Protocol of the Session on April 12, 2000

Der Vertrag von Amsterdam hat dafür die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Und den Zeitplan vorge- geben!)

Die Europäische Kommission hat auch bereits mit Vorarbeiten begonnen. Der Vorstoß der Fraktion, die sich „Die Republikaner“ nennt, ist also überflüssig.

(Zuruf von den Republikanern: Wie Sie! – Abg. Brechtken SPD: Die ganze Fraktion ist überflüs- sig! – Abg. Deuschle REP: Die FDP ist überflüs- sig, wenn man Ihre Rede hört!)

Ach, Herr „Deutschle“, was soll das? – Wenn man sich in der Europäischen Union über die Grundzüge der gemeinsamen Flüchtlingspolitik einig geworden ist,

(Zuruf des Abg. Dagenbach REP)

dann wird man automatisch prüfen, ob dazu das Grundgesetz geändert werden muss.

(Abg. Deuschle REP: Fragen Sie Herrn Dr. Dö- ring! – Abg. Rapp REP: Haben Sie das überhaupt einmal gelesen?)

Diese Prüfung sollte nach Auffassung der FDP/DVP-Fraktion in aller Ruhe und Sachlichkeit vorgenommen werden. Ich kann nicht oft genug wiederholen, dass sich gerade dieses Thema nicht für emotionsgeladene und ideologisch ausgerichtete Debatten eignet.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Das gilt auch für die heutige Befassung. Die Antragsteller wollen damit doch nur wieder Vorurteile schüren – immer dasselbe.

(Abg. Deuschle REP: Wie Herr Döring, wenn Sie das immer wieder bringen! – Abg. Renate Thon Bündnis 90/Die Grünen: Immer wieder!)

Derzeit haben wir das Problem, meine Damen und Herren, dass Zuwanderung nach Deutschland praktisch nur über das Asylrecht möglich ist. Entsprechend hoch ist der Anteil von Asylbewerbern, die keine politische Verfolgung nachweisen können und nach einem langwierigen Verfahren wieder zurückgeschickt werden müssen. Deshalb brauchen wir das von der FDP schon seit langem geforderte Zuwanderungssteuerungsgesetz; denn Einwanderung muss langfristig und vorausschauend aktiv politisch gestaltet werden.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Dazu sind klare und transparente Regelungen notwendig mit dem Ziel, Zuwanderung quantitativ zu begrenzen und sie zugleich an den legitimen Interessen der Bundesrepublik Deutschland auszurichten. Dadurch werden Ängste in der Bevölkerung abgebaut, und dadurch wird das Klima für die Integration bereits hier lebender Ausländer – und das ist uns sehr wichtig – verbessert. Das geltende Ausländerrecht hat leider in den letzten Jahren in vielen Fällen dafür gesorgt, dass berechtigte ökonomische Interessen ordnungspolitischer Prinzipientreue zum Opfer gefallen sind.

Das von der FDP geforderte Zuwanderungsgesetz muss selbstverständlich auch eine Regelung über die Zuwanderung aus humanitären Gründen enthalten. Darin ist vorzusehen, dass Menschen, die sich in Not befinden und ihr Land deshalb verlassen müssen, vorübergehend oder auch dauerhaft Aufnahme in Deutschland finden können. Allerdings wollen wir, dass alle Anträge auf Zuwanderung vor der Einreise nach Deutschland gestellt und von deutschen Behörden beschieden werden. Ein so gestaltetes neues Recht würde uns auch die Möglichkeit geben – das ist das, was die Kollegin Thon schon angesprochen hat –, auch andere Gründe als die der politischen Verfolgung als Rechtfertigung für einen Aufenthalt in Deutschland anzuerkennen. Es würde die Verfahren beschleunigen und unmenschliche Hängepartien, wie wir sie heute dauernd haben, verhindern.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Meine Damen und Herren, es ist doch kaum nachvollziehbar, dass, wenn die Iraker endlich Saddam Hussein aus

Bagdad verjagen würden, der im Falle seines Sturzes hier Anspruch auf politisches Asyl hätte,

(Abg. Wilhelm REP: Was ist mit der hungernden Bevölkerung im Iran?)

nicht aber ein von andersgläubigen Nachbarn verfolgter assyrischer Christ, den Behörden und Gerichte mit der Begründung, das sei ein Gruppenschicksal, ablehnen würden.

(Abg. Beate Fauser FDP/DVP: Ja!)

Auch die Zuwanderung aus humanitären Gründen muss auf europäischer Ebene geregelt werden; denn es gibt ja keine Binnengrenzen mehr. Ziel einer europaweit gültigen Asylund Flüchtlingspolitik – das hat auch der Kollege Schmid schon gesagt – muss eine gerechte Verantwortungs- und Lastenverteilung innerhalb der EU sein. Zwar hat sich der Zustrom von Asylbewerbern in die EU-Staaten 1999 nicht unerheblich verändert, aber Deutschland ist immer noch – das muss man feststellen – wichtigstes Zielland, auch wenn sein Anteil an allen Asylanträgen von einem Viertel auf ein Fünftel gesunken ist.

