Sie sind der erste Finanzminister in Deutschland, der Schulden hat und nicht auf die Idee kommt, wenn er je Geld kriegt, das zum Schuldenabbau einzusetzen. Das ist das Problem, das sich hier offenbart.
Dann bin ich bei den, wie ich fand, sehr interessanten Andeutungen, die der Kollege Oettinger gemacht hat. Lieber Herr Finanzminister, wir haben ein Problem nicht, das Sie und Ihr Ministerpräsident haben.
Wir wollten nämlich die Beteiligung nie an die EdF verkaufen, sondern wir wollten sie an Partner abgeben, bei denen es nicht zu einem kartellrechtlichen Verfahren durch die Europäische Union gekommen wäre, sodass das Geld bereits heute sicher als fließend feststehen würde. Sie sind nämlich das Opfer Ihrer eigenen Strategie. Nun bekennen Sie doch einmal Farbe. Sie haben mit Ihrer nun wirklich bornierten Verhandlungsstrategie – damit meine ich jetzt den Herrn Ministerpräsidenten; Sie sind ja nur der Messdiener –
dafür gesorgt, dass Sie am Schluss der von Ihnen veranstalteten Auktion überhaupt keinen anderen Bieter als die EdF mehr gehabt haben. So „glorreich“ haben Sie ja den Prozess gestaltet.
Am Schluss sind Sie nur noch mit der EdF dagestanden und waren in die Geschichte so verstrickt, dass der Herr Ministerpräsident nur noch die Alternative hatte, entweder die Kapitulation zu erklären oder halt an die EdF zu verkaufen. So „glorreich“ haben Sie diesen Prozess betrieben.
Es hat einen Zeitpunkt gegeben, werter Herr Finanzminister, bei dem es überhaupt kein Problem gewesen wäre, unserem Vorschlag zu folgen, diese Aktien am deutschen Markt zu platzieren. Darüber hat übrigens heute Morgen interessanterweise der Kollege Oettinger für den Fall des Falles gesprochen.
Ich darf dazu zart darauf hinweisen, dass damals der Wert dieser EnBW-Aktien wesentlich höher war, als er zurzeit
ist. Ihnen ist ja wohl nicht entgangen, was sich in den letzten Monaten an Kursbewegungen abgespielt hat. Das heißt: Sie haben uns auch noch zeitlich in eine miserable Position gebracht, wie Sie das gemanagt haben.
In der Tat muss man einmal durchdeklinieren, was der Kollege Oettinger – ich finde, sehr ehrlich – und der Kollege Kiel – mit Ausnahme der absurden Schlussbemerkung war er auch sehr ehrlich – zum Besten gegeben haben. Das war ja ganz anders als bei Ihnen. Die haben nämlich gesagt – erste Botschaft von Oettinger und Kiel –: Wir haben gar kein Geld verteilt. Die haben beide gesagt, die Opposition hätte Recht, wenn sie wirklich Geld verteilt hätten, aber sie hätten gar keines verteilt. Beide haben gesagt: Wir haben nur eine Eventualplanung für den Fall gemacht, dass wir von der EdF Geld kriegen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Hans- Michael Bender CDU: Sollten wir uns so um den Kopf greifen?)
Nein, schauen Sie doch einmal: „Geldsegen für Stuttgart“ – so steht es in der Zeitung. Mehr als 100 Millionen DM gibt das Land für Stuttgarter Forschungseinrichtungen aus! Definitiv!
Nach der heutigen Debatte müsste die Presse morgen also schreiben: „Kein Geldsegen für Stuttgart, sondern Eventualplanung für Stuttgart beschlossen!“ Wenn das nicht Voodoo ist, Meister, dann weiß ich überhaupt nicht mehr, was Voodoo ist.
