Protocol of the Session on February 10, 2000

(Zuruf des Abg. Fleischer CDU)

Meine Damen und Herren, im November 1999 forderte Haider strengere Gesundheitskontrollen an Schulen und Kindergärten mit hohem Ausländeranteil.

(Abg. König REP: Ja! Was ist daran falsch? – Ge- genruf des Abg. Capezzuto SPD: Was? – Weitere Zurufe von der SPD)

Ich könnte diese Reihe beliebig fortsetzen. Aber ein Zitat ist mir noch besonders wichtig, das, was Haider 1995 über SS-Angehörige gesagt hat.

(Abg. Deuschle REP: Waffen-SS!)

Es ist gut, dass es in dieser Welt einfach noch anständige Menschen gibt, die einen Charakter haben, die auch bei größtem Gegenwind zu ihrer Überzeugung stehen und ihrer Überzeugung bis heute treu geblieben sind.

(Abg. Weimer SPD: Unglaublich! Jetzt, bitte, Schlierer! – Gegenruf des Abg. Dr. Schlierer REP: Das kommt, das kommt! Mit Freude! – Abg. Win- truff SPD: Da strahlen die Republikaner!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer solche Äußerungen tut und dann mit seiner Partei Mitglied der Regierung wird, hat Grundwerte der Europäischen Union im Vorfeld mit Füßen getreten.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten des Bünd- nisses 90/Die Grünen)

Darauf muss Europa reagieren. Darauf haben die 14 Mitgliedsstaaten der EU reagiert, aber anschließend auch die Kommission.

(Zuruf des Abg. Mühlbeyer CDU)

Es gibt eine Entschließung des Europäischen Parlaments,

(Abg. Drexler SPD: So ist es! – Abg. Hans-Micha- el Bender CDU: Die aber nicht ausgrenzt! Im Un- terschied zu einigen SPD-regierten Ländern!)

die in genau diese Richtung geht. Diese Entschließung ist mit den Stimmen der Konservativen gefasst worden.

(Beifall bei der SPD – Abg. Drexler SPD: Die CDU Baden-Württemberg! – Zuruf des Abg. Kö- nig REP)

Ich kann Ihnen nur raten, sich anstelle von Stoiberismus und des Guthaltens einer Reise nach Österreich an die besonnenen Worte der EVP im Europäischen Parlament zu erinnern,

(Abg. Roland Schmid CDU: Das haben wir gele- sen!)

die einfach ihre Besorgnis zum Ausdruck bringt, wenn sie sagt: Für die Zukunft Europas muss nach Artikel 6 gewährleistet sein, dass die Grundrechte gewahrt sind.

(Abg. Hans-Michael Bender CDU: Das haben wir doch! – Abg. Roland Schmid CDU: Wo ist da die Neuigkeit?)

Es gibt im Übrigen unter dem Vorsitz von Roman Herzog derzeit ein Gremium, das eine Grundwertecharta erarbeiten wird.

(Abg. Göbel CDU: Richtig!)

Dort sollen diese Grundwerte festgehalten werden. Deswegen ist es für alle Demokraten dringend notwendig, in dieser Frage den Schulterschluss zu üben, und dazu fordere ich Sie auf.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten des Bünd- nisses 90/Die Grünen – Abg. Roland Schmid CDU: Jetzt sagen Sie noch was zur Türkei!)

Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Hildebrandt.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Das Thema der von der Fraktion Die Republikaner beantragten Aktuellen Debatte lautet: „Auswirkungen der von 14 EU-Mitgliedsstaaten beschlossenen Strafmaßnahmen gegen Österreich auf die Europapolitik der Landesregierung“. Meine Damen und Herren, ich finde es nicht in Ordnung, dass dieses Thema so lautet. Es handelt sich nicht um Strafmaßnahmen, und es handelt sich nicht um Maßnahmen gegen Österreich.

(Abg. Kuhn Bündnis 90/Die Grünen: So ist es!)

