Protocol of the Session on October 5, 2000

voranbringen. Weil dem so ist, sollten wir von diesem nützlichen Instrument auch Gebrauch machen.

(Beifall bei der CDU)

Nach allem, was wir wissen, hat es sich überall dort, wo es eingesetzt worden ist, bewährt. Das ist teilweise auch schon in Deutschland der Fall, zum Beispiel seit einiger Zeit etwa in Leipzig und inzwischen auch in anderen Bundesländern.

Großbritannien hat damit gerade in den großen Städten außerordentlich gute Erfahrungen gemacht. Unsere Polizei, die sich auch vor Ort kundig gemacht hat, weist etwa darauf hin, dass es gerade mit der Videoüberwachung in Großbritannien gelungen ist, verödete Innenstädte, in die sich insbesondere abends niemand mehr hinein traute, wieder zurückzugewinnen und mit Leben zu erfüllen. Insofern ist dies doch eine gute Sache, aber, wie gesagt, ein Allheilmittel gegen alle Verbrecher auf dieser Welt ist es selbstverständlich nicht, sondern es ist ein nützlicher Schritt in die richtige Richtung.

Herr Oelmayer, Sie haben vorhin so nett gesagt – das will ich noch aufnehmen, weil es in die entspannte Stimmung am heutigen Abend passt –, Sie rieten zu einer Durchforstung unseres Polizeigesetzes. Darüber kann man gerne sprechen, aber ich habe heute schon präventiv die herzliche Bitte an Sie: Bitte keinen Orkan Lothar durch das Polizeigesetz von Baden-Württemberg stürmen lassen!

(Beifall bei der CDU)

Noch einige Anmerkungen zu den einzelnen Punkten, die alle schon besprochen worden sind: Wir wollen im Unterschied beispielsweise zu Großbritannien die Videoüberwachung überhaupt nicht flächendeckend einsetzen, sondern – so ist es auch im Gesetzentwurf sinngemäß formuliert – wir wollen Videoüberwachung an Schwerpunkten der Kriminalität. Wo solche Schwerpunkte festzustellen sind – Herr Kollege Redling, hier darf ich Sie in die Diskussion einbeziehen, denn Sie haben dies vorhin angesprochen und sehen es wahrscheinlich nicht anders –, muss man dann zusammen mit den kommunalpolitisch Verantwortlichen entscheiden. Ich rate wirklich sehr dazu, dass hier der Polizeivollzugsdienst und die kommunalpolitisch Verantwortlichen in der jeweiligen Stadt zusammenarbeiten und unter Hinzuziehung des fachlichen Rats der Polizei gemeinsam die Kriminalitätsschwerpunkte festlegen.

Ich habe vor wenigen Tagen im Rahmen eines Besuchs bei der Gemeinderatsfraktion der CDU in Mannheim mir die vorgesehenen Plätze zeigen lassen. Da war es ganz genau so, wie wir es in einem großen Konsens anstreben: Nicht der Polizeivollzugsdienst allein hat die Plätze, auf denen künftig die Videoüberwachung stattfinden soll, vorgegeben, sondern diese drei, vier Plätze in Mannheim, die man ins Auge gefasst hat, sind vom Ordnungsamt der Stadt Mannheim zusammen mit dem Polizeipräsidium in Mannheim ausgewählt und damit festgelegt worden. Das scheint mir der richtige Weg zu sein.

Ein zweiter Punkt, der immer wieder genannt wird – auch Kollege Birzele hat in Zwischenrufen vorhin darauf Bezug genommen –, ist der zusätzliche Personalaufwand. Ich gehe davon aus – mal schauen, was die Praxis dann zeigen

(Minister Dr. Schäuble)

wird –, dass jedenfalls für die örtlichen Dienststellen der zusätzliche Personalaufwand wirklich überschaubar sein wird.

Im Übrigen betten wir diese Videoüberwachung in eine Gesamtkonzeption zur Bekämpfung von Brennpunkten der Kriminalität ein. Da wird auch die Bereitschaftspolizei, in Mannheim sogar ständig, vor Ort sein. Was die örtlichen Dienststellen angeht, wird es nicht zu einer Verringerung der polizeilichen Präsenz führen.

