Protocol of the Session on April 12, 2000

Sie haben ein rein statisches Verhältnis. Weder ein Naturschutzgebiet noch ein Landschaftsschutzgebiet ist per se ein Verhinderungsgebiet für die Wirtschaft oder für die Entwicklung von Gemeinden. Das ist es gerade nicht, sondern der Sinn eines Schutzgebietes liegt darin, dass man entsprechende Rahmenbedingungen schafft, unter denen sich trotzdem Fortentwicklungen und Weiterentwicklungen ermöglichen lassen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, der spezielle Fall betrifft auch noch das Moorrandgebiet. Ich weiß gar nicht, warum Sie sich überhaupt aufregen. Sie regen sich darüber auf, dass hier vermeintlich Einfluss genommen wurde. Jetzt lese ich Ihnen einmal vor, was der Ministerpräsident geschrieben hat. Das wissen Sie ja auch. Da steht in einem Schreiben an den Regierungspräsidenten:

Mir ist an einer Lösung in Eisenharz gelegen,

(Abg. Dr. Caroli SPD: Hör doch auf mit der Platte! Wir können lesen!)

das wollen Sie nicht hören, das ist mir schon klar –

die sowohl den Interessen des Naturschutzes als auch den berechtigten wirtschaftlichen Interessen der Firma Aurenz gerecht wird.

Jetzt sagen Sie mir, wo darin eine politische Einflussnahme liegt.

(Lachen bei der SPD – Zurufe von der SPD)

Die Einflussnahme, egal, ob jemand spendet oder nicht, halte ich immer dann für berechtigt, wenn es darum geht, Arbeitsplätze vor Ort zu sichern, und auch in diesem Fall ging es darum, Arbeitsplätze und damit den Standort Baden-Württemberg entsprechend zu sichern. Jetzt mögen Sie darüber streiten, ob es richtig ist – ich halte dies für richtig –, dass auch Gesetze, die bestehen, dahin gehend geprüft werden, ob es Spielräume gibt.

Ihre Aufregung ist auch aus einem weiteren Grund nicht verständlich. Die Staatsanwaltschaft ermittelt ja derzeit. Dabei wird sich herausstellen, ob es sich bei den genannten 0,3 Promille im Randbereich eines Schutzgebiets um nicht unerhebliche Eingriffe in das Naturschutzrecht handelt oder nicht. Also meiner, zugegebenermaßen in Ihrer Sicht vielleicht etwas laienhaften Einschätzung nach handelt es sich nicht darum. Aber das kann man, glaube ich, der Staatsanwaltschaft überlassen.

(Zuruf des Abg. Dr. Schäfer Bündnis 90/Die Grü- nen)

Sie haben ja ein ganz anderes Ziel. Sie suchen händeringend nach Themen, um weiteren vermeintlichen Filz, vermeintliche Verquickung von Spenden und Einflussnahmen, wie Sie es nennen, an den Haaren herbeizuziehen.

(Abg. Drexler SPD: Schaufler!)

Ihnen gelingt es derzeit nicht, sonst hätten wir doch schon längst einen weiteren Untersuchungsausschuss,

(Abg. Drexler SPD: Nein, der kommt zur rechten Zeit!)

zu welchem Thema auch immer, eingerichtet. Ihnen fehlt das Material dazu. Das ist übrigens der beste Beweis dafür, dass diese Regierung rechtmäßig handelt und sich überhaupt keine Vorhaltungen machen lassen muss.

(Beifall bei der CDU – Abg. Bebber SPD: Wenn Sie einen Untersuchungsausschuss wollen, dann kriegen Sie ihn!)

Ich halte es für richtig, Einzelfällen – ob von Abgeordneten oder Regierungsmitgliedern – nachzugehen, auch um zu kontrollieren – davon ganz abgesehen –, ob die politischen Leitlinien, die man vorgibt, tatsächlich später von der Verwaltung eingehalten und umgesetzt werden.

Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, fehlt es eklatant an politischen Inhalten. Ihnen fehlt es an Konzepten. Sie haben gerade im Naturschutzrecht, aber auch in anderen Bereichen bisher nichts, aber auch gar nichts vorgelegt. Sie sind, mit Verlaub, eine lahme Opposition und beschränken sich deshalb auf Vorhaltungen, die keinerlei Substanz haben.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Das Wort hat Herr Abg. Dr. Caroli.

(Abg. Haas CDU: Oje, oje! Muss das sein? Um die Zeit noch? – Lebhafte Unruhe)

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Naturschutz ist das Stiefkind des Ministerpräsidenten.

(Unruhe – Zuruf: Dinosaurier!)

Herr Hauk gehört übrigens auch zur Familie.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen – Heiterkeit – Abg. Haas CDU: Besser als gar keine Kinder!)

Diese Tatsache ist hinreichend bekannt und zu Recht mit der Verleihung des Umweltdinosauriers des Jahres durch den Naturschutzbund Deutschland negativ honoriert worden.

(Abg. Walter Bündnis 90/Die Grünen: Den hat er sich verdient!)

Stellvertretend für alle Belege, die jetzt angeführt werden könnten, darf ich an den internen Vermerk des Staatsminis

teriums aus dem Jahre 1998 erinnern, in dem unter dem Vorwand der Priorisierung des Vertragsnaturschutzes eine zurückhaltende Naturschutzpolitik angemahnt wurde.

(Abg. Drexler SPD: So ist es! Haben Sie von der CDU das gelesen?)

Für mich ist das nichts anderes als der Versuch, der Naturschutzverwaltung Daumenschrauben anzulegen. Es ist also nicht überraschend, dass Bürger unseres Landes, die mit Naturschutz nichts am Hut haben, den Ministerpräsidenten um Hilfe anrufen.

Jetzt komme ich auf Ihr Begehren, Herr Kollege Reddemann, zu sprechen, was denn der einzelne Abgeordnete für Aufgaben hat.

(Unruhe)

Herr Reddemann, darauf gebe ich Ihnen jetzt einmal eine persönliche Antwort: Der normale Abgeordnete prüft in der Regel eine Anfrage in doppelter Weise.

(Oh-Rufe von der CDU – Lebhafte Zurufe und Gegenrufe von der CDU und der SPD – Abg. Hofer FDP/DVP: Gibt es auch nicht normale Ab- geordnete?)

Aufgepasst!

(Lebhafte Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Aufpassen! – Einmal muss der Wunsch des Antragstellers – –

Meine Damen und Herren, jetzt kommt eine Lehrstunde, und jetzt bitte ich Sie um Ruhe.

(Lebhafter Beifall bei allen Fraktionen – Heiter- keit)

Ganz genau. Der Herr Präsident schätzt das richtig ein.

(Heiterkeit)

Zum einen muss der Wunsch des Antragstellers mit den politischen Zielvorstellungen des Parlamentariers in Einklang stehen,

(Zurufe von der CDU: Aha!)

und zum anderen darf der Grundsatz der Rechtmäßigkeit nicht infrage gestellt sein.

(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen)

Der Abgeordnete wird nur dann tätig werden, wenn diese Voraussetzungen zutreffen.

(Abg. Haasis CDU: Seminar für Landtagskandida- ten für das nächste Jahr!)

Im Falle Aurenz waren nun beide Kriterien nicht erfüllt. Jedoch war offenbar der Parteifreund Aurenz, Exschatzmeister der CDU Nordwürttemberg und Spendengeber, so wichtig, dass Teufel es für angebracht hielt, trotz einer of

fensichtlich illegalen Betriebserweiterung auf Kosten eines Naturschutzgebietes zugunsten eines Freundes zu intervenieren.