Protocol of the Session on April 6, 2017

Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufsteigen, bis wir am Ziel sind.

Wir hören, gegebenenfalls

wird morgen kein einziger Europäer, kein einziger Westler irgendwo auf der Welt sicher und beruhigt einen Schritt auf die Straße setzen können.

Wir hören zuletzt:

Macht nicht drei, sondern fünf Kinder, denn ihr seid die Zukunft Europas!

Das heißt, er proklamiert ganz offen das, was manche den sogenannten Geburtendschihad nennen. Sein Außenminister sekundiert:

Heilige Kriege werden bald in Europa beginnen.

Nein, die AfD hat schwere Bedenken gegen diesen Konsulatslehrerunterricht aus rechtlicher, aus integrationspolitischer und aus allgemeinpolitischer Sicht!

[Beifall bei der AfD]

Deshalb – wir sehen, dass Sie dieses von der AfD gesetzte Thema jetzt mit aufgreifen –: Vorstellbar wäre ein freiwilliges Zusatzangebot im Rahmen deutscher Richtlinien. Die bisherige Praxis des türkischen Konsulatslehrerunterrichts ist aber aus den genannten Gründen zu beenden. – Ich danke Ihnen!

[Beifall bei der AfD]

Vielen Dank! – Für die SPD-Fraktion hat Frau Dr. Lasić das Wort. – Bitte schön!

[Katrin Schmidberger (GRÜNE): Wie wäre es denn mit einer Rüge?]

Aber mir hören Sie vielleicht jetzt gleich zu! – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Vertreterinnen und Vertreter der AfD! Ich habe eine Frage an Sie. Haben Sie vor, auch einmal einen Antrag einzubringen, der mehr beinhaltet als ein reines „Macht das weg!“? – Ihnen passt Konsulatsunterricht nicht – macht das weg!

[Beifall bei der AfD]

Ihnen passen Geflüchtete nicht – macht das weg! Ihnen passt es nicht, dass sich die Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner für die Koalitionsparteien entschieden haben. Sie erklären im Plenum, wir seien keine Volksvertreter und schreien: Macht das weg! – Demokratie ist mehr als reines „Macht das weg!“ Es ist ein Wettbewerb der Ideen. Wo sind Ihre Ideen?

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Marc Vallendar (AfD): Wo sind Ihre Argumente?]

Sie erklären in Ihrem Antrag nur, was Sie nicht wollen, überhaupt nicht, was Sie stattdessen wollen.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Wollen Sie das?]

Es bleiben massenweise Fragen offen, die Herr Curio gerade auch nicht beantwortet hat. Die wichtigste Frage für mich ist: Wie halten Sie es an sich mit dem herkunftssprachlichen Unterricht? Wollen Sie den insgesamt abschaffen? Die Antwort sind Sie uns schuldig geblieben.

(Dr. Gottfried Curio)

Ich frage auch vor dem Hintergrund einer Diskussion, die wir kürzlich geführt haben. Vor wenigen Wochen saßen alle bildungspolitischen Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen auf dem Podium der Europa-Union. Auch Herr Kerker war dabei, für die AfD. Ich war ehrlich überrascht, wie positiv sich Herr Kerker in Bezug auf die Mehrsprachigkeit geäußert hat.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Selbstverständlich!]

Im Gegensatz zu Anträgen der AfD Sachsen, die Mehrsprachigkeitskonzepte per se ablehnt, hat er die besondere Bedeutung der Mehrsprachigkeit betont, die auch er in seiner Familie lebt.

[Stefan Franz Kerker (AfD): Ja, wenn die deutsche Sprache nicht runterfällt!]

Das fand ich auch authentisch. Wenn aber Ihr bildungspolitischer Sprecher offenbar selbst an die Bedeutung der Mehrsprachigkeit glaubt, kann Ihr Antrag danach nicht allen Ernstes nur die Abschaffung des herkunftssprachlichen Unterrichts verlangen, ohne zu verdeutlichen, was stattdessen kommen soll.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN – Karsten Woldeit (AfD): Haben Sie zugehört?]

