Protocol of the Session on December 1, 2005

Es gibt überhaupt Beobachter, die den Verdacht äußern, dass Kontrolleure gemeinsame Sache mit den Kontrollierten machen. Denn verdorbenes Fleisch stinkt zehn Meter gegen den Wind, wie jeder weiß, und das müssen auch Kontrolleure früher entdecken können.

Was sagt nun unser Agrarminister dazu, der sich gerade unterhält und sich offensichtlich auch nicht mit aktuellen Dingen befassen will?

(Beifall bei der SPD)

Am Freitag, 25. November, titelt der „Südkurier“: „Verbraucherministerium gibt Entwarnung für den Südwesten“. Das war etwas voreilig, denn schon am Tag darauf wurden Berichte über tonnenweise verdorbene Fleisch- und Wurstwaren in Tettnang veröffentlicht, die schon – so heißt es – Anfang der Woche entdeckt worden waren, das heißt, Tage bevor das Ministerium Entwarnung gegeben hat. Da fragt man sich nun wirklich, wie lange es eigentlich dauert, bis ein Landratsamt die oberste Landesbehörde darüber informiert, was gefunden wurde. Andernfalls hätte die Entwarnung gar nicht gegeben werden dürfen.

Was sagt außerdem der Agrarminister zu diesen Fleischskandalen? Keine Ausweitung der Kontrollen! Man werde die Meldepflicht fordern, und als Gipfel der politischen Gestaltungskraft fordert Minister Hauk – O-Ton „Bild“-Zeitung –: Die Namen der Betriebe, die in Fleischskandale verwickelt sind, müssen öffentlich genannt werden; wir brauchen drakonische Strafen.

(Abg. Kiefl CDU: Das wirkt!)

Willkommen im Klub, Herr Minister!

(Beifall bei der SPD)

Sie waren es doch, die zweimal im Bundesrat dazu beigetragen haben zu verhindern, dass ein Verbraucherinformationsgesetz in Kraft treten konnte. Dann hätten Sie es heute wesentlich leichter gehabt.

(Beifall bei der SPD)

Nun hat Herr Kollege Seehofer einen Zehnpunktekatalog aufgelegt. Deshalb können Sie auch dazu Stellung nehmen. Er war in jedem Fall kreativer als Sie.

(Zuruf des Abg. Teßmer SPD)

Wir haben auch zehn Forderungen an Sie. Ich wäre dankbar, wenn Sie dazu nachher Stellung nehmen würden.

Wir fordern, dass das Verbraucherinformationsgesetz endlich verabschiedet wird. Wir fordern die Rückübertragung der Lebensmittelüberwachung auf die Polizei.

(Beifall bei der SPD)

Es ist keine Frage, dass die Neutralität der Lebensmittelüberwachung durch die Verwaltungsreform geschwächt und die Zahl der Lebensmittelkontrollen nach Presseberichten halbiert wurde. Wir fordern die Einrichtung eines bundesweiten Informationssystems und eine Taskforce „Lebensmittelkontrolle“ auf Bundesebene, denn es kann nicht sein, dass die Lebensmittelkontrolle an den Ländergrenzen Halt macht, wo wir weltweite Ströme von Nahrungsmittelhandel haben.

(Beifall bei der SPD)

Wir fordern die konsequente Ausschöpfung der Möglichkeiten, die Ihnen die neue Gesetzeslage gibt. Das LFGB, das Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuch, ist ab 1. September in Kraft. Sie haben allerdings dazu beigetragen, dass es gegenüber der Urfassung wesentlich abgeschwächt wurde. Wir fordern die Verschärfung von Sanktionen, und wir fordern die Verbesserung der Informationspolitik der Landesregierung. Es kann nicht sein, Herr Minister, dass man, wenn man auf die Homepage Ihres Ministeriums geht, kein Wort über den Lebensmittelskandal lesen kann.

(Zurufe von der SPD: Was?)

