Protocol of the Session on April 13, 2000

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Aber eins und eins ist nicht identisch!)

Wenn Sie alles schön aufschreiben und dann vortragen, kommen Sie auch darauf. Sie werden sich auch an die Gesetze der Logik halten müssen.

(Minister Dr. Schäuble)

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Sie haben doch selber gerade gesagt, dass die Deut- schen nicht dazu bereit sind! – Abg. Deuschle REP: Aber warum sind sie nicht bereit? – Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Weil sie über- qualifiziert sind!)

Ich will es noch einmal sagen und für Anfänger einfach ganz langsam wiederholen.

(Heiterkeit)

Wenn Sie erkennen müssen, dass wir über vier Millionen Arbeitslose haben, dann muss mindestens ein erhebliches Potenzial dieser Arbeitsplätze, die im Augenblick von niemandem besetzt sind, worüber das Handwerk und die Gastronomie so jammern, mit Arbeitslosen aus diesen vier Millionen besetzt werden können.

(Abg. Deuschle REP: Eben! – Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Es muss aber auch zu- mutbar sein!)

Wenn Sie so weit sind, dann unterstellen Sie in dem Augenblick, in dem Sie sagen: „Die Einheimischen machen das nicht mehr“, den vier Millionen Arbeitslosen Arbeitsunwilligkeit und nichts anderes.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Nein, falsche Qualifikation!)

Anders geht es nicht zusammen.

Da kommt der nächste Punkt.

(Abg. Jacobi Bündnis 90/Die Grünen: Was soll jetzt das?)

Entschuldigung, Herr Jacobi. Lautstärke ersetzt nicht die Kraft der Argumente.

(Abg. Jacobi Bündnis 90/Die Grünen: Sage ich ja gar nicht!)

Wenn Sie so weit sind, dann müssen Sie auch zum Ergebnis kommen – und da finde ich mich in dem wieder, was der Kollege Hofer für die FDP/DVP gesagt hat –, dass wir Ausländerpolitik und Arbeitsmarktpolitik stärker verzahnen müssen. Denn wir werden nicht umhinkommen – wenn der Befund so richtig ist, wie ich sage, und Sie unterstellen ihn ja –, uns darüber zu unterhalten, aber dann auch handeln müssen, die Zumutbarkeitsschwelle für die vier Millionen Arbeitslosen jedenfalls ganz erheblich herunterzufahren. Denn sonst wird das ja zur Endlosspirale.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Nun sage ich an die Adresse von Rot-Grün: Es ist eben schon auffallend, dass diejenigen, die immer einem verstärkten Zuzug das Wort reden, nicht bereit sind, die Zumutbarkeitsschwelle in erheblichem Umfang herunterzufahren.

(Beifall bei der CDU)

Das ist der große Widerspruch in Ihrer Politik, und der wird ins Verhängnis führen.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Innenminister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Brinkmann?

Sie wissen, Herr Präsident, dass ich fast immer jede Zwischenfrage zugelassen habe. Aber Herr Kollege Brinkmann muss wegen dieses unsäglichen Vergleichs heute ganz bescheiden auf seinem Platz sitzen bleiben.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU – Abg. Brink- mann SPD: Offensichtlich war der Vergleich sehr zutreffend!)

Wenn Sie sich bewähren, dürfen Sie beim nächsten Mal wieder eine Zwischenfrage stellen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Brinkmann SPD: Die Zumutbarkeitsschwelle hat doch mit dem Problem nichts zu tun, sondern es geht um die Qualifikation der Mitarbeiter! – Unruhe)

Es war eine ganz milde Strafe, die ich Ihnen gegenüber heute ausgesprochen habe.

(Abg. Brinkmann SPD: Aber dann reden Sie doch zum Thema und nicht über die Zumutbarkeits- schwelle!)

Wie gesagt: Wenn Sie sich bewähren, dürfen Sie in der nächsten Runde wieder eine Frage stellen.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Das war ja jetzt eine souveräne Reaktion!)

Sehen Sie, Herr Kollege Salomon, Sie lernen noch dazu.

