wenn wir uns hier gemeinsam überlegen, wie wir erreichen, dass dies nicht neue Nahrung bekommt, dass Haider nicht mehrheitsfähig wird
wird man festhalten müssen, dass die letzten Wochen nicht gegen Haider, sondern für Haider gelaufen sind.
Hätte Haider die Chance zu einem Drehbuch gehabt, er hätte es genau so geschrieben, wie es die Regierungen in Paris und in Berlin getan haben,
wie es die EU in den letzten Wochen praktiziert hat. Ich glaube, dass wir uns sehr nachdenklich fragen müssen, wenn wir uns über die Person und die Position von Haider einig sind und keinen Nachholbedarf an Abgrenzung haben, was der richtige Weg ist, um ihn nicht direkt und indirekt weiter aufzuwerten.
Wer das Land Österreich bestraft, weil Haider im Parlament sitzt und jetzt indirekt in Regierungsverantwortung ist, führt im Grunde genommen ein falsches Instrument.
Ich halte es mit Kinkel. Kinkel hat in der Tat völlig klug gesagt: Die Maßnahmen, die diplomatisch eingeleitet und angedroht worden sind, sind nicht durchführbar und kontraproduktiv.
Es kommt ein weiterer Punkt hinzu: Sosehr ich überzeugter Europäer bin, die Europäische Union ist nicht der Zensor über demokratische Willensbildungen in den souveränen Staaten in ihr selbst.
Es ist schon ein Quantensprung, dass erstmals auf europäischer Ebene im Grunde genommen eine Drohung für ein Wahlverhalten oder für eine Folge aus einer Wahl einem Land gegenüber geäußert worden ist. Diese Klugscheißerei halte ich für falsch.
Deswegen: Sowohl im Hinblick auf das Verständnis von einer föderalen Europäischen Union, das ich habe, als auch auf das, was ich unter Strategie der Demokraten verstehe, wurde in den letzten Wochen der falsche Weg beschritten.
Übrigens, das scheint ja auch bei Ihnen nicht ganz unstrittig zu sein. Frau Röstel, Ihre Vorgängerin oder wie auch immer, Herr Kollege Kuhn, äußert sich skeptisch zur Wirksamkeit der EU-Sanktionen. Sie sagt:
Wenn ich mir anschaue, was führende Sozialdemokraten im Europäischen Parlament sagen, so teile ich deren Haltung.
(Abg. Dr. Hildebrandt Bündnis 90/Die Grünen: Diese Diskussion würde ich gerne mit Ihnen füh- ren, das ist etwas anderes als vorhin!)
Gerhard Schmid, Vizepräsident des Parlaments in Straßburg, sagt, eine derart weitgehende Einmischung habe es nie gegeben. Sie sei nur zu rechtfertigen, wenn die Demokratie in Gefahr sei. Das sei aber in Österreich nicht der Fall.
Franz Maget, stellvertretender Fraktionschef der SPD im Bayerischen Landtag, bezeichnet die auf europäischer Ebene ins Auge gefassten Sanktionen als Sackgasse.
Kurzum: Ich rate Ihnen, sich nicht selbstgerecht hinter das zu stellen, was Schröder und Fischer gemeinsam mit der Regierung in Frankreich vollzogen haben. Sie haben gewaltig überzogen und nützen damit in Wahrheit Haider und seiner populistischen Art.
Lassen Sie mich einen letzten Punkt anführen, der mir auch sehr wichtig ist: Eine Frage geht auch an die Medien. Christiansen hat ihn eingeladen und wieder ausgeladen und ihn in Wahrheit damit erhöht. Und Böhme war mit seinen Gästen schlichtweg überfordert.
Deswegen kann ich uns allen nur sagen: Wir haben Grund, aus den letzten Wochen zu lernen, aber in großer Nüchternheit und Gelassenheit. Manche Reaktion aus Berlin und Paris aber ist nachweisbar falsch. Ich rate uns: Abrüsten! Dann wird Haider längst nicht so stark, wie er es durch falsche Maßnahmen werden kann.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Man kann, Herr Kollege Oettinger, eine sehr interessante Debatte über die Frage führen, wie man sich mit Haider und seiner Partei taktisch und strategisch richtig auseinander setzt. Wenn sich Ihr werter Herr Minister im Staatsministerium und der werte Herr Vorredner auf diese Frage konzentriert hätten,
hätten wir eine andere Debatte bekommen. Was Sie vorhin gemacht haben, hat zunächst dazu geführt, dass die kühnsten Träume von Herrn Schlierer in Erfüllung gegangen sind. Das will ich in aller Deutlichkeit sagen.
(Beifall bei der SPD und beim Bündnis 90/Die Grünen – Abg. Bebber SPD: Er lacht sich ins Fäustchen!)
Herr Palmer, an Ihre Adresse: Wenn Sie – Sie sind ja jetzt bei Ihren Bemühungen zu den österreichischen Länderverfassungen gründlich entlarvt worden – nicht lernen, dass Sie sich spätestens bei solchen Anlässen den Versuch der parteitaktischen Ausbeutung solcher Themen abschminken sollten,
Das, was Sie vorgetragen haben, war sowohl vom Vorlesen her als auch sonst an Peinlichkeit nicht zu übertreffen. Ich sage Ihnen bei dieser Gelegenheit auch noch eines. Ich habe das Thema Österreich in der Debatte um den Haushalt des Herrn Ministerpräsidenten angesprochen. Es wäre angemessener gewesen, dieses Thema bei dieser Gelegenheit und nicht auf Veranlassung der Republikaner zu diskutieren.
Ihr Ministerpräsident zieht es bis heute vor, zu dieser Frage sowohl im Parlament als auch in der Landespressekonferenz zu schweigen
und sich durch Herrn Palmer vertreten zu lassen. Auch das ist peinlich; das können Sie ihm ausdrücklich ausrichten.