Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Landesregierung von Baden-Württemberg geht es im Bereich des Naturschutzes auch und gerade um Eigentum. Wir praktizieren einen Naturschutz nach dem Motto „Schützen durch Nützen“, wobei es in der Tat darum geht, sorgfältig abzuwägen, ob in dem einen oder anderen Bereich eine Möglichkeit geschaffen werden kann, für Flächen, die für den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg wichtig sind, die Arbeitsplätze sichern und neue Arbeitsplätze schaffen, eventuell Alternativmöglichkeiten zu treffen.
Aber ich denke, dass Sie, die Opposition hier, hinsichtlich des ganzen Themas Naturschutz aus einer Mücke einen Elefanten machen. Ich will ganz klar Zahlen und Fakten nennen, denn es geht nicht um 2,8 Hektar und um 1,3 Hektar, wie im Antrag formuliert, sondern um eine weitaus geringere Fläche.
Erstens: Im vorliegenden Fall geht es um die Erweiterung eines Torfgewinnungsbetriebs der Unternehmensgruppe ASB in das angrenzende Natur- und Landschaftsschutzgebiet Bodenmöser im Kreis Ravensburg. Bei dem Naturund Landschaftsschutzgebiet Bodenmöser handelt es sich um ein ausgedehntes Moorgebiet. Das Naturschutzgebiet hat eine Fläche von 611,5 Hektar und das dienende Landschaftsschutzgebiet eine Größe von 525 Hektar.
Zweitens: Bei der genannten Betriebserweiterung handelt es sich um die Anlage eines Parkplatzes für Lkws sowie eines Lagerplatzes für Rindenmulch.
Der Lkw-Parkplatz liegt im dienenden Landschaftsschutzgebiet und hat eine Größe von rund 0,15 Hektar, also 15 Ar und nicht 1,3 Hektar. Der Lagerplatz für Rindenmulch hat eine Gesamtfläche von etwa 52 Ar, von denen sich rund 42 Ar im Naturschutzgebiet und 10 Ar außerhalb des Naturund Landschaftsschutzgebiets befinden.
Drittens: Von der zuständigen Behörde, also dem Landratsamt Ravensburg, wurde nach Bekanntwerden des Eingriffs immer darauf hingewiesen, dass die Betriebserweiterung einer Genehmigung bedarf. Grund für die Erweiterung der Firma ASB ist: Ohne zusätzliche Park- und Lagermöglichkeiten sei der bestehende Standort angesichts der Wettbewerbsverhältnisse auf dem Markt für Rindenmulch gefährdet. Als Alternative zur Betriebserweiterung käme eine Verlegung und damit die Aufgabe des Standorts Eisenharz mit dem Verlust der dortigen Arbeitsplätze in Betracht.
Viertens: Das zuständige Landratsamt hat aufgrund der Sachlage reagiert – ich denke, stets mit Augenmaß und großer Sorgfalt – und zum Zwecke der Existenzsicherung des Betriebs und der Sicherung der Arbeitsplätze eine Vereinbarung zur Duldung der Eingriffe bis zum 30. Juni 2000
getroffen. In dieser Vereinbarung hat sich die Firma ASB verpflichtet, für die zeitweilige Duldung des Lagerplatzes Abwassermaßnahmen durchzuführen und zum ökologischen Ausgleich einen Entwässerungsgraben zu verschließen. Weiterhin wurde vereinbart, dass die Eingriffe in die Schutzgebiete zurückzubauen sind, wenn der Betrieb nicht weitergeführt wird. Des Weiteren wurde die Firma gebeten, sich bis 30. April 2000 endgültig zu entscheiden, ob sie einen Genehmigungsantrag stellen oder aber den Betrieb verlagern will. Ob die Betriebserweiterungen genehmigungsfähig sind, kann erst nach Vorlage der Antragsunterlagen beurteilt werden.
Fünftens: Das Landratsamt Ravensburg hat darüber hinaus nach eingehender Prüfung vor Ort unter Abwägung der einzelnen Gesichtspunkte das Vorliegen eines Straftatbestands verneint und die Betriebserweiterung ohne Genehmigung eher im Bereich des Ordnungswidrigkeitenrechts angesiedelt.