Man liest etwas über Vogelgrippe, man liest etwas über BSE, aber über Fleisch und wie sich Verbraucher jetzt beim Fleischkauf verhalten sollen, kann man nichts lesen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir fordern klare Rahmenbedingungen für die Eigenkontrolle in den Betrieben. Wir fordern ein Meldesystem für beanstandetes Fleisch, und wir fordern ein Informantenschutzgesetz, weil es Betriebsangehörigen heute nicht möglich ist – ohne Gefahr zu laufen, verklagt zu werden –, anonym Nachrichten abzugeben über das, was in ihren Betrieben passiert.

Also handeln Sie endlich. Wahlfreiheit – Frau Kollegin Brunnemer hat es gesagt – brauchen die Verbraucher. Wahlfreiheit setzt aber Information voraus. Gesunde Nahrungsmittel – wie heißt es heute so schön? – als Markenzeichen BadenWürttembergs setzen eine gute Verbraucherpolitik voraus. Das lassen Sie bisher vermissen, Herr Hauk.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Drautz.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist natürlich interessant, was wir heute in dieser Debatte erleben. Zum einen geht es um die Gentechnik, zum anderen geht es darum, dass sich die Grünen endlich nicht mehr in Regierungsverantwortung in Berlin befinden und sie hier wieder ihre wahre Lehre leben können.

(Zuruf des Abg. Walter GRÜNE)

Die Grünen haben in der Koalition mit der SPD auf europäischer Ebene der Gentechnik zugestimmt.

(Abg. Walter GRÜNE: Die hat sich enthalten!)

Jetzt sind die Grünen endlich nicht mehr in einer Koalition mit der SPD und nehmen sich dieses Themas wieder als Schwerpunktthema an.

(Abg. Walter GRÜNE: Geschichtsklitterung! – Zu- ruf der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Dies ist ein Fakt. Deshalb diskutieren wir heute über dieses Thema.

Es ist für mich auch hochinteressant, dass Frau Kipfer einen ganz anderen Schwerpunkt setzt, einen Schwerpunkt, der mit der Debatte gar nichts zu tun hat.

(Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Stickelberger: Ge- sunde Lebensmittel!)

Es geht um Gentechnik.

(Zurufe von der SPD, u. a. des Abg. Birzele)

Ja, aber Sie lassen den Nachsatz weg. Sie nehmen nicht die gesamte Überschrift, Herr Birzele.

(Abg. Alfred Winkler SPD: Entweder, oder! – Weitere Zurufe von der SPD)

Interessant dabei ist: Frau Kipfer, Sie hätten heute Ihre Ausführungen gar nicht machen müssen. Sie hätten nur die heutige Ausgabe der „Leonberger Kreiszeitung“ mitbringen und allen hier im Parlament auf den Tisch legen müssen.

(Beifall des Abg. Rückert CDU – Abg. Rückert CDU: So ist es, genau!)

Dann hätte jeder lesen können, was Sie hier im Parlament hätten sagen wollen. Ist das jetzt eine Aktuelle Debatte im Landtag,

(Beifall des Abg. Rückert CDU – Zurufe von der SPD)

wenn man zuvor in der Zeitung verkündet, was man am gleichen Tag im Parlament erzählen will?

(Beifall der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Das halte ich für den absoluten Schwachsinn in Person.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU sowie der Abg. Brigitte Lösch GRÜNE)

Eines muss ich Ihnen auch noch sagen: Andere Bundesländer blicken auf die Lebensmittelüberwachung in BadenWürttemberg.

(Abg. Birgit Kipfer SPD: Das war einmal!)

Wir haben es in der letzten Legislaturperiode geschafft, die Tierärzte und die Lebensmittelchemiker zusammenzubringen. Auf einmal sind die Tierärzte begeistert,

(Abg. Birgit Kipfer SPD: Sind Sie für die Zerschla- gung des Wirtschaftskontrolldienstes gewesen?)

dass sie mit den Lebensmittelchemikern zusammen sind.