Protocol of the Session on December 15, 2005

Es gibt nämlich ein Kontrollorgan mit Sitz in Genf. Dieses Kontrollorgan prüft die Durchsetzung dieses Paktes. Dieses Kontrollorgan hat im Jahre 2001 die Bundesregierung gerügt und zur Verfassungstreue ermahnt. Der Ausfluss dieser Rüge und dieser Mahnung war das Hochschulrahmengesetz mit dem Hochschulgebührenverbot, das die Bundesministerin Edelgard Bulmahn darin festgelegt hat.

(Zuruf des Abg. Pfisterer CDU)

Das Mindeste, was Sie tun müssten, wenn Sie heute dieses Gesetz beschließen, ist, dass Sie prüfen, ob Ihr Gesetz überhaupt völkerrechtlich und menschenrechtlich mit diesem Pakt vereinbar ist, der in der Bundesrepublik Deutschland nach wie vor gilt, weil die Bundesrepublik Deutschland mit ihren Ländern diesen Pakt unterschrieben hat.

Stattdessen jagen Sie dieses Gesetz aus panischer Angst vor dem Wahltermin durch das Parlament.

(Abg. Pfisterer CDU: Wir beziehen klare Positio- nen vor der Wahl! – Weitere Zurufe von der CDU)

Ihre Hoffnung, bis zum 26. März hätten die Studierenden und deren Eltern vergessen, dass Sie an ihr Geld wollen, erfüllt sich nicht. Sie hätten noch viel Zeit bis zur Wahl. Sie könnten noch eine ausgiebige Anhörung machen. Sie hätten die Landtagsdebatte auch noch im Januar und im Februar machen können. Sie wollten das nicht. Sie wollten es nicht aus Angst, sie zu nahe an den Wahltag kommen zu lassen.

(Widerspruch bei der CDU)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, die vielen Studierenden, die vielen tausend Studierenden, die auch in Stuttgart gerade auf der Straße sind, werden das Thema nicht vergessen. Auch wir werden Ihnen dieses Thema nicht schenken.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, die SPD-Landtagsfraktion lehnt das Studiengebührengesetz ab. Aber wir werden das Thema damit nicht abhaken.

(Beifall bei der SPD – Zurufe der Abg. Seimetz und Alfred Haas CDU)

Das Wort erhält Frau Abg. Fauser.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! In der „Heilbronner Stimme“ kam heute ein wunderbarer Artikel zum Thema Studiengebühren. Den sollte die SPD-Fraktion einmal lesen, um dann einfach zu einem ausgewogenen Urteil zu kommen.

Sie dürfen versichert sein: Ich verstehe es, dass die jungen Leute in einer Zeit, in der die Realeinkommen sinken, die Mehrwertsteuer um drei Prozentpunkte erhöht wird, die Pendlerpauschale beschnitten und die Eigenheimzulage abgeschafft wird und sonstige weitere Belastungen – – Wenn ich mir überlege, dass die Rentner in den nächsten Jahren eine Rentenkürzung zu erwarten haben, dann kann ich mich

nur wundern, wie stark sich die SPD tatsächlich für ein Privileg macht, für das wir uns früher auch sehr gerne eingesetzt hatten, das aber angesichts der knappen Haushaltskassen nicht zu halten ist, meine Damen und Herren.

Sie werden in den nächsten Monaten erfahren, dass nicht nur Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen Studiengebühren einführen, sondern dass auch die anderen Bundesländer nachfolgen werden, weil es gar nicht möglich sein wird, ohne Studiengebühren eine ordentliche Ausbildung zu gewährleisten, eine Ausbildung, die wir dringend brauchen, weil Baden-Württemberg – das gilt es nachdrücklich zu betonen – im internationalen Ranking auch in der Zukunft ganz vorne sein möchte. Die Grünen warnen ja selbst vor einer dramatischen Unterfinanzierung der Hochschulen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Heiderose Ber- roth FDP/DVP: In Berlin haben sie es schon ge- merkt!)

Deshalb wird von den Grünen auch etwas differenzierter argumentiert, als das vonseiten der SPD der Fall ist.

Meine Damen und Herren, wir sprechen seit Jahren über das Thema Studiengebühren – im Übrigen tut das die FDP/ DVP schon seit 1982; das passt jetzt in das Konzept von Frau Bregenzer – und haben uns überlegt, wie wir sozialverträgliche und nachlaufende Studiengebühren einführen können und die Belastung für die Studenten begrenzen können.

(Abg. Theresia Bauer GRÜNE: Das sind aber kei- ne nachlaufenden Studiengebühren, Frau Fauser, auch wenn Sie das immer behaupten!)

Wenn heute jemand sagt, die Frauen in Baden-Württemberg seien an den Hochschulen nicht genügend repräsentiert, kann ich darüber wirklich nur lachen. Wenn ich richtig informiert bin, sind heute an den Pädagogischen Hochschulen 70 % der Studierenden Frauen,

(Abg. Boris Palmer GRÜNE: Und wie viel Prozent Professorinnen?)

und wir suchen inzwischen für die Grund- und Hauptschule händeringend Männer, die dort Unterricht erteilen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Meine Damen und Herren, die Frauenförderung im Professorenbereich werden wir selbstverständlich weiterhin vorantreiben. Das ist überhaupt keine Frage. Aber darum geht es heute nicht, sondern es geht um die plakative Aussage, dass die Frauen durch die Studiengebühren abgeschreckt würden. Meine Damen und Herren, die Frauen sind heute so stark, dass sie sich von nachlaufenden Studiengebühren in dem vorgesehenen Umfang überhaupt nicht abschrecken lassen.

