Protocol of the Session on February 2, 2000

(Beifall bei der FDP/DVP)

Er hat sehr viele Programme begonnen, hat schon viele Programme umgesetzt und durchgeführt, und er ist auch bei weiteren Projekten wie der Juristenausbildung federführend. Vieles wird leider durch Berlin nicht gehen. Wenn er zum Beispiel das Handelsregister auf Private übertragen will, stoppt Berlin. Wenn wir eine Änderung bei der Juristenausbildung machen wollen, stoppt Berlin. Wenn wir den Versuch mit der Fußfessel wollen, stoppt Berlin.

(Zurufe vom Bündnis 90/Die Grünen)

Alles, was man anfasst, wird von einer Regierung, die in Bonn, Entschuldigung, in Berlin, nicht in Bonn – – Das ist immer noch die alte Vorstellung. Ich bin nicht so reformfreudig wie unser Justizminister.

(Heiterkeit – Abg. Oelmayer Bündnis 90/Die Grü- nen: Sie sind noch Bonn-verhaftet!)

Ja, da gebe ich Ihnen Recht. – Ich bitte, im Protokoll zu vermerken, dass, wenn ich Bonn sagte, Berlin gemeint war.

Meine Damen und Herren, die FDP/DVP-Landtagsfraktion steht für einen funktionierenden, wirksamen, präsenten, modernen und liberalen Rechtsstaat. Der jetzt vorgelegte Entwurf des Einzelplans 05 unterstreicht diesen Anspruch. Bis Ende der Legislatur werden sämtliche Justizbehörden – sämtliche Gerichte und Staatsanwaltschaften – mit einer effektiven IuK-Technik ausgestattet sein.

(Abg. Bebber SPD: Da wäre ich vorsichtig!)

Wir werden es in anderthalb Jahren prüfen. – Um dieses Ziel sicherzustellen, haben wir zusätzliche Beträge in Höhe von 1 Million DM pro Jahr in den Haushalt eingestellt.

Bereits in der Koalitionsvereinbarung wurde festgelegt, dass wir weitere Gerichtsvollzieher benötigen. Bereits in früheren Jahren sind einige Gerichtsvollzieherstellen – 25, wie wir gerade hörten – bewilligt worden, und jetzt werden wir für den kommenden Doppelhaushalt jeweils weitere 20 Stellen einrichten. Dies dient dem Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg. Nur dann, wenn sichergestellt ist, dass die rechtskräftigen Urteile zeitnah vollstreckt werden können, dient dies einem funktionierenden Rechtsschutz.

Insbesondere der Mittelstand ist darauf angewiesen, dass Außenstände, die durch säumige Schuldner nicht termingerecht beglichen werden, umgehend vollstreckt werden können. Kein Schuldner soll darauf hoffen, dass er durch Zeitablauf oder durch Resignation der Gläubiger aus seinen Verpflichtungen entlassen wird.

Die zusätzlichen Gerichtsvollzieherstellen dienen auch der inneren Sicherheit. Wenn nicht zügig vollstreckt wird, werden immer mehr so genannte private Schuldeneintreiber oder Entmietungskommandos eingesetzt. Durch zusätzli

che Gerichtsvollzieherstellen wird dieses kriminelle Betätigungsfeld ausgetrocknet.

Auch sind wir mit der CDU übereingekommen, dass den Strafvollstreckungsbeamten gerade im unteren Besoldungsbereich Anhebungen zuteil werden sollen. Es kann nicht sein, dass bei der Polizei Stellenanhebungen durchgeführt werden, jedoch Strafvollzugsbeamte vernachlässigt werden.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Gerade in diesem heutzutage sehr schwierigen Beruf muss die Politik Unterstützung gewähren. Ebenso ist es notwendig, für die Sicherheit in den Vollzugsanstalten zusätzliche Werkdienstbeamte einzusetzen. Nur wenn der Werkdienst, der für die Resozialisierung und auch für den inneren Frieden innerhalb der Justizvollzugsanstalten dringend notwendig ist, genügend überwacht und betreut, sind Ausbruchsversuche frühzeitig zu verhindern.

Der Justizhaushalt beläuft sich auf 3,2 % des Gesamthaushalts. Für die Bedeutung des Rechtsfriedens und des Ansehens der dritten Gewalt ist es wirklich ein sehr geringer Betrag, der vom Gemeinwesen hierfür aufgebracht werden muss.

(Abg. Bebber SPD: Das ist der Wortlaut des Be- richts des Justizministeriums! Abgeschrieben!)

Für Sparmaßnahmen ist hier kein weiterer Raum.