Sechstens: Die Staatsanwaltschaft Ravensburg hat aufgrund der Presseberichterstattung strafrechtliche Ermittlungen wegen unerlaubter Betriebserweiterung der Unternehmensgruppe ASB in das Natur- und Landschaftsschutzgebiet Bodenmöser aufgenommen. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sind noch nicht abgeschlossen.
Dies ist schlicht und ergreifend die Sachlage. Es ist üble parteipolitische Polemik, in diesem Fall politisches Fehlverhalten konstruieren zu wollen.
Es ist doch selbstverständlich – ich kann auch dies nur noch einmal wiederholen –, dass sich Ministerpräsident Erwin Teufel, wenn er um Unterstützung gebeten wird, für das Anliegen verwendet. Denn es geht hier um ein badenwürttembergisches Unternehmen und um baden-württembergische Arbeitsplätze, meine Damen und Herren.
(Zurufe von der SPD, u. a. Abg. Ursula Hauß- mann: Macht er das bei jedem Betrieb so? Das ist mir neu!)
In diesem Fall hat sich Ministerpräsident Teufel für das Anliegen verwandt, so, wie man es von einem Ministerpräsidenten, der sich für die Interessen des Landes und der Bürger einsetzt, erwartet.
(Zuruf des Abg. Walter Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Brechtken SPD: Das war eine Wortmeldung, Herr Präsident!)
Ich bitte alle Abgeordneten, sich so ruhig zu verhalten, wie es von Herrn Abg. Walter praktiziert wurde.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich mich bei dem Herrn Präsidenten für diese Unterstützung bedanken. Es ist ja nicht alltäglich, dass man den Präsidenten in dieser Weise hinter sich hat.
zunächst ein etwas gespaltenes Rechtsverständnis und Rechtsempfinden bei der CDU. Wenn es um Sprayer geht, die Straßenunterführungen bemalen, oder um kleine Ladendiebe, dann hören wir: zero tolerance. Das ist die Haltung der CDU.
Wenn jetzt aber ein schwarzer Parteifreund ohne Genehmigung in einem Naturschutzgebiet baut, dann wird abgewogen und gesagt, das sei doch gar nicht so schlimm. Da frage ich mich: Was ist das eigentlich für ein Rechtsempfinden? Wovon hängt das jetzt eigentlich ab?
Den einen Paragraphen kann man verletzen, bei dem anderen gibt es null Toleranz. Das ist ein Rechtsverständnis, meine Damen und Herren, über das man wirklich nur den Kopf schütteln kann. Aber das passt genau in das Bild, das Ihre Partei schon seit Monaten in der Öffentlichkeit bietet.
Der zweite Punkt: Die Ministerin hat ausgeführt: „Schützen durch Nützen!“ Das können wir nur unterstützen.
Aber nützen kann doch nicht so aussehen, dass wir die Naturschutzgebiete und die Landschaft zubetonieren, sondern nützen heißt, eine naturverträgliche Nutzung zu haben. Wo ist eigentlich die Umsetzung der „Leitlinien für den Naturschutz“? Sie haben sie uns heute zugeschickt, Frau Ministerin. Sie waren nicht einmal in der Lage, das PLENUMGebiet Isny/Leutkirch auszuweiten. Sie waren nicht einmal in der Lage, ein weiteres Gebiet auszuweisen – trotz Ankündigungen über Ankündigungen. Jetzt kommen Sie daher und verteidigen einen widerrechtlichen Eingriff in ein Naturschutzgebiet
und sprechen hier von „Schützen durch Nützen“. Das ist einfach ein Unding für eine Ministerin, die für den Naturschutz zuständig ist. Das kann doch nicht wahr sein.
Die CDU wäre gut beraten, den Rechtsstaat wieder etwas ernster zu nehmen als in der Vergangenheit, denn ihre Glaubwürdigkeit ist auch in Baden-Württemberg ziemlich weit gesunken.
(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen und bei Ab- geordneten der SPD – Abg. Drexler SPD: Genau! – Abg. Hans-Michael Bender CDU: Vielen Dank für Ihren guten Rat!)