Unabhängig davon, wer in diesem Land die Regierung stellt, muss es, glaube ich, unser aller Selbstverständnis sein, dass wir als Gesetzgeber gemeinsam mit der Regierung und den beteiligten Unternehmen in dieser Einführungsphase geeignete Instrumentarien entwickeln, die einerseits der Regierung beim Haushaltsvollzug die nötigen Spielräume sowie die nötigen Effizienz- und Leistungssteigerungen ermöglichen, die andererseits aber auch das Königsrecht des Parlaments, nämlich die Aufstellung des Haushalts und die Kontrolle des Haushaltsvollzugs, nicht beeinträchtigen. Das muss uns ein gemeinsames Anliegen
sein. Denn machen wir uns nichts vor: Der Haushalt ist in Zahlen gegossene Politik. Wenn wir keine entsprechenden Kontrollmöglichkeiten mehr hätten, würden uns unsere Rechte, ja Pflichten als Parlamentarier aus der Hand genommen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein wesentliches Instrument ist dabei die Erstellung von Zielvereinbarungen. Das ist etwas Neues. Es wird eben nicht nur damit getan sein, dass man Haushaltsansätze präsentiert – auch das wird es in Zukunft noch geben –, sondern die Mitwirkung bei den Zielvereinbarungen wird ein ganz wesentlicher Beitrag sein. Als Zweites stellt sich dann die Frage, welche Kennziffern für uns als Parlament bei der Kontrolle und beim Vollzug letzten Endes interessant sind.
Daher unser Vorschlag, einen parlamentarischen Beirat einzurichten, der die Einführung der Neuen Steuerungsinstrumente zunächst einmal begleitet und dabei die eigenen Vorstellungen des Landtags nicht nur in die Diskussion einwirft, sondern auch als Richtschnur einbringt, sodass wir gemeinsam mit diesen Neuen Steuerungsinstrumenten leben und vor allem auch eine effiziente Politik gestalten können.
Wir waren dagegen, für diese Aufgabe einen Unterausschuss des Finanzausschusses zu bilden, weil wir die Debatte darüber für zu wichtig halten, weil auch der Bruch zu groß ist. Wegen der hohen Bedeutung haben wir hierfür einen eigenständigen parlamentarischen Beirat vorgeschlagen.
Wir stellen uns vor, dessen Stellung ähnlich zu handhaben – wir sollten einmal bei den nächsten Besprechungen darüber reden und einen entsprechenden Vorschlag im Landtag einbringen – wie bei einer Enquetekommission oder einem Untersuchungsausschuss, um nach außen klar zu dokumentieren, dass der Beirat ein eigenständiges Gewicht hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn ich es richtig sehe, herrscht zwischen den Fraktionen hierüber große Einigkeit. Wir haben uns auch schon auf die entsprechende Zahl von Mitgliedern verständigt. Wir entsenden aus allen Bereichen der Fraktionen und des Berufstums, wenn man so will, qualifizierte Mitglieder in diesen Beirat, der in den sechs bis sieben Sitzungen, die jährlich stattfinden sollen, die Einführung dieser Neuen Steuerungsinstrumente begleitet.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wir danken dem Finanzminister für den Vorschlag, diesen parlamentarischen Beirat NSI oder „Neue Steuerungsinstrumente“ einzurichten. Die Diskussion über Neue Steuerungsinstrumente ist in der Vergangenheit sehr lebhaft geführt worden. Wir haben ja auch die Stabsstelle für Verwaltungsreform und auch die zugehörige Schriftenreihe. Dabei muss man bemerken, dass bei dieser Schriftenreihe vor allem die Hefte 20 und 21 – 20 zu Controlling
Dazu kommt noch, dass der Finanzminister in Form des Internets Einblicke in die NSI gewährt. Es gibt also „NSIEinBlick“-Nachrichten. Ich finde es besonders gut, dass die Mitarbeiter im Land über den Computer nun Zugang zu entsprechenden Informationen haben.
Die Forderung nach einem Beirat ist Ausfluss der Debatte im Finanzausschuss während der Haushaltsberatungen. Es stimmt, was hier gesagt worden ist: Wenn sich diese Methoden wandeln, hat das auch Folgen für das Handeln. Deswegen müssen wir kritisch begleiten, inwieweit sich die Neuen Steuerungsinstrumente auf die Arbeit des Parlaments und insbesondere des Finanzausschusses auswirken. Denn das Haushaltsrecht ist, wie schon gesagt wurde, das Königsrecht des Parlaments. Aus dieser Krone soll meines Erachtens auch kein Zacken herausgebrochen werden. Deshalb müssen wir als Parlament die Situation beobachten und gegebenenfalls auch eingreifend steuern.
