Protocol of the Session on April 6, 2017

gemäß § 51 der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin

Nun können mündliche Anfragen an den Senat gerichtet werden. Die Fragen müssen ohne Begründung, kurz gefasst und von allgemeinem Interesse sein sowie eine kurze Beantwortung ermöglichen; sie dürfen nicht in Unterfragen gegliedert sein. Ansonsten werden wir die Fragen zurückweisen.

Zuerst erfolgen die Wortmeldungen in einer Runde nach der Stärke der Fraktionen mit je einer Fragestellung. Nach der Beantwortung steht mindestens eine Zusatzfrage dem anfragenden Mitglied zu, eine weitere Zusatzfrage kann auch von einem anderen Mitglied des Hauses gestellt werden.

Für die erste Frage rufe ich nun ein Mitglied der Fraktion der SPD auf und bitte es, an das Redepult zu treten. Die Nachfragen werden von den Sitzplätzen aus gestellt. – Frau Dr. Kitschun! Bitte schön, stellen Sie Ihre Frage!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat: Welche Informationen hat der Senat zum aktuellen Fall eines Berliner Schülers, der nach antisemitischen Beleidigungen und einem Angriff durch Mitschüler seine Schule verlassen hat, und wie bewertet der Senat diesen Vorfall?

Frau Senatorin Scheeres – bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrte Frau Kitschun! An der Friedenauer Gemeinschaftsschule ist ein Achtklässler jüdischen Glaubens antisemitisch beleidigt, aber auch körperlich attackiert worden. Nachdem wir dieses erfahren haben, sind wir sofort mit unserer Antidiskriminierungsbeauftragten vor Ort in der Schule gewesen, aber auch die Schulaufsicht und die Schulpsychologie, die SIBUZe, die wir dort vor Ort im Bezirk installiert haben, sind dort tätig. Sehr viele Gespräche mit den Lehrkräften, mit der Schulleitung, aber auch mit den Schülerinnen und Schülern haben stattgefunden. Ein Ergebnis ist es, dass neben den Gesprächen und der Reflexion jetzt demnächst eine Schulversammlung zu diesem Thema stattfinden wird. Die Schule hat sich aber auch entschieden, nach den Osterferien Projekttage zum Thema Antisemitismus, aber auch zum Nahostkonflikt durchzuführen. Auch die Schulpsychologie hat den Lehrkräften entsprechende Coachingangebote vorgestellt bzw. ist auch bereit, Einzelgespräche zu führen.

Grundsätzlich möchte ich zu diesem Thema sagen, dass wir in keinster Weise Diskriminierung an irgendeiner Schule akzeptieren. Es ist auch das Leitbild der einzelnen Schulen, dieses nicht vor Ort zu akzeptieren. Alle Schulen sind der Auffassung – das spiegelt sich auch im Rahmenlehrplan und in den Schulkonzepten wider –, dass es uns wichtig ist, dass Schülerinnen und Schüler friedvoll zusammenleben, aber dass es auch darum geht, zur Demokratie zu erziehen. Das sind die Leitlinien aller Schulen in Berlin, und wir kehren keinen Fall unter den Teppich. Das darf nicht passieren. Man muss sich individuell immer mit den Fällen auseinandersetzen, wenn Diskriminierung vor Ort stattfindet.

Aber ich möchte auch ansprechen, dass diese Diskriminierungsfälle, die in den Schulen stattfinden, auch ein Spiegelbild unserer Gesellschaft sind, dass diese Dinge auch in unserer Gesellschaft stattfinden und dass diese Probleme auch in die Schule hineingetragen werden. Ich möchte auch an dieser Stelle ganz klar sagen, dass ich es nicht akzeptiere, dass diese Schule stigmatisiert wird. Das findet nämlich gerade statt – in feinster Form. Es geht

(Senatorin Regine Günther)

hier um einen Fall, der an dieser Schule stattgefunden hat, und das ist nicht zu akzeptieren. Es kann aber nicht sein, dass jeder einzelne Schüler und jede Lehrkraft stigmatisiert wird, so wie es im Moment in der Öffentlichkeit zum Teil stattfindet. Denn wenn man sich mal anschaut, was die Schule in den letzten Jahren gemacht hat: Die Schule hat sich auf den Weg der Gemeinschaftsschule gemacht. Es ist umstrukturiert worden. Die Schule hat sich das Zeichen „Schule ohne Rassismus“ gegeben. Wenn man dieses tut, bedeutet das, dass man sich kontinuierlich auch mit diesen Themen auseinandersetzt, aber es heißt nicht, dass man vor diesen Themen letztendlich gefeit ist.

