Protocol of the Session on December 13, 2000

in einer Krisensituation, wie wir sie in der Landwirtschaft derzeit haben.

(Beifall bei der CDU)

Wer jetzt noch ein Übriges dazu tut und die Landwirtschaft in Baden-Württemberg, die anerkanntermaßen nicht nur einen hohen Qualitätsstandard hat, sondern auch mit hohen Umweltstandards produziert, heute noch ungerechtfertigt schlecht redet, der tut auch einiges dazu, die Existenz unserer Landwirte zu gefährden.

(Beifall bei der CDU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn Herr Maurer davon spricht, wir hätten 16 Jahre den Bundeslandwirtschaftsminister gestellt und nichts getan, muss man eines festhalten.

(Zuruf von der SPD: Wie war es mit den Tiertrans- porten?)

Zum Beispiel bei den Tiertransporten. Herr Zeller, Sie brauchen nicht darüber zu reden. Bei den Tiertransporten hat die EU

(Abg. Hans-Michael Bender CDU: Er versteht von der Schule etwas und nicht von der Landwirt- schaft!)

die Transportzeiten in dieser Zeit drastisch verkürzt. Ich erinnere nur daran: Herr Maurer, wenn jemand in den Kotau gehen muss, dann ist es die SPD in Baden-Württemberg.

(Abg. Drexler SPD: Was?)

Wer war gegen die Einführung des Wasserpfennigs? Wer war in diesem Bereich gegen Wasserschutz? Wer war gegen die Einführung des MEKA? Wer war und ist gegen die Zahlungen im Bereich der Gemeinschaftsaufgabe für benachteiligte Gebiete und strukturschwache Bereiche?

(Beifall bei der CDU – Abg. Zeller SPD: Sie sind in der Defensive!)

Immer – bis zum heutigen Tag – die Sozialdemokraten, und zwar festgemacht in Baden-Württemberg

(Abg. Zeller SPD: Unsinn!)

und nirgendwo sonst. Meine sehr verehrten Damen und Herren, wer hier in sich gehen muss, sind die Sozialdemokraten und sonst niemand.

(Beifall bei der CDU)

Wir haben im Bereich der Landwirtschaft im Prinzip jetzt die dritte Krise. Zuerst gab es die miserablen Verhandlungen der rot-grünen Regierung und von Schröder im letzten Jahr in Berlin zur Agenda 2000. Dazu muss man eines sagen: Herr Schröder redet jetzt von Agroindustrie. Noch im letzten Jahr hat er sich in Berlin dafür verkämpft, dass die Deckelung für Großbetriebe bei der EU-Förderung wegfällt. Wir haben uns dafür eingesetzt, dass die Förderung der Großbetriebe gedeckelt wird, und Herr Schröder setzt sich dafür ein, dass die Großbetriebe weiter uferlos gefördert werden. Das ist die Wahrheit, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU – Abg. Wieser CDU: Das ist der Kanzler der Bosse!)

Es ist so: Die SPD ist nicht nur die Partei des Großkapitals, sondern sie ist auch die Partei der Großlandwirtschaft.

(Lachen bei der SPD)

Und das wird jetzt zu kaschieren versucht.

(Unruhe)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, was wahr ist, muss wahr bleiben. Sie können nicht einfach so tun, als wäre alles das, was im letzten Jahr noch passiert ist,

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Sie haben sich in der Jahreszeit geirrt! Ist jetzt Fa- sching oder Weihnachten?)

nicht passiert.

(Abg. Wieser CDU: Der Kaschmir-Kanzler! – Abg. Keitel CDU: Brioni-Kanzler!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Herr Schröder mutiert vom Brioni-Kanzler zum Prionen-Kanzler, wenn es mit BSE so weitergeht.

(Oh-Rufe von der SPD)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die zweite Krise wurde durch die – das tut weh – rot-grünen Reformen ausgelöst, die die Landwirtschaft fast noch mehr gekostet haben und noch mehr kosten werden als die Agenda 2000 und die entsprechenden Beschlüsse hierzu. Auch das ist wahr. Wer den Preis für einen Liter Agrardiesel um 40 Pfennig erhöht und jetzt wieder in Wohltätermanier um 10 Pfennig absenkt,

(Abg. Wieser CDU: Scheinheilige Brüder!)

lässt sich als Wohltäter feiern, ist aber in Wahrheit scheinheilig und nichts anderes. Das ist die Wahrheit.

(Beifall bei der CDU)

Bei der Ökosteuer trifft Ähnliches zu. Durch sie werden gerade die Betriebe belastet, meine sehr verehrten Damen und Herren, die versuchen, umweltschonend und mit knappem Einsatz ihrer Ressourcen auch im landwirtschaftlichen Bereich zu wirtschaften. Auch sie trifft gerade die Ökosteuerreform und alles, was da dranhängt, besonders stark. Auch dies ist wahr. In diesen Bereichen hört man von einer Entlastung, sehr geehrter Herr Maurer, überhaupt nichts.