Nun kommt der Punkt, der für die weitere Behandlung auch der relativ wenigen Bosnier, die noch bei uns sind, wichtig ist. Ich bin bereit, bei engen Ausnahmefällen, wie wir es auch in den letzten Jahren getan haben – sonst hätten wir diese 2 500 auf dem Arbeitsmarkt nicht –, weiterhin zu helfen. Ich füge aber hinzu, Herr Kollege Hofer, dass wir, jedenfalls bei einer Vielzahl dieser Menschen, bei denen wir, beinahe wie bei Kettenarbeitsverträgen, ein ums andere Mal die Duldung verlängert haben, einmal einen Schnitt machen und sagen sollten: Wenn es solche engen Ausnahmefälle sind – die Zahl muss überschaubar bleiben –, sollten wir davon abkommen, immer nur weiter zu verlängern. Dann sollten wir ihnen einen sicheren Status geben.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Dann werden Sie auf dem Arbeitsmarkt allerdings auch die Folge erleben, die ich vorhin beschrieben habe.

Ich füge aber noch einmal hinzu, damit der Beifall nicht gleich zu Standing Ovations wird:

(Zuruf der Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP)

Es müssen eng umgrenzte Ausnahmefälle sein, zum Beispiel – sie gibt es ja als Einzelfälle – bei hoch qualifizierten Leuten. Ein anderes Beispiel, das allerdings nicht zu einem Daueraufenthaltsrecht führen sollte: Mir wird jetzt vom Kollegen Kiefl vorgetragen: Nach dem schlimmen Orkan Lothar brauchen wir nicht nur dringend Waldarbeiter, son

(Minister Dr. Schäuble)

dern wir brauchen auch – da scheint es auch einen erheblichen Mangel zu geben – Fahrer für Langholzwagen. Auch dafür sind zum Beispiel Bosnier jetzt nachgefragt. Da ist es meines Erachtens eine Selbstverständlichkeit, dass wir, in dieser Notzeit jedenfalls,

(Beifall des Abg. Kiel FDP/DVP)

auch das Aufenthaltsrecht jetzt noch einmal großzügig erweitern.

Ich füge aber auch hinzu – Kollege Döring hat darauf völlig zu Recht hingewiesen –: Ich stehe in permanentem Kontakt mit der Arbeitsverwaltung, mit dem Landesarbeitsamt. Das Landesarbeitsamt ist entgegen dem, was dieses Wort besagt, eine Bundesbehörde. Wir sind darauf angewiesen, dass auch das Landesarbeitsamt, die gesamte Arbeitsverwaltung die Dinge – so, wie wir es tun – flexibler angeht. Andernfalls schaffen wir es allein nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP)

Denn ich muss darauf hinweisen: Sie überfordern ein Ausländeramt. Ein Ausländeramt, das einen Ausländer vor sich hat, der über einen rechtskräftigen Ausreisebescheid und umgekehrt über keine Arbeitserlaubnis verfügt, kann gar nicht anders handeln, als ihn auszuweisen. Deshalb sind wir hier auch auf eine flexible Vorgehensweise der Arbeitsverwaltung, die sich allerdings auf eng umrissene Einzelfälle beschränken sollte, angewiesen.

(Abg. Deuschle REP: Für die Oberbürgermeister vielleicht!)

Jetzt noch ein paar Worte zum Kosovo. – Nein, ich sage es mit einem Wort: Haben Sie während Ihrer Zugehörigkeit zum Landtag noch nicht begriffen, dass die Regierungspräsidien dem Innenministerium unterstehen?

(Abg. Deuschle REP: Also, dann sagen Sie hier et- was im Landtag!)

Wenn die Regierungspräsidien, wie Sie selbst gesagt haben, die Oberbürgermeister auf die Rechtslage aufmerksam gemacht haben, handeln die Regierungspräsidien für uns, und dieses Handeln wird uns zugerechnet.

(Abg. Deuschle REP: Ja, also!)

Damit ist die Sache aus unserer Sicht auf den Weg gebracht. Das sollten Sie, nachdem Sie so viele Jahre im Landtag von Baden-Württemberg sind,

(Abg. Brechtken SPD: Viel zu lange! – Zuruf des Abg. Deuschle REP)