Protocol of the Session on July 20, 2000

Im Übrigen kann ich für mich einen kompetenten Zeugen anführen. Herr Maurer, bei der Tagung am 24. Juni, an der Sie nicht teilnahmen, hat der Kommandeur der 10. Panzerdivision in diesem Raum genau diese Kritik vorgetragen. Das Problem ist, dass die ganze Diskussion inzwischen nur noch finanzpolitisch läuft, aber nicht mehr unter dem Aspekt der Militärpolitik. Die ist aber für die Streitkräftestruktur nach wie vor maßgeblich.

Ich sage für meine Fraktion hier klar und deutlich: Wir halten einen Umfang der Streitkräfte von insgesamt 300 000 Mann für unverzichtbar. Wir gehen nach wie vor davon aus, dass die Komponente Grundwehrdienstleistende nicht unter 100 000 Mann betragen darf. Wir sind in der Tat – jetzt kann ich das nach diesen ideologischen Verdächtigungen von links außen einmal deutlich machen – nicht der Ansicht, dass die Bundeswehr aus ihren Einbindungen in Bündnisstrukturen herausgelöst werden sollte. Aber wir sind nach wie vor der Ansicht, dass es im Rahmen der Landesverteidigung nötig wäre, in der Heeresstruktur mindestens ein Heereskorps nationalem Kommando zu unterstellen. Das wäre sinnvollerweise das 4. Korps in Potsdam. Damit hätten wir eine bessere und sicherere Struktur als das, was jetzt unter dem jetzigen Bundesverteidigungsminister geplant wird.

(Beifall bei den Republikanern)

Dass die Wehrpflicht erforderlich ist, Herr Salomon, ist komischerweise Konsens mit Ausnahme der Grünen. Da stehen Sie außen vor. Alle anderen sind der festen Überzeugung, dass wir nach wie vor Aufwuchsfähigkeit benötigen.

(Abg. Drexler SPD: Aufwuchsfähigkeit?)

Aufwuchsfähigkeit! Wenn Sie es nicht begreifen, erkundigen Sie sich bei Ihrem Genossen Kolbow; der erklärt es Ihnen.

Wir brauchen auch die Wehrgerechtigkeit, wenigstens in einem möglichst hohen Maße, und in Zukunft brauchen wir auch – das hat ja Kollege Reinhart vorhin schon angesprochen – einen Verteidigungshaushalt, der auch tatsächlich sicherstellt, dass die Streitkräfte ihren Auftrag erfüllen können. Das ist in der Tat die 20-Milliarden-DM-Lücke in den nächsten Jahren, die nach der jetzigen Rahmenplanung sichtbar wird. Wir brauchen einen Haushalt, der in den nächsten Jahren mindestens 50 Milliarden DM umfasst. Da ist die Bundesregierung gefragt, da ist Rot-Grün gefragt.

Das, was wir heute gehört haben, zeigt aber, dass sich diese Herrschaften dieser Verpflichtung ganz klar entziehen, und deswegen sage ich ganz offen: Sie haben bis heute ein Missverhältnis zu unseren Streitkräften und werden das auch jetzt in dieser Regierungsphase nicht los.

(Beifall bei den Republikanern)

Meine Damen und Herren, was wir im Blick auf die Auswirkungen im Lande benötigen, ist also nicht nur die Beibehaltung möglichst aller Standorte. Ich mache mir dabei allerdings auch keine Illusionen darüber, dass die Kleinststandorte mit weniger als 50 Soldaten Bestand haben werden. Das wird sicherlich nicht machbar sein. Ob durch Zusammenlegungen etwas verbessert werden kann, weiß ich nicht, aber eines ist für mich auf jeden Fall in dieser Debatte noch einmal festzuhalten: Es geht eben nicht nur um die Frage der Beibehaltung möglichst aller Standorte, sondern es geht darüber hinaus auch darum, dass wir uns darum bemühen müssen, im Rahmen des Privatisierungskonzepts möglichst viel für diejenigen bei uns im Land herauszuholen, die eigentlich dann diese Funktionen für die Bundeswehr im privaten Bereich übernehmen sollen.

(Beifall bei den Republikanern)

Meine Damen und Herren, nachdem auf weitere Wortmeldungen in der zweiten Runde verzichtet wurde, ist die Aktuelle Debatte beendet.

(Abg. Maurer SPD meldet sich zur Geschäftsord- nung.)

Bitte schön, Herr Abg. Maurer.

