Sie haben davon gesprochen, Herr Minister – und auch dazu unsere Zustimmung –, dass wir beim Thema Asyl abwarten sollten – da habe ich Sie hoffentlich richtig verstanden –, bis eine europaweite Regelung gefunden ist. Sie haben auch davon gesprochen, Herr Minister, dass hinsichtlich der Bürgerkriegsflüchtlinge einiges getan werden muss, was den Arbeitsmarkt anbelangt.
Wenn ich mir all diese Punkte vergegenwärtige, komme ich zu dem Ergebnis, das ich bereits in meinem ersten Redebeitrag genannt habe. Es gibt die Zuwanderungskommission mit Frau Süssmuth als der Vorsitzenden. Sie wird in den nächsten Monaten Vorschläge bringen. Diese sollten wir abwarten, dann darüber diskutieren und zu einer Lösung kommen. Ich wünsche mir, Herr Innenminister, dass es Ihnen gelingt, den Herrn Ministerpräsidenten dazu zu bringen, so zu denken und zu handeln, wie Sie vorhin gesprochen haben. Dann wären wir auf einem guten Weg.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich freue mich natürlich, wenn sich der Innenminister für ein Einwanderungsgesetz ausspricht. Das zeigt immerhin, dass man insofern dazugelernt hat, als man bekennt: Wir sind ein Einwanderungsland und wollen die Einwanderung regeln.
Das Problem ist nur, dass wir das schon längst geregelt haben könnten. In der letzten Legislaturperiode gab es im Bundestag Gesetzentwürfe von SPD, Grünen und FDP für ein Einwanderungsgesetz, die aber alle letztlich an der Mehrheit der CDU/CSU – bei vereinzelter Zustimmung – gescheitert sind.
Da wäre Zeit gewesen, darüber zu streiten, Herr Schmid. Es ist ja gar nicht so weit gekommen. Lesen Sie es einmal genau nach.
Ja, darüber hätte man streiten müssen. Aber Sie haben sich ja gar nicht dazu bekannt. Es wurde grundsätzlich abgelehnt. Das hatte sicherlich auch etwas mit Herrn Kanther zu tun.
Man hat gebetsmühlenhaft wiederholt, Deutschland sei kein Einwanderungsland. Solange so etwas gesagt wird, kann kein Einwanderungsgesetz verabschiedet werden. Das wäre ja ein Widerspruch in sich. So lange wird auch keine vernünftige, in sich geschlossene Integrationspolitik betrieben. Das wäre der nächste Widerspruch.
Das sind die drei Stufen: Man muss zugeben, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist, man will die Einwanderung gestalten, und dann wird Integrationspolitik betrieben. So hat es zu laufen. Da ist sehr viel Zeit vertan worden.
Es gab auf allen Seiten sicherlich auch Tabus. Ich will uns da gar nicht ausnehmen. Wir haben hier auch lange von offenen Grenzen für alle gesprochen. Wir haben diese Aussage aber auch schon lange fallen lassen. Das muss man auch sehen. Sie haben wesentlich länger dafür gebraucht, bis Sie gesagt haben: Wir brauchen ein Einwanderungsgesetz. Das gehört alles mit zu diesem Thema. Man hätte sich sicherlich, wenn ich an die Diskussion über Rechtsextremismus und Gewalt gegen Ausländer denke, auch manche Verwerfungen ersparen können, wenn man mit diesem Thema schon länger vernünftig umgegangen wäre. Das ist nicht geschehen. Daran trägt die CDU einen großen Teil an Schuld. Das ist einfach so.
Ich will noch etwas zu den Zumutbarkeitsregelungen sagen. Wer die Zumutbarkeitsregelungen kennt, weiß, dass sie sehr scharf gefasst sind. Hierbei ist es innerhalb der Landesregierung auch zu widersprüchlichen Aussagen gekommen. Herr Repnik hat Herrn Schäuble widersprochen, als es darum ging, die Zumutbarkeitsregelungen zu verschärfen. Vielleicht sollte man sie sich einmal ansehen, bevor man darüber diskutiert. Ich denke, die Regelungen reichen aus. Sie müssen umgesetzt werden. An der mangelnden Umsetzung kann es manchmal liegen; da bin ich mir sicher.
Zu den Integrationskursen hat Herr Heiler einiges gesagt. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass sie bei uns für die Betroffenen sehr viel Geld kosten. Auch ist meiner Meinung nach etwas Verfassungswidriges dabei, indem es eine Beendigung des Aufenthalts nach sich ziehen kann, wenn man an diesen Kursen nicht teilnimmt. Das ist nicht der richtige Weg. Es ist vielmehr nur ein Teil richtig.
