Protocol of the Session on October 4, 2000

Das Problem – jetzt komme ich zu einigen Ausführungen, die gemacht worden sind – kann nicht etwa durch eine Erhöhung der Entfernungspauschale beseitigt werden, sondern es sind zwei ganz verschiedene Dinge. Hier geht es wirklich darum, Kosten, die dem Einzelnen entstehen, halbwegs abzudecken. Dies muss unser aller Interesse sein. Das ist sicherlich auch für Sie von Bedeutung.

Aber, Herr Kielburger, lieber Kollege, es ist eben ein Unterschied, ob Sie irgendwann einmal an eine Schmerzgrenze geraten und dann auf einmal sehen müssen und spüren: Hier ist jetzt Ende der Fahnenstange. Ich will jetzt die Debatte von heute Morgen nicht erneut aufgreifen; aber ich glaube, man spürt es auch draußen, dass die Bevölkerung

insgesamt gesehen wirklich nicht mehr bereit ist, dafür noch mehr zu zahlen, insbesondere – das, Herr Oelmayer, geht in erster Linie gegen die Grünen –, weil ja für die Umwelt im Grunde genommen gar nichts dabei herausgekommen ist.

(Abg. Oelmayer Bündnis 90/Die Grünen: Das stimmt doch gar nicht!)

Aus diesem Grunde meine ich, dass es sehr viel vernünftiger wäre, man würde die weiteren Stufen dieser Ökosteuer nicht durchführen oder zumindest so lange nicht durchführen, bis sie wirklich in irgendeiner Weise akzeptiert wird.

(Abg. Oelmayer Bündnis 90/Die Grünen: Das ist doch nicht durch die Ökosteuer begründet, Herr Kollege! Das müssten doch auch Sie mitbekom- men haben! Was hat denn im Mai das Benzin ge- kostet? – Abg. Rapp REP: Die sind doch Preistrei- ber!)

Doch, die Ökosteuer hat die Situation verschärft; das ist überhaupt keine Frage. Deshalb gehört das mit zu diesem Thema. Der Bürger kann sich das ja an den eigenen Fingern abzählen.

Ich freue mich darüber, dass eine große Mehrheit im Landtag dem Gesetzentwurf zustimmen wird. Aber wenn man in Fällen, wo es denkbar ist, wie es 1994 der Fall war, die Steuern auf irgendetwas erhöht, dann muss man immer im Auge behalten: Kommt man an die Schmerzgrenze oder nicht? Dann muss man es natürlich auch wirklich tun und sagen: „Wir brauchen das Geld für andere Dinge“, und darf draußen nicht so tun, als ob dadurch der Umwelt auch nur im Geringsten geholfen wäre.

Wir stimmen dem Gesetzentwurf – es ist ja mit unser Entwurf – natürlich zu.

Ich habe mich nur über eines gewundert: Es war ja ganz interessant, dass Herr Kuhn und Frau Künast, als sie sich vorgestellt haben, mit Tretrollern angetreten sind. Seither habe ich sie nie wieder mit Tretrollern gesehen.

(Abg. Renate Thon Bündnis 90/Die Grünen: Die haben sie geschenkt gekriegt! Da konnten sie ja nichts dafür!)

Vielleicht ergibt sich das einmal in der Zukunft.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erhält Herr Abg. Rapp.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir Republikaner haben einen Änderungsantrag zur Wegstreckenentschädigung eingebracht, der beabsichtigt, in etwa die tatsächlichen Kosten, die seit 1991 entstanden sind, in diesem Gesetz unterzubringen. Ich betrachte es nahezu schon als eine Frechheit, zu behaupten, dass heute, wenn man 1991 52 Pfennig zur Kostendeckung für einen Kilometer gebraucht hat, bei doppelten Benzinpreisen, bei höheren Versicherungskosten, höherer Steuer und allem 58 Pfennig reichen sollen. So dumm sind unsere Landes

bediensteten nicht, dass sie glauben, die Landesregierung oder der Landtag tue ihnen Gutes, wenn in zehn Jahren etwa 10 % dazugegeben werden. Das, was Sie hier machen, ist absolut nicht richtig. Ich denke, statt 52 Pfennig wären 72 Pfennig angemessen. Das muss man sich leisten können, und das muss man sich auch leisten, wenn man von anderen Menschen erwartet, dass sie ihr Auto einsetzen, dass sie ein Unfallrisiko eingehen, dass sie letztendlich höhere Versicherungskosten haben, höhere Wartungskosten, deutlich höhere Anschaffungskosten und zum Beispiel deutlich höhere Kfz-Steuern, etwa beim Diesel, die ja inzwischen sehr hoch sind. Es ist nicht richtig, hier mit lumpigen 6 Pfennig kommen zu wollen und auch noch zu sagen: „Wir tun Gutes“, wenn man das auf der anderen Seite schon dreimal in Form der Ökosteuer abgegriffen hat. Nein, wir stehen für die Zahl 72. Wir bieten Ihnen diesen Antrag an und hoffen natürlich, dass Sie es sich im letzten Moment noch einmal überlegen.

