Protocol of the Session on January 31, 2001

Die Eltern und die Schüler kriegen nicht mehr Mitspracherechte, aber sie werden mehr zur Kasse gebeten.

(Abg. Birzele SPD: So ist es!)

Wenn ich Sie recht verstanden habe, ist das sogar ein erzieherischer Gedanke: Je mehr die Leute zur Kasse gebeten werden, desto mehr lernen sie den Wert des Geldes zu schätzen. Da sprengt es einem fast die Birne.

(Zuruf des Abg. Haas CDU – Abg. Brechtken SPD: Für die FDP ist das nicht ungewöhnlich! – Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Für die FDP ist das der Anfang und das Ende jeder Lo- gik!)

Denken Sie darüber noch einmal nach; das meine ich als Einladung.

Wenn Sie es mit Kommunalfreundlichkeit und mehr Autonomie wirklich ernst meinen, dann müssen Sie die erforderlichen Finanzmittel erst einmal an die kommunale Seite weitergeben

(Beifall bei der SPD und der Abg. Marianne Erd- rich-Sommer Bündnis 90/Die Grünen)

und die Eltern- und Schülerrechte stärken. Was man aber nicht machen kann, ist die Methode Teufel: die kommunale Seite finanziell zu belasten und dann augenzwinkernd zu sagen: „Wir haben euch zwar Geld weggenommen, aber ihr könnt es euch ja bei den Eltern wieder holen.“ Das ist nämlich die Methode, die Sie hier praktiziert haben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Abg. Haas CDU: Das ist die Methode Eichel!)

Das führt im Ergebnis zu gewaltigen Beschädigungen der Chancengleichheit, Frau Ministerin, die Sie zu verantworten haben.

Wie gesagt, so hat man es bei der Schülerbeförderung gemacht. Man hat gesagt: „Das ist dann eine Frage, wie die kommunalen Verkehrsträger das handhaben werden“ – sie handhaben es natürlich auch unterschiedlich –, „haltet euch gefälligst in Zukunft an sie.“ Ihre Mogelpackung von der „verlässlichen Grundschule“ ist die Zuspitzung dieses Prinzips.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Oh-Rufe von der CDU – Abg. Heiderose Berroth FDP/DVP: Was hat das mit der Lernmittelfreiheit zu tun?)

Wenn wir schon beim Vergleich mit anderen Ländern sind: Es ist in der Tat ein großer Unterschied, ob zum Beispiel wie in Hamburg die verlässliche Grundschule als ein Angebot des Staates finanziert und als qualifizierter Unterricht angeboten wird

(Zuruf der Abg. Dr. Eva Stanienda CDU)

oder ob man, wie Sie es hier treiben, eine Betreuung veranlasst, die dann nur von 8 % angenommen wird, weil sie damit verbunden ist, dass entweder die Eltern oder die Kommunen das Ganze bezahlen dürfen. Das ist ein gewaltiger Unterschied.

(Beifall bei der SPD – Abg. Haas CDU: Sie haben keine Ahnung, Herr Maurer! – Abg. Hans-Michael Bender CDU: Hören Sie doch auf!)

Damit wir uns recht verstehen: Es ist ein schwerer Verstoß gegen die Chancengleichheit, dass wir mittlerweile in Baden-Württemberg je nach Gemeinde riesige Unterschiede haben bei dem, was man im Namen der Freiheit bezahlen darf

(Abg. Zeller SPD: Bis zu 180 DM!)

für den Besuch der Grundschule, für Lernmittel, für Schülerbeförderung. Was soll das mit Chancengleichheit zu tun

haben? Wer in der falschen Gemeinde lebt, hat nach Ihrer Methode dann eben Pech gehabt.

