wird morgen kein einziger Europäer, kein einziger Westler irgendwo auf der Welt sicher und beruhigt einen Schritt auf die Straße setzen können.
Das heißt, er proklamiert ganz offen das, was manche den sogenannten Geburtendschihad nennen. Sein Außenminister sekundiert:
Nein, die AfD hat schwere Bedenken gegen diesen Konsulatslehrerunterricht aus rechtlicher, aus integrationspolitischer und aus allgemeinpolitischer Sicht!
Deshalb – wir sehen, dass Sie dieses von der AfD gesetzte Thema jetzt mit aufgreifen –: Vorstellbar wäre ein freiwilliges Zusatzangebot im Rahmen deutscher Richtlinien. Die bisherige Praxis des türkischen Konsulatslehrerunterrichts ist aber aus den genannten Gründen zu beenden. – Ich danke Ihnen!
Aber mir hören Sie vielleicht jetzt gleich zu! – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Vertreterinnen und Vertreter der AfD! Ich habe eine Frage an Sie. Haben Sie vor, auch einmal einen Antrag einzubringen, der mehr beinhaltet als ein reines „Macht das weg!“? – Ihnen passt Konsulatsunterricht nicht – macht das weg!
Ihnen passen Geflüchtete nicht – macht das weg! Ihnen passt es nicht, dass sich die Mehrheit der Berlinerinnen und Berliner für die Koalitionsparteien entschieden haben. Sie erklären im Plenum, wir seien keine Volksvertreter und schreien: Macht das weg! – Demokratie ist mehr als reines „Macht das weg!“ Es ist ein Wettbewerb der Ideen. Wo sind Ihre Ideen?
Sie erklären in Ihrem Antrag nur, was Sie nicht wollen, überhaupt nicht, was Sie stattdessen wollen.
Es bleiben massenweise Fragen offen, die Herr Curio gerade auch nicht beantwortet hat. Die wichtigste Frage für mich ist: Wie halten Sie es an sich mit dem herkunftssprachlichen Unterricht? Wollen Sie den insgesamt abschaffen? Die Antwort sind Sie uns schuldig geblieben.
Ich frage auch vor dem Hintergrund einer Diskussion, die wir kürzlich geführt haben. Vor wenigen Wochen saßen alle bildungspolitischen Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen auf dem Podium der Europa-Union. Auch Herr Kerker war dabei, für die AfD. Ich war ehrlich überrascht, wie positiv sich Herr Kerker in Bezug auf die Mehrsprachigkeit geäußert hat.
Im Gegensatz zu Anträgen der AfD Sachsen, die Mehrsprachigkeitskonzepte per se ablehnt, hat er die besondere Bedeutung der Mehrsprachigkeit betont, die auch er in seiner Familie lebt.
Das fand ich auch authentisch. Wenn aber Ihr bildungspolitischer Sprecher offenbar selbst an die Bedeutung der Mehrsprachigkeit glaubt, kann Ihr Antrag danach nicht allen Ernstes nur die Abschaffung des herkunftssprachlichen Unterrichts verlangen, ohne zu verdeutlichen, was stattdessen kommen soll.
Ich sage Ihnen, was nicht geht. Es geht nicht, dass unsere Kinder, die mehr als eine Sprache zu der ihren zählen, keinen herkunftssprachlichen Unterricht bekommen.
Bald wird die Mehrheit unserer Schülerinnen und Schüler einen Migrationshintergrund haben. Für sehr viele Familien unserer Stadt gehört die Pflege der Herkunftssprache zu einem Teil ihrer Identität.
Ich selbst möchte keinen Tag des herkunftssprachlichen Unterrichts missen, an dem ich teilgenommen habe. Für mich selbst ist es essenziell, dass mein Kind seine Muttersprache auch jenseits des familiären Umfeldes erlernt. Ich bringe diese persönliche Komponente gezielt ein, um Ihnen eine Punkt klarzumachen: Sie tun in Ihrem Antrag so, als ob es bei dem Konsulatsunterricht nur um Türkischunterricht geht. Fakt ist jedoch: Dies ist zurzeit der Rahmen für alle Sprachen, egal wie groß oder klein sie sind. Wenn wir uns also mit dem Konsulatsunterricht befassen, müssen wir dies umfassend machen und nachvollziehen, dass die Folgerungen, die Sie fordern, zum Beispiel Verbote, alle Sprachen betreffen. Allein deshalb ist Ihr Antrag in der jetzigen Formulierung nicht zielführend.
Das Thema herkunftssprachlicher Unterricht ist aber sehr wohl aktuell. Ich bin mit dem Status quo nicht zufrieden.
Derzeit ist es so, dass der herkunftssprachliche Unterricht in Berlin so gut wie ausschließlich durch Konsulate angeboten wird. Dies kann nicht unser Anspruch sein.
Wir wollen, dass unsere Berliner Kinder ihre Herkunftssprache durch Angebote des Berliner Schulsystems erlernen.
[Frank-Christian Hansel (AfD): Es geht hier nicht um Fremdsprache! Muttersprache! Themenverfehlung!]
Vielen Dank, Frau Präsidentin! – Liebe Kollegin Dr. Lasić! Wir haben beide bei der Diskussion in der Europaschule festgestellt, dass wir in der Hinsicht eine ähnliche familiäre Situation haben, dass wir beide in multinationalen Ehen stehen und die Zweisprachigkeit da zwangsläufig ein Thema ist.
Ja, das war eine kleine Einleitung, Frau Präsidentin. – Ich komme jetzt zur Frage. Sind Sie nicht auch der Meinung, dass neben dem Erwerb einer zweiten Sprache in integrationspolitischer Hinsicht primär wichtig ist, dass die Kinder erst einmal Deutsch lernen? Denn das ist das Problem, dass wir seit drei Generationen insbesondere in Stadtteilen wie Wedding haben. Da mangelt es bei vielen.
Ich kann direkt darauf antworten. Es ist ein typisches Gehabe von Parteien von Ihrem Rand, dass man das zu einem Entweder – Oder macht.
Natürlich sind wir dafür, dass die deutsche Sprache so gut wie möglich erlernt wird. Wir unterstützen unsere Schülerinnen und Schüler dabei. Es ist aber auch eine Binsenweisheit, wissenschaftlich erwiesen, dass das Erlernen der deutschen Sprache am besten funktioniert, wenn auch die Herkunftssprache adäquat begleitet wird.