leistungszentrum mit Anbindung an Ulm mehr oder weniger fraglich, weil unsere Freunde von den Grünen nicht in der Lage sind, sich zu einem eindeutigen positiven Urteil durchzuringen.
Im Moment haben wir einfach kein Verständnis dafür – anscheinend ist das in den letzten Jahren immer weniger bewusst geworden –, dass die Verkehrsinfrastruktur für uns, für unsere Wirtschaft Grundvoraussetzung und Basis für eine prosperierende Entwicklung ist.
Meine Damen und Herren, ich denke, in vielen Köpfen der Politiker, aber auch der Bevölkerung ist nicht mehr bewusst, dass wir erst durch die Beförderung von Gütern, durch Dienstleistungen und Personen Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsteiligkeit haben und, wie unlängst HansOlaf Henkel deutlich machte, 50 % des Bruttosozialprodukts der letzten 40 Jahre aufgrund eines kostengünstigen Verkehrsinfrastruktursystems zustande kamen.
Der Regierungsbezirk Tübingen hat unlängst in seinem Thesenpapier von Schussenried deutlich gemacht, dass der ländliche Raum von der weiteren Entwicklung des Landes abgehängt wird und es dringend notwendig ist, für die Verkehrsinfrastruktur wieder mehr zu tun.
Wir können mit den uns heute zugewiesenen Investitionsmitteln gerade einmal die Arbeiten an den Baustellen, die wir im Lande haben, bis zum Jahr 2002 fertig stellen. Uns ist es nicht mehr möglich, auch nur die kleinste Maßnahme in Angriff zu nehmen. Ich vertrete immer wieder die These, dass Straßenverkehr und Umgehungsstraßen auch Lebensqualität sind. Ich möchte an Hermaringen erinnern – schade, dass Frau Dr. Gräßle nicht da ist –, wo man seit 16 Jahren verzweifelt auf die Umgehungsstraße wartet.
Meine Damen und Herren, Verdichtung und Staugefahr werden immer größer. Die Dresdner Bank hat unlängst mit dem Wirtschaftsmagazin „Impulse“ eine Umfrage durchgeführt. 500 Unternehmen machten in ihrer Antwort deutlich, dass die Kosten für die Unternehmen wachsen, dass sie mehr und mehr den Verkehr als Wachstumsbremse einstufen und dass dies für uns alle in Zukunft ein doch beängstigendes Thema werden könnte. Die ökologischen und ökonomischen Beeinträchtigungen sind zudem erheblich. Der ADAC schätzt, dass allein im Raum Stuttgart 150 Millionen DM aufgrund der Staus verschwendet werden. Dies kann man sich leicht vorstellen: Die Handwerker oder die Unternehmen, die auf ihre Waren warten, haben selbstverständlich beträchtliche Ausfälle. Darüber hinaus kommt man auf eine Größenordnung von ungefähr 12 Milliarden DM für Diesel und Benzin, die wir heute durch Staus sinnlos in die Luft blasen. Das kann wirklich nicht der Sinn der Sache sein.
Insgesamt rechnet man mit 80 Milliarden DM Gesamtverlust für unsere Unternehmen. Insbesondere unsere Spediteure sind belastet, da sie mit hohen Lohn- und Lohnnebenkosten sowie hohen Auflagen zu kämpfen haben und nun neben der Ökosteuer auch noch Kilometermaut zu bezahlen haben. Es ist zu gewärtigen, dass wir vermehrt Billigkonkurrenz aus anderen europäischen Ländern bekommen werden, die nicht unbedingt den gleichen Standard wie unsere Lkws haben.
Der Transportbedarf wird in den nächsten Jahren noch erheblich steigen. Wie Sie wissen, wird sich durch Internet und neue globalisierte, internationalisierte Angebots- und Nachfragemärkte der Transport erheblich ausweiten. Aus diesen Gründen müssen wir uns umgehend und schnellstens auf ein gemeinsames adäquates Konzept einigen, um die Zukunft zu sichern. Die Produktionsvorleistung beträgt immerhin 47 %, und wir dürfen die Wirtschaft hier nicht im Regen stehen lassen.
