Protocol of the Session on October 5, 2000

Aber auch hier bisher nichts, ganz zu schweigen von dieser kommunalen Entwicklungszusammenarbeit, den zitierten 50 Pfennig, die in Nordrhein-Westfalen seitens des Landes draufgegeben werden können, wenn die Kommune die restlichen 50 Pfennig gibt. Das halten wir für ein weiterführendes Konzept, aber bisher bei Ihnen nur Nachdenken und keine Entscheidungen.

Strich darunter: Herr Minister Döring, ich bin der Meinung, die Landesregierung, insbesondere Sie, hat in der Entwicklungszusammenarbeit einen Scherbenhaufen hinterlassen. Im Bund nimmt die Bedeutung der Entwicklungszusammenarbeit zu. Ich nenne als Stichworte nur den Bundessicherheitsrat, in dem das BMZ jetzt mit vertreten ist, und die Kohärenz, das heißt der Abgleich mit allen anderen Ressorts in Bezug auf die Auswirkungen von Vorhaben unter entwicklungspolitischen Gesichtspunkten. Da ist jeweils auch das BMZ gefragt und nimmt Stellung. Das zeigt die Bedeutung, die man seitens der Bundesregierung diesem Bereich beimisst. Aber auf der Ebene des Landes nimmt die Bedeutung ständig ab. Diese Regierung verschläft die Entwicklung in der Entwicklungspolitik.

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und des Abg. Schmiedel SPD – Minister Dr. Döring erhebt sich von seinem Platz.)

Herr Dr. Schlierer ist noch dran, Herr Minister. – Das Wort hat Herr Abg. Dr. Schlierer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir, zur Entwicklungszusammenarbeit zunächst folgende Vorbemerkung zu machen: Dieser Bereich ist in der Tat primär eine Bundesaufgabe. Hier hat das BMZ mitsamt seinen zugeordneten Organisationen ein reichhaltiges Instrumentarium.

Gleichwohl wird man feststellen müssen, dass es für die Entwicklungszusammenarbeit auch aus Landessicht eine Notwendigkeit gibt, und zwar nicht nur im Blick auf humanitäre Aspekte, nicht nur im Blick auf globale Auswirkungen, die Prozesse, auch wenn sie in der Dritten Welt ablaufen, auf uns haben, sondern natürlich auch im eigenen wohlverstandenen Interesse Baden-Württembergs als einem Land, das schon aufgrund seiner wirtschaftlichen Interessen an einer Entwicklung in der Dritten Welt Interesse haben muss.

Wenn vorhin von Scherbenhaufen und irgendwelchen Rückgängen die Rede war, dann glaube ich, dass wir bei dieser Gelegenheit auch einmal festhalten sollten, dass der baden-württembergische Steuerzahler seit Beginn der Entwicklungshilfe und der Entwicklungszusammenarbeit bis heute über 770 Millionen DM gezahlt hat.

(Beifall des Ministers Dr. Döring)

Das sollte eigentlich auch einmal eine positive Erwähnung wert sein; denn dies ist ja insgesamt gesehen eine Leistung, die sich sehen lassen kann.

(Beifall bei den Republikanern)

Meine Damen und Herren, es muss klar sein, dass der Mitteleinsatz in der Entwicklungszusammenarbeit des Bundeslandes Baden-Württemberg natürlich immer irgendwo Grenzen haben wird. Wir können nicht alle Missstände in der Dritten Welt beseitigen, sondern nur punktuelle Hilfe leisten. Das bedeutet in der Konsequenz, dass Prioritäten gesetzt werden müssen. Solche Prioritäten sind in den Richtlinien vorhanden. Zu den Prioritäten zählt aus unserer Sicht aber eben auch, dass die Hilfe zur Selbsthilfe Vorrang haben muss.

Ich glaube, dass nicht alle Projekte uneingeschränkt wichtig und richtig im Sinne der oben genannten Richtlinien waren. Aber das ist kein Grund, hier heute den Eindruck verbreiten zu wollen, dass alles, was im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit von diesem Land ausgegangen ist, schlecht wäre. Es mag zum Beispiel sein, dass die Zuordnung der Programme wie etwa dieses Ausbildungsprogramms Minenräumung, der Transportbörse und der Ausreisehilfen im Zusammenhang mit der Situation in Bosnien-Herzegowina ungeachtet ihrer Notwendigkeit nicht typischerweise der Entwicklungszusammenarbeit zuzuordnen sind. Dennoch, meine Damen und Herren, ist klar, dass wir in diesen Bereichen ebenfalls Hilfe leisten müssen. Insofern ist es auch nicht falsch, diese Leistungen in diesem Zusammenhang aufzuführen.

Einen Schwerpunkt, meine Damen und Herren, sehen wir im Prinzip der Kofinanzierung, das, wo immer möglich, eingesetzt werden sollte. Hier muss ich mich natürlich schon etwas über die Ausführungen meines Vorredners wundern, der zwar dann und wann auch einmal im Stiftungsrat der Stiftung Entwicklungs-Zusammenarbeit anwesend ist, bisher aber eigentlich nur durch Negativdarstellungen und durch den Versuch, alles kleinzureden, aufgefallen ist, aber wenig durch konstruktive Beiträge.

