Nachdem Sie sich beim Umgang mit den bosnischen Bürgerkriegsflüchtlingen, die aus wirtschaftlichen Gründen hier bleiben sollen, weil sie gebraucht würden, für ein Moratorium bis zur nächsten Innenministerkonferenz einsetzen:
Können Sie uns Auskunft geben, wie sich das Land BadenWürttemberg bei der nächsten Innenministerkonferenz hierzu verhalten wird?
Um das einmal klarzustellen: Ich bin sehr erstaunt darüber, dass über Beratungen des Wirtschaftsausschusses, die nach meinem Kenntnisstand nicht öffentlich sind, Pressemitteilungen erscheinen.
(Abg. Fleischer CDU: Unglaublich! Und dann noch falsch! – Abg. Deuschle REP: Und dann auch noch falsch!)
Die einen verkünden Einzelheiten über ein Moratorium, die Grünen äußern sich über Stella – das sind interessante Vorgänge dazu, wie Sie mit den Ausschussberatungen umgehen.
(Abg. Brinkmann SPD: Das kann man nicht ver- gleichen! Das war keine Finanzhilfesache! – Abg. Birzele SPD: Aus dem Ausschuss kann selbstver- ständlich berichtet werden, nur nicht unter Na- mensnennung! Wo sind wir denn? Die Ergebnisse sind doch nicht geheim!)
Ich habe auf dieses Moratorium hingewiesen; ich habe auch auf die Beschlüsse des Petitionsausschusses und des Deutschen Bundestags hingewiesen. Ich habe meine Meinung dazu vertreten, aber ich habe überhaupt keinen Antrag gestellt. Das habe ich im Wirtschaftsausschuss auch gar nicht zu machen. Meine Meinung ist völlig klar, aber ich bin im Ausschuss nicht antragsberechtigt, und das wissen Sie.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Debatte hat einmal mehr gezeigt, dass es der CDU immer mehr an Sensibilität mangelt, einmal in die Wirtschaft hineinzuhören.
(Abg. Deuschle REP: Das sagen gerade Sie! – Abg. Roland Schmid CDU: Jetzt spricht der Blinde von der Farbe!)
Wenn Herr Haasis sich hier hinstellt und so tut, als wäre das Problem des Facharbeitermangels nur mit deutschen Kräften zu lösen, dann frage ich mich, was wir eigentlich für eine Diskussion haben.
Der zweite Punkt: Man sollte das Thema Greencards nicht mit dem Facharbeitermangel verwechseln. „Greencard für Handwerker“ ist das Schlagwort, das Ihr Fraktionsvorsitzender in die Welt gesetzt hat.
Lassen Sie mich zu den Schlüssen kommen, die wir ziehen müssen. Zunächst war es interessant zu hören, dass es ein Moratorium geben soll. Dann erwarte ich aber auch, Herr Wirtschaftsminister Döring, dass Sie sich bei Ihrem Ausschussvorsitzenden im Petitionsausschuss dafür einsetzen, dass die entsprechenden Petitionen dann auch tatsächlich nicht mehr behandelt, sondern zurückgestellt und erst dann entschieden werden, wenn die Innenministerkonferenz sich mit dem Thema befasst hat.
(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: So ist es! – Abg. Behringer CDU: Das kommt überhaupt nicht infrage!)
Was heißt: „Das kommt nicht infrage“? Darum geht es doch hier. Es kann ja wohl nicht sein, Herr Behringer, dass sich die FDP monatelang hinstellt und sagt, sie wolle dahin gehend etwas erreichen,
und dann irgendwann einen Erfolg erzielt, wenn der letzte Bosnier abgeschoben sein wird. Das ist wohl nicht der Sinn der Sache.
Auf Landesebene müssen möglichst schnell die Voraussetzungen geschaffen werden, damit diese Menschen hier bleiben dürfen und ihren Arbeitgebern weiter zur Verfügung stehen.
Das Zweite, was wir brauchen – auch hier muss sich die CDU bewegen –, ist eine realistische und rationale Debatte, wie es mit dem Einwanderungsgesetz auf Bundesebene weitergeht, und dabei sind auch die Landtagsfraktionen gefragt.
Sicher ist – deswegen sehe ich gar nicht die Probleme, die Sie da sehen –: Es wird weiterhin einen Primat geben. Das heißt, offene Stellen werden zunächst einmal an deutsche bzw. an gleichgestellte Arbeitnehmer und Arbeitnehmerin
nen vergeben. Aber es ist doch unsinnig, zu sagen: Aufgrund einer restriktiven Ausländerpolitik werden offene Stellen, die besetzt werden müssen, weil sie den Betrieben nützen, einfach offen gelassen. Das ist doch wirtschaftspolitisch nun wirklich hirnrissig.
Abschließend möchte ich noch etwas sagen. Was natürlich nicht geht, ist, dass man ein Einwanderungsgesetz macht und sich dann hinstellt und sagt: Dann kassieren wir gleich den Artikel 16 des Grundgesetzes.
Wenn man eine ökonomische Notwendigkeit erkennt, ein Einwanderungsgesetz zu machen, und das als Vorwand nimmt, humanitäre Grundsätze aus der Verfassung zu streichen, dann werden Sie uns dabei nicht als Bündnispartner haben.
Denn eines ist klar, Kollege Schmid: Die Ökonomie ist wichtig, aber in einem sozialen Rechtsstaat kann die Ökonomie nicht der einzige Leitsatz sein, den wir haben.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Deuschle REP: Warum haben Sie dann hier Ihre Rede gehalten?)
Jetzt lassen Sie mich ganz zum Schluss noch etwas zum Innenminister sagen. Ich habe vorhin schon darauf hingewiesen: Die CDU ist isoliert und hat nur noch die Reps auf ihrer Seite.
Wenn man dann ein so fragwürdiges Lob bekommt wie heute der Herr Innenminister von Herrn Deuschle, dann muss man sich wirklich fragen, ob man noch auf dem richtigen Weg ist.
Ich habe gestern Abend ein Interview mit dem Herrn Innenminister gehört. Darin wurde er gefragt: Was passiert, wenn eine Firma wie SAP ihre Arbeitskräfte nicht auf dem deutschen Markt bekommt? Darauf hat er geantwortet: Dann müssen die Ausnahmeregelungen greifen; dann muss es auch für SAP möglich sein, ausländische Arbeitnehmer anzuwerben.
Da sage ich Ihnen aber auch: Wenn das für SAP gilt, dann muss es für die Gastronomie gelten, dann muss es für den Handel gelten, und dann muss es auch für das Handwerk gelten.
(Abg. Scheuermann CDU: Wo schaffen denn dann noch unsere 4 Millionen Arbeitslosen? Wo schaf- fen die noch?)
Das ist genau dieses einfache Argument, Herr Scheuermann, das uns seit Jahren hindert, hier zu einem Ergebnis zu kommen.
(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Wer hat jetzt den Scheuermann geweckt? Dem Scheu- ermann haben sie wieder Reißnägel auf den Stuhl gelegt!)
Ich kann Ihnen nur sagen – der Kollege Oettinger ist leider nur kurz hereingekommen –: Ich hoffe, dass sich der Kollege Oettinger gegen die Ewiggestrigen in seiner Fraktion, die sich wieder einmal um den Ministerpräsidenten scharen, durchsetzen wird und wir hier zu einer vernünftigen Lösung im Interesse der betroffenen Menschen, aber auch im Interesse der Wirtschaft kommen werden.