Energiepolitik ist Wirtschaftspolitik, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen. Für 1 % der Stromerzeugung beschäftigen wir – das ist anerkannt – bei der
Kernenergie ungefähr 120 Mitarbeiter. Für 1 % des Stromverbrauchs in Baden-Württemberg! Wir wissen, dass wir bei den erneuerbaren Energien 250 bis 300 Mitarbeiter bzw. Arbeitsplätze für 1 % der Stromerzeugung in Baden-Württemberg brauchen. Also sind doch erneuerbare Energien absolut ein Faktor der Wirtschaftspolitik.
Zu den Strompreisen wissen Sie doch auch: Vor zwei Tagen stand in der Zeitung, sie lägen in Baden-Württemberg um 13 % höher als in Österreich –
da wurde es angeprangert –, und das mit dem höchsten Kernenergieanteil. Das heißt, wenn wir noch länger noch mehr Kernenergie nutzen, geht die Schere noch weiter auseinander.
Denn Österreich produziert 75 % seines Stroms aus Wasserkraft, also aus erneuerbaren Energien. Ich weiß nicht, was Sie eigentlich wollen. Wollen Sie für die Bevölkerung immer noch weiter steigende Preise, oder wollen Sie endlich einmal in die Zukunft einsteigen?
(Beifall bei der SPD – Minister Hauk: Die haben halt Wasser! – Abg. Zimmermann CDU: In Öster- reich gibt es auch mehr Skilifte als hier!)
Zur Wirtschaftspolitik: Sie dürfen nicht nur hier drin sitzen, sondern müssen einmal hinaus ins Land gehen. Die Firma Liebherr in Ehingen macht 40 % ihres Umsatzes mit Getrieben und Lagern für Windenergieanlagen. Wenn wir die Nutzung der Windenergie verhindern, wie es bisher immer in Baden-Württemberg geschehen ist, dann wird Liebherr, muss man sagen, irgendwann auch einmal abwandern müssen.
(Beifall bei der SPD – Abg. Zimmermann CDU: Aber groß geworden sind sie mit Betonpumpen! Da waren Sie auch dagegen! – Glocke des Präsiden- ten)
Es wird doch draußen auf Dauer nicht mehr anerkannt, dass man sagt: Ich kenne jemanden, der mit Messer und Gabel essen kann. Vielmehr muss man doch irgendwann einmal sagen: Ich kann mit Messer und Gabel essen.
Herr Kollege Knapp, wenn Sie dartun, dass in Baden-Württemberg der Kernkraftanteil besonders hoch ist und die Strompreise besonders hoch sind, und Sie daraus ableiten, dass Kernkraftnutzung deswegen offensichtlich die teuerste Stromversorgungsart sein sollte – das ist ja die Suggestion, die Sie damit auslösen wollen –, frage ich Sie: Wie erklären Sie sich – ich lasse jetzt einmal die wirklichen Strompreise weg –, dass beispielsweise jede Menge, nämlich alle Varianten der regenerativen Energien über das Energieeinspeisegesetz mit erheblichen Subventionen versehen sein müssen?
Herr Abg. Knapp, wie erklären Sie sich die Aussage des Vorstandschefs Fritz Vahrenholt von REpower – er ist der Vorstandsvorsitzende der Windenergiefirma in Deutschland schlechthin – in der vorletzten Sendung von „Sabine Christiansen“?
denn die erneuerbaren Energien sind heute bei weitem noch nicht so weit, wie man dies früher glaubte.
(Abg. Kretschmann GRÜNE: Das ist klar bei sol- chen Leuten wie Ihnen! Das ist klar! Sie verhindern das ja persönlich! Sie verhindern das persönlich! – Abg. Drexler SPD: Genau! – Abg. Schmiedel SPD: Herr Präsident, die Frage ist gestellt!)
(Abg. Drexler SPD: Sie verhindern die erneuerba- ren Energien! – Abg. Kretschmann GRÜNE: Sie verhindern die erneuerbaren Energien persönlich! – Unruhe – Glocke des Präsidenten)
(Abg. Kretschmann GRÜNE zu Abg. Zimmermann CDU: Sie sind doch zusammen mit dem Kollegen Döpper der Hauptgegner der Windkraftnutzung! – Abg. Drexler SPD: Döpper und Zimmermann sind die Hauptgegner von Windkraft! – Gegenruf des Abg. Zimmermann CDU: Wir sind die Einzigen, die von der Sache etwas verstehen! – Glocke des Präsidenten)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Kollege Müller, das ist eine interessante Frage. Ich freue mich darüber, dass Sie mir die Chance geben, sie zu beantworten.