Ich möchte, Herr Präsident, zum Schluss der Debatte eine geschäftsordnungsmäßige Bitte an Sie richten. Wir haben uns in diesem Parlament darauf verständigt, dass Aktuelle Debatten im Weg der freien Rede geführt werden. Ich fände es gut, wenn Sie, Herr Präsident, darauf hinwirken könnten, dass auch der Ministerpräsident von Baden-Württemberg sich dem stellt, was jeder einfache Abgeordnete in diesem Parlament tun muss.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten des Bünd- nisses 90/Die Grünen – Unruhe bei der CDU)

Ich rufe Punkt 3 der Tagesordnung auf:

Vereidigung von Mitgliedern des Staatsgerichtshofs

Meine Damen und Herren Richter des Staatsgerichtshofs! Der Landtag hat Sie in seiner Sitzung vom 29. Juni 2000 gemäß Artikel 68 der Landesverfassung in Verbindung mit § 2 Abs. 3 des Gesetzes über den Staatsgerichtshof zu Mitgliedern und stellvertretenden Mitgliedern des Staatsgerichtshofs für das Land Baden-Württemberg gewählt bzw. wieder gewählt. Sie alle haben die Wahl angenommen.

Nach § 4 des Gesetzes über den Staatsgerichtshof haben die Mitglieder und ihre Stellvertreter vor Antritt ihres Amtes vor dem Landtag einen Eid zu leisten. Ich verlese den gesetzlich vorgeschriebenen Eid:

Ich schwöre, dass ich als gerechter Richter alle Zeit die Verfassung des Landes Baden-Württemberg getreulich wahren und meine richterlichen Pflichten gegenüber jedermann gewissenhaft erfüllen werde. So wahr mir Gott helfe.

Der Eid kann auch ohne religiöse Beteuerung geleistet werden.

Meine Damen und Herren, Sie haben die Eidesformel gehört. Ich darf Sie nun bitten, einzeln in der im Gesetz vorgegebenen Reihenfolge zu mir zu treten, die rechte Hand zu erheben und zu sprechen: „Ich schwöre es. So wahr mir Gott helfe.“

(Die Abgeordneten erheben sich.)

Herr Stilz.

Stilz: Ich schwöre es. So wahr mir Gott helfe.

Herr Dr. Kasper.

Dr. Kasper: Ich schwöre es. So wahr mir Gott helfe.

Herr Professor Dr. Mailänder.

Dr. Mailänder: Ich schwöre es. So wahr mir Gott helfe.

Herr Dr. Maus.

Dr. Maus: Ich schwöre es. So wahr mir Gott helfe.

Frau Stamm.

Sybille Stamm: Ich schwöre es.

Frau Kiesinger.

Adelheid Kiesinger: Ich schwöre es. So wahr mir Gott helfe.

Ich danke Ihnen, meine Damen und Herren, und spreche Ihnen im Namen des Landtags die besten Wünsche für Ihr hohes und verantwortungsvolles Richteramt aus.

(Die Abgeordneten nehmen ihre Plätze wieder ein.)

Meine Damen und Herren, ich rufe nun Punkt 4 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Katastrophales Management des Landes bei der Ausweisung von FFH- und Vogelschutzgebieten in Baden-Württemberg – beantragt von der Fraktion der SPD

Es gilt die übliche Redezeit: 50 Minuten Gesamtdauer ohne Anrechnung der Redezeit der Regierung, fünf Minuten für die einleitenden Äußerungen und fünf Minuten für die Redner in der zweiten Runde.

Ich darf die Mitglieder des Landesregierung bitten, sich ebenfalls an den vorgesehenen Redezeitrahmen zu halten. Schließlich darf ich auf § 60 Abs. 3 der Geschäftsordnung verweisen, wonach im Rahmen der Aktuellen Debatte die Aussprache in freier Rede zu führen ist.

(Abg. Birzele SPD: Von allen!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Dr. Caroli.

(Abg. Ingrid Blank CDU: Ein kleines Blatt Papier! – Abg. Hans-Michael Bender CDU: Spickzettel ist erlaubt!)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Was sich die Landesregierung bei der Umsetzung von „Natura 2000“ – ich gebrauche diesen Oberbegriff zur FFH- und Vogelschutzrichtlinie, weil ich diesbezüglich einige Versprecher gehört habe –

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: FdH, FKK, oder was?)

geleistet hat, geht auf keine Kuhhaut.

Meine Damen und Herren, es gab einen Zeitplan, den die EU vorgegeben hat, und dieser Zeitplan wurde schon von der letzten Bundesregierung, der CDU-Regierung, vollständig missachtet. Erst 1998 wurde die Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt, und dann hatte die Landesregierung Zeit, sich darum zu kümmern. Ich muss Ihnen sagen: Bei dem Zeitplan, den dann die Landesregierung aufgestellt hat, tun mir einige Personen Leid. Aber Sie, Frau Ministerin Staiblin, gehören ausnahmsweise nicht dazu.

(Heiterkeit des Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen)

Es tun mir diejenigen Leid – damit meine ich die ohnehin viel zu kleine Naturschutzverwaltung –, die unter erheblichem Zeitdruck diese Arbeit verrichten mussten und gar nicht in der Lage waren, dies in so kurzer Zeit völlig fehlerfrei zu tun.