Arbeitsverbot: Ich glaube, dass es sich mit Menschenwürde und Menschenrecht nicht vereinbaren lässt, wenn man Personen, die ohnehin hier sind, nicht arbeiten lässt. Auch sind es nicht so viele, dass große Probleme auf dem Arbeitsmarkt entstehen würden, wenn sie als Arbeitskräfte noch dazukämen. Ich begrüße es sehr, dass die entsprechende Wartezeit herabgesetzt worden ist, weil es nicht gut sein kann, wenn man Menschen zum Nichtstun verurteilt.
Im Familienbericht der zuständigen Bundesministerin steht, dass schon sehr viel an Integration geglückt ist, dass sehr viele Menschen, die zu uns gekommen sind, integriert sind. Das begrüße ich außerordentlich.
Experten sagen aber auch, dass es eine deutsche Leitkultur in dem Sinne nicht geben könne. Die Reps haben uns hier
Gott sei Dank Aussagen darüber erspart, welche Vorstellung sie von einer deutschen Leitkultur haben. Das ist gut für uns.
Nähere Darlegungen zum Frauenbild der Reps haben sie uns Gott sei Dank auch erspart. Das kann uns auch nur recht sein.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Innenminister, Liberale waren und sind sich der humanitären Verpflichtung unseres Landes immer bewusst. Da brauchen wir ganz bestimmt keinen Nachhilfeunterricht.
Sie haben gesagt, man könne für einfache Arbeiten nicht immer neue Leute holen. Das habe ich auch nicht gesagt. Es geht uns vielmehr darum, dass man diejenigen, die hier solche Arbeiten ausführen, nicht daran hindert, dies weiterhin zu tun. Nichts anderes wollen wir. Was bringt es denn, wenn wir eingearbeitete Leute wegschicken und uns dann von anderswo mühsam wieder nicht eingearbeitete holen müssen? Das ist mir unverständlich.
Wir haben bei den Ausländerbehörden nach wie vor eine sehr unterschiedliche Praxis. Darum brauchen wir unbedingt eine Änderung des Ausländergesetzes. § 10 muss so ergänzt werden, dass es ein Bleiberecht auch aus wirtschaftlichen Gründen geben kann.
Wir haben überhaupt nichts dagegen, wenn wir uns darauf einigen, dass ein solches Bleiberecht durchaus befristet sein kann. Es muss ja nicht unbefristet sein, sondern es kann durchaus befristet werden. Aber diese Möglichkeit müssen wir schaffen.
Was die Zumutbarkeitsregelungen angeht, rennen Sie bei uns Liberalen offene Türen ein. Ich erinnere Sie nur an die bitteren Erfahrungen der Spargelbauern in Ihrer nordbadischen Heimat; dort kamen die Arbeitskräfte am ersten Tag und sind am zweiten nicht mehr erschienen. Der Spargel konnte letzten Endes nicht geerntet werden, weil man die bewährten Kräfte nicht wieder einsetzen durfte.
Zu Ihnen, Herr Kollege Schmid: Ich habe deutlich gemacht, dass wir ein Zuwanderungsbegrenzungsgesetz wollen. Wenn Sie das nicht hören wollen,
dann kann ich Ihnen auch nicht helfen. Wir wollen die jetzige Zuwanderung in geordnete Bahnen bringen, und wir wollen jährliche Quoten festlegen.
Zum Zusammenhang mit der Asylregelung: Ich habe ganz klar gesagt, dass wir die Frage, ob wir weiterhin ein individuelles Asylrecht brauchen, dann regeln werden, wenn auf europäischer Ebene eine gemeinsame Regelung der Flüchtlings- und Asylpolitik ansteht. Wir können vorher ein Zuwanderungsgesetz machen und die übrigen Fragen bereits regeln.
Ein Betriebsbesuch von Ihnen, Herr Kollege Schmid, wäre ja schön. Bestimmt freuen sich die Handwerker, wenn Sie zu ihnen kommen. Wenn aber solchen Besuchen keine Taten folgen, nützen sie überhaupt nichts.
Durch die derzeitige Abschiebepraxis werden nicht nur die Arbeitsplätze der Betroffenen, sondern auch zahlreiche andere Arbeitsplätze gefährdet. Oft ist das Problem, dass bei Betrieben noch weitere Arbeitsplätze gefährdet sind, wenn ein bestimmter Fachmann nicht mehr verfügbar ist.
Zu Herrn Deuschle möchte ich noch sagen: Ich weiß nicht, was Sie mit Leitkultur meinen. Bisher kenne ich nur den Begriff des Leithammels. Wenn es in unserem Leben einen Bereich gibt, der sich frei entwickeln und entfalten können muss, dann ist es die Kultur.
Bevor ich Tagesordnungspunkt 3 aufrufe, begrüße ich unter unseren Gästen auf der Zuhörertribüne besonders die Parforcehornbläsergruppe aus Schömberg.