(Beifall bei den Republikanern – Abg. Schmiedel SPD: Na, na! – Abg. Wieser CDU: Stimmt, was er sagt! – Abg. Buchter Bündnis 90/Die Grünen: In welcher Sitzung war denn das?)

Meine Damen und Herren, das Erste, was man festhalten muss, ist in der Tat, dass es dringend notwendig ist, das Stiftungskapital in diese Stiftung einzubringen.

(Abg. Buchter Bündnis 90/Die Grünen: In welcher Sitzung war denn das?)

Herr Buchter, Sie als Hinterbänkler melden sich so selten, tun Sie mir den Gefallen und fallen Sie jetzt nicht noch durch Zwischenrufe auf.

(Heiterkeit und Beifall bei den Republikanern – Abg. Marianne Erdrich-Sommer Bündnis 90/Die Grünen: Es gibt bei uns keine Hinterbänkler, wir sitzen nach dem Alphabet!)

Meine Damen und Herren, wir müssen das Stiftungskapital aus den Privatisierungserlösen in die Stiftung einbringen;

denn nach unserer festen Überzeugung ist es eigentlich nicht zulässig, ein fingiertes oder fiktives Stiftungskapital über Jahre hinweg einzusetzen, um dann die Mittel aus dem Landeshaushalt abzuschöpfen.

(Abg. Deuschle REP: Richtig!)

Zum Zweiten möchte ich bei dieser Gelegenheit deutlich machen, dass manches von dem, was hier von Rot-Grün gefordert wurde, längst im Rahmen der Arbeit dieser Stiftung realisiert wird. Kommunale Partnerschaften, Krankenhauspartnerschaften; und wenn Sie hier von Public Private Partnership sprechen, auch dies haben wir längstens in der Stiftung Entwicklungs-Zusammenarbeit praktiziert.

(Abg. Schmiedel SPD: Ach was! Scheißdreck!)

Herr Schmiedel, von Ihnen brauche ich keine stalinistischen Hinweise auf Berlin, um das einmal klar zu machen.

(Abg. Deuschle REP: Ja, eben! – Zuruf der Abg. Marianne Erdrich-Sommer Bündnis 90/Die Grü- nen)

Ich will in diesem Zusammenhang, vielleicht auch zur Auflockerung des linken Flügels, eines sagen: Es gibt im Zusammenhang mit dieser Stiftung einen Konsens vier demokratischer Parteien ohne die Grünen. Für uns ist die Stiftung wichtig, und wir meinen, dass wir diese Arbeit auch in Zukunft nachhaltig unterstützen sollten.

(Beifall bei den Republikanern)

Resümee: Die Mittel, die eingesetzt wurden, waren angemessen, auch wenn sie niemals ausreichen konnten. Wir halten den eingeschlagenen Weg für richtig und bitten darum, dass die Stiftung auch in Zukunft die Unterstützung des ganzen Hauses erfährt.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Republikanern)

Das Wort erhält Herr Abg. Wieser.

(Abg. Schmiedel SPD: Die Redezeit ist doch aus!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte auf den Kollegen Buchter in einem Punkt eingehen. Er hat zu Recht auf unsere Partnerschaft mit Burundi hingewiesen. Ich bedauere es, dass der hoch anerkannte ehemalige Präsident der Südafrikanischen Republik, Nelson Mandela, Vermittlungsgespräche in dem Konflikt führt und der Außenminister Fischer, der der Fraktion der Grünen angehört,

(Abg. Dr. Noll FDP/DVP: Partei, nicht Fraktion!)

unseren deutschen Botschafter zurückholt.

(Zuruf des Abg. Oelmayer Bündnis 90/Die Grü- nen)

Das ist keine Solidarität mit einem schwierigen Land in einer schwierigen Lage.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP)

Zweitens: Ich will auf zwei oder drei Punkte eingehen, die der Kollege Schmiedel genannt hat. Wir sind uns in dem Eine-Welt-Gedanken völlig einig; davon hat auch der Kollege Dr. Horst Glück gesprochen. Aber dann ändern Sie doch Ihr Landespapier und schreiben das auch in das SPDPapier! Dort steht „Dritte Welt“. Ein solcher Begriff ist eine Quelle der Diskriminierung. Wir können uns das heute nicht mehr leisten, wenn wir eine friedliche, gerechte Welt aufbauen wollen.

Drittens: Die Bilanz ist dünn. Ich bin mit den Haushaltsmitteln nicht zufrieden.

(Abg. Schmiedel SPD: Dann stellt doch mehr ein! Ihr habt doch die Mehrheit!)

Das hat der Kollege Glück gesagt. Wir haben sie aufgestockt.

(Abg. Schmiedel SPD: Ihr habt es immer abge- lehnt!)

Wir sind im Vergleich zu jedem Bundesland

(Abg. Schmiedel SPD: Ist doch nicht wahr!)

in den letzten 40 Jahren eindeutig besser.

(Abg. Schmiedel SPD: NRW!)

Aber Sie haben im Bund Haushaltsmittel gestrichen. Sie können das in jeder Tageszeitung nachlesen.

(Abg. Marianne Erdrich-Sommer Bündnis 90/Die Grünen: Die Aufgaben sind anders verteilt!)

Die neuen Projekte wie die private Partnerschaft sind ja deshalb erfunden worden, liebe Frau Kollegin,