Solche Maßnahmen sind nicht einmal beschlossen worden,

(Abg. Roland Schmid CDU: So ist es!)

sondern die Regierungen der 14 Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sind vor der Regierungsbildung in Österreich übereingekommen, der österreichischen Öffentlichkeit, der europäischen Öffentlichkeit und den Partnern mitzuteilen, dass es über die europäischen Begegnungen in der Europäischen Union hinaus keine bilateralen Treffen geben wird, solange es diese Regierung gibt. Das ist etwas anderes.

(Zuruf von den Republikanern)

Das ist keine Beschneidung der Rechte in Österreich, das sind auch keine Maßnahmen gegen Österreich,

(Abg. Göbel CDU: Doch! – Abg. Rapp REP: Was ist es dann?)

sondern das ist eine Maßnahme, die von vielen in Österreich erwartet und begrüßt wird,

(Beifall beim Bündnis 90/Die Grünen)

so wie ich mir wünschen würde, dass, käme jemand in Baden-Württemberg auf die Idee, eine Regierungskoalition mit den Republikanern zu bilden,

(Abg. Rapp REP: Sollen sie doch kommen!)

die Bayerische Staatsregierung zu einer ähnlichen Reaktion bereit wäre.

(Heiterkeit und Beifall beim Bündnis 90/Die Grü- nen und bei der SPD)

Diese Absprache innerhalb Europas ist ein Ausdruck dafür, dass es eine europäische Innenpolitik gibt. Sie ist ein Ausdruck dafür, dass Europa sich nur einigen kann, wenn wir uns über die Grundlagen verständigen, auf denen in Europa Politik gemacht werden kann, wenn wir uns darüber verständigen, dass eine politische Richtung, die sagt: der eigene Staat zuerst – Frankreich zuerst, Österreich zuerst –, die Europa ein Gegeneinander von Nationen begreift, nicht die Grundlage der europäischen Einigung sein kann. Denn die prekäre Grundlage dieser Einigung wäre, dass möglicherweise bestehende Widersprüche sozialer und sonstiger Art national umgesetzt werden, und genau das ist die Funktion von Jörg Haider in Österreich.

Fragen wir doch einmal – und das würde ich gerade die CDU gerne fragen –, wie die Funktion ist. Da geht es nicht um einzelne Aussagen. Jörg Haider ist ein Wiederholungstäter, der zu jeder Aussage eine Entschuldigung nachliefert, ohne sich wirklich zu ändern und ohne das zu ändern, womit er in Österreich das geworden ist, was er ist, nämlich Anheizer einer fremdenfeindlichen Stimmung, einer kulturfeindlichen Stimmung,

(Beifall der Abg. Birgit Kipfer SPD)

die sich auch mit Hatz und Hetzjagd gegen einzelne österreichische Dichter und Künstler gerichtet hat. Diese Versprecher und diese Entschuldigungen gehören mit dazu, das zu bleiben, was er ist,

(Abg. Weimer SPD: Ein Lügenbold, ein Rechtsra- dikaler!)

und das, was er macht, nämlich eine fast völkische Politik in Österreich, vorzutragen und durchzusetzen.

Da ist die Reaktion der europäischen Staaten, da ist diese Absprache, die sie getroffen haben, notwendig und richtig, und sie müssen die weitere Entwicklung mit Aufmerksamkeit verfolgen.

(Abg. Schonath REP: Diktatur!)

Ich sehe, dass es gefährlich ist. Natürlich gibt es die Gefahr, dass Haider davon in Umkehrung der Argumente in Österreich profitiert.

(Abg. Pfister FDP/DVP: Genau so ist es!)

Aber es gibt einen Gedankengang, den ich Ihnen nahe legen will: Es gilt als Verdienst der CSU in Deutschland, dass sie den rechten Rand integriert und rechts von sich nichts mehr lässt als die Wand. Möglicherweise ist die CSU in Bayern in sich selbst genau das, was in Österreich im Augenblick stattfindet, nämlich eine schwarz-blaue Koalition.

(Beifall bei Abgeordneten des Bündnisses 90/Die Grünen und der SPD – Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Keitel: Gerade Sie müssen das sagen! – Abg. Dr. Schlierer REP: Da lacht ja seine eigene Frakti- on!)