Helmut Rau
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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben wieder einmal das alte Lamento der SPD gehört.
Die Regierung wird darauf die angemessene Antwort geben.
Sie haben vom Fackellauf gesprochen. Nehmen Sie dann aber auch zur Kenntnis, wie viele Schulleiter gerade in diesen Tagen öffentlich erklären, dass die Unterrichtsversorgung an ihren Schulen in Ordnung ist.
Das hängt mit unserer Politik und nicht mit Ihrer destruktiven Haltung zusammen.
Ich will etwas anderes in den Mittelpunkt meines Debattenbeitrags stellen, nämlich die Frage, was von den Ankündigungen der SPD zu halten ist. Die SPD hat ja für die Wahlen ein Wahlprogramm – 5 000 Lehrerstellen und ein Bündel von Versprechungen – in die Öffentlichkeit gebracht, und ich möchte es kurz kommentieren.
Im Programm stehen 1 000 Stellen pro Jahr und das Versprechen, ab 2001, ab diesem Sommer, den Fremdsprachenunterricht in der Grundschule einzuführen. Dazu bräuchten Sie zu den bereits beschlossenen 940 Stellen weitere 400 allein im ersten Jahr und fast 1 600 in der Legislaturperiode. Mit 1 000 Stellen pro Jahr können Sie Ihr Versprechen schon in diesem Jahr nicht einlösen, ganz zu schweigen von der Notwendigkeit der Qualifizierung der Lehrer.
Oder gehen Sie davon aus, dass jetzt alles plötzlich per Naturtalent erledigt wird?
Sie wollen 1 000 Stellen pro Jahr, und Sie versprechen eine Grundschule mit täglich fünf Zeitstunden Unterricht. Doch allein dafür braucht man 3 500 Lehrerstellen. Sie haben schon mit Ihren Versprechungen zum Fremdsprachenunterricht und zur verlässlichen Grundschule
die ganzen 5 000 Stellen in dieser Legislaturperiode verzockt
und noch nichts zur Unterrichtsversorgung an sich beigetragen.
Ich rede über das, was Sie an den Schulen anrichten würden. Die anderen Antworten bekommen Sie sicher von der Landesregierung.
Sie versprechen 1 000 Stellen pro Jahr und die massive Ausweitung der Ganztagsschulen für alle Schularten.
Wenn Sie nur 100 zweizügige Hauptschulen, 100 dreizügige Realschulen und 50 dreizügige Gymnasien nehmen, haben Sie schon fast 1 200 Stellen allein für die Einrichtung der Ganztagsschulen verbraucht. Sie stellen doch Zahlen in den Raum, die mit den bildungspolitischen Konzepten, die Sie vorlegen, überhaupt nicht in Einklang zu bringen sind.
Ihre Politik ist voller Widersprüche, und es ist wichtig, dass die Leute das erkennen.
1 000 Stellen pro Jahr! Im Jahr 2003 müssen wir die Vorgriffstunden zurückführen, was allein den Gegenwert von 1 300 Stellen ausmacht. In unserem Konzept zur Unterrichtsversorgung ist dies enthalten.
Mit Ihrem Konzept von 1 000 Stellen pro Jahr ist das Versprechen überhaupt nicht einzulösen.
Bei 1 000 Stellen pro Jahr haben Sie alles bereits mehrfach verbraucht und noch nichts getan, um den Zuwachs von 20 000 Schülern aufzufangen.
Das alles würden Sie uns zumuten, das alles wollen Sie uns zumuten.
Was für ein Chaos wollen Sie eigentlich an unseren Schulen anrichten?
Ich glaube, dass Sie gar kein Chaos anrichten wollen, weil Sie selbst nicht daran glauben,
dass Sie je die Chance bekommen, dieses Programm in die Wirklichkeit umzusetzen. Das ist der Hintergrund Ihrer Versprechungen.
Sie sprechen von den Eltern. Da ist übrigens ganz interessant, dass in Ihrem Programm entgegen Ihren vielen Versprechungen gegenüber den Eltern keine Absenkung des Klassenteilers enthalten ist. Ziehen Sie daher nicht mehr über die Lande mit dem Versprechen, Sie würden das tun! Sie können das so wenig tun wie alles andere, was Sie im Zusammenhang mit den angekündigten 5 000 Stellen in den Raum gestellt haben.
Entscheidend ist, wie am Ende Wort und Tat übereinstimmen.
Ich erkläre noch einmal: Wir haben mit Beschlüssen dieses Landtags 2 540 Stellen
und eine Springerreserve geschaffen,
die 660 Lehrerstellen entspricht.
Hören Sie auf!
Damit haben wir unser Versprechen nicht nur erfüllt, sondern gemäß dem Bedarf, den wir erkannt haben, übererfüllt.
Weil wir das letzte Versprechen erfüllt haben, werden wir das nächste Versprechen mit 5 500 Stellen genauso erfüllen.
Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Kollegin Rastätter hat vorhin vor allen Dingen auch auf die Hauptschulen abgehoben und beklagt, dass das EBA abgebaut worden sei. Haben Sie auch zur Kenntnis genommen, Frau Kollegin Rastätter, dass wir ein moderneres Programm – IMPULSE Hauptschule – aufgebaut haben, weil wir den differenzierten Förderbedarf in den Hauptschulen erkannt haben, und dieses Programm gezielt umsetzen?
Da möchte ich Ihnen sagen: Werfen Sie einmal einen Blick in das Programm Ihres virtuellen Koalitionspartners,
und schauen Sie einmal nach, was da zu den Hauptschulen steht: ein allgemeines Konzept zur Stärkung der Hauptschule. Schauen Sie sich in den Bundesländern um, in denen Sie die Verantwortung tragen. Es gibt in keinem einzigen SPD-regierten Land noch eine vollständige Hauptschule.
Experimente von vorne bis hinten, ausgetragen auf dem Rücken der Kinder, die in der Hauptschule eine angemessene Förderung ihrer Fähigkeiten brauchen. Es ist ganz gut, dass es die Gelegenheit gibt, das hier noch anzuführen.
