Herr Kollege Capezzuto, ÜBA. Sie kommen und sagen: Ihr streicht und streicht und streicht. Bei den Haus

haltsnotwendigkeiten, die wir nun einmal haben, haben wir auch in diesem Bereich eine Kürzung vorgenommen, und zwar um 20 %. Ich habe im Wirtschaftsministerium von den theoretisch disponiblen Mitteln über 70 % zu streichen. Wir haben dort eine Kürzung vorgenommen, weil ich gesagt habe: Das ist hart, gar keine Frage; aber auch das Handwerk wird seinen Anteil zur Einsparleistung insgesamt erbringen müssen. Interessant ist, dass Ihnen das überhaupt nicht aufgefallen ist, Herr Capezzuto. Erst als Sie mit Briefen bombardiert worden sind, die ich auch bekommen habe, die in unterschiedlicher Wortwahl deutlich auf das Thema und die Problematik aufmerksam gemacht haben,

(Abg. Dr. Witzel GRÜNE: Den Haushaltsentwurf haben wir erst gestern Abend bekommen, Herr Dö- ring!)

sind Sie plötzlich aufgewacht und haben gesagt: Da müsste man etwas machen.

(Abg. Bebber SPD: Wie hätten wir es denn merken sollen?)

Bis zum heutigen Tag genau dieselbe Masche. Sie dröhnen nach außen und sagen: „Der streicht wieder beim Handwerk.“ Ich sehe nicht, wie Sie es finanzieren wollen. Wir machen Ihnen einen konkreten Vorschlag und dem Handwerk auch.

(Abg. Capezzuto SPD: Warten Sie doch ab!)

Herr Capezzuto, ich habe Ihnen aufmerksam zugehört. Sie haben einen glänzenden Satz in Ihrer Rede gehabt, für den ich Ihnen dankbar bin.

(Abg. Bebber SPD: Der ist ihm rausgerutscht! – Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

Wir haben jetzt den Vorschlag unterbreitet, dass wir aus dem Wirtschaftsministerium und aus zur Verfügung stehenden Mitteln, zu denen die FDP/DVP-Fraktion einen Vorschlag macht, diese Kürzung um die Hälfte zurücknehmen.

Das ist ein faires Angebot an das Handwerk, das von den beiden Regierungsfraktionen meiner Meinung nach mit breiter Mehrheit getragen und unterstützt werden kann.

(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Ein Lob!)

Wir werden die Reduzierung um die Hälfte zurücknehmen. Das ist vertretbar, und zwar dann, wenn wir – daran müssen wir noch ein bisschen arbeiten – sicherstellen können, dass die Richtlinien trotz dieser 10 % Kürzung nicht verändert werden müssen. Das heißt, dass sich die unmittelbare Auswirkung bei dem Handwerksmeister, der ausbildet, nicht in höheren Kosten niederschlägt.

Sie müssen im Handwerk – Herr Capezzuto, Sie wissen das – auch zur Kenntnis nehmen: Die überbetrieblichen Ausbildungsstätten werden im Handwerk nicht zu 100 % anerkannt und nicht nur für toll befunden. Auch diese Diskussion kennen Sie. Ich gehe davon aus, dass Sie nicht nur mit Präsidenten und Hauptgeschäftsführern diskutieren, sondern auch einmal selber in einem Handwerksbetrieb sind

(Minister Dr. Döring)

und dann die Diskussion mitbekommen, wie die überbetrieblichen Ausbildungsstätten und die Lehrgänge dort bewertet werden. Dort gibt es nicht nur 100 % Zustimmung. Auch das muss einmal klar und deutlich gesagt werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Wir gehen jetzt her und nehmen die Kürzung um die Hälfte zurück. Übrigens: Auch hier hat sich bisher nicht einer von all denen, die mir schreiben: „unglaublich, kann man nicht machen, kann auf gar keinen Fall hingenommen werden“, die Mühe gemacht und von sich aus einen Vorschlag unterbreitet, wie so etwas finanziert werden soll.

(Abg. Capezzuto SPD: Das macht man doch in den Haushaltsberatungen, Herr Minister! Wir können Ihnen im Vorfeld nicht alles sagen! Das darf nicht wahr sein!)

Da macht man sich einen schlanken Fuß. Mordsmäßig die Bataillone in Stellung bringen – da muss etwas geändert werden, guckt, wie ihr es macht –, und dann bist du allein auf weiter Flur, das zu machen. Eine volle Rücknahme – Stand heute – ist nicht finanzierbar. Die halbe Rücknahme ist vertretbar, vernünftig und für das Handwerk, wie ich meine – davon bin ich aufgrund der Zusage, die Richtlinien nicht zu ändern, fest überzeugt –, in vollem Umfang akzeptabel.

Dann schauen Sie sich einen weiteren Punkt an.

(Abg. Capezzuto SPD: Haben Sie mit denen inzwi- schen darüber geredet? – Abg. Bebber SPD: Das haben wir schon erreicht, dass das zur Hälfte zu- rückgenommen wird!)