Der zusätzliche Personalaufwand wird, wie gesagt, überschaubar sein. Ich bin sogar der Auffassung, dass Kollege Kiesswetter es vorhin völlig treffend dargestellt hat: Es kann auch dazu führen, dass die Polizei, wenn der Beamte, der die verschiedenen Bilder überwacht, schnell die jeweiligen Streifenteams verständigt, schneller und entschlossener und damit dem Bürger dienlicher handeln kann, als dies bisher der Fall ist. Daher sehe ich auch hier kein Problem.

Bleibt die Frage, die letztlich auch sehr intensiv mit unserem Koalitionspartner diskutiert worden ist: Wie lange soll die Aufbewahrungsfrist der Bilder sein? Ich habe die polizeiliche Praxis immer gebeten, uns eine Frist zu nennen, die man in der Öffentlichkeit, gegenüber dem Landtag und auch gegenüber dem Datenschutzbeauftragten vertreten kann. Ich wollte vor allem nicht erleben, dass wir in diesen Gesetzentwurf eine Aufbewahrungsfrist aufnehmen, die in der Öffentlichkeit schwer darstellbar ist. Auf diese Weise und auch nach etlichen Gesprächen, aber auch auf Rat maßgeblicher Kräfte, auch der Polizei von Baden-Württemberg, sind wir zu dieser 48-Stunden-Aufbewahrungsfrist gekommen.

Soweit ich richtig informiert bin, bewahren die Verkehrsbetriebe in Stuttgart – Ähnliches ist mir auch in Mannheim gesagt worden – 36 Stunden lang auf. Ich finde, dass im Rahmen der allgemeinen Videoüberwachung eine Zweitagesfrist, also im Klartext 48 Stunden, wirklich ein vertretbares Maß ist. Ich hoffe, dass sich vor diesem Hintergrund auch die kritischen Äußerungen des Datenschutzbeauftragten, der sich ja wohl geäußert hat, als die 48-Stunden-Frist so noch gar nicht bekannt war, relativieren werden.

Zu dem, was immer wieder von Ihnen, Herr Kollege Wilhelm, neulich wohl auch im Ausschuss, als Schreckgespenst dargestellt wird, dass man aus den Bildern gewissermaßen Analysen ziehen könne, die schiergar der DNAAnalyse entsprächen, sage ich aus meiner Sicht als Innenminister: Das wäre, nebenbei bemerkt, gar nicht so schlecht. Aber ich kann Sie aus Ihrem Blickwinkel völlig beruhigen. Dieses Verfahren ist, wie man mir erklärt hat, mit dem Namen „biometrische Messungen“ behaftet. Niemand in Deutschland, weder in Baden-Württemberg noch in anderen Bundesländern, denkt daran, ein solches Verfahren im Rahmen der Videoüberwachung einzusetzen.

Deshalb, Herr Kollege Redling, schlage ich einfach vor, es für heute beim Stand dieser Diskussion bewenden zu lassen. Wenn alles gut läuft und der Zeitplan so eingehalten wird, wie wir uns dies vorstellen, können wir die ganzen Fragen auf der Grundlage eines Gesetzentwurfs, der diese Eckpunkte, die ich in Kürze beschrieben habe, enthalten wird, noch in einer der Plenarsitzungen im November hier

in diesem hohen Hause diskutieren. Deshalb, so meine ich, sollten wir für heute diese Debatte beenden und darauf warten, bis der Gesetzentwurf im Detail vorliegt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort hat Herr Abg. Redling. Ich darf Sie darauf hinweisen, dass Sie noch eine Minute Redezeit haben.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Innenminister, ich freue mich auf jede inhaltliche Auseinandersetzung, auch mit Ihnen. Dies vorweg.

Die Diskussion heute war sehr interessant, denn sie hat für mich und für uns neue Erkenntnisse gebracht, nämlich dass CDU und FDP/DVP noch meilenweit voneinander entfernt sind.

Herr Rech spricht davon, dass allein die Tatsache, dass Kameras da sind, ausreichend sei.