Meine Damen und Herren, die rot-grüne Philosophie ist ja, mehr Güter von der Straße auf die Schiene zu bringen. Leider liegt uns dazu noch kein umfassendes Konzept der Koalition vor. Es müsste für Rot-Grün doch immerhin möglich sein, einen Gesamtplan vorzulegen, wonach zumindest mit moderner Telematik die Kapazität der Schiene verbessert werden kann.
Das wird zwar keine große Abhilfe schaffen, aber wir müssen doch versuchen, zumindest Teile zu verbessern, um nicht nur über Themen zu reden, sondern tatsächlich zumindest eine Kapazitätserhöhung von ca. 40 % zu erreichen.
Im Moment werden die Güter, die auf der Schiene transportiert werden, mit 18 km/h befördert. Dies ist für unsere moderne Industrie einfach keine Alternative. Wenn man dieses Thema ernst nimmt, wäre es vernünftig, separat moderne Gütertrassen zu bauen, um vermehrt massiv Güter auf die Schiene verlagern zu können.
Die rot-grüne Regierung, die ja sehr gerne an runden Tischen sitzt, sollte vielleicht zu diesem Behufe DB Cargo, die Speditionen und alle Beteiligten zu diesem Thema einladen, um langfristig Lösungen zu finden. Wie mir bekannt ist, wären die Großspeditionen sehr wohl bereit, miteinander ein Gesamtkonzept zu erarbeiten, um ihre Güter über längere Strecken auf der Schiene zu transportieren. Im Moment wird aber von der DB Cargo keinerlei Zugeständnis gemacht. Die Trassenpreise sind außerordentlich hoch, die Zeitfenster zur Beförderung sind schlecht, und es ist nicht abzusehen, wann sich DB Cargo konstruktiver mit dem Problem auseinander setzt.
Zum letzten Punkt, bevor wir in die zweite Runde gehen: Stuttgart 21. Es ist erfreulich, dass sich die SPD inzwischen massiv hinter Stuttgart 21 stellt. Herr Brechtken ist ja Vorreiter; das muss man wirklich lobend erwähnen.
Aber es kann nicht sein, dass man eine moderne Stadt des 21. Jahrhunderts, wie sich Stuttgart darstellen und entwickeln soll, mit einer Drehscheibe gerade auch für den öffentlichen Personennahverkehr, für Flugverkehr, für den ICE nach Wendlingen und Ulm, mit kleinlichen Überlegungen torpediert. Es geht um ein liebenswertes, modernes Baden-Württemberg, das auch in Zukunft im internationalen Standard mithalten kann, und darum, dass Baden-Württemberg im Vergleich zu den anderen Ländern führend bleibt.
Frau Abg. Fauser, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Brechtken? – Bitte schön, Herr Abg. Brechtken.
Frau Kollegin, nachdem Sie mich gerade bezüglich Stuttgart 21 gelobt haben, darf ich einmal die Frage an Sie stellen: Ist Ihnen bekannt, dass möglicherweise durch den bevorstehenden Beschluss des Gemeinderats, die Stellplatzverpflichtungen in Stuttgart deutlich zurückzuführen, den auch Ihre Partei mitträgt, Neubaustrecken im Nahbereich für die Stuttgarter Stadtbahn im Hinblick auf die neue Kostenrelation gefährdet sind?
Herr Brechtken, so eng sind meine Kontakte zur Stadtratsfraktion in Stuttgart nicht. Ich werde das aber gerne überprüfen und Ihnen dann eine schriftliche Antwort zukommen lassen.
(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Herrmann CDU: Wie ein Staatssekretär! – Gegenruf des Abg. Brechtken SPD: Aber sie muss es selber machen! Staatssekretäre kriegen es geschrieben!)
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Brechtken, Stuttgart 21 wird, wenn überhaupt, was wir alle nicht hoffen, vermutlich nicht wegen der Stellplatzverordnung scheitern, sondern deshalb, weil Bund und DB AG nicht schnellstmöglich den Beschluss herbeiführen, die Finanzierung zu sichern.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur und Mobilität gehören zu den wichtigsten Voraussetzungen für die Attraktivität und Stärke eines Wirtschaftsstandorts wie Baden-Württemberg. Wenn man die Umfrage des Wirtschaftsministeriums bei Wirtschaftsunternehmen genau betrachtet, dann wird man feststellen, dass das drittwichtigste Kriterium für die Standortwahl die Verkehrsinfrastruktur und die Verkehrsanbindung sind.