Dass die Neuen Steuerungsinstrumente mit einem schwierigen Prozess verbunden sind, zeigt uns die Schlagzeile des „Handelsblatts“ vom 17. Mai: „Beamte gegen Berater“, wobei man bei der Firma debis gar nicht damit zufrieden war, wie die Beamten des Landes auf die Gespräche zu den Neuen Steuerungsinstrumenten reagierten. Da gibt es schon einmal den Satz: „Die Hand-outs vom letzten Meeting des Benefits Case liegen im Backoffice“ von Beratern. Es hieß, dass Beamte angeblich nach einem Dolmetscher riefen. Mir ist jetzt auch klar, warum Frau Schavan Englisch schon in der Grundschule einführen will: damit unsere Beamten das verstehen.
Die Landespolitik ist im Moment durch die Debatte über Leitbilder geprägt, was auch gut ist. Das Haushaltsrecht hat sich verändert – das wurde auch von Kollegen schon gesagt –, zum Beispiel durch die dezentrale Budgetverantwortung, das Wirtschaftlichkeitsgebot und mehr Flexibiliät im Haushalt selbst.
Einer der wesentlichen Punkte der NSI ist die Gestaltung von Zielen, also Zielvereinbarungen. Dies ist wohl der Hauptpunkt, wo das Parlament nicht außen vor sein kann. Zielvereinbarungen gelten nicht nur innerhalb der Verwaltung, also zum Beispiel vom Ministerium mit den entsprechenden Einrichtungen und Ämtern, sondern Zielvereinbarungen kann auch das Parlament mit der Regierung treffen. Ich erinnere nur daran, dass dies zum Beispiel im Kanton Wallis in der Schweiz gemacht wird und dass dies auch Kommunen beabsichtigen, etwa Mannheim, indem zum Beispiel auch die Fachausschüsse der Gemeinderäte Zielvereinbarungen mit der Verwaltung abschließen. Das bedeutet auch, dass wir als Parlament darüber bestimmen müssen, was zum Beispiel mit der Effizienzrendite passiert, also mit dem Geld, das man aufgrund der Neuen Steuerungsinstrumente einspart.
Ich will aber noch eines sagen: Neue Steuerungsinstrumente sind kein Ersatz für Politik. Es gibt einige Aufgabenfelder, die begleitend ausgeführt werden müssen. Ich erinnere daran, dass wir immer noch darauf warten, dass verschie
dene Verwaltungsebenen eingedampft werden. Die Regierungspräsidien oder die Landkreise sind zum Beispiel überflüssig. Wir brauchen verstärkt Normenrückbau, weil Gesetze in der Ausführung Geld kosten. Wir brauchen aber auch stärker den betriebswirtschaftlichen Ansatz. Es kann nicht angehen, dass zum Beispiel bei der Polizei Geräte im IuK-Bereich angeschafft werden, also Computer, aber verschiedene Generationen von Hardware und von Software schwer kompatibel nebeneinander stehen. Das ist ein Unding und hat nichts mit Sparsamkeit zu tun, sondern mit einer falschen Entscheidung. Solche Systeme müssen geschlossen eingeführt werden, damit sie handhabbar sind. Man sieht ja, welche Schwierigkeiten gerade im Bereich der Polizei eine solche Denkweise hat. Also heißt es, betriebswirtschaftlich zu denken.
Ich muss auch dem Finanzministerium sagen: Es ist nicht so, dass als Grundsatz für NSI gilt, dass nur gespart werden soll, sondern wir müssen stärker das Minimax-Prinzip berücksichtigen, das mit einem bestimmten Einsatz von Geld einen höchstmöglichen Erfolg erzielen will oder einen bestimmten Erfolg mit dem niedrigsten Einsatz von Geld. Ich glaube, dies wurde in der Vergangenheit in der Verwaltung nicht konsequent berücksichtigt.
Jetzt vielleicht doch noch zur Fragestellung: Was soll dieser Beirat tun? Wir ringen im Moment um den Status. Ich bin froh und dankbar, dass mein Vorredner zum Charakter des Beirats gesagt hat, dieser solle eher eine Enquetekommission und nicht so arg ein Ausschuss sein...
... – danke schön – mit einem Status zum Beispiel eines kleinen Parlaments. Deswegen fragen wir übrigens hier auch nach der Rolle des Rechnungshofs. Der Rechnungshof hat ja auch einen besonderen Status im Finanzausschuss. Ich denke, es wäre gut, wenn auch diesem Beirat der Rechnungshof beigestellt wäre.