Die dritte Krise, ausgelöst durch die BSE-Erkrankungen, trifft nicht nur die Landwirtschaft, sondern eben auch die Verbraucher tief.

(Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Von der Ökosteuer bis zum Agrardiesel! Jetzt kommt noch die Entfernungspauschale!)

Jetzt muss man einmal die Dinge realistisch betrachten: Wir haben bis heute in England knapp 180 000 BSE-Fälle.

(Abg. Nagel SPD: Das hat Herr Teufel schon ge- sagt! – Zuruf des Abg. Maurer SPD)

In Gesamtdeutschland haben wir bei einer wesentlich höheren Rinderdichte und einer größeren Rinderzahl einen einzigen Fall.

(Abg. Maurer SPD: Na also!)

Ich will hier nichts verharmlosen, weil ein Restrisiko – der Ministerpräsident hat es vorhin ausdrücklich gesagt – immer bleibt. Man muss aber die Dinge auch realistisch betrachten, und dann kann man nicht so, wie Sie, Herr Maurer, hergehen und die Landwirtschaft in diesem Land schlecht reden.

(Abg. Brechtken SPD: Oje! – Abg. Dr. Salomon Bündnis 90/Die Grünen: Weihnachtsfeiergeschä- digt, oder was? – Unruhe)

Das Land hat darüber hinaus alles getan – mehr als andere Bundesländer –, zum Beispiel im Bereich der Tests. Wir wollen größtmögliche Sicherheit für den Verbraucher, wir wollen aber auch im Interesse der Landwirte größtmögliche Sicherheit – auch für die Landwirte. Deshalb werden alle Tests durchgeführt, die wissenschaftlich begründbar sind. Es macht aber doch keinen Sinn, 15, 20 Monate alte Rinder zu testen, bei denen gar kein Nachweis möglich ist. Wir testen alle, die getestet werden können; das sind derzeit die über 30 Monate alten Rinder.

(Abg. Dagenbach REP: Seit wann haben Sie die Technik?)

Wenn sich Wissenschaft und Labortechnik weiterentwickeln, werden wir auch Rinder testen, die jünger sind. Das ist doch gar keine Frage.

Aber es spricht doch auch für die Qualität der baden-württembergischen Landwirtschaft, Herr Maurer, wenn bei über zweieinhalbtausend Tests, die in den letzten Wochen durchgeführt wurden, in keinem einzigen Fall das Ergebnis positiv war, sondern alle Ergebnisse negativ waren. Auch das muss man doch einmal sagen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Zuruf des Abg. Capezzuto SPD)

Nein, nein. Ich habe vorhin vernommen, die baden-württembergische Landwirtschaft – so hat es Herr Maurer dargestellt – sei in etwa das Letzte, was in Deutschland vorkomme. So war Ihre Intension.

(Abg. Maurer SPD: Ach Gott! – Zurufe der Abg. Keitel CDU und Zeller SPD)

So war Ihre Intension. Das genaue Gegenteil ist der Fall, Herr Maurer.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir brauchen aber auch Solidarität zwischen dem weiterverarbeitenden Gewerbe und dem Einzelhandel. Es ist nicht nur eine Krise von Verbrauchern und Landwirten, sondern damit ist auch ein Umfeld verbunden, die vorgelagerte Wirtschaft im Bereich der Futtermittelindustrie, die Erzeuger, die Weiterverarbeiter, bis hin zum Einzelhandel. Auch der Lebensmitteleinzelhandel hat Einbrüche zu verzeichnen.

Noch ein Wort zum Thema Agroindustrie: Wir haben uns stets und immer für bäuerliche Familienbetriebe eingesetzt. Der Gegenwind, den wir seit zwei Jahren aus Berlin verspüren, geht gerade in die andere Richtung. Er geht in Richtung Großindustrie. Hinter vorgehaltener Hand wird immer wieder gesagt: Das ist ja klar, der Lebensmitteleinzelhandel hat sich umstrukturiert, zehn große Lebensmitteleinzelhändler bestimmen etwa 80 % des Marktes; darauf muss auch die Landwirtschaft reagieren, nämlich der Produzent. So sind die Botschaften, die derzeit aus Berlin kommen. Wir meinen, dass wir dagegenhalten können, indem wir ein eigenes Marketing aufbauen und sagen: Wir produzieren in Baden-Württemberg anders und besser, und zwar nicht nur aufgrund der Herkunft anders. Mit dem Herkunfts- und Qualitätszeichen, diesem Zeichen mit den drei Löwen, besteht schon immer, bestand schon zu Zeiten, als von Ihnen noch kein Mensch daran gedacht hat, ein Verbot der Verfütterung von Tiermehl an alle Tiere, die dieses Herkunfts- und Qualitätszeichen tragen.