Ich sage Ihnen: Unsere Verfassung sagt bisher noch – aber man könnte fast meinen, Sie wollten sie ändern –: Eine gute Schule ist eine Bringschuld des Staates, des Landes Baden-Württemberg. Diese

(Abg. Seimetz CDU: Haben wir!)

werden wir wieder herstellen. Es muss Schluss damit sein, dass Sie sich Ihrer finanziellen Verantwortung schrittweise entziehen. Ich sehe schon, wie Sie Ihren grandiosen Parteitagsbeschluss revidieren wollen. Wahrscheinlich dürfen dann auch die Kommunen und die Eltern darüber streiten, wer die Laptops bezahlen muss. Stehen Sie endlich zu Ihrem Verfassungsauftrag,

(Abg. Haas CDU: Und Sie gehen zurück in die ers- te Klasse!)

und garantieren Sie in diesem Land eine Schule,

(Abg. Haas CDU: Keine Ahnung von der Schule!)

die vom Staat auch ausgestattet und bezahlt wird und die damit auch die Chancengleichheit wieder garantiert.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten des Bünd- nisses 90/Die Grünen – Abg. Haas CDU: Null Ah- nung, der Maurer!)

Das Wort erteile ich Herrn Abg. Rau.

Herr Maurer, Sie mögen sich noch so mühen: Ihre Botschaft kommt nicht rüber, weil sie sachlich kein Fundament hat.

(Beifall bei der CDU – Lachen bei der SPD)

Wenn Sie hier voller Geifer über die verlässliche Grundschule reden, dann nehmen Sie einfach einmal zur Kenntnis: Das, was wir getan haben, entspricht dem Bedürfnis der Familien. Genau danach haben wir die Schulen eingerichtet.

(Beifall bei der CDU – Lachen bei der SPD)

Wir haben uns noch immer geweigert, Ideologie zur Grundlage von schulpolitischen Entscheidungen zu machen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Oh-Rufe von der SPD)

Wir haben die Grundschule so eingerichtet, dass die Familien von der Zeiteinteilung der Grundschule profitieren.

(Zurufe von der SPD)

Ihre Bedürfnisse sind durch den regelmäßigen Unterricht so gut wie gedeckt. Wer darüber hinaus der Betreuung bedarf, bekommt diese Betreuung. Die Zahlen belegen dies: An 80 % der Schulen besteht die Gelegenheit dazu. Das ist eine Erfolgsgeschichte. Diese lassen wir uns nicht nehmen.

(Beifall bei der CDU)

Sie versuchen hier, das Thema Chancengleichheit am ungeeigneten Objekt hochzuziehen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf von der CDU: Richtig!)

Das Objekt ist deshalb ungeeignet, weil es einem Ländervergleich überhaupt nicht standhält.

(Lachen bei der SPD – Abg. Birzele SPD: Verfas- sung!)

Dann wäre es um die Chancen in den anderen Bundesländern noch viel miserabler bestellt.

(Abg. Birzele SPD: Verfassung!)

Was die Verfassung angeht, so sage ich Ihnen noch einmal: Es adelt Sie ja, dass Sie hier das gleiche Verfassungsverständnis wie Herr König haben. Darüber sollten Sie einmal nachdenken.

(Lachen des Abg. Hans-Michael Bender CDU – Abg. König REP: Jetzt bin ich im Boot von den Sozis! – Zuruf des Abg. Wintruff SPD)

Es geht um eine Entscheidung, die in der mündlichen Begründung die Lernmittelverordnung und das Gemeindehaushaltsstrukturgesetz mit keinem Wort infrage gestellt hat. Wir werden das, was sich aus diesem Urteil ergibt, in den Gesprächsrunden mit den kommunalen Landesverbänden umsetzen, damit klar ist, dass der Verfassung auf jeden Fall Genüge getan wird. Dies ist ein eindeutiger Auftrag, den wir natürlich auch annehmen.

(Beifall bei der CDU – Abg. Drexler SPD: Das hätten Sie schon vorher machen müssen!)

Das Wort erteile ich Frau Abg. Berroth.

Meine Damen und Herren! Die Kollegen der Opposition müssen offensichtlich auf andere Themen ausweichen, weil das jetzt aufgerufene Thema nicht genug hergibt.