Im Übrigen wissen wir nicht, wie lange wir diesen Beirat brauchen. Das muss man hier sagen. Wenn sich die Neuen Steuerungsinstrumente etablieren sollten, also auch im Parlament, wird irgendwann einmal dieser Beirat überflüssig werden, und wir werden seine Arbeit selbst als Finanzausschuss und als Plenum entsprechend erledigen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Eine moderne Verwaltung wollen die Bürgerinnen und Bürger, wollen wir, alle Fraktionen im Landtag, und will die Landesregierung. Das wurde in der Haushaltsdebatte und schon bei der Umsetzung in den einzelnen Schritten, die das Finanzministerium unternommen hat, deutlich. Wir wollen die Verwaltungsreform konsequent angehen und umsetzen. Das ist ein sehr, sehr ehrgeiziges Ziel, das sich Baden-Württemberg gesetzt hat. Wenn ich an die Dreijah
resfrist denke, die für die Umsetzung angedacht ist, halte ich das schon für ehrgeizig und für einen sehr mutigen Schritt. Wir von den Grünen sind dazu bereit, die Regierung da zu unterstützen, und wir werden alles dafür tun, dass wir dieses Ziel auch erreichen.
Vieles Richtige ist schon gesagt worden. Ich will das nicht wiederholen. Ich will aber auf ein Problem hinweisen, das bei der Einführung der Neuen Steuerungsinstrumente auftaucht und das ich für das wesentliche halte. Sehr viel dieser Neuen Steuerungsinstrumente liegt im operativen Geschäft der Regierung, wird vom Finanzministerium verwaltet und muss dort angegangen werden. Aber es gibt eine Grauzone zwischen dem, was Parlamentsrechte sind, und dem, was operatives Geschäft ist. Nur mit einem offenen Dialog zwischen Regierung und Parlament erreichen wir, die Rechte des Parlaments nicht zu untergraben und gleichzeitig der Regierung tatsächlich das operative Geschäft zu überlassen. Ich halte das für sehr schwierig in diesem Bereich.
Kollege Seltenreich hat zum Beispiel das Thema Zielvereinbarungen erwähnt. Schon dort fängt es an. Wir können zwar Ziele vereinbaren, aber mit wem? Für die Verwaltung kann das Parlament keine Ziele vereinbaren, sondern Ziele kann das Parlament mit der Regierung vereinbaren. Das ist aber nicht unsere Sache. Das Parlament muss da selbstbewusster sein. Wir geben politische Richtungen vor und haben keine Vereinbarung mit der Regierung. Uns als Oppositionspartei würde es besonders schwer fallen, Vereinbarungen mit der Regierung zu treffen und Wege für die Umsetzung zu finden. Hier sehe ich Grauzonen, die schwierig sind und die auch in den Parlamenten, die das schon machen, sehr schwierig zu handhaben sind. Deshalb ist dieser parlamentarische Beirat mit Sicherheit das richtige Instrument, um diese Probleme zu diskutieren.
Wir haben zweitens ein Problem, das ich noch ansprechen möchte. Ich meine das Wesen der Verwaltung, sich lieber selber zu organisieren und das Parlament weniger zurate zu ziehen. Der alte Spruch „Abgeordnete kommen und gehen, die Verwaltung bleibt bestehen“ zeigt, dass die Verwaltung eher die Tendenz hat, sich fern zu halten
von Parlament und Politik. Wenn aber die Verwaltung umgekrempelt werden soll, muss darauf geschaut werden, dass das Parlament tatsächlich aktiv einbezogen ist und nicht die Tendenz der Verwaltung durchkommt. Es treffen nämlich zwei Welten aufeinander: die Verwaltung, die ihren althergebrachten Gang hat, und eine Welt, die Modernität ausstrahlt. Wenn ich mir vorstelle, dass das debis-Systemhaus beauftragt ist, gibt es sicher Reibungspunkte bei den Grundhaltungen. Ich habe die Erfahrung, dass bei solchen Reibungspunkten schnell die Fraktionen angeschrieben werden: „Hier werden unsere Verhaltensweisen verändert; das ist schlecht.“ Und wir müssen dann entscheiden, ob ein Bremserargument an uns herangetragen wird oder ein Sachargument, das ernst zu nehmen ist. Ich glaube, dass wir, wenn wir in diesem parlamentarischen Beirat im ständigen Dialog stehen, die Bremserargumente von den
Sachargumenten tatsächlich unterscheiden können. Dann ersparen wir dem Landtag Diskussionen über Scheinargumente,
die sich im Grunde nur als das Klammern an alte Strukturen erweisen. Das erwarte ich mir von diesem parlamentarischen Beirat. Ich finde es gut, dass es eine kleinere Gruppe wird und wir das Geschäft nicht dem Finanzausschuss aufbürden, der mit dem Haushalt und den anderen Pflichten schon genug zu tun hat, sondern das auslagern und ein eigenes schlagkräftiges System schaffen, das nach der Überführungsphase, wenn die ganzen Neuen Steuerungsinstrumente installiert sind, auch hoffentlich bald wieder abgeschafft werden kann.