Die Justiz in der jetzigen Form funktioniert in BadenWürttemberg sehr gut. Wir haben zeitnahe und gute Urteile. Wir haben Rechtssicherheit durch Rechtsmittel. Wir haben eine von der Parteipolitik unabhängige Justiz. Die Justiz gewährt dem einzelnen Bürger den notwendigen Rechtsschutz. Dies wird von der Bevölkerung auch so gesehen und geschätzt. Die Anwaltschaft und die Richterschaft sind mit unserem System in Baden-Württemberg voll zufrieden und unterstützen auch den Justizminister.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Es ist deshalb unverständlich, dass die Bundesjustizministerin mit angeblichen Reformen, die ausschließlich zusätzliche finanzielle Ausgaben verursachen, dieses System ändern will.

(Abg. Kluck FDP/DVP: Sauerei! – Gegenruf von den Republikanern: Ach, er ist wieder da!)

Gerade in einem Flächenstaat ist es notwendig, dass Amtsgerichte flächendeckend vorhanden sind. Ein Eingangsgericht für alle Rechtsfälle einzurichten würde bedeuten, die Landgerichte zu vergrößern und die ortsnahen Amtsgerichte zu beseitigen. Diese Umstrukturierungsmaßnahmen würden mehrere Millionen Mark kosten. Die Justiz wäre auch nicht mehr so bürgernah. Die geplante Einschränkung der Rechtsmittelmöglichkeiten würde eine erhebliche Beeinträchtigung des Rechtsschutzes bedeuten. Aus diesem Grund lehnt die FDP/DVP-Landtagsfraktion die Pläne der Bundesjustizministerin ab. Ich fordere hiermit die LandesSPD auf, sich ebenfalls gegen diese für den Bürger schädliche Änderung zu wehren.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Bebber SPD: Jetzt nicht ablenken vom Timelag!)

Blinder Aktionismus dient einer funktionierenden, hoch effizienten und qualifizierten Rechtsprechung nicht, sondern schadet. Lassen Sie deshalb die Finger von diesen unsäglichen Änderungsplänen. Wirken Sie auf die Ihrem Landesverband angehörende Bundesjustizministerin ein, und verhindern Sie diese angebliche Reform.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Das Wort erhält Herr Abg. Dr. Schlierer.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wiederholt ist schon dargelegt worden, dass Einsparpotenziale im Justizbereich sehr gering sind, und ich glaube, dass man neben dieser Feststellung noch hinzufügen sollte, dass bei der Abwägung der beiden Gesichtspunkte, nämlich der Sicherung des Rechtsstaats auf der einen Seite und der Frage der Einsparmöglichkeiten in den Haushalten auf der anderen Seite, die Sicherung des Rechtsstaats immer den Vorrang haben sollte. Deshalb sollten wir uns im Zusammenhang mit dem Einzelplan 05 vorrangig um die Möglichkeiten bemühen, die wir haben, um Rechtssicherheit bei uns im Lande über die Justiz zu gewährleisten.

Rechtssicherheit setzt voraus, dass dem Rechtsuchenden sein Recht verschafft und dass Recht durchgesetzt wird. Deshalb sind wir der Ansicht, dass es nicht darum gehen kann, in diesem Bereich die Zahl der Stellen zu reduzieren, sondern ganz im Gegenteil darum gehen muss, in diesem Bereich neue Stellen zu schaffen, wo dies unbedingt erforderlich ist. Das betrifft die beiden Bereiche, die schon angesprochen wurden, nämlich zum einen den Bereich des Strafvollzugs und zum anderen den Bereich der Zwangsvollstreckung.

Beim bestehenden Defizit an Haftplätzen gibt es nach den Ausführungen, die wir bei den Beratungen im Finanzausschuss gehört haben, zumindest insofern Anlass zur Hoffnung, als die Lücke von 800 Plätzen in den nächsten Jahren, wie vom Justizminister angekündigt wurde, geschlossen werden soll. Wir brauchen das notwendige Personal im Vollzug, und zwar nicht nur deshalb, weil wir gerade vor kurzer Zeit in Bruchsal einen spektakulären Ausbruch hatten, sondern auch deshalb, weil wir in den Haftanstalten schon seit Jahren Missstände haben, die man nicht den Vollzugsbeamten anlasten kann, weil sie in der Personalnot begründet sind, die im Vollzug zwangsläufig dazu führt, dass immer mehr Kalfaktoren eingesetzt werden müssen, was bekanntermaßen die innere Sicherheit der Haftanstalten weitgehend untergräbt oder unmöglich macht.