Nun ist es noch etwas schlimmer, weil Sie, werter Herr Finanzminister, andere Beteiligte an diesem virtuellen Vorgang in reale Verpflichtungen getrieben haben. Ich habe gehört, dass jetzt der Rektor der Fachhochschule Heilbronn schleunigst Mittel beantragt hat, und er beginnt auch schon mit den von Ihrem virtuellen Geld eventuell kofinanzierten Maßnahmen. Was macht denn der arme Kerl, wenn es da Probleme gibt? Das heißt, die machen ja schon Dinge im Vertrauen auf Ihre Geschichte. Die lassen auch schon Studenten im Vertrauen auf Ihre virtuelle Eventualplanung zu. Wenn das nicht unseriös ist, dann weiß ich es gar nicht mehr.
Ein kleiner Hinweis, Herr Finanzminister: Lassen Sie aus dem Protokoll Ihre Bemerkung streichen, dass es um Neubauinvestitionen gehe, die Sie in zukünftigen Haushalten hätten finanzieren müssen. Ich rate Ihnen dringend: Lassen Sie das aus dem Protokoll streichen! Ich gebe Ihnen diesen Rat gebührenfrei, weil Sie sonst nämlich selber der Zeuge der verdeckten Gewinnausschüttung bei Ihrem Modell sind.
Wie gehen Sie eigentlich mit der Vergangenheit Ihrer eigenen Partei um? Sie haben über die Steuerverstrickungen des Landes Baden-Württemberg geredet. Das ist das Ergebnis einer Entscheidung einer CDU-Alleinregierung gewesen, Herr Finanzminister.
Dann haben Sie geflissentlich unterschlagen, dass Sie dank der Steuerreform von Herrn Eichel gar keine Steuern hätten bezahlen müssen, wenn Sie die unglaubliche Kraft aufgebracht hätten, mit Ihrer Aktion noch ein bisschen zu warten. Aber nur deswegen, weil man partout diese Wahlkampfinszenierung zu brauchen meint, riskiert man einen unsinnigen Instrumentenkatalog. Wegen eines Wahltermins macht man eine Stiftung, meine Damen und Herren. Das ist die Wahrheit.
Der Kollege Oettinger hat von der Möglichkeit gesprochen, dass es Auflagen gibt. Vielleicht sollten Sie uns das einmal offenbaren. Sie wissen das wahrscheinlich alles – im Gegensatz zum Landtag.
Wie ist es nun, wenn das Ganze mit Auflagen gekoppelt wird, die das Geschäft für die EdF außerordentlich uninteressant oder weniger interessant machen? Im zivilrechtlichen Leben sagt normalerweise ein solcher Partner: „Freunde, es sind Teile der Geschäftsgrundlage, auf der wir uns verabredet haben, weggefallen.“ Sie kennen doch diese Rechtsfigur. Die wird doch wohl auch dieser Vertragsgestaltung nicht ganz fremd sein. Wie ist denn das? Was machen Sie denn dann? Dann sagt Kollege Oettinger: „Wenn die nicht mehr so viel zahlen wollen, dann haben wir immerhin noch den Börsenwert.“ Der ist allerdings fast schon 1 Milliarde DM niedriger als das, was die EdF zahlen sollte. Diese Milliarde fehlt Ihnen in diesem Fall, Herr Finanzminister, Sie haben sie aber auch schon ausgegeben.
Doch, natürlich ist alles schon verteilt, alles schon bei der Stiftung. Es werden schon Anlageformen für diese Stiftungsgelder in der Bankenwelt gesucht. Was machen Sie denn dann? Glauben Sie im Ernst, dass zu einem solchen Zeitpunkt, in dem beispielsweise die EdF sagen würde: „So haben wir nicht gewettet, jetzt zahlen wir entweder weniger oder machen gar nichts“, die Bieter bei Ihnen Schlange stehen und sagen werden: „Das ist aber toll. Jetzt kommen wir aus dem Busch gesprungen und zahlen aus Liebe zu den treuen blauen Augen des Herrn Stratthaus denselben Preis, den die EdF gezahlt hätte“? – Vielleicht auch grüne oder braune Augen.