Ich akzeptiere auch nicht, was zurzeit stattfindet – und das meinte ich vorhin mit der Formulierung „Spiegelbild der Gesellschaft“ –, dass nämlich Medien vor der Schule stehen und Schülerinnen und Schüler bedrängen, dass von Erwachsenen Hassmails an diese Schule geschickt werden oder dass Amokdrohungen ausgesprochen werden. Ich finde, so etwas können wir als Gesellschaft nicht akzeptieren. Das ist ebenfalls inakzeptabel, und dagegen wehren wir uns.

Also die Schule setzt sich intensivst mit den Themen auseinander. Die Schule hat auch Kontakt zum Zentralrat der Juden aufgenommen, und die Schule steht im Kontakt mit den Eltern, und die Schulklasse hat auch einen Brief an den ehemaligen Schüler geschrieben. Die Situation wird also sehr ernst genommen, und wir unterstützen die Schule da, wo wir können.

Vielen Dank! – Frau Dr. Kitschun! Wünschen Sie, eine Nachfrage zu stellen? – Bitte schön!

Herzlichen Dank für diese Ausführungen! – Mich würde noch interessieren, welche Angebote es insgesamt in Berlin in diesem Bereich für betroffene Schülerinnen und Schüler und für Schulen gibt, die präventiv gegen Antisemitismus, gegen Rassismus und gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit arbeiten wollen.

Frau Senatorin!

Sehr geehrte Frau Kitschun! Es gibt sehr unterschiedliche Möglichkeiten. Es werden viele Projekte in diesem Zusammenhang gefördert. Das ist uns sehr wichtig. Es gibt z. B. die Landeskommission gegen Gewalt. Über diesen Bereich werden Projekte gefördert, aber auch mein Haus fördert bestimmte Projekte und auch die Kampagnen. Es

gibt Bundeskampagnen, Landeskampagnen – Schule ohne Gewalt, Schule ohne Rassismus. Das sind Themen, die in den Schulen aufgegriffen werden, aber auch die Mittel, die wir den Schulen zur Verfügung stellen – „Flexi-Mittel“ oder das Schul-Bonusprogramm –, sind individuelle Gelder, die den Schulen zur Verfügung stehen, damit sie, wenn bestimmte Themen auftreten, auch individuell reagieren können.

Ich möchte auch noch mal den Rahmenlehrplan ansprechen. Wir sehen das Thema Diskriminierung nicht nur als ein Thema eines Faches, sondern es ist ein durchgängiges Prinzip, dass man sich kontinuierlich auch mit diesem Thema im Unterricht auseinandersetzen soll. Also spezifische Themen sind im Rahmenlehrplan enthalten, aber es ist die Aufgabe jeder Lehrkraft, dem entgegenzuwirken, wenn solche Tendenzen an einer Schule zu beobachten sind, und z. B. Projekte zu initiieren. Ich möchte dazu auch ganz deutlich sagen: Am Geld darf es an dieser Stelle nicht scheitern.

Vielen Dank! – Die zweite Nachfrage geht an Frau Kollegin Kittler von der Fraktion Die Linke.

Ich möchte mich dem anschließen und warne dringend vor der Verurteilung der Schülerinnen und Schüler und des Kollegiums dieser Schule.

[Hildegard Bentele (CDU), Holger Krestel (FDP) und Georg Pazderski (AfD): Frage!]

Ich möchte gern wissen, ob die Senatsverwaltung bzw. die Antidiskriminierungsbeauftragte auch selbst den Kontakt zur Familie des betroffenen Schülers aufgenommen hat. Da bestand ja auch das sehr schöne Angebot der Großeltern dieses Schülers, in die Schule zu gehen und den Kindern zu berichten. Das wäre mir ein Anliegen – also die Frage, ob das passiert ist.

Bitte schön, Frau Senatorin!

Sehr geehrte Frau Kittler! Unsere Antidiskriminierungsbeauftragte ist sofort in die Schule gegangen, ist im Moment fast täglich vor Ort, führt viele Gespräche mit den Lehrkräften, den Schülerinnen und Schülern, und ist in engem Kontakt mit der Schulleitung, um sich einerseits die Situation anzuschauen, aber andererseits auch gemeinsam mit dem Kollegium zu erarbeiten, was man in den nächsten Schritten machen kann. Ich hatte ja schon einige Dinge angesprochen.

(Senatorin Sandra Scheeres)

Für mich ist dabei auch das gesamte Thema Gedenkstättenarbeit oder auch die Arbeit mit Zeitzeugen sehr wichtig. Das findet in vielen Schulen statt, und das gilt auch für das Angebot der Familie, die Großeltern sozusagen in die Schule miteinzubeziehen, damit sie aus ihren Erfahrungen berichten. Die Großeltern waren in der Klasse und haben gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern über das Thema Antisemitismus und über Diskriminierung diskutiert und auch über ihre persönlichen Erfahrungen im Krieg und in anderen Situationen berichtet. Die Idee des Schulleiters war es, diesen Ansatz auch in das Gesamtschulkonzept zu integrieren. Damit setzt sich das Kollegium auch auseinander.