Zum Begriff „arbeitslose Lehrer“: Entweder Lehrer sind arbeitslos, dann sind sie für uns auf dem Arbeitsmarkt leicht zu erreichen, oder sie haben eine Ausbildung gemacht und sind heute in den unterschiedlichsten Berufen tätig, dann stimmt aber die Bezeichnung „arbeitslos“ nicht mehr. Es gibt bei uns praktisch keine arbeitslosen Lehrer mehr, weil alle, die diese Ausbildung durchlaufen haben, einem Beruf nachgehen.
Wir hatten mehr in der Ausbildung, als wir in der Schule aufnehmen konnten; das ist richtig.
Alles andere ist eine irreführende Aussage.
Dann haben Sie gesagt, die Krankheitsreserve müsste wesentlich mehr als 660 Springer umfassen.
Das umfasst sie ja heute schon. Wir haben nicht nur die Springerreserve, sondern wir haben Krankheitsvertretungen auf der Basis von Nebenlehrerverträgen,
die etwa einen Gegenwert von rund 1 000 Stellen haben. Das heißt, wir haben eine Krankheitsvertretung, die de facto bei etwa 1 600 Stellen liegt.
Sie steht uns tatsächlich zur Verfügung.
Herr Zeller, der Landtag von Baden-Württemberg hat die Haushalte beschlossen, in denen diese Stellen enthalten sind. Ich nehme an, Sie werden es nachher noch einmal versuchen und werden noch einmal unter Beweis stellen, dass Sie noch nicht einmal verstanden haben, was wir hier im Hause beschlossen haben: 2 540 Stellen in den Haushalten der laufenden Legislaturperiode. Damit ist unser Wahlversprechen erfüllt.
Sie werden doch wissen, wann die Legislaturperiode endet. Es wäre ja schön, wenn es auch Ihre letzte wäre, aber ich befürchte, dass wir Sie weiterhin ertragen müssen.
Wir haben Ihre Rechenkünste schon bei der verlässlichen Grundschule kennen gelernt. Sie fordern fünf Zeitstunden Unterricht und berechnen, dass Sie dafür 600 Stellen brauchen. Sie brauchen 3 500! Aber das ist nur ein Beispiel für das Chaos, das Sie in diesem Lande anrichten würden, wenn Sie an die Regierung kämen. Sie bräuchten das Doppelte dessen, was Sie an Einstellungen ankündigen, um Ihre Versprechen wahr zu machen. Da ist es besser, man glaubt Ihren Versprechen erst gar nicht.
Nein, heute machen wir es milde.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst danke ich der Landesregierung für die gründliche Antwort, die sie uns auf die Große Anfrage gegeben hat. Die Antwort belegt, dass die Grundschule im Mittelpunkt der Reformarbeit der Landesregierung steht.
Die 2 500 Grundschulen in unserem Lande haben den Auftrag, die Vielfalt kindlicher Begabungen in erzieherische Prozesse umzusetzen. Diese Vielfalt spiegelt gleichzeitig wider, wie wir auf den Förderbedarf von Kindern zwischen sechs und zehn Jahren eingehen.
Die Grundschule hat sich einem Prozess der inneren Schulreform und der Schulentwicklung unterworfen, der dazu geführt hat, dass wir heute mit Fug und Recht sagen können, dass wir eine moderne Grundschule in unserem Land haben. Die unterschiedlichsten Arbeitsformen kommen zum Zuge. Der Unterricht wird rhythmisiert. Wir haben offene Unterrichtsformen, und ganzheitliches, fächerverbindendes Lernen, Freiarbeit und Projektunterricht finden statt.
Alle Diskussionen, die hier im Hause angezettelt wurden, um unter Beweis zu stellen, dass wir eine ganz andere Grundschule bräuchten, sind ins Leere gegangen. Unsere Grundschule ist pädagogisch auf der Höhe der Zeit. Was wir an zusätzlichen Reformimpulsen gegeben haben, hatte zum Teil auch eine familienpolitische Motivation; darauf komme ich nachher noch zu sprechen.
Wir wollen die Entwicklungspotenziale der Kinder stärken, ihnen Freude am Lernen und an der Leistung vermitteln, sie auf dem Weg in die Selbstständigkeit begleiten und ihre Persönlichkeit stärken. Dazu muss das Land eine verlässliche Partnerschaft in der Politik anbieten. Das Land muss
Prozesse auf den Weg bringen, die der ständigen Weiterentwicklung dienen. Da sind in der letzten Legislaturperiode beachtliche Schwerpunkte gesetzt worden.
Voraussetzung war und ist zu jedem Zeitpunkt eine vernünftige Unterrichtsversorgung in den Schulen des Landes. Deswegen haben wir in den vergangenen Jahren Jahr für Jahr Lehrer eingestellt und einen Versorgungsschwerpunkt in den Grundschulen gesetzt. Wir hatten in der Grundschule über die ganze Legislaturperiode hinweg konstante Klassengrößen; Sie können das der Antwort auf die Große Anfrage entnehmen. Die durchschnittliche Schülerzahl in der Grundschule liegt immer um 22,5 Schüler pro Klasse. Dass wir es, wie hier immer wieder in den Raum gestellt wurde, mit ständig steigenden Klassengrößen zu tun hätten, trifft für diesen Bereich überhaupt nicht zu.
Wir haben das vor fünf Jahren gegebene Wahlversprechen zur Lehrereinstellung eingehalten. Wir haben damals gesagt: Wir brauchen in der neuen Legislaturperiode zusätzlich 2 500 Lehrerinnen- und Lehrerstellen. Wir haben in den Haushalten dieser Legislaturperiode 2 540 Stellen geschaffen. Wir haben unser Versprechen also übererfüllt; ich halte das gerade in Zeiten enger Haushalte für eine großartige Schwerpunktsetzung und Leistung unserer Fraktionen und der Landesregierung.