Die Lastenverteilung ist wichtig, weil sich Unmut gegen Zuwanderer meistens nicht gegen die zu uns kommenden Menschen, sondern gegen die damit verbundenen Belastungen richtet. Die Herren von ganz rechts kochen damit ihr politisches Süppchen. Davon werde auch ich sie kaum abbringen können. Aber die anderen politischen Kräfte sollten unsere Argumente für ein solches Zuwanderungsgesetz noch einmal sorgfältig prüfen. Früher waren SPD und Grüne ja dafür, aber seit sie in Berlin regieren, haben sie das vergessen. Immerhin erkenne ich ein bisschen Lichtblicke in der neuen CDU-Führung. Alle demokratischen Parteien, meine Damen und Herren, sollten gemeinsam nach einer Lösung suchen,

(Abg. Dr. Reinhart CDU: Sehr gut! – Zuruf des Abg. Dr. Schlierer REP)

die der Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland gerecht wird, als relativ reiches Land in Not geratenen Menschen zu helfen. Lassen Sie uns gemeinsam aber auch eine Lösung finden, die den deutschen Interessen gerecht wird, damit die da drüben keinen Nährboden für dumpfe Vorurteile finden.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der SPD – Abg. Deuschle REP: Es kluckt, kluckt, kluckt!)

Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Schlierer.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Was die Vorredner an Stellungnahmen hier abgegeben haben, war ganz interessant. Ich will zunächst zum Kollegen Schmid kommen. Herr Schmid, wenn Sie von Glaubwürdigkeit reden, darf ich Sie daran erinnern, dass Sie am 25. November 1999 hier in einer Aktuellen Debatte gesagt haben:

Ich bin trotzdem dankbar dafür, dass wir heute, sage ich einmal, eine zweite Asyldebatte beginnen.

Heute erzählen Sie wieder genau das Gegenteil.

Dann reden Sie von Unehrlichkeit. Wenn ausgerechnet Sie von Unehrlichkeit reden, kann ich Ihnen nur eines sagen: Sie sollten lieber Ihre eigenen Redebeiträge aus der Vergangenheit durchlesen.

(Zuruf des Abg. Scheuermann CDU)

Dann wüssten Sie sehr schnell, dass Sie selbst unehrlich sind. Jetzt sitzen Sie wieder hinten auf Ihrer Abgeordnetenbank, sodass ich mich nicht weiter über Ihr Hinterbänklertum auslassen muss.

(Abg. Kluck FDP/DVP: Das geht nach dem Alpha- bet!)

Ich bin aber gerne bereit, Ihnen entgegenzukommen und Ihr Hinterbänklertum auf die Intellektualität zu beschränken.

(Beifall bei den Republikanern)

Sie, Herr Schmid, haben kein klares Wort zu Herrn Polenz gesagt. Sie haben sich nicht zu den Widersprüchen in der CDU geäußert. Ich habe den Eindruck, dass Sie das gar nicht gewusst haben;

(Abg. Dr. Reinhart CDU: Herr Schlierer, das, was Sie hier bringen, ist unter Ihren Fähigkeiten!)

denn so eifrig, wie Sie sich vorhin während meines Redebeitrags erst einmal erkundigt haben, muss ich den Eindruck gewinnen, dass Sie gar nicht wissen, was in Ihrer eigenen Partei läuft. Dass Sie dann keine Stellungnahme abgeben, ist natürlich klar.

(Beifall bei Abgeordneten der Republikaner – Zu- ruf des Abg. Rapp REP)

Zu dem Redner der so genannten Sozialdemokraten: Na ja, das war der letzte Heuler. Das kennen wir.

(Abg. Dr. Reinhart CDU: „Heiler“, nicht „Heu- ler“!)

Zu Schily kein Wort, kein klares Wort dazu, wie sich diese Partei nun wirklich positioniert.

Und zu Frau Thon kann ich nur sagen: Interessant, was Sie zur Schutzbedürftigkeit ausführten. Ich darf also Ihren Ausführungen entnehmen, dass Sie künftig auch die FalunGong-Sekte gerne bei uns aufnehmen wollen. Ich werde diese dann gerne bei Ihnen einquartieren.

(Beifall bei den Republikanern – Abg. Zeller SPD: Niveauloses Geschwätz!)

Zu Herrn Kluck, meine Damen und Herren, braucht man nichts weiter zu sagen.

(Abg. Kluck FDP/DVP: Da fällt Ihnen nichts ein!)

Ich will im Resümee festhalten: Es hat keine klaren Aussagen gegeben. Herr Kluck, Sie haben sich zu Herrn Döring nicht geäußert; ich verstehe, warum. Keine klaren Aussagen zu den Widersprüchen in den eigenen Reihen bei Ihnen, keine klaren Aussagen zu den Zielsetzungen im Rahmen der EU-Harmonisierung. Sie haben darum herumgeredet. Das Schönste war ja der Beitrag von Herrn Kluck, in

dem er sagt: Wir müssen jetzt darüber reden, welche Lösungen wir eventuell in der Zukunft finden. Herr Kluck, das erzählen Sie uns seit 15 Jahren.

(Beifall bei Abgeordneten der Republikaner – Zu- ruf der Abg. Renate Thon Bündnis 90/Die Grünen)