Vielen Dank!

Dann kommen wir zur Frage der CDU-Fraktion. – Herr Dr. Juhnke – bitte schön!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Wenn es denn stimmt, dass die Staatsoper Unter den Linden tatsächlich am 3. Oktober mit einem wie auch immer gearteten Festakt eröffnen wird, aber der reguläre Spielbetrieb erst zu einem Zeitpunkt X beginnen kann, weil am 4. Oktober dort wieder die Handwerker und die Bauarbeiter einziehen, frage ich den Senat: Wie ist man auf die Idee gekommen, dass diese Lösung für Berlin die beste sei, die ich als peinliche Potemkin-Lösung bezeichnen möchte und die eher für ein Staatsverständnis steht, das auf Ernsthaftigkeit weniger Wert legt als auf „bella figura“?

[Beifall bei der CDU]

Frau Senatorin Lompscher!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Juhnke! In diesen Tagen finden die letzten, sehr konstruktiven Detailabstimmungen zwischen allen Beteiligten statt, um eine schrittweise Wiedereröffnung ab Herbst 2017 zu ermöglichen. Da diese noch nicht abgeschlossen sind, kann ich über das Ergebnis auch nicht informieren, werde das aber tun, sobald sie abgeschlossen sind.

Herr Dr. Juhnke! Wünschen Sie, eine Nachfrage zu stellen? – Dann bekommen Sie das Wort.

Dann stelle ich eine Nachfrage, weil es nun offensichtlich einen Widerspruch gibt. Vom Sprecher der Kulturverwaltung wurde gesagt, dass sehr wahrscheinlich am 3. Oktober eröffnet wird, aber der weitere Spielbetrieb noch unklar ist. Jetzt stellen Sie das wieder in die Tradition der Bauverwaltung, die sich bisher nicht konkret geäußert hat. Was ist nun richtig? Wann können wir mit einem ernsthaften Plan rechnen, wann die Eröffnung stattfindet und wann der Spielbetrieb startet?

Frau Senatorin!

Herr Juhnke! Ich bin untröstlich, aber ich werde mich wiederholen müssen. Diese Detailabstimmungen liegen in den letzten Zügen. Es ist eine schrittweise Wiedereröffnung ab Herbst 2017 vorgesehen. Sobald die Abstimmungen abgeschlossen sind, wird darüber informiert.

[Dr. Robbin Juhnke (CDU): Das ist ein kommunikativer Rückschritt zu dem, was wir beim letzten Mal gehört haben! – Georg Pazderski (AfD): Das ist wie beim BER!]

Wünschen Sie eine zweite Nachfrage zu stellen, Herr Kollege? – Jetzt muss ich Ihnen leider mitteilen, dass es nun zu spät ist.

[Zurufe von der FDP: Doch! – Georg Pazderski (AfD): Ja, und die Antwort?]

Der Herr Berg hatte sich zwischendurch schneller gemeldet. – Herr Dr. Berg, bitte schön!

Herzlichen Dank! – Frau Senatorin! Sie haben jetzt mehrfach das Wort Teileröffnung erwähnt. Welche Konzepte für Teileröffnungen bestehen dann? Geht es darum, dass der Fanshop eröffnet wird, dass die Toiletten eröffnet werden, möglichst gendergerecht, oder welche Teile der Staatsoper sollen eröffnet werden? – Danke schön!

[Beifall bei der AfD, der CDU und der FDP]

Frau Senatorin Lompscher!

(Senatorin Sandra Scheeres)

Ich meine, mich nicht zu erinnern, das Wort „teilweise Eröffnung“ gesagt zu haben. Ich habe von „stufenweiser Wiedereröffnung“ gesprochen. Wenn ich etwas anderes gesagt haben sollte, habe ich eine stufenweise Wiederinbetriebnahme gemeint.

Jetzt kommen wir zur Fraktion Die Linke. Frau Kollegin Schubert hat das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat, wie der aktuelle Stand der Verhandlungen mit dem Land Brandenburg über die Aussetzung des Vertrages bezüglich der Aufnahmeeinrichtung für Geflüchtete in Wünsdorf ist.

Frau Senatorin Breitenbach, bitte schön!

Vielen Dank! – Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Schubert! Die Verhandlungen mit dem Land Brandenburg wurden erfolgreich mit folgendem Ergebnis beendet: Wir werden den Vertrag für die Unterbringung von Geflüchteten aus Berlin in Wünsdorf ab dem 1. Mai aussetzen. Wir werden auch ab dem 1. Mai nicht mehr das Geld bezahlen müssen, das vorher monatlich erbracht wurde. Das waren 330 000 Euro.

[Beifall bei der LINKEN]