Das machen wir nachher. Ich möchte zuerst das Thema Unterrichtsversorgung im Zusammenhang zu Ende behandeln.
Sie haben kürzlich eine Statistik zum Unterrichtsausfall bekommen und dabei gesehen, dass wir im Bereich der Grundschule auf den sagenhaften Wert von 0,9 % Unterrichtsausfall gekommen sind. Das ist der niedrigste Wert seit langem und belegt auch, welchen Schwerpunkt wir auf die Unterrichtsversorgung gelegt haben.
Das ist gelungen durch die Einführung einer Springerreserve im letzten Sommer. Das sind 660 Lehrerinnen und Lehrer, die mit bis zu ganzen Deputaten für Vertretungen zur Verfügung stehen. Das ist eine erhebliche Kraftanstrengung, und ich sage heute voraus, dass wir im Finanzausschuss am 8. Februar einen Beschluss herbeiführen wollen, der beinhaltet, dass die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass im nächsten Schuljahr wiederum 660 Springerinnen und Springer eingestellt werden können. Wir werden das nicht als einmalige Aktion durchführen, sondern wir werden dies verstetigen. In der nächsten Woche wird der Beweis dafür im Finanzausschuss geführt.
Ich möchte kurz zu einigen Punkten Stellung nehmen, die uns im Zusammenhang mit der Weiterentwicklung der Grundschule besonders wichtig waren.
Der erste Punkt ist der „Schulanfang auf neuen Wegen“. Hier hat eine ganz beachtliche Entwicklung stattgefunden. Wir wollten den Kindern zwischen fünf und sieben Jahren
die Möglichkeit geben, in einem ihrer Entwicklung gemäßen Alter in die Schule zu kommen und nicht mehr nur in Abhängigkeit von einem Stichtag die Schule zu beginnen. Das hat dazu geführt, dass die Zahl der Zurückstellungen um 50 % zurückgegangen ist und dass gleichzeitig so viele Kinder, wie zurückgestellt werden, auch früher eingeschult werden. Die Pädagogik dieser ersten beiden Grundschuljahre wurde so weiterentwickelt, dass wir hier heute eine Möglichkeit der Begleitung für die Kinder in den ersten zwei Schuljahren geben können, die ganz und gar auf ihre Entwicklung abgestellt ist. Davon gehen sehr viele Impulse für die Lernfreudigkeit dieser Kinder aus.
Wir haben mit Beginn dieses Schuljahres die verlässliche Grundschule ins Werk gesetzt. Ich habe vorhin gesagt, dass Familienpolitik auch eine Rolle gespielt hat. Die Grundschule selbst hat keiner qualitativen Veränderung in diesem Sinne durch einen neuen Bildungsplan bedurft, sondern wir wollten für die Familien die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sie sich darauf verlassen können, dass ihre Kinder jeden Tag zur gleichen Zeit in die Schule gehen und zur gleichen Zeit nach Hause kommen. Das ist durch die Konzeption, wie wir sie gemeinsam mit den kommunalen Trägern eingeführt haben, bedarfsgerecht und damit vernünftig erfüllt worden.
Wir haben das Thema Fremdsprache in der Grundschule auf die Tagesordnung gesetzt, und im Sommer dieses Jahres werden über 400 Schulen ab Klasse 1 die Fremdsprache in der Grundschule einführen, die restlichen Grundschulen nach zwei weiteren Jahren der Erprobung. Dieses Konzept ist ehrgeizig und unterscheidet sich gravierend von allem anderen, was in der Grundschule zum Thema Fremdsprache bisher gemacht wurde. Es berücksichtigt alle Erkenntnisse über das frühkindliche Sprachenlernen und führt dazu, dass wir künftig durch ein anwendungsorientiertes Sprachenlernen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass in allen weiterführenden Schulen darauf aufgebaut werden kann.
Man gestatte mir den Hinweis, dass mir ein besonderes Anliegen war, dass wir vor allem am Oberrhein auch ein Grundschulangebot Französisch haben werden, weil dies für die Zukunftschancen der Kinder und Jugendlichen in diesem Raum von elementarer Bedeutung ist.
Herr Präsident, wenn Herr Zeller seine Zwischenfrage noch stellen will, dann würde ich sie beantworten, aber nur, wenn die Anzeige der Restredezeit nicht weiter läuft, damit ich für die zweite Runde noch ein bisschen Zeit habe.
Dann beende ich hiermit den ersten Teil.
Danke schön.
Ich habe noch Redezeit, Herr Kollege Dr. Caroli. Wenn Sie die Grundschule nicht interessiert, wenden Sie sich einfach etwas anderem zu.
Ich glaube, dass einige Dinge noch richtig gestellt werden müssen. Wenn ausgerechnet Kollege Zeller hier verkündet, die Regierung habe bei der Einführung des Fremdsprachenunterrichts geschlafen und dafür sei zu wenig vorgesehen, dann muss ich Sie daran erinnern, dass Sie hier vor drei Monaten einen Antrag eingebracht haben, wonach wir mit dem Fremdsprachenunterricht in der Grundschule in Klasse 3 beginnen sollen. Was für ein Quatsch! Wir beginnen damit in Klasse 1, weil nur das eine vernünftige pädagogische Konzeption für das frühe Fremdsprachenlernen ist.
Sie haben doch überhaupt keinen Grund, hier bei diesem Thema irgendetwas anzumahnen.
Als Nächstes haben Sie gesagt, wir hätten nichts gegen große Klassen getan.
Ja, gerne.
Das freut mich, Herr Präsident.
Das meiste von dem, was Sie hier gesagt haben, ist falsch, wie Sie sich denken können.
Sie waren ja zwischen 1992 und 1996 beklagenswerterweise mit in der Landesregierung. Ich erinnere mich, dass wir damals über bildungspolitische Inhalte auch miteinander gesprochen haben. Von Ihrer Seite ist nie die Forderung nach Einführung des Fremdsprachenunterrichts in der Grundschule erhoben worden. Wir haben das in dieser Legislaturperiode auf die Agenda gesetzt.