Es ist bereits angeklungen: Wir werden in Zukunft vor allem auf der Straße weiterhin ein zunehmendes Güterverkehrsaufkommen haben. Dies liegt vor allem daran, dass
wir in sehr engen wirtschaftlichen Verflechtungen stehen und dass wir vor allem auch über den elektronischen Handel über das Internet ganz neue logistische Warenströme und Dienstleistungsströme bekommen, die dazu führen werden, dass es mehr Verkehr gibt.
Neue, intelligente Logistikkonzepte sind deshalb gefragt, Logistikkonzepte mit den Zielen einer besseren Auslastung und Optimierung der Transportkapazitäten, das heißt weniger Leerfahrten, einer höheren Effizienz der Transportabläufe, einer besseren Abstimmung und Kombinierbarkeit der unterschiedlichen Verkehrsträger sowie dem Einsatz neuer Verkehrssteuerungsinstrumente wie der Verkehrstelematik.
Für die Realisierung moderner Logistikkonzepte benötigt man aber auch eine leistungsfähige Infrastruktur, und deshalb möchte ich zur Situation des Straßenbaus in BadenWürttemberg schon ein paar Anmerkungen machen, vor allem was den Bundesfernstraßenbau angeht. 50 % aller baureifen, jedoch nicht finanzierten Projekte im Bundesfernstraßenbau befinden sich in Baden-Württemberg, und das zeigt einfach, wie groß der Nachholbedarf ist und dass die rot-grüne Bundesregierung weiterhin gefordert ist, mehr zu tun als in der Vergangenheit.
Um alle im Bau befindlichen, planfestgestellten und im Planfeststellungsverfahren befindlichen Projekte umsetzen zu können, benötigen wir in Baden-Württemberg Bundesmittel in einer Größenordnung von 5,4 Milliarden DM.
Im laufenden Investitionsprogramm des Bundes für die Jahre 1999 bis 2002 sind gerade mal Mittel in einer Größenordnung von 1,03 Milliarden DM enthalten. Das heißt, der Anteil Baden-Württembergs nach dem gültigen Bedarfsplan beträgt 11,3 %, der derzeitige Finanzierungsanteil jedoch nur 5,9 %. Dies ist eine klare Benachteiligung des Landes durch die rot-grüne Bundesregierung.
Der Bund ist gefordert, die Mittel weiter zu erhöhen, um den sich abzeichnenden Verkehrsnotstand im Land abzuwenden. Wir haben in diesem Jahr eine Zuweisungsrate von 225 Millionen DM erhalten; wir werden 2001 nach dem heutigen Stand 218 Millionen DM und 2002 200 Millionen DM erhalten. Ich verkenne nicht, dass die Mittel etwas angehoben wurden; sie liegen aber noch deutlich unter dem Ansatz des Jahres 2000.
Um den Investitionsstau in Baden-Württemberg zu beheben, benötigen wir jährlich 600 Millionen DM. Würden wir wieder dort hinkommen, wo wir Anfang der Neunzigerjahre waren – die Vergleichszahl 1990: insgesamt 535 Millionen DM –, dann wäre dies ein deutliches Zeichen.
Denn Geld ist ja genügend vorhanden. Woher kommt das Geld? Es kommt vor allem aus dem Aufkommen der Ökosteuer und der Erhöhung der Mineralölsteuer. Die Mineral
ölsteuer wird in fünf Stufen um insgesamt 30 Pfennig pro Liter Benzin erhöht. Beim Autofahrer wird abkassiert, ohne dass er eine entsprechende Gegenleistung in Form leistungsfähiger Straßen bekommt.
Um es klar zu sagen: Mit der Ökosteuer zahlen die Autofahrer für die Jahre 1999 bis 2003 zusätzlich 58,5 Milliarden DM an Mineralölsteuer plus noch einmal über 10 Milliarden DM an Mehrwertsteuer, zusammen also 69 Milliarden DM. Im letzten Jahr der CDU/CSU-Regierung 1998
aus der Mineralölsteuer rund 60,4 Milliarden DM. RotGrün bewirkt also in nur fünf Jahren eine Verdopplung des Mineralölsteueraufkommens.