Ich sage Ihnen, was nicht geht. Es geht nicht, dass unsere Kinder, die mehr als eine Sprache zu der ihren zählen, keinen herkunftssprachlichen Unterricht bekommen.

[Georg Pazderski (AfD): Darum geht es doch gar nicht!]

Dies wird es mit der jetzigen Koalition nicht geben.

[Georg Pazderski (AfD): Wir wollen keine Erdoğan-Lehrer hier!]

Bald wird die Mehrheit unserer Schülerinnen und Schüler einen Migrationshintergrund haben. Für sehr viele Familien unserer Stadt gehört die Pflege der Herkunftssprache zu einem Teil ihrer Identität.

[Zuruf von Antje Kapek (GRÜNE)]

Ich selbst möchte keinen Tag des herkunftssprachlichen Unterrichts missen, an dem ich teilgenommen habe. Für mich selbst ist es essenziell, dass mein Kind seine Muttersprache auch jenseits des familiären Umfeldes erlernt. Ich bringe diese persönliche Komponente gezielt ein, um Ihnen eine Punkt klarzumachen: Sie tun in Ihrem Antrag so, als ob es bei dem Konsulatsunterricht nur um Türkischunterricht geht. Fakt ist jedoch: Dies ist zurzeit der Rahmen für alle Sprachen, egal wie groß oder klein sie sind. Wenn wir uns also mit dem Konsulatsunterricht befassen, müssen wir dies umfassend machen und nachvollziehen, dass die Folgerungen, die Sie fordern, zum Beispiel Verbote, alle Sprachen betreffen. Allein deshalb ist Ihr Antrag in der jetzigen Formulierung nicht zielführend.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Das Thema herkunftssprachlicher Unterricht ist aber sehr wohl aktuell. Ich bin mit dem Status quo nicht zufrieden.

[Georg Pazderski (AfD): Sinnlos!]

Derzeit ist es so, dass der herkunftssprachliche Unterricht in Berlin so gut wie ausschließlich durch Konsulate angeboten wird. Dies kann nicht unser Anspruch sein.

[Marc Vallendar (AfD): Nein!]

Wir wollen, dass unsere Berliner Kinder ihre Herkunftssprache durch Angebote des Berliner Schulsystems erlernen.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Es geht hier nicht um Fremdsprache! Muttersprache! Themenverfehlung!]

Auch wir finden, dass es nicht sein kann, dass es Konsulate sind, die unseren Job machen.

Frau Kollegin! Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, gerne!

Und zwar vom Kollegen Kerker und von Herrn Woldeit. – Herr Kerker!

Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kollegin Dr. Lasić! Wir haben beide bei der Diskussion in der Europaschule festgestellt, dass wir in der Hinsicht eine ähnliche familiäre Situation haben, dass wir beide in multinationalen Ehen stehen und die Zweisprachigkeit da zwangsläufig ein Thema ist.

Das ist schön, aber keine Frage!

Ja, das war eine kleine Einleitung, Frau Präsidentin. – Ich komme jetzt zur Frage. Sind Sie nicht auch der Meinung, dass neben dem Erwerb einer zweiten Sprache in integrationspolitischer Hinsicht primär wichtig ist, dass die Kinder erst einmal Deutsch lernen? Denn das ist das Problem, dass wir seit drei Generationen insbesondere in Stadtteilen wie Wedding haben. Da mangelt es bei vielen.

Ich kann direkt darauf antworten. Es ist ein typisches Gehabe von Parteien von Ihrem Rand, dass man das zu einem Entweder – Oder macht.

[Beifall bei der SPD, der LINKEN und den GRÜNEN]

Natürlich sind wir dafür, dass die deutsche Sprache so gut wie möglich erlernt wird. Wir unterstützen unsere Schülerinnen und Schüler dabei. Es ist aber auch eine Binsenweisheit, wissenschaftlich erwiesen, dass das Erlernen der deutschen Sprache am besten funktioniert, wenn auch die Herkunftssprache adäquat begleitet wird.