(Abg. Rech CDU: Das habe ich doch gar nicht ge- sagt! Hören Sie doch zu!)

Sie, Herr Kiesswetter, sagen, es müsse jemand da sein, der beobachte, nur dann sei die Videoüberwachung zulässig.

(Zuruf von der FDP/DVP)

Deshalb gibt es hier einen Dissens.

Zur Frage der Speicherung: Sie sagen, es müsse entschieden werden, erst dann werde gespeichert, aber Innenminister und Rech sagen: auf jeden Fall alles 48 Stunden. Hier gibt es, wie ich meine, zwischen den beiden Koalitionären noch sehr viel Diskussionsbedarf. Wir erklären uns bereit, zu moderieren. Wir hoffen, dass wir da eine vernünftige Lösung hinkriegen.

Das Einsatzkonzept, Herr Schäuble, das wir angefordert haben, steht halt nicht im Gesetz. Das haben Sie hier auch nicht darlegen können oder wollen oder was auch immer. Wenn wir das Gesetz ändern, müssen wir wissen, was wir wirklich wollen und woher wir die Ressourcen holen, um mehr Präsenz zu kriegen und unsere Bürger besser schützen zu können. Diese Diskussion werden wir im Ausschuss weiter führen. Ich freue mich jedenfalls darauf.

Ich beantrage, den Antrag an den Innenausschuss zu überweisen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Abg. Wilhelm, Sie haben das Wort. Auch Sie haben noch eine Minute Redezeit.

Das reicht, Herr Präsident.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der Herr Innenminister hat gesagt, dass keineswegs beabsichtigt sei, die Videoüberwachung flächendeckend einzusetzen. Herr In

nenminister, das glaube ich Ihnen gerne. Aber ich habe gesagt, dass Sie mit der Videoüberwachung technische Voraussetzungen schaffen. Schon allein das wollen wir nicht. Glauben Sie doch nicht ernsthaft, dass Sie mit einer Videoüberwachung das Problem der Kriminalität in den Griff bekommen. Kriminalität gibt es seit Anbeginn der Tage. Sie werden sie durch eine Videoüberwachung nicht abschaffen können.

(Zuruf des Abg. Hehn CDU)

Glauben Sie denn ernsthaft, dass sich ein Drogenabhängiger deswegen von einer Straftat abhalten lässt? Nein, er wird diese eben woanders begehen. Es geschieht nichts anderes als eine Verdrängung in die Vororte, in ruhigere Gegenden, die dann eben Brennpunkte der Kriminalität werden. Herr Kollege Rech hat vorhin das Beispiel mit der Radarkontrolle gebracht. Mein Gott, nirgendwo wird so gerast wie unmittelbar nach der Radarkontrolle, weil man dann ganz genau weiß, die nächsten 20 bis 25 Kilometer ist man sicher.

(Abg. Deuschle REP: Ja!)

Ich sage Ihnen nochmals: Mit dieser Form der Videoüberwachung kommen Sie keinen Schritt weiter. Die gibt es heute schon an jeder Tankstelle, aber noch nie wurde so viel Benzin geklaut wie in letzter Zeit.

Danke schön.

(Beifall bei den Republikanern – Zuruf des Abg. Rech CDU)

Meine Damen und Herren, es ist beantragt, den Antrag Drucksache 12/5347 an den Innenausschuss zu überweisen. – Ich stelle formlos Ihre Zustimmung fest.

(Abg. Kleinmann FDP/DVP: So ist es!)

Damit ist Punkt 8 der Tagesordnung erledigt.

(Abg. Mühlbeyer CDU: Wir auch! – Vereinzelt Heiterkeit)

Ich rufe Punkt 9 der Tagesordnung auf:

Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Ausschusses zu der Mitteilung der Landesregierung vom 11. Juli 2000 – Information über Staatsvertragsentwürfe; hier: Entwurf des Fünften Staatsvertrags zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Fünfter Rundfunkänderungsstaatsvertrag) – Drucksachen 12/5358, 12/5546

Berichterstatter: Abg. Dr. Reinhart

Der Berichterstatter wünscht das Wort nicht.