Was der Ministerpräsident angekündigt hat – darauf komme ich jetzt –, war die Einführung des Fremdsprachenunterrichts in der Grundschule ab dem Jahr 2001. Sie können das im Protokoll des Landtags nachlesen. Das Wort „flächendeckend“ ist dabei nicht gebraucht worden, weil uns bei den vorbereitenden Arbeiten klar war, dass wir eine Modellphase brauchen, um einerseits Erkenntnisse zu sammeln und um andererseits die Lehrerfortbildung in dieser Zeit gewährleisten zu können. Wir brauchen die dazu ausgebildeten Lehrer, um den Fremdsprachenunterricht auch durchführen zu können. Deswegen sind jetzt rund 20 % der Grundschulen an der Modellphase beteiligt. Das ist nicht ein kläglicher Teil, sondern das ist ein ganz ordentlicher Teil, der uns die notwendigen Erkenntnisse für die weitere Umsetzung geben wird.
Die Einführung des Fremdsprachenunterrichts in der Grundschule ist also auf einem guten Weg. Da Sie hier noch vor einem Vierteljahr mit „Klasse 3“ ins Feld gezogen sind, müssten Sie dankbar sein, dass Sie bei uns etwas lernen konnten.
Dann kommen Sie hier mit dem Thema „große Klassen“ an. In der Beantwortung der Anfrage steht, dass die durchschnittlichen Klassengrößen in der Grundschule trotz steigender Schülerzahlen konstant bei 22,5 Schülern geblieben sind. So viele kleine Klassen auf dem Land kann es gar nicht geben, dass die von Ihnen angeführten Stadtklassen alle 31 Schüler hätten.
Das ist doch ein Horrorgemälde. Frau Rastätter schließt sich dem natürlich gerne an. Es wird dadurch nicht richtiger. Das ist etwas, was die Opposition halt gerne in diesen Zeiten behaupten will, aber es wird durch die Realitäten nicht gedeckt.
Zum Thema Integration. Sie haben behauptet, wir hätten nichts für die Integration getan. Wir haben ein differenziertes Konzept zur Integration behinderter Kinder in diesem Land geschaffen, und nur das macht Sinn. Wir haben eine
Diskussion geführt, die von Ihrer Seite immer mit einer radikalen Lösung versehen war. Wir sind der Meinung, durch dieses Konzept muss gerade bei behinderten Kindern auf das einzelne Kind eingegangen werden können. Das tun wir in der Abstufung integrative Schulentwicklungsprojekte, Außenklassen und natürlich auch Weiterführung der Sonderschulen. Damit sammeln wir fortlaufend Erfahrungen. Das Entscheidende ist: Das Kind muss im Mittelpunkt der Entscheidung stehen und nicht irgendein Grundsatz, den Sie hier abstrakt formulieren.
Zum Schluss will ich noch etwas zum Thema Ganztagsschule sagen, weil Frau Rastätter dieses Thema hier eingeführt hat. Wir haben erst kürzlich im Schulausschuss darüber gesprochen. Alle Anträge von Schulträgern auf Einrichtung von Ganztagsschulen sind vom Kultusministerium genehmigt worden. Das ist überhaupt kein Problem. Es gibt hier keine ideologische Sperre, aber es gilt das Gleiche wie für die verlässliche Grundschule: Die Dinge werden bedarfsgerecht eingeführt und nicht,
weil wir eine abstrakt-theoretische Forderung danach erheben. Es ist gut für dieses Land, dass wir bedarfsgerechte Bildungspolitik betreiben.
Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Was uns hier gerade vorgeführt wurde, ist schon allerhand. Vielleicht sollte Herr Maurer nicht nur das nachlesen, was man ihm aufschreibt,
sondern einmal einen Blick ins Urteil werfen.
Dann würde er feststellen, dass ein Einzelfall Gegenstand dieses Urteils war
und dass das Haushaltsstrukturgesetz in diesem Urteil überhaupt nicht infrage gestellt worden ist,
sondern dass es darum ging, wie dieses Gesetz Anwendung findet. Dafür sind in der Tat Grenzen gezogen worden, die Anlass dazu geben, dass wir mit den Betroffenen noch einmal ins Gespräch treten. Dies ist auch Gegenstand unseres eigenen Antrags.
Derzeit tagt eine gemeinsame Arbeitsgruppe der Landesregierung und der kommunalen Landesverbände. Dabei geht es um die Sachkosten der Schulen, und dort gehört dieser Sachverhalt hin. Alles andere ist eine maßlose Überinterpretation des Herrn Maurer.
Es war auch klar, dass am Ende seiner Einlassungen das Thema „Wiederherstellung von Chancengleichheit“ eine Rolle spielen musste.
Die Chancengleichheit aller Schülerinnen und Schüler in diesem Bundesland ist in vollem Umfang gewahrt
und wird durch einen Betrag in der Größenordnung, um die es hier geht, nicht infrage gestellt.
Genau das tun wir ja. Dieses Gesetz ist seit vier Jahren in Kraft. Innerhalb von vier Jahren hat ein einziger Elternteil wegen eines Betrags von 9,90 DM geklagt. Da wollen Sie mir sagen, dass von der Elternschaft in ihrer ganzen Breite die Chancengleichheit in diesem Land infrage gestellt würde. Das ist doch wohl eine maßlose Übertreibung, die Sie hier vornehmen.
Wir haben bei der Neuordnung der kommunalen Finanzen unter der Beteiligung des Landes dafür gesorgt, dass den Schulen Pauschbeträge zur Verfügung gestellt werden, die dazu dienen sollen, solche Lernmittel zu kaufen, die nicht ausdrücklich in der Lernmittelverordnung aufgeführt sind. Dafür stehen jeder Schule Mittel zur Verfügung. Wir halten sehr viel von dem Ansatz, den Schulen ein Budget zu geben, mit dem sie eigenverantwortlich umgehen müssen.