Sie alle wissen, dass sich die Strompreise heute zusammensetzen aus ungefähr 40 % Steuern und Abgaben – das braucht die Gesellschaft, um alles zu erhalten; es geht um die Konzessionsabgabe, um Steuern, Mehrwertsteuer, Umsatzsteuer, alles, was dabei ist, zusammen 40 % –, 40 % für die Netznutzung und 20 % für die Erzeugung. Das sind alles ungefähre Werte; auf ein halbes Prozent mehr oder weniger kommt es hier nicht an. Das sind alles Zahlen der EnBW.
Die Erzeugung macht also 20 % aus, und deshalb spielt es aus meiner Sicht – und das belege ich Ihnen auch gerne anhand von Zahlen – keine Rolle, ob Sie 2, 3 oder auch einmal 4 Cent für eine Kilowattstunde Atomenergie oder 7, 8 oder maximal 9 Cent für eine Kilowattstunde aus einer Windenergieanlage zahlen.
Sie haben aber, wenn Sie als Endkunde den Strom beziehen, noch 8 bis 9 Cent Netznutzungsentgelte zu zahlen, und keine der Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien – egal, ob das Windkraft, Fotovoltaik oder Wasserkraft ist – speist in das Höchstspannungsnetz ein, sondern speist maximal in das Mittelspannungsnetz oder sogar in das Niederspannungsnetz ein. Wenn Sie allein nur die Anteile, die Sie für die Netznutzung zahlen, herausrechnen, sind Windkraft und Biomasse schon heute wettbewerbsfähig. Das muss man einfach einmal akzeptieren.
Die derzeit kleinste Kernenergieanlage in Baden-Württemberg hat 800 Megawatt Leistung. Die können wegen ihrer Leistung gar nicht in das Mittel- oder Niederspannungsnetz einspeisen; da müssen sie immer die „Briefmarke“ für die „Autobahn“ bezahlen. Diese Kosten schlagen sich automatisch in den Preisen nieder. Wenn Sie umsteigen auf eine dezentrale Energieversorgung, fallen diese Netznutzungsentgelte weg, fallen für den Bürger unter dem Strich keine zusätzlichen Kosten mehr an.
Jetzt will ich auf den Kollegen Zimmermann eingehen, der vorhin die 100 € erwähnt hat. Das stimmt einfach nicht. Wir haben im Moment eine EEG-Umlage von ungefähr 0,4 Cent. Das bedeutet für einen Haushalt 1 € bis maximal 1,50 € pro Monat. Das müssen uns die erneuerbaren Energien wert sein.
(Beifall bei der SPD und des Abg. Kretschmann GRÜNE – Abg. Alfred Haas CDU: Das sind aus- schließlich wirtschaftliche Aspekte!)
Bei der zweiten Frage, Herr Kollege Zimmermann, haben Sie Recht. Man muss aber natürlich auch wissen, was hinter dem steckt, was Herr Vahrenholt möchte. Dahinter steht klipp und klar, dass er aus seiner Sicht sieht, dass die Offshore-Windanlagen, die geplant sind und die auch wir unterstützen, die aber in einem gewissen Maße auch das Thema Kirchturmpolitik illustrieren – „ich will Windkraft, aber nicht bei mir, sondern weit draußen“ –, an dem Problem scheitern, dass man im Moment große Stromleitungen braucht, um die Energie von diesen Windparks ins Land hineinzutransportieren. Er will erreichen, dass die Leitungen nicht von den Windparkbetreibern, nämlich von ihm, sondern von den EVUs bezahlt werden müssen. Dazu will er das Geld verwenden.
Ich sage Ihnen eines: Wenn Sie einmal ein bisschen hinter die Kulissen schauen, sehen Sie sofort, dass es viele rein wirtschaftliche Einzelaspekte gibt. Mit der gesamten Idee hat das nichts zu tun.
Zum Schluss sage ich noch etwas ganz Einfaches, was auch Ihnen einleuchten müsste, auch dem Kollegen Müller, der es eigentlich besser weiß: Ich trage im Moment hier an meinem Revers eine liegende Acht.