Protocol of the Session on October 4, 2000

Zweitens: Man kann sicher trefflich darüber streiten, ob ein zusätzlicher gesetzgeberischer Handlungsbedarf aufgrund der geltenden EU-Richtlinien zu Teilzeitarbeit und befristeten Arbeitsverträgen überhaupt zwingend ist. Jedenfalls – das muss man eben auch zur Historie sagen – lag der fertige Gesetzentwurf der Bundesregierung seit Wochen in der Schublade. Erst nachdem Bundeskanzler Schröder mit dem DGB-Vorsitzenden über die Rente gesprochen hatte, war der Entwurf plötzlich in der Öffentlichkeit.

(Abg. Haas CDU: Das ist ein Deal zulasten der Unternehmer!)

Die Bundesregierung hat sich also die Zustimmung der Gewerkschaften zur Rentenreform erkauft.

(Abg. Haas CDU: Das wissen wir, dass Schröder käuflich ist!)

Der Deal – anders kann man es nicht nennen, wie es hier gerade eben auch gesagt wurde, unter Einschluss der anstehenden Novelle des Betriebsverfassungsgesetzes – ist doch ganz offensichtlich, wenn man dies verfolgt.

(Beifall bei der CDU – Abg. Haas CDU: Schröder war schon immer käuflich!)

Zu dem vorgesehenen Rechtsanspruch auf Teilzeit im Gesetzentwurf der Bundesregierung nur eine Bemerkung, Frau Kollegin Fauser. Das Thema der heutigen Debatte betrifft ja nur die befristeten Beschäftigungsverhältnisse, aber dennoch eine Bemerkung zur Teilzeit: Trotz Kleinbetriebsklausel kann von einem gleichgewichtigen Interessenausgleich zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern in der vorgesehenen Regelung keinesfalls gesprochen werden.

Zum Kollegen Rapp auch noch eine Bemerkung: Teilzeitbeschäftigte sind in der Regel jedoch auch nicht eine teurere Lösung.

(Abg. Rapp REP: Auf jeden Fall!)

Aber die Debatte soll ja heute zu den befristeten Beschäftigungsverhältnissen geführt werden.

Die dritte Bemerkung dazu: Es steht fest, dass sich das geltende Recht als erfolgreiches arbeitsmarktpolitisches Instrument erwiesen hat.

(Abg. Haas CDU: So ist es!)

Das kam auch schon in den Debattenbeiträgen zum Ausdruck.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Rudolf Hausmann SPD: Wo hat sich das erwie- sen?)

Es eröffnet Arbeitsuchenden die Chance auf einen Dauerarbeitsplatz. Es gibt Untersuchungen, wonach 50 % der be

(Staatssekretärin Johanna Lichy)

fristeten Arbeitsverhältnisse in eine Dauerbeschäftigung übergehen. Aber das ist ja schon geltendes Recht. Wir haben ja diese Richtlinien. Insbesondere für Kleinbetriebe und Existenzgründer stellt genau die befristete Arbeit eine flexible Beschäftigungsform dar, die entsprechend der Entwicklung des Betriebs genutzt werden kann und auch genutzt wird.

Die Befristungsmöglichkeit führt zu einem Angebot an Arbeitsplätzen, die sonst nicht geschaffen worden wären. Es gibt in Dänemark und in den Niederlanden sehr positive Erfahrungen damit, dass auch mit diesem beschäftigungspolitischen Instrument Arbeitsplätze geschaffen werden. Einen positiven Nebeneffekt möchte ich auch noch erwähnen: Das Gesetz hat die Arbeitsgerichte bei den Kündigungsschutzklagen ganz entscheidend entlastet.

Ich möchte noch als Letztes sagen: Ich frage mich, warum die bewährte Regelung, die in Kraft ist, ohne irgendeinen zwingenden Grund jetzt geändert werden soll. Da gibt es für mich auch einen Widerspruch bei der Grünenfraktion. Ich zitiere jetzt die sozial- und arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Thea Dückert. Sie hat in der „Zeit“ vom 22. September genau zu dem Thema „Gesetz über befristete Arbeitsverträge“ gesagt:

Die vorgesehenen neuen Bestimmungen bedeuten eine übermäßige Bürokratisierung.

(Beifall der Abg. Beate Fauser FDP/DVP – Abg. Haas CDU: Jawohl!)

Diese Auffassung wird Sie von dieser Seite

(Die Rednerin deutet zur CDU-Fraktion.)

sicher nicht überraschen. Sie wird von uns voll und ganz unterstützt, und der kleine Koalitionspartner – so ist die Aussage in diesem Artikel – auf Bundesebene, die Grünen, will sich dafür stark machen, das geltende Recht beizubehalten.

(Abg. Haas CDU: Aha!)

Ich wünsche den Grünen natürlich viel Erfolg bei ihren Bemühungen. Wir haben ja gerade gehört, dass dazu offensichtlich hier bei der Landespartei eine andere Auffassung herrscht. Wir als Land Baden-Württemberg werden jedenfalls die hessische Initiative unterstützen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Haas CDU: Vielen Dank!)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Fauser.