Die Schulen sind überhaupt nicht schuld. Die Schulen sollen – auch gemäß ihren eigenen Vorstellungen – mehr Kompetenzen erhalten. Es ist ein Teil der Kompetenz von Schulen, wenn sie ein eigenes Budget erhalten, um Lernmittel zu erwerben, die sie dann für den Unterricht einsetzen können.
Die Chancengleichheit im Land Baden-Württemberg wird dadurch in keiner Weise berührt.
Ich denke, es schadet nicht, wenn man sich Beispiele vor Augen führt, wie es in anderen Ländern gemacht wird. Unser Nachbarland Rheinland-Pfalz kennt überhaupt keine grundsätzliche Lernmittelfreiheit. In Rheinland-Pfalz können lediglich Familien, die unterhalb einer niedrig bemessenen Einkommensgrenze liegen, einen Zuschuss beantragen, um die Lernmittel der Kinder bezahlen zu können.
Dort werden für ganz normale Schulbücher, die im täglichen Gebrauch sind, von allen Eltern, auch von den sozial schwächsten, Beiträge verlangt.
Also kommen Sie mir hier doch nicht mit dem Thema Chancengleichheit daher.
In der zweiten Runde. Ich lasse ein bisschen Redezeit übrig. Ich will das jetzt zu Ende führen.
Ich habe klar gesagt: Diese Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs besitzt nicht mehr politische Dimension als die Tatsache, dass wir gemeinsam mit den Kommunen eine Klarstellung darüber erreichen müssen, was künftig vom Schulträger und von der Schule übernommen werden muss und was für die Eltern ein zumutbarer Betrag ist. Genau in dieser Größenordnung behandeln wir das politische Thema, und alles andere, was hier gesagt wurde, weisen wir entschieden zurück.
Ich danke Ihnen.
Herr Maurer, Sie mögen sich noch so mühen: Ihre Botschaft kommt nicht rüber, weil sie sachlich kein Fundament hat.
Wenn Sie hier voller Geifer über die verlässliche Grundschule reden, dann nehmen Sie einfach einmal zur Kenntnis: Das, was wir getan haben, entspricht dem Bedürfnis der Familien. Genau danach haben wir die Schulen eingerichtet.
Wir haben uns noch immer geweigert, Ideologie zur Grundlage von schulpolitischen Entscheidungen zu machen.
Wir haben die Grundschule so eingerichtet, dass die Familien von der Zeiteinteilung der Grundschule profitieren.
Ihre Bedürfnisse sind durch den regelmäßigen Unterricht so gut wie gedeckt. Wer darüber hinaus der Betreuung bedarf, bekommt diese Betreuung. Die Zahlen belegen dies: An 80 % der Schulen besteht die Gelegenheit dazu. Das ist eine Erfolgsgeschichte. Diese lassen wir uns nicht nehmen.
Sie versuchen hier, das Thema Chancengleichheit am ungeeigneten Objekt hochzuziehen.
Das Objekt ist deshalb ungeeignet, weil es einem Ländervergleich überhaupt nicht standhält.
Dann wäre es um die Chancen in den anderen Bundesländern noch viel miserabler bestellt.
Was die Verfassung angeht, so sage ich Ihnen noch einmal: Es adelt Sie ja, dass Sie hier das gleiche Verfassungsverständnis wie Herr König haben. Darüber sollten Sie einmal nachdenken.
Es geht um eine Entscheidung, die in der mündlichen Begründung die Lernmittelverordnung und das Gemeindehaushaltsstrukturgesetz mit keinem Wort infrage gestellt hat. Wir werden das, was sich aus diesem Urteil ergibt, in den Gesprächsrunden mit den kommunalen Landesverbänden umsetzen, damit klar ist, dass der Verfassung auf jeden Fall Genüge getan wird. Dies ist ein eindeutiger Auftrag, den wir natürlich auch annehmen.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die SPD versucht, mit dieser Aktuellen Debatte heute künstliche Aufregung zu produzieren.
Was der Zweck der Übung sein soll, hat Herr Kollege Reinelt mit seinen Einlassungen soeben deutlich gemacht. Er hat sich einerseits lau von Herrn Hochhuth distanziert, um andererseits von einer Verneigung nach rechts zu sprechen – eine unsinnige Konstruktion. Ich werde deswegen zur Sache und nicht zu Herrn Reinelt reden.
Was ist denn der Vorgang? Eine Lektüre Hochhuths, „Eine Liebe in Deutschland“, ist im Kanon für die Oberstufe an beruflichen Gymnasien enthalten. Diese Lektüre ist aufgrund eines Vorschlags aus dem Jahr 1996 zum Lesegebot erhoben worden; und es ist nichts anderes passiert, als dass daraus in diesem Schuljahr wieder ein Leseangebot gemacht wurde. Hochhuths Werk ist nicht aus der Lektüreliste des Kultusministeriums zurückgezogen worden. Dieses Buch kann gleichberechtigt mit zahlreichen anderen Werken der Literatur weiterhin in den Schulen BadenWürttembergs gelesen und bearbeitet werden. Es ist um der Chancengleichheit im Abitur willen aus einer Pflichtlektüre eine Kann-Lektüre gemacht worden. Das ist der ganze Vorgang, der hier aufgebauscht wird.
Ich verharmlose nicht. Sie kriegen noch einiges zu hören. Ich habe zwei Runden und teile mir meine Zeit ein.
Die Begründung dafür ist, dass wir keine Sekundärliteratur haben, um dieses Buch im Unterricht verantwortlich behandeln zu lassen. Wenn Sie eine Recherche machen, dann stellen Sie fest, dass außer den Presseartikeln der Erscheinungsjahre keine weitere Sekundärliteratur vorliegt.
Die Literaturwissenschaft der letzten 20 Jahre hat dieses Buch nicht bearbeitet,
und das aus guten Gründen.
Das ist so. Recherchiert, alles recherchiert!