Meine Damen und Herren, ich hoffe, wir werden in diesem parlamentarischen Beirat gut zusammenarbeiten und schnell zu guten Erfolgen kommen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Einführung Neuer Steuerungsinstrumente ist ein ganz wesentlicher Schritt zur Modernisierung der Landesverwaltung. Ziel ist es, notwendige Leistungen des Landes sowohl besser als auch kostengünstiger erbringen zu können. Dabei geht es nicht nur um Effizienzsteigerung als Beitrag zur Haushaltskonsolidierung, sondern gleichermaßen auch um fundierte Informationen, wie mit vorhandenen, bestehenden Ressourcen die zu erbringenden Leistungen quantitativ und qualitativ verbessert werden können.
Dieser Gesichtspunkt zeigt schon, dass die politischen Gestaltungsmöglichkeiten des Landtags durch die Einführung Neuer Steuerungsinstrumente nicht eingeschränkt, sondern eher größer werden; denn für unseren Diskussions- und Entscheidungsprozess werden in Zukunft deutlich verbesserte Informationen über steuerungsrelevante Kennzahlen zur Verfügung stehen. Welche Kennzahlen das sind, in welcher Form, in welchem Detaillierungsgrad und wie häufig sie dem Landtag dann letztendlich zur Verfügung stehen, Frau Erdrich-Sommer, dies alles abzuklären wird Aufgabe des parlamentarischen Beirats sein, den wir heute bestellen.
Die mit der Einführung der Neuen Steuerungsinstrumente verbundene Ausdünnung der Titelstruktur der einzelnen Haushaltskapitel ist nur theoretisch ein Verlust für das Parlament. Wer hat sich denn schon einmal real dafür interessiert, meine Damen und Herren Kolleginnen und Kollegen, ob zum Beispiel bei der Landesanstalt für Pflanzenzucht 11 000 DM für Bücher, 11 700 DM für Gerätebeschaffungen und 7 500 DM für den allgemeinen Geschäftsbedarf ausgegeben werden durften?
Dieser also wirklich nur theoretische Verlust an Steuerungsmöglichkeiten wird durch qualitativ deutlich verbesserte Informationen mehr als ausgeglichen. Erfahrungen darüber, wie dieser Informationsprozess zwischen Regierung und Parlament am besten zu organisieren ist, liegen allerdings bislang noch nicht vor. Wir werden insofern schrittweise vorgehen, uns an eigenen Erfahrungen orientieren und daraus eben lernen müssen. Das ist ein Reformdialog, mit dem Regierung und Parlament gleichermaßen Neuland betreten. Auch hier kommt dem Beirat eine ganz wichtige Funktion zu, denn er wird in diesem Dialog zwischen Regierung und Parlament eine ganz wesentliche, ja entscheidende Rolle zu spielen haben.
Die große Bedeutung der Einführung Neuer Steuerungsinstrumente ist unter uns allen unstrittig. Die damit verbundene Modernisierung der Landesverwaltung ist auch für die Kunden der Verwaltung, für die Bürger und für die Wirtschaft unseres Landes, von erheblicher Bedeutung. Nicht zuletzt erwarten wir ein erhebliches Effizienzpotenzial für den Haushalt, das stärker und rascher, als in der Refinanzierungsrechnung für die Projektkosten unterstellt wird, einen nachhaltigen Beitrag zur Entlastung des Haushalts erbringen muss.
Lassen Sie mich zum Schluss noch auf das Horvath-Gutachten kommen. Die Zahlen dieses Gutachtens, die übrigens auch vom Finanzministerium als realistisch angesehen werden, stellen unsere Messlatte dar. Im Endausbau geht es um Bruttoeinsparungen von über 700 Millionen DM, die im Wesentlichen durch einen Stellenabbau von über 6 000 Stellen zu erbringen sind. Das ist, meine Damen und Herren, keine Verheißung für morgen, sondern eine Aufgabe für die vor uns liegende Dekade. Aber sie muss entschlossen angepackt werden. Lassen Sie uns sie anpacken.