Meine Damen und Herren, das rot-grüne Abkassiermodell namens Ökosteuer hat dafür gesorgt, dass die Kfz-Kosten für die Bürger ins Unermessliche gestiegen sind. Das gilt auch für die öffentlich Bediensteten, die ihr Auto für Dienstfahrten zur Verfügung stellen. Jetzt rechnen Sie doch einmal nach. Sie können doch im Endeffekt keinen öffentlich Bediensteten zwingen, sein privates Fahrzeug zur Verfügung zu stellen. Wenn diese Leute beginnen, genauso scharf zu kalkulieren wie Sie, werden sie ihr Auto zu Hause lassen und sagen: Geben Sie mir bitte einen Dienstwagen. Dann hat das Land dreimal so hohe Kosten, wie es jetzt hat. Das ist nicht richtig.

Sie sprechen im Zusammenhang mit dieser Wegstreckenentschädigung von der Abgeordnetenwegstreckenentschädigung. Die Abgeordnetenwegstreckenentschädigung wird fast jedes Jahr erhöht. Die öffentlich Bediensteten haben seit neun Jahren keinen zusätzlichen Pfennig gesehen.

(Beifall bei den Republikanern – Zurufe von den Republikanern: Hört, hört!)

Da sollen die Leute draußen glauben, dass Sie hier Gutes tun wollen! Das ist doch nicht richtig. Das kann man doch nicht machen. Was man sich selbst zubilligt, muss man anderen auch zubilligen. Das ist meine Meinung.

Dann zum Termin des Inkrafttretens. Wir hätten das Gesetz ruhig vor der Sommerpause verabschieden und sofort in Kraft treten lassen können. Es kann doch nicht sein, dass man im Sommer für die Abgeordneten die Entschädigung erhöht und dann sagt: „Die öffentlich Bediensteten, die ihr Kfz für fremde Zwecke zur Verfügung stellen, sollen bis Januar warten; die können ja sowieso nichts daran ändern.“ Das geht nicht. Das ist keine redliche Politik. Dann muss das Inkrafttreten auch sofort kommen und nicht erst zu einem späteren Zeitpunkt. Es widerspricht eben der tatsächlichen Kostenentwicklung, wenn Sie heute kommen und sagen: Diese Mittel reichen aus.

Jetzt mache ich Ihnen einen Vorschlag. Beginnen Sie einmal bei Ihren eigenen Kfz-Kosten nachzurechnen. Dabei kommen Sie auf ein ganz anderes Ergebnis. Dann können wir den öffentlich Bediensteten, die ihr privates Kfz einsetzen, ein ehrliches Angebot machen. Koppeln wir die Entwicklung seit 1991 genau an die Entwicklung der Abge

ordnetenwegstreckenentschädigung. Dann kommen Sie auch wieder auf die von uns beantragte Summe. Dann haben wir eine ehrliche Politik gemacht. Aber anscheinend ist es in diesem Haus so, dass die Republikaner die Einzigen sind, die versuchen, ehrliche Politik zu machen.

(Beifall bei den Republikanern – Zurufe von den Republikanern: Bravo! – Zurufe von der SPD: Oh!)

Das Wort erhält Herr Staatssekretär Rückert.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte die Haltung der Landesregierung in vier Punkten zusammenfassen.

Erstens: Die Landesregierung unterstützt diesen Gesetzentwurf, der eine Erhöhung der reisekostenrechtlichen Wegstreckenentschädigung im öffentlichen Dienst zum Inhalt hat, und zwar in vollem Umfang, da bei der Wegstreckenentschädigung angesichts der gestiegenen Kraftfahrzeugkosten auch aus unserer Sicht ein dringender Anpassungsbedarf gegeben ist.

Es sei nochmals festgehalten: Die reisekostenrechtliche Wegstreckenentschädigung ist als Auslagenersatz des öffentlichen Arbeitgebers für Dienstfahrten dazu bestimmt, die dienstlich veranlassten Kraftfahrzeugkosten abzugelten.

Auf einer ganz anderen Ebene ist das Thema Kilometerpauschale oder Entfernungspauschale abzuhandeln; das steht jetzt nicht zur Diskussion.

