Nachdem Sie etwas so betreiben, wie Sie das betrieben haben, auch hier hinstehen und sagen: „Jetzt geben wir der neuen Bundesregierung eine an die Backe“, stelle ich fest: So scheinheilig muss man es erst einmal hinkriegen. Wer hat denn zu verantworten, dass die Bayerische Staatsregierung ihre konkurrierenden Strecken bekommen hat, die für die Bahn AG das eigentliche Problem darstellen? Wer hat denn da in Deutschland regiert, als die Entscheidungen dafür getroffen worden sind, dass es in Bayern auf der Schiene läuft, und anschließend der Vorstandsvorsitzende der Bahn AG das Problem hat, zu klären, wie er betriebswirtschaftlich die parallel laufenden Strecken in Ordnung halten soll? Das haben doch alles Sie bewirkt und verantwortet, und Sie haben bewirkt und verantwortet, dass die Spatenstichpolitik in Deutschland bei den Verkehrsbauten gemacht worden ist. Sie haben den Wahnsinn der Privatfinanzierung des Engelbergtunnels ersonnen, mit allen Kosten.
Jetzt rennen Sie in der Gegend herum und sagen, es sei kein Geld mehr da. Das ist an Scheinheiligkeit nicht mehr zu überbieten.
(Lebhafte Zurufe von der CDU, u. a.: Oh! Machen Sie weiter so! Ein Eigentor nach dem anderen! – Unruhe)
hören Sie doch zu! – stellt sich hierhin und sagt, trickreich wie er ist, auf die entsprechenden Vorhaltungen zum Thema Landesstiftung, das sei ein Produkt der großen Koalition. Diesen Versuch hat er hier unternommen. Lieber Gott, Herr Teufel, haben wir im „Ochsen“ – Sie haben es noch nicht begriffen –
(Ministerpräsident Teufel: Gebäudebrandversiche- rung! Daran wird er sich vielleicht nicht mehr erin- nern!)
Sie machen eine Operation, die darin besteht, dass Sie Geld, das Sie haben, nicht dazu verwenden, Schulden abzubauen, sondern dazu verwenden, eine Landesstiftung zu gründen. Was hat das mit der großen Koalition zu tun? Was?
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten des Bünd- nisses 90/Die Grünen – Abg. Haasis CDU: Darü- ber ist im „Ochsen“ beim Vespern sicher auch schon gesprochen worden! – Zuruf von der CDU: Mittagspause!)
Sie machen hier Folgendes: In einer einmaligen Situation, in der Sie Geld hätten, um die Schulden des Landes zurückzuführen, Herr Kollege Pfister, geben Sie das Geld aus, erfinden neue Ausgabenwünsche und kreieren neue Ausgabenprogramme. Das ist das Geheimnis dieser Haushaltsberatungen, Herr Kollege Pfister, nicht irgendeine Kleinigkeit, die Sie da entdeckt haben.
Sie als FDP/DVP müssen der staunenden Öffentlichkeit einmal erklären, warum Sie Unsummen an Privatisierungserlösen nicht zum Schuldenabbau in diesem Land verwenden.
Der Unterschied zwischen Ihrer Haushaltslinie und unserer Haushaltslinie ist ganz einfach: Wir wollen die Erlöse aus der Veräußerung von Landesbeteiligungen zum Abbau von Schulden verwenden. Wir wollen Bildung aus den eingesparten Zinsausgaben für nicht mehr vorhandene Schulden finanzieren. Sie schmeißen das Geld für Neues zum Fenster hinaus, anstatt es zum Schuldenabbau zu verwenden. Das ist die Realität.
(Beifall bei der SPD – Abg. Drexler SPD: Das ist der Unterschied! – Abg. Fleischer CDU: Jetzt ha- ben Sie die Einschaltquote verbessert!)
So schlicht ist das. Da hilft auch kein Drumherumreden. Ich sage Ihnen, staatspolitisch: Wer in einer Zeit, in der zum ersten Mal seit vielen Jahren die Steuereinnahmen steigen, die haushaltspolitische Situation relativ entspannt ist und man dazu sogar noch Erlöse aus dem Verkauf von Landesbeteiligungen hat, nicht die Trendwende in der Staatsverschuldung schafft und stattdessen in einer solchen Zeit neue Ausgaben kreiert, wird die Trendwende bei der Staatsverschuldung nie schaffen. Da können Sie reden und beschließen, was Sie wollen, Sie werden das nie schaffen.
Das ist die Realität. Das ist der Unterschied. Dieser Ministerpräsident gibt mehr Geld aus, als notwendig wäre, und gibt es auch noch in den falschen Bereichen aus: nicht in der Grundlast, nicht in den Schulen, wo wir es wirklich bräuchten, sondern neue Dinge werden erfunden.
Die zentrale Auseinandersetzung mit Herrn Teufel ist die: Er ist jemand, der gern Schulden macht und der gern mit neuen Ausgabenwünschen herumläuft, mit denen er sich dann präsentieren kann. Er ist keiner, der die Korrektur in diesem Landeshaushalt herbeiführt.