Ich möchte in diesem Zusammenhang nur an die Erfahrungen erinnern, die man beispielsweise bei Untersuchungen in der JVA Mannheim schon vor vielen Jahren gemacht hat. Jeder, der von Berufs wegen ein wenig mit dem Strafvollzug zu tun hat, weiß, wie schwierig es ist, bestimmte Missstände in den Haftanstalten zu unterbinden.

Meine Damen und Herren, ich glaube, dass die Situation, die wir im Vollzug haben, in den kommenden Jahren nicht

einfacher werden wird, sofern sich die Bundesregierung mit ihren Planungen durchsetzen sollte.

(Lebhafte Unruhe)

Herr Präsident, ich wäre Ihnen dankbar, wenn man die Konferenzgruppe im hinteren Teil des Saales vielleicht zur Ruhe bitten könnte.

(Glocke des Präsidenten – Abg. Pfister FDP/DVP: Grüne Konferenzgruppe! Gespräche einstellen!)

Meine Damen und Herren, wären Sie so freundlich, Ihre Gespräche etwas zu reduzieren. – Bitte schön, Herr Abgeordneter, fahren Sie fort.

Ich glaube, dass uns das geplante U-Haft-Vollzugsgesetz mit erheblichen Mehrausgaben belasten wird. Wenn man den bisher vorliegenden Entwurf durchsieht, muss man feststellen, dass bei einer Umsetzung all der in diesem Gesetzentwurf vorgesehenen Änderungen erheblich mehr Personal und wahrscheinlich auch mehr Platz in den U-Haft-Anstalten erforderlich sein wird.

Nun mag man sich im Moment in der Tat noch damit beruhigen, dass nicht alles, was in Berlin heiß gekocht wird, nachher auch entsprechend warm gegessen wird. Aber ich glaube, dass uns zumindest ein Punkt Anlass zum Nachdenken gibt: Wenn solche Planungen in Aussicht stehen, sollte es das Interesse des Landes sein, die vorhandenen Planungen zu einer Modernisierung oder Reform in diesem Bereich möglichst rasch umzusetzen, bevor einen sonst eventuell später Kostenlasten ereilen.

Meine Damen und Herren, in diesem hohen Hause sind wir uns wohl alle einig, dass im Bereich der Gerichtsvollzieher neue Stellen erforderlich sind. Dazu haben wir auch einen eigenen Antrag eingebracht. Es ist allseits bekannt, dass der Rechtsschutz dann leidet, wenn man zwar einen Titel hat, aber selbigen nicht durchsetzen kann. Ich will das an dieser Stelle nicht noch einmal vertiefen.

Lassen Sie mich kurz noch zwei Punkte erwähnen.

Zum einen die Modernisierung der Justiz als Notwendigkeit und zur Ressourcengewinnung: Ich hoffe, Herr Justizminister, dass wir bei der Umsetzung des elektronischen Grundbuchs mit dem Personal- und Mittelansatz, der vorgesehen ist, auskommen werden. Nach den Beratungen, die wir bisher geführt haben, habe ich den Eindruck, dass der bisherige Ansatz nicht realistisch ist. Gleichwohl sollte ein solches Projekt, wenn man es nun begonnen hat, zügig durchgesetzt werden.

Von unserer Seite kann ich nur anbieten, dass wir uns bei allen Bemühungen – und sei es bei entsprechenden Nachtragsberatungen – dafür einsetzen werden, auch dieses Projekt möglichst rasch abzuschließen, damit wir nicht unter Umständen später in eine Situation geraten, in der es schwer fällt, die entsprechenden Mittel zur Verfügung zu stellen.

Lassen Sie mich zum Schluss noch einen Punkt ansprechen: Schon in den letzten Jahren wurden Einsparmaßnahmen im Bereich der nicht justizspezifischen Sachausgaben in Aussicht gestellt. Dazu sollen die Budgetierungsprojekte

dienen. Hier sehe ich allerdings bis heute noch keine klaren Perspektiven. Ich weiß nicht, Herr Minister, inwieweit für die Zukunft entsprechende Perspektiven abschätzbar sind. Wenn wir den Blick nach vorn richten, können wir nur hoffen, dass solche Verfahren tatsächlich zu Kosteneinsparungen bei den Gerichten führen und damit weitere Spielräume ermöglichen.

Ich glaube, mit diesem Haushaltsansatz im Einzelplan 05 kann ein kleiner Schritt nach vorne gemacht werden. Meine Bitte lautet, die Modernisierungsprogramme möglichst zügig umzusetzen, damit auch möglichst rasch entsprechende Spielräume eröffnet werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Republikanern)

Das Wort erhält Herr Abg. Bender für eine sehr kurze Restredezeit.