Zweitens: Nach dem Landesreisekostengesetz ist eigentlich das Finanzministerium ermächtigt, die reisekostenrechtliche Wegstreckenentschädigung durch Rechtsverordnung den veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen anzupassen. Nun aber gibt es zwischen Bund und allen Ländern eine Absprache, die alle Beteiligten verpflichtet, vor einer solchen Veränderung eine förmliche Abstimmung vorzunehmen.

Dieses förmliche Abstimmungsverfahren haben wir angestoßen. Die Bund-Länder-Kommission hat am 6. Juni 2000 getagt und hat auch festgestellt, dass eine solche Veränderung, wie Sie sie jetzt vorsehen und die von uns auch gewollt ist, eigentlich sachlich gerechtfertigt ist. Aber der Vertreter des Bundesfinanzministeriums musste erklären, dass er einer entsprechenden Erhöhung der Wegstreckenentschädigung im Bundesbereich aus Kostengründen nicht zustimmen könne, und das hatte wiederum die Folge, dass nunmehr wir als Finanzministerium daran gehindert sind, die Wegstreckenentschädigung durch Rechtsverordnung entsprechend anzupassen.

Da also auf der Bund-Länder-Ebene bisher kein Einvernehmen vorhanden ist, ist es völlig richtig – und wir begrüßen das –, dass die Regierungsfraktionen die Initiative ergriffen haben und nunmehr mit diesem eingebrachten Gesetzentwurf ein Zeichen setzen wollen.

Drittens: Bei diesem Gesetzentwurf handelt es sich aus unserer Sicht um eine Zwischenlösung bis zum Vorliegen der Ergebnisse auf Bund-Länder-Ebene. Wenn es bundesweit zu vorteilhafteren Entwicklungen für die Bediensteten

kommen sollte, sollen diese nachvollzogen werden, auch für die baden-württembergischen Bediensteten. Wir müssen abwarten, was sich auf Bundesebene bewegt und was dort entschieden wird.

Viertens: Es ist darauf hinzuweisen, dass die im öffentlichen Dienst gezahlte Wegstreckenentschädigung – auch nach der Erhöhung auf 58 Pfennig – in vollem Umfang steuerfrei erstattet wird. Demgegenüber kann der private Arbeitgeber bei Geschäftsreisen pauschal wie bisher nur höchstens 52 Pfennig pro Fahrtkilometer steuerfrei ersetzen. Die Steuerfreiheit der Reisekostenentschädigung in der Privatwirtschaft ist nämlich an die höchste Wegstreckenentschädigung des Bundesreisekostengesetzes gebunden, die derzeit eben noch bei 52 Pfennig liegt. Die Landesregierung wird sich deshalb nach dieser heutigen gesetzgebenden Beschlussfassung im Interesse der Gleichbehandlung auf Bundesebene dafür einsetzen, dass auch die Beträge für die Privatwirtschaft entsprechend angehoben werden. Die Erfolgsaussichten für einen solchen Vorstoß sind offen.

Ich möchte zusammenfassend Folgendes als Erwartung artikulieren: Ich hoffe, dass dieser Alleingang des Landes Baden-Württemberg mit dieser Änderung des Landesreisekostengesetzes Bewegung und positive Reaktionen auf Bundesebene auslösen wird.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, Wortmeldungen liegen in der Allgemeinen Aussprache nicht mehr vor. Wir kommen daher in der Zweiten Beratung zur E i n z e l a b s t i m m u n g. Der Finanzausschuss empfiehlt Ihnen in Ziffer 1 der Drucksache 12/5530, dem Gesetzentwurf Drucksache 12/5186 unverändert zuzustimmen.

Ich rufe auf

Artikel 1

und dazu den Änderungsantrag der Fraktion Die Republikaner, Drucksache 12/5572. Dieser Änderungsantrag begehrt in seinem ersten Teil eine Änderung von Zahlen in § 6.

Herr Abg. Rapp.

Herr Präsident, ich beantrage namens meiner Fraktion namentliche Abstimmung.

Hat dieser Antrag die erforderliche Mehrheit? – Die Unterstützung ist gegeben. Es findet also eine namentliche Abstimmung statt.

Wer dem ersten Teil des Änderungsantrags der Fraktion Die Republikaner, Drucksache 12/5572, zustimmen möchte, den bitte ich, mit Ja zu antworten, wer ihn ablehnen möchte, der möge mit Nein antworten. Wer sich der Stimme enthalten möchte, der antworte mit „Enthaltung“.

Herr Abg. Pfisterer, ich bitte Sie, den Namensaufruf vorzunehmen. Der Namensaufruf beginnt mit dem Buchstaben H.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

(Stellv. Präsident Birzele)

Meine Damen und Herren, ich bitte um Ruhe.

(Namensaufruf)

Die Abstimmung ist geschlossen. Ich bitte die Schriftführer, das Ergebnis festzustellen.