Sie hatten andere Ansichten zum Thema „Neuordnung der Bankenlandschaft“ – das kann ich Ihnen vorlesen –, nämlich unsere. Sie hatten andere Ansichten zum Thema „Privatisierung und Verringerung der Staatsverschuldung“. Im Moment sind Sie nur noch der willfährige Hinterherläufer einer Politik, die Sie selbst tausendmal für falsch erklärt haben. So werden sie die CDU nie beerben, Herr Pfister.
Die Alternativen sind also sehr einfach: Entweder man folgt Ihrem Weg, Geld, das man erlöst, in neue Kassen zu deponieren, wie es Herr Teufel macht, natürlich darauf spekulierend – ich merke auch schon, wie das losgeht –, dass viele gesellschaftliche Gruppen jetzt in der Erwartung leben, davon könnte vielleicht für sie etwas abfallen. Das ist ja die Suggestion, die damit auch im Hinblick auf die Wahlen erzeugt werden soll. Also man geht entweder Ihren verhängnisvollen Weg und macht aus 60 Milliarden Schulden 63 Milliarden und dazu noch eine neue Kasse, mit der man dann viele Menschen und viele Gruppen bedienen kann, oder man folgt dem anderen Weg, der heißt: Wenn jetzt die Chance besteht, Schulden zu verringern, dann verringern wir Schulden, und das, was wir dadurch an Zinsen und Tilgung einsparen, geben wir für die Bildung unserer Kinder aus. Da, so finden wir, ist unsere Linie überlegen, und sie trifft und deckt sich mit den Wünschen unserer Bevölkerung.
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Herr Teufel, ich fand Ihre Ausführungen zu der Parteifinanzierungsaffäre der CDU sehr seltsam. Ich will Ihnen schildern, warum. Sie haben sich wortreich gegen Vorwürfe verteidigt, die jedenfalls ich und, wenn ich es richtig gehört habe, auch Herr Maurer nicht erhoben haben. Ich habe in meiner Rede – das können Sie nachlesen – nicht den Vorwurf erhoben, Sie hätten in Baden-Württemberg schwarze Kassen, weil ich die Eigenschaft habe, Vorwürfe erst dann zu erheben, wenn ich sie belegen kann
Sie haben eine halbe Stunde darüber geredet. Aber Sie haben auf einen Punkt nur knapp geantwortet, nämlich auf meine Frage an Sie und auf meinen Vorhalt: Wie konnte es eigentlich sein, dass Sie sechs Jahre lang stellvertretender Bundesvorsitzender waren und nichts von der Praxis und von dem System Kohl, das in der Bundespartei der CDU stattgefunden hat, gemerkt haben wollen? Dazu haben Sie keinen Ton gesagt. Sie haben nur gesagt, Sie hätten nicht gewusst, was Anderkonten sind. Aber ich habe Ihnen die Äußerung Schäubles vorgehalten, die mehrfach gefallen ist, der gesagt hat: „Es war in Präsidium und Vorstand bekannt, dass Kohl über Eigenmittel verfügt.“ Das hat er gegebenenfalls auch immer wieder angezeigt, nach dem Muster: Da haben wir schon eigene Mittel.
Sie, Herr Teufel, haben nie nachgefragt, welche Eigenmittel der Vorsitzende einer demokratischen Partei hat und wie dies im Verhältnis zu Artikel 21 des Grundgesetzes steht. Sie haben nie gefragt: Woher hat er die? Haben wir im Vorstand oder im Präsidium über die Verwendung dieser Mittel beschlossen? Das sind alles normale Dinge, die in demokratischen Parteien üblich sind. Dazu haben Sie kein Wort gesagt. Ich finde es bei Ihnen immer interessant, wozu Sie sich hier wortreich, witzig und lustig auslassen und wozu Sie einfach wegducken und schweigen.
Immer die Sachen, wozu Sie schweigen, sind es, die eigentlich hier in dieses Haus und an diesen Tisch gehören und worauf Sie auch Antworten geben müssten.
Was Sie mit dem Artikel meines Kollegen Kretschmann in der „Welt“ gemacht haben – so nach dem Muster, bei Kuhn und Kretschmann wäre etwas anders –, das stimmt einfach nicht. Sie haben den Artikel nicht richtig gelesen. Ich will einmal darstellen, welche Behauptung Kretschmann aufgestellt hat. Ich finde es hochinteressant, dass Sie diese Behauptung bemerkenswert finden. Ich finde sie nämlich auch bemerkenswert. Kretschmann schreibt:
Dass man sich das in der CDU nicht traut, enthüllt einen patriarchalen, autoritären und paternalistischen Bodensatz, der zwar als traditionell konservativ gelten kann, jedoch einem Konservatismus verbunden ist, der
die Grundprinzipien der Aufklärung – Ausgang des Menschen aus selbstverschuldeter Unmündigkeit – noch immer nicht rückhaltlos akzeptiert hat. Ohne Zivilcourage hat die Demokratie keine Seele und ist der Verführung der Macht ausgeliefert. Wenn „gestandene Männer“ oder „junge Wilde“ alle vor Kohl kuschten, wirft das kein gutes Licht auf die demokratische Kultur der CDU.