Deswegen ist es problematisch, dieses Buch heute den Abiturientinnen und Abiturienten zur verpflichtenden Lektüre zu machen, weil es gute Gründe gebe, sich mit diesem Buch anhand von Sekundärliteratur auseinander zu setzen. Ich teile nicht das Urteil mehrerer Kommissionsmitglieder, die sagen, das ginge auch ohne Sekundärliteratur.
Was dann passiert ist, war eine maßlose Kritik vonseiten des Herrn Hochhuth, dass – ich zitiere – „die Rechtsradikalen in der BRD sich nun auch in den Spitzen der Ministerialbürokratie austoben“. Das ist eine Unverschämtheit gegenüber der baden-württembergischen Landesregierung, gegenüber den Beamten dieses Landes, die nach pflichtgemäßem Ermessen hier eine Entscheidung getroffen haben, die mit der Begründung sehr wohl zu vertreten ist.
Die baden-württembergische Kultusministerin, so Hochhuth weiter, schwimme auch auf einer Welle von Neonazismus mit.
Sie haben soeben in diesen Chor eingestimmt, Herr Reinelt, auch wenn Sie eine laue Abgrenzung vorgetragen haben.
In Wirklichkeit wollen Sie hier den Eindruck erwecken, als ob Sie alte Schlachten noch einmal schlagen könnten und daraus auch noch einmal Hoffnung saugen könnten für irgendwelche politische Stimmungen. Das wird Ihnen nicht gelingen.
Wenn Sie die Literaturliste für die beruflichen Gymnasien durchgehen – und um diese geht es –, dann finden Sie bei der Gegenwartsliteratur eine ganze Reihe sehr gut geeigneter Bücher, die das Nazideutschland behandeln und die die
Grundlage für eine Auseinandersetzung mit der jüngeren Geschichte im Unterricht bieten. Das wird in Baden-Württemberg an keiner Schule verhindert oder ausgeblendet. Ganz im Gegenteil, wir sehen die Aufarbeitung der Geschichte als Voraussetzung dafür, zu verhindern, dass Jugendliche wieder in den Rechtsextremismus abdriften.
Der Rücktritt der Kommission, von dem Sie gesprochen haben, ist keiner. Das wird die Ministerin nachher vielleicht noch etwas näher erläutern. Ich hatte die Gelegenheit, gestern mit einem Kommissionsmitglied zu sprechen. Dieses Kommissionsmitglied hat ausdrücklich bestätigt, dass die Kommission bei der Auseinandersetzung um diesen Vorgang vor allem Kommunikationsprobleme geltend macht, weil sie sich nicht angemessen behandelt fühlt.
Hängen Sie also das Ganze viel tiefer, als Sie es getan haben, und bringen Sie es in die richtige Größenordnung. Sie erweisen dem Land und seiner Kultuspolitik sonst einen Bärendienst.
Wenn es nicht auf die Redezeit angerechnet wird, ja.
Ich habe diese Information. Ich würde Sie da aber gern auf die Ausführungen der Kultusministerin verweisen, weil es gestern im Kultusministerium ein Gespräch zwischen der Kommission und dem Ministerialdirektor gegeben hat.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist deutlich gemacht worden, worum es geht:
dass Schülerinnen und Schüler zur Behandlung dieses Buchs eine entsprechende Materialbegleitung erfahren müssen.
Ich will dies in der zweiten Runde noch einmal vertiefen.
Frau Kultusministerin Schavan hat gerade davon gesprochen, es gehe darum, die Zyniker der Demokratie in die Schranken zu verweisen. Unter diesem Aspekt muss auch eine Auseinandersetzung mit diesem Buch stattfinden. Sie muss aber auch unter literaturästhetischen Gesichtspunkten stattfinden. Auch dazu gibt es keine für die Schüler geeignete Anleitung.
Es gibt zahlreiche Kritiken, die sich mit der Sprache, mit dem Aufbau dieses Buches auseinander setzen. Das sind aber Zeitungskritiken. Für den Unterricht, für die Beschäftigung mit dem Buch im Hinblick auf das Abitur müsste dieses Material vertieft begleitet werden können. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen dafür in einem Privatissimum auch gern Beispiele liefern. Die FAZ spricht in einem jüngeren Artikel davon, dies sei Literatur als Kauknochen.
Das ist doch das Problem, Herr Zeller. Haben Sie es immer noch nicht kapiert?
Es handelt sich hier um ein Buch, das auch sehr stark belehrenden Charakter hat und das nicht zuletzt die Politik in Bausch und Bogen diskreditiert.
Auch dazu muss eine Auseinandersetzung anhand geeigneter Sekundärliteratur stattfinden.
Herr Birzele, Sie haben doch gehört, dass es keine Pflichtlektüre mehr ist. Es ist ein Literaturangebot. Sie wissen immer noch nicht, worum es geht.
Ich weiß: Ihnen geht es um Stimmung. Aber Sie wissen immer noch nicht, worum es geht.
Wenn ein Schriftsteller die Charaktereigenschaften eines Ortsgruppenleiters der NSDAP beschreibt und dann nahtlos dazu übergeht, dieses Verhalten, diese Charaktereigenschaften auf alle Politiker in Deutschland zu übertragen – auch auf Sie, herzlichen Glückwunsch – –
Ich zitiere das gern.
Er beschreibt erst den Ortsgruppenleiter und schreibt dann:
Seine Karrieresucht ist zweifellos ja auch heute das beherrschende Motiv bei der Wahl der Partei, der sich einer verschreibt. Und schuld daran ist nicht das Individuum, sondern eine Republik, die es dazu kommen ließ, dass ihre begehrenswertesten Pfründe überhaupt nicht mehr zu erlangen sind, ohne dass der Bewerber sich die Tarnkappe einer politischen Gesinnung überstreift.
Das ist eine Form der Auseinandersetzung mit unserer Demokratie,
die Schüler dringend anhand geeigneter Sekundärliteratur führen müssen.
Diese Auseinandersetzung mit dem Buch findet in keiner Sekundärliteratur statt,
weil die Literaturwissenschaften dieses Buch als für sie nicht besonders interessant empfunden haben
und es in den letzten 20 Jahren keine literaturwissenschaftliche Auseinandersetzung darüber gibt, die wir heranziehen könnten, um solche Themenkomplexe aufzuarbeiten.