Wir haben in den letzten Monaten und Jahren alle Argumente hin und her geschoben. Deshalb können wir dieses Gesetz heute auch ohne weiteres verabschieden. Es ist überhaupt nicht der Fall, dass jetzt etwas über den Tisch gezogen und noch kurz vor den Wahlen verabschiedet wird,

sonst hätten wir das ja bereits zu Anfang der Legislaturperiode machen können.

Meine Damen und Herren, ich erinnere an das Eckpunktepapier des Wissenschaftsministeriums und das Gegenpapier der ASten, die nach wie vor behaupten, die Studiengebühren führten dazu, dass weniger Leute studierten. In allen anderen Ländern, einschließlich Australien, wo Studiengebühren erhoben werden, haben die Studierendenzahlen – das Beispiel Österreich bestätigt das ganz besonders – nach kurzer Zeit wieder zugenommen. Ich bin mir sicher, dass es hier im Lande, wenn sich die Aufregung gelegt hat und wenn man sich an die Aufnahme der Darlehen einmal gewöhnt hat, keine Probleme mehr gibt.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, das Bundesverfassungsgericht hat diese These auch ganz nachdrücklich begründet und festgestellt, die Gefahr eines Rückgangs der Zahl der Studienanfänger bzw. der Studierendenzahlen durch die Einführung von Studiengebühren werde durch das von der Bundesregierung hierzu angeführte Material nicht belegt.

(Auf der Zuhörertribüne wird versucht, ein Spruch- band zu entrollen. – Glocke des Präsidenten)

Einen Moment, Frau Fauser.

Meine Damen und Herren auf der Zuhörertribüne, ich dulde nicht, dass Sie hier solche Plakate zeigen. Sie verlassen sofort den Raum. Ich warne die anderen Zuhörerinnen und Zuhörer davor, sich ebenso ordnungswidrig zu verhalten.

Bitte, fahren Sie fort.

Konkret wird vom Bundesverfassungsgericht Österreich genannt. Wie wir alle wissen, wird das durch verschiedenste Daten weiter untermauert.

Meine Damen und Herren, dasselbe gilt auch für das Argument der angeblich selektierenden Wirkung der Studiengebühren. Wie wir wissen und letztes Mal ausgeführt haben, gehören zwei Drittel der Eltern der Studierenden den gehobenen Einkommensschichten an. Also muss es an anderen Problemen und Situationen im Elternhaus und bei der Förderung der Kinder liegen, dass in diesem Bereich noch einiges getan werden muss. Die Weichen für ein Studium werden sehr viel früher gestellt.

Meine Damen und Herren, darüber hinaus wurde in diesem Gesetzentwurf für die soziale Abfederung gesorgt. Frauen mit Kindern bis zu acht Jahren brauchen kein Darlehen aufzunehmen. Auch jemand, der nach den Definitionen des Sozialgesetzbuchs unter gewissen problematischen Krankheitssituationen leidet, muss keine Studiengebühr bezahlen. Wer nach dem Studium ein Jahr lang arbeitslos ist bzw. noch Zuschüsse vonseiten des Sozialamts bekommt, kann möglicherweise schon von dem Darlehen befreit werden. Dies alles sind Punkte, die die Problematik der Studiengebühren relativieren.

Meine Damen und Herren, sicherlich wäre es auch uns lieber gewesen, wenn wir die Studiengebühren ohne Zinszahlungen hätten einführen können. Aber wir brauchen das

Geld jetzt und nicht erst in sechs Jahren. Es wäre natürlich sinnvoller gewesen, ein zinsloses Darlehen einzuführen.

Darüber hinaus zur Frage der Darlehen: Wir freuen uns, dass der Wissenschaftsminister mit uns der Meinung war, dass der Anspruch auf ein Studiendarlehen bis zum Alter von 40 Jahren besteht, nicht nur, wie vonseiten der Opposition oft behauptet, bis zum 35. Lebensjahr.

(Zuruf des Abg. Wintruff SPD)

Ich kann allen nur empfehlen, sich das Gesetz genau durchzulesen, bevor wir hier mit Vorurteilen hantieren.

(Beifall bei der FDP/DVP und des Abg. Kurz CDU)

Meine Damen und Herren, die aus den Studiengebühren erzielten Mittel kommen der Hochschule zugute, und es ist erfreulich, dass mit diesen Einnahmen auch die Betreuungssituation verbessert wird. Dies war zuerst nicht vorgesehen und wurde dank eines Antrags der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP/DVP nach der Ersten Beratung eingefügt.

Nachlaufende Studiengebühren über ein Darlehen sind erträglich und sozial abgefedert. Wir haben, wie Sie wissen, auch für BAföG-Empfänger eine Obergrenze der zurückzuzahlenden Schulden von 15 000 € eingeführt. Man muss ganz klar sagen, dass diese Schulden überschaubar sind und dass die jungen Leute damit, wenn sie ins Berufsleben eintreten, keine zu großen Probleme haben.

Meine Damen und Herren, wie wir schon gehört haben, gab es bis um das Jahr 1970 herum Studiengebühren. Diese wurden abgeschafft.

Wir werden die Auswirkungen des Gesetzes genau verfolgen und bei Bedarf Korrekturen und Verbesserungen umsetzen. Unsere Fraktion ist der Meinung, dass diese Studiengebühren, die ungefähr 10 % Mehreinnahmen für die Hochschulen bedeuten, den Studienstandort Baden-Württemberg nachhaltig stärken werden.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU – Abg. Wintruff SPD: Grandioser Beifall!)

Das Wort erhält Frau Abg. Bauer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die grüne Landtagsfraktion lehnt die Einführung allgemeiner Studiengebühren ab

(Abg. Wintruff SPD: Aber nicht alle!)