(Abg. Haas CDU: Da sieht aber Herr Hildebrandt alt aus, mein lieber Mann!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte das Thema nicht uferlos behandeln, aber doch noch ganz kurz zu den Ausführungen von Herrn Hausmann und auch zu den Darlegungen des Kollegen Rapp Stellung nehmen. Die so genannten Kettenarbeitsverträge, die Sie ansprechen, sind möglicherweise auch ein Ausdruck dafür, dass man in einer wirtschaftlich äußerst schwierigen Situation ist. Es ist ein absoluter Blöd

sinn, in diesem Fall von einem Arbeitgeber zu verlangen, aus einem befristeten Arbeitsvertrag einen Dauerarbeitsvertrag zu machen und damit möglicherweise seine Existenz kurz- oder mittelfristig aufs Spiel zu setzen. Selbstverständlich ist es für jeden Arbeitnehmer gut, wenn er eine feste Anstellung hat. Ich bin aber auch ganz sicher, dass die Arbeitnehmer, die in ihrem Betrieb gute Arbeit leisten, wenn die wirtschaftliche Situation entsprechend ist, über kurz oder lang wirklich einen festen Anstellungsvertrag bekommen.

(Beifall der Abg. Lieselotte Schweikert FDP/DVP)

Den bekommen sie nur dann nicht, meine Damen und Herren, wenn möglicherweise Schwankungen am Markt da sind. Und da kann man im Grunde genommen nicht guten Gewissens sagen: Jetzt machen wir daraus einen Dauerarbeitsplatz.

(Abg. Deuschle REP: Die FDP/DVP fehlt doch bei der Debatte, Frau Kollegin!)

Ja. Das reicht.

(Heiterkeit – Abg. Dr. Schlierer REP: Gerade vier Mann sind von denen da!)

Wir sind der Auffassung, dass die Bundesregierung in Zukunft wirklich dringend darauf achten muss, dass es keine weiteren Belastungen gerade für unsere kleinen und mittleren Unternehmen gibt. Es ist wichtig, dass das neue Betriebsverfassungsgesetz so ausfällt, dass man praktikabel damit umgehen kann.

Zu den Ausführungen von Herrn Dr. Hildebrandt wegen der Gewerkschaft in Softwareunternehmen oder im IT-Bereich kann ich Ihnen sagen: Die Gewerkschaften stöhnen darunter, dass niemand von diesen Arbeitnehmern bei ihnen Mitglied werden möchte und darauf drängt, hier andere Arbeitsverhältnisse einzuführen. Sie können gerade in diesen Bereichen nicht im Ansatz und im Entstehen Festarbeitsverträge machen.

(Glocke des Präsidenten)

Frau Kollegin Fauser, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Hildebrandt?

Am Ende. Ich bin gleich fertig.

Meine Damen und Herren, den Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit hat Herr Roland Pichler von der „Stuttgarter Zeitung“ richtig kommentiert. Er sagte nämlich ganz deutlich, dass der Arbeitgeber die Wünsche nach Teilzeitbeschäftigung nur dann ablehnen könne, wenn dringende betriebliche Gründe vorlägen. Das Wort „dringende“ wurde herausgestrichen. Jetzt reichen betriebliche Gründe aus. Wie diese schwammige Formulierung in der Praxis auszulegen ist, dürfte die Arbeitsgerichte dann beschäftigen, wenn das Gesetz in der jetzigen Form verabschiedet wird. Die Wirtschaft heult bei dieser Vorstellung aus verständlichen Gründen auf.

Meine Damen und Herren, dem braucht man überhaupt nichts hinzuzufügen. Teilzeitarbeit, sosehr ich natürlich die Frau Staatssekretärin schätze, bringt einfach auch erhebli

che organisatorische Probleme und Kommunikationsschwierigkeiten mit sich,

(Abg. Deuschle REP: Eben!)

zumal in kleinen Betrieben. Aus diesen Gründen sollte man für die unterschiedlichen Unternehmen und die unterschiedlichen Branchen Flexibilität walten lassen.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das Wort erhält Herr Abg. Hausmann.

Ich will noch ein paar Anmerkungen zum Thema machen, wie es sich jetzt entgegen Ihrer schriftlichen Ankündigung der Aktuellen Debatte, Frau Fauser, herauskristallisiert hat. Ich möchte mit einer Bemerkung von Frau Lichy anfangen. Frau Lichy sagte, es gebe Untersuchungen, wonach sich das Beschäftigungsförderungsgesetz als wirksam erwiesen habe. Begründung – ihre Begründung –: 50 % der befristet Eingestellten seien ja in Dauerarbeitsverhältnisse übernommen worden.

Genau dies war die Begründung von Infratest dafür, dass dieses Gesetz nicht wirksam war: weil nämlich auch ohne dieses Gesetz automatisch unbefristete Arbeitsverhältnisse geschaffen worden wären. Genau diese Untersuchung von Infratest war der Beleg dafür, dass die Befristung, die Sie 1985 eingeführt haben, umsonst war. Die Basis für die Befristung war ja früher das BGB, das Bürgerliche Gesetzbuch, § 620. Da gab es ja schon die Befristung.