Das geht ineinander über. Wenn Sie, Frau Kollegin Rudolf, das Buch gelesen haben, wissen Sie, dass das von der Anlage des Buchs her auf mehreren Ebenen ständig ineinander übergeht.
Ich halte es für nicht zu verantworten, dieses Buch auf den Tisch zu legen
und keine erläuternde Literatur zu den Problemlagen des Buchs zur Verfügung zu haben. Die Schülerinnen und Schüler brauchen eine solche Literatur, um sich mit dem Buch vernünftig auseinander setzen zu können.
Ja, ich habe Ihnen inhaltliche Beispiele genannt,
um zu belegen, dass das Argument, man brauche keine Sekundärliteratur, nicht zutreffend ist.
Sie brauchen sie, um dieses Buch aufarbeiten zu können.
Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, es tut Ihnen weh, dass der Schriftsteller, den Sie hier so hochhalten,
Sie genauso pauschal verurteilt hat und zynisch beurteilt hat wie uns alle hier in diesem Haus.
Was hat das denn damit zu tun? Das hat etwas damit zu tun, dass wir als Demokraten ein bestimmtes Selbstverständnis haben.
Dazu gehört, dass wir jungen Menschen das an die Hand geben, was sie zur Auseinandersetzung mit solchen Thesen brauchen, und sie nicht verantwortungslos einer Situation überlassen,
sodass sie einer anschließenden Prüfung nicht gewachsen sind.
Sicher.
Das kann ich Ihnen nur damit erklären, dass das Buch im Kanon enthalten ist und dass eine Entfernung aus dem Kanon nicht erfolgt.
Ich sage Ihnen: Ich halte es nicht für schädlich, wenn es als Angebotslektüre nicht zum Zuge kommt. Das sage ich Ihnen ganz offen.
In diesem Kanon sind eine Reihe von Werken enthalten, die sich hoch qualifiziert mit der Thematik Nazideutschland auseinander setzen. Es werden eine ganze Reihe von Büchern angeboten, die wir auch mit der begleitenden Literatur vernünftig bearbeiten können. Ich denke, in der Auswahl wird auch deutlich, welche Bücher aus dem Kanon dafür tatsächlich in der Schule eingesetzt werden.
Wir brauchen uns hier nicht dem Vorwurf zu unterwerfen, dass ein Buch aus dem Angebot herausgenommen werde. Aber es ist richtig, dass man auch auf inhaltliche Aspekte hinweist, was ich mit diesem Beitrag gerade getan habe.
Ich habe mit Kommissionsmitgliedern gesprochen, zum Beispiel gestern mit Herrn Häring. Ich will darauf hinwei
sen, dass er gesagt hat, die Kommission sei sich dessen nicht bewusst gewesen, welche Diskussionen im Zusammenhang mit diesem Buch ausgelöst werden würden.
An der Diskussion, auf die Herr Reinelt hingewiesen hat, war auch Herr Breinersdorfer, ein Parteigenosse von Ihnen, dabei. Er hat sich voll und ganz mit Herrn Hochhuth identifiziert. Das zeigt eigentlich die wahren Absichten, die Sie nach wie vor mit dieser Debatte verfolgen.
Wir weisen das entschieden zurück.
Herr Kollege Maurer, können Sie eigentlich im Zusammenhang zuhören? Dann hätten Sie vielleicht wahrnehmen können, dass ich Gründe dafür genannt habe, warum es zu diesem Buch brauchbare Sekundärliteratur für Schüler geben muss.
Haben Sie das denn nicht verstanden? Dann erkläre ich es Ihnen gern noch einmal.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Konzept der Landesregierung zur Einführung der Fremdsprache in der Grundschule geht auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse über das frühkindliche Fremdsprachenlernen zurück. Es setzt diese Erkenntnisse konsequent um. Ich halte das für einen ganz bedeutenden Schritt in der Geschichte der Bildungspolitik im Land Baden-Württemberg.
Diese konsequente Umsetzung bedeutet, dass Kinder je früher, desto besser Fremdsprachen lernen. Das ist ganz wichtig für die Beurteilung der Frage, wann wir anfangen. Es liegt uns ja ein Antrag vor, der sagt: Fangt in Klasse 3 an, macht es in 3 und 4.
Frau Kollegin Rastätter, ich lese alle Anträge. Das ist ein Antrag der SPD, dem Sie sicher nicht zustimmen.
Es ist völlig unvernünftig, sich auf die Klassen 3 und 4 zu kaprizieren.
Wenn die grundsätzliche Aussage richtig ist, dass Kinder je früher, desto besser Fremdsprachen lernen, dann sollten wir so früh wie möglich beginnen,
das heißt in Klasse 1 und durchlaufend durch die Grundschule. Das bedeutet gleichzeitig, dass ich, wenn ich einen vernünftigen Lehrplan für die Klassen 1 bis 4 habe, nicht häppchenweise in den Klassen 2, 3 und 4 etwas anbieten muss, was nur Teile aus diesem Lehrplan verwirklicht.
Das bedeutet, dass wir natürlich vier Jahre für die Einführung der Fremdsprache in der ganzen Grundschule brauchen.
Ein interessanter Aspekt des frühen Fremdsprachenlernens bietet sich den Ausländerkindern, die oft Probleme haben, bei der deutschen Sprache mitzuziehen. Bei der Einführung einer Fremdsprache haben sie den gleichen Ausgangspunkt wie ihre deutschen Klassenkameraden. Erfahrungen, die damit gesammelt wurden, belegen, dass sie im Bereich des frühen Fremdsprachenlernens zusätzliche Motivation für ihre schulische Leistung finden können.