Glauben Sie das im Ernst? Wollen Sie uns das erzählen? Ich sage Ihnen: Ihr Ministerpräsident hat uns in eine – ich drücke mich vorsichtig aus – außerordentlich riskante Situation gebracht, und es grenzt nun an toll
patschige Verwegenheit, zu sagen, es werde schon gut gehen. Das ist Ihre Botschaft, aber das hat mit seriöser Finanzpolitik nichts zu tun.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Kolleginnen, meine Herren Kollegen! Lieber Kollege Maurer, mit Ihrem kurzen Verweis auf die Ankündigung auf Seite 1 der „Stuttgarter Zeitung“ – nicht auf den Artikel selbst – werden Sie der Redakteurin, Frau Jacobs, nicht gerecht. Wer im Teil „Stuttgart und seine Region“ den Artikel und den Kommentar liest, bekommt eine sehr korrekte Wiedergabe, unter welchen Bedingungen und zu welchem Zeitpunkt diese Investitionen nach Stuttgart fließen können. Bedingung ist, dass die EU-Kommission den Vertrag genehmigt, und der Zeitpunkt ist der Nachtragshaushalt 2001. Dass die Inhaltsübersicht dies nicht bringen kann, ist klar, aber dass Sie mehr als die Inhaltsübersicht lesen sollten, ist eine Erwartung, die man meines Erachtens Ihnen gegenüber äußern kann.
(Beifall bei der CDU – Zurufe der Abg. Drexler und Birgit Kipfer SPD sowie Hans-Michael Ben- der CDU)
Zweitens: Die Regierungskoalition hat auch in der Pressekonferenz durch den Ministerpräsidenten eindeutig gesagt, wie die Reihenfolge sein wird:
Darlegung der Schwerpunkte, in die wir investieren wollen, jetzt im Oktober. Verfahren der EU-Kommission spätestens im Februar abgeschlossen. Unsere Erwartung: Der Vertrag wird genehmigt. Dann ein Nachtragshaushalt im nächsten Landtag, nach der Wahl, und erst wenn der in dritter Lesung verabschiedet ist, wird die erste Mark investiert. Zuvor keine Mark, sondern alles seriös auf einer Haushaltsgrundlage, die wir anstreben,
für die es aber noch zwei Bedingungen zu erreichen gilt. Dem gegenüber war Ihr Verhalten bei den Haushaltsberatungen alles andere als seriös. Das noch einmal ganz konkret zu benennen ist mehr als legitim. Sie haben mit Ihrem Haushaltsantrag unterstellt, dass der Verkauf aller Aktien schon zum Jahresbeginn 2000 möglich wäre,
obwohl für Sie noch überhaupt kein konkreter Käufer erkennbar war und, egal an wen verkauft worden wäre, das Verfahren bis weit ins Jahr hinein gedauert hätte. Und Sie haben die ersparten Ausgaben für Schuldzinsen ab dem 1. Januar 2000 für die Verwendung für ganz konkrete Zwecke eingesetzt. Wenn jemand nach dem Prinzip Hoffnung gearbeitet hat, dann die SPD in der Haushaltsdebatte über den Haushalt 2000/2001.
Dann, lieber Kollege Maurer, zu Ihrer Behauptung, alles Geld sei schon ausgegeben: Wir haben in der Frage, was die Landesstiftung GmbH machen wird, noch keine einzige Entscheidung getroffen. Das können Ihnen die Kollegen Ihrer Fraktion aus dem Aufsichtsrat dieser GmbH – einer sitzt direkt neben Ihnen – sicher bestätigen.
Es gibt noch keine Verwendung von Zinserträgen, es gibt noch keine Festlegungen, sondern auch hier können wir sehr gelassen abwarten, ob – und dass – der Kaufpreis von 4,7 Milliarden DM zu erzielen sein wird.