Sie haben das erreicht? Herr Bebber, passen Sie auf, wenn Sie noch einmal sagen, dass Sie das erreicht haben, muss ich es mir noch einmal überlegen.

Jetzt schauen Sie einmal die Entwicklung der Zahl der Lehrlinge im Handwerk an. Das erfordert doch auch Reaktionen. Die Zahlen gehen doch nicht deswegen zurück, weil im Bereich ÜBA Mittelkürzungen vorgenommen werden – das passt doch einfach nicht zusammen –, sondern deshalb, weil wir im Gesamtablauf

(Abg. Capezzuto SPD: Das stimmt doch nicht!)

auch dort Veränderungen haben. Das muss man doch auch ein Stück weit mit berücksichtigen. Deswegen glaube ich, dass wir recht daran tun, zu sagen: Wir nehmen die Hälfte der vorgesehenen Einsparung zurück. Wir schauen danach, dass wir an anderen Stellen die Unterstützung aufrechterhalten, die in vielen Fällen wesentlich umfangreicher und notwendiger ist.

Dann lassen Sie uns einmal danach schauen, dass die Rahmenbedingungen auf Bundesebene eine ganz entscheidende Veränderung und Verbesserung brauchen. Ich glaube, dass wir schon feststellen können, dass Rahmenbedingungen verschlechtert worden sind: im Zusammenhang mit der Steuerreform klare Benachteiligung der Personengesellschaften – Sie wissen das, Herr Bebber – gegenüber den

anonymen Kapitalgesellschaften, beim Kündigungsschutz, bei der Teilzeit, beim 630-DM-Gesetz und, und, und.

(Abg. Ruth Weckenmann SPD: Das wird doch durch Wiederholungen nicht wahr!)

Das alles sind diese „mittelstandsfreundlichen“ Themen, wo Sie mit voller Faust dem Mittelstand ins Gesicht geschlagen haben. Deshalb haben Sie als Letzte einen Anspruch darauf, sich hier hinzustellen und die Politik der Landesregierung zu kritisieren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Wir haben bei uns weitere Maßnahmen eingeleitet. Herr Kollege Witzel, Sie haben das Landesgewerbeamt angesprochen. Ich teile da Ihre Meinung: Das, was wir dort bisher gemacht haben, ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Das wird, wenn Sie das Landesgewerbeamt zu diesem Kompetenzzentrum umbauen, unter dem Strich nicht ausreichen, aber das ist ein Einstieg in eine konkrete Umgestaltung beim Landesgewerbeamt. Wir sollten das auch positiv begleiten.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Abg. Weckenmann?

Selbstverständlich.

Frau Abg. Weckenmann, bitte schön.

Das habe ich gedacht. Der Minister ist immer charmant.

(Heiterkeit)

Das ist mir jetzt aber peinlich.

Herr Minister, da wird es wahrscheinlich schön, aber ich frage Sie wirklich: Warum dieses gebetsmühlenhafte Wiederholen des 630-DM-Gesetzes? Haben Sie zur Kenntnis genommen, dass sich nach der Untersuchung des IAB in diesem Bereich nichts verändert hat und die Zahl der Arbeitsverhältnisse gleich geblieben ist

(Abg. Alfred Haas CDU: Das glauben Sie selber nicht!)

und die Betriebe für 2002 Neueinstellungen auch auf 630DM-Basis möchten?

(Zurufe, u. a. der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Gegenruf des Abg. Capezzuto SPD: Bei Ihnen vielleicht, Frau Fauser, im Betrieb Ihres Mannes! Das kann schon sein! – Große Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Das Wort hat der Herr Minister.

Ich habe das jetzt von Ihnen zur Kenntnis genommen. Aber die Klagen in den Betrieben sprechen eine andere Sprache quer durch das Land Baden-Württemberg im gesamten Bereich DEHOGA, Tourismus, beim Einzelhandel etc. Machen Sie sich mit uns auf den Weg, dass Sie einen Niedriglohnsektor zulassen. Das halte ich für einen wesentlichen Punkt. Lassen Sie uns einmal darüber diskutieren, ob wir nicht in der Bandbreite zwischen 1 200 DM und 1 700 DM tatsächlich einen solchen Niedriglohnsektor zulassen. Das würde einen enormen Beschäftigungsimpuls auslösen. Den bräuchten wir tatsächlich. Da habe ich nämlich den Eindruck, dass Sie nun ein bisschen näher dran sind, als das bisher bei Ihnen der Fall war.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Lassen Sie uns unter dem Strich, meine sehr geehrten Damen und Herren, gemeinsam weiter für das Rückgrat der baden-württembergischen Wirtschaft, für den Mittelstand und das Handwerk, kämpfen. Nehmen Sie die Argumente, die kommen, nach Möglichkeit erst nach Prüfung der Sachlage ernst. Lassen wir uns nicht ständig nur von denen beeinflussen, die am lautesten rufen. Ich halte die Politik in Baden-Württemberg im Bereich der Mittelstands- und Handwerkspolitik nach wie vor für sehr gut. Dass wir die niedrigste Arbeitslosigkeit haben, die beste Lehrstellensituation haben

(Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)