Die Lehrpläne, die wir erstellt haben, sind anspruchsvoll, weil es die ersten Lehrpläne zum frühkindlichen Fremdsprachenlernen sind, die von einem durchgängigen Kon
zept über vier Jahre und von der Anschlussfähigkeit ausgehen. Das unterscheidet das baden-württembergische Konzept von allen Versuchen in anderen Bundesländern. Wir sagen den Kindern: Ihr lernt nicht vier Jahre umsonst eine Fremdsprache, und die weiterführenden Schulen tun so, als sei nichts gewesen. Das machen die anderen Bundesländer, die frühes Fremdsprachenlernen einführen, inkonsequent. Sie vertrauen offensichtlich nicht auf die Fähigkeiten ihrer Lehrerinnen und Lehrer.
Dieser grundsätzliche Unterschied im baden-württembergischen Konzept hat natürlich Auswirkungen auf die weiterführenden Schulen. Das Fremdsprachenlernen in der Grundschule geschieht anwendungsorientiert, handlungsorientiert, durch Hörverstehen, durch Kommunikation, durch Hineinwachsen in die Sprache. Das wird auch Auswirkungen auf das Fremdsprachenlernen in den weiterführenden Schulen haben.
Deshalb ist unser Konzept auch weiter gedacht. In Klasse 5 werden alle weiterführenden Schulen – Hauptschule, Realschule, Gymnasium – auf dem aufsetzen, was wir in der Grundschule vorgearbeitet haben.
Nun haben wir eine Pilotphase für 400 Schulen festgelegt. Das hängt mit mehreren Dingen zusammen. Die wichtigste Voraussetzung für einen Fremdsprachenunterricht in der Grundschule ist natürlich, dass geeignetes Lehrpersonal zur Verfügung steht.
Das bedeutet, dass wir in entsprechendem Umfang Lehrerfortbildung einrichten. An Frau Rastätter sind die Realitäten wohl spurlos vorübergegangen: Das Konzept zur Lehrerfortbildung liegt vor, die Umsetzung läuft, die Mittel dafür sind bereitgestellt. Ich weiß nicht, wovon Sie reden. Vielleicht beklagen Sie die Tatsache, dass diese Fortbildung normalerweise in der Freizeit – in der unterrichtsfreien Zeit, genauer gesprochen – stattfindet. Das halte ich nicht für tragisch. Die Lehrerinnen und Lehrer dieses Landes tun das in weiten Bereichen. 70 % der Lehrerfortbildung findet in der unterrichtsfreien Zeit statt. Das darf hier auch einmal positiv erwähnt werden.
Wenn die Kommunen den Wunsch äußern, möglichst früh in den frühen Fremdsprachenunterricht an den Grundschulen einbezogen zu werden, so freut mich das. Denn das heißt, dass sie unserem Ansatz im Prinzip zustimmen.
Wir brauchen diese Pilotphase aber, um in den ersten Jahren noch Auswertungen vornehmen zu können.
Ich habe auf die Einmaligkeit des angesprochenen Unterfangens in Baden-Württemberg hingewiesen.
Ich mache auch deutlich: Wenn Sie zusätzliche Stunden in die Stundentafel einsetzen – es gehört zu unserem Konzept,
pro Schuljahr zwei Wochenstunden in die Stundentafel einzustellen –, müssen Sie auch die Lehrkräfte dafür zur Verfügung stellen können. Auch dazu brauchen wir die vorgesehene Zeit. Wir lassen uns da nicht in etwas hineinjagen, was wir nachher nicht verantworten könnten.
Sie haben den Landeselternbeirat zitiert. Nun möchte ich Ihnen sagen, dass der Landeselternbeirat diesem Konzept des frühkindlichen Fremdsprachenlernens zustimmt.
Er hat es im Bundeselternrat vorgetragen.
Der Bundeselternrat hat eine vergleichende Betrachtung aller Konzepte des frühkindlichen Fremdsprachenlernens in der Grundschule angestellt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass das baden-württembergische Modell mit Abstand zu bevorzugen sei; er würde sich wünschen, dass sich die anderen Bundesländer uns anschlössen.
Ich will noch etwas zum Thema „Französisch am Oberrhein“ sagen, da mir dieses Anliegen wirklich am Herzen liegt.
Es wäre ein großes Versagen, wenn wir in einer Grenzregion zu Frankreich nicht allen Kindern, die in dieser Region leben, die Möglichkeit bieten würden,
Französisch in der Grundschule zu erlernen.
Denn wir wissen, dass alle Kinder, die so früh mit dem Fremdsprachenunterricht beginnen, auch weitere Sprachen bis zu einem vernünftigen Sprachgebrauch erlernen können. Von daher ist es gerade für die Kinder bei uns, die im Grenzraum zu Frankreich leben, eine günstige Voraussetzung für ihr weiteres Leben, für ihre Berufschancen, für ihre Existenz, wenn wir ihnen dies ermöglichen können. Die Elsässer tun dies. Ich finde, wir sind im Interesse unserer Jugendlichen gehalten, das bei uns auch zu tun.
Alle Wirtschaftsverbände am Oberrhein haben bestätigt, dass sie dort Französischunterricht an der Grundschule wollen. Eine Entscheidung für Französisch am Oberrhein ist keine Entscheidung gegen Englisch. Jeder weiß, dass wir unseren Kindern in ihrer weiteren schulischen Laufbahn Englisch vermitteln müssen. Aber eine Entscheidung für Englisch am Oberrhein wäre eine Entscheidung gegen Französisch. Wir sind es unseren Kindern in dieser Wirtschaftsregion für ihre künftige berufliche Laufbahn schuldig, dass sie alle Französisch erlernen können.
Das wird mir von den Industrie- und Handelskammern, ganz nachdrücklich von den Handwerkskammern, aus dem Speditionsgewerbe, aus dem Tourismusbereich, aus allen Dienstleistungssparten bestätigt.
Es geht nicht nur um künftige Abiturienten. Es geht auch um die künftigen Hauptschüler. Ihnen müssen wir etwas für ihren weiteren Lebensweg mitgeben, was sie dringend brauchen, um eine vernünftige Entwicklung nehmen zu können.