Protocol of the Session on April 6, 2017

[Frank-Christian Hansel (AfD): Schulverweigerer!]

Es wird Zeit, dass aus Berlin das richtige Signal kommt und unser Bundesland den Schritt zu mehr Bildungsgerechtigkeit unternimmt und dass der Bund seiner Verantwortung nachkommen kann, sich am Umbau und Ausbau der Schulen für das 21. Jahrhundert zu beteiligen.

Wir wissen alle, dass wir in der Berliner Bildungslandschaft vor großen Herausforderungen stehen. Es geht dabei auch um viel Geld. Diese Koalition hat deshalb im Nachtragshaushalt zusätzlich 100 Millionen Euro für Schulen hinterlegt und wird die Besoldung von Grundschullehrerinnen und Grundschullehrern verbessern. Wir werden weiter die im Koalitionsvertrag beschlossenen strukturellen, personellen und qualitativen Vorhaben umsetzen. Diese Koalition gibt in Berlin mehr Geld aus

(Stefan Franz Kerker)

für die Schulen, für die Kinder und Jugendlichen in dieser Stadt. Wir sollten uns insoweit doch alle hier im Haus einig sein, dass Bildung der Schlüssel zum Erfolg ist. Folglich sollten wir in Bildung noch mehr investieren, als es uns derzeit als Land trotz der guten finanziellen Lage möglich ist.

Viel zu oft sind wir in den vergangenen Jahren nicht vorangekommen, weil hier und da das Geld fehlt. Das sehen wir doch nirgends besser als an dem massiven Sanierungsstau an den Schulen und der Herausforderung, alle Kinder inklusiv beschulen zu können. Wir müssen den Bund endlich wieder mit in die Verantwortung nehmen. Für uns Grüne braucht erfolgreiche Bildung vor allem Chancengerechtigkeit und Teilhabe. Wir wollen alle Kinder und Jugendliche in Berlin bestmöglich fördern.

[Frank-Christian Hansel (AfD): Wer will denn das nicht? Das ist doch logisch!]

Es geht um qualifiziertes, gut ausgebildetes und motiviertes Personal an unseren Schulen, um Ganztagsschulplätze, um das Ganztagsprogramm umzusetzen, inklusive Beschulung, die Förderung von Kindern in Willkommensklassen und den Übergang in Regelklassen. Da haben wir alle gemeinsam viel zu tun. Wir packen das als Rot-Rot-Grün an. Doch nicht nur Berlin, sondern in ganz Deutschland hängt gute Bildung noch viel zu sehr vom Geldbeutel der Eltern ab. Wir Grünen wollen nicht, dass entscheidend für den Bildungserfolgt ist, woher jemand kommt, sondern wohin jemand will.

Das Kooperationsverbot muss weg. Es geht dabei nicht darum, die Kompetenzen des Landes abzugeben und dem Bund den Schulbereich zu überlassen,

[Holger Krestel (FDP): Das haben Sie abgeschrieben!]

sondern die Verantwortung gemeinsam wahrzunehmen. – Danke!

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN]

Vielen Dank! – Für die Fraktion der FDP hat jetzt Herr Fresdorf das Wort. – Bitte schön, Herr Abgeordneter!

[Beifall bei der FDP]

Vielen Dank! – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Achtung, jetzt alle einmal aufpassen und den Kalender herausholen! Nehmen Sie einen roten Filzstift in die Hand und markieren Sie diesen Tag. Für die Digital Natives unter Ihnen: Öffnen Sie Ihr Handy und die Kalender-App, dann tragen Sie das als ganztägiges Ereignis

ein mit dem Betreff: Rot-Rot-Grün hat einen guten bildungspolitischen Antrag eingebracht.

[Beifall bei der FDP]

Da man bei Ihnen nicht ganz davon ausgehen kann, dass es ein anhaltender Zustand ist, sage ich Ihnen, was dabei besonders wichtig ist und was Sie nachhaltig beachten müssen. Zusätzlich zu Ihrer Wunschliste aus der Antragsbegründung, die ich hier nicht wiederhole, um mir nicht den Unmut meiner Bildungsausschussvorsitzenden wegen redundanter Redebeiträge zuzuziehen, nenne ich ergänzend ein paar wichtige Punkte.

Wir müssen beachten, dass wir nicht im Bildungswettbewerb mit Brandenburg, Bayern oder gar Bremen und dem Saarland stehen, sondern im Wettbewerb mit China und Nordamerika konkurrenzfähig sein müssen. Hier wird es darauf ankommen, eine verlässliche Finanzierung von Bildung und Bildungsinfrastruktur dauerhaft zu gewährleisten. Vergleichbare Standards müssen dafür sorgen, dass diese Investitionen auch nachgehalten werden können und auf Erfolg überprüft werden. Diese zusätzlichen Investitionen dürfen nicht für ideologische Bildungsexperimente verprasst werden, sondern müssen dazu führen, dass ein Schulwechsel aus Berlin nach München problemlos möglich ist, ohne dass eine Jahrgangsstufe wiederholt werden muss, um sich dem Niveau in München anzugleichen. Bildungsmobilität spielt eine große Rolle. Die Finanzierung der Bildung ist ein riesiges Thema in unserem Land. Bildungsausgaben sind eine gesamtstaatliche Kernaufgabe. Sie sind eine Investition in unsere Zukunft.

Wichtig ist auch, dass die Durchlässigkeit zwischen den Schulformen gewährleistet ist. Hier haben uns die internationalen Schulvergleichsstudien einen deutlichen Verbesserungsbedarf bescheinigt. Deshalb ist die Bildungsmobilität zwischen den Schularten sowie den Bildungszweigen Priorität einzuräumen. Bundesweit gelten Rahmenpläne, und Bildungsstandards garantieren Durchlässigkeit und Vergleichbarkeit. Zusätzlich müssen bei einer heterogenen Schülerschaft individuelle Lernstandards ermittelt werden.

Wir benötigen dringend eine Digitalisierungs- und Modernisierungsoffensive. Dies beginnt bei der Bildung, die eine gesellschaftliche Schlüsselaufgabe für die Zukunft unseres Landes ist. Hierfür sind dringend Investitionen, besonders auch in die Infrastruktur, erforderlich.

Um es kurz zu machen: Machen Sie damit keinen Quatsch! Die Richtung ist richtig. Jetzt bloß nicht verbocken! – Vielen Dank!

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der AfD – Beifall von Regina Kittler (LINKE)]

(Marianne Burkert-Eulitz)

Vielen Dank! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist dieser Tagesordnungspunkt abgeschlossen. Es wird die Überweisung des Antrags an den Ausschuss für Bildung, Jugend und Familie empfohlen. – Widerspruch höre ich nicht. Dann verfahren wir so.

Ich rufe auf die

lfd. Nr. 3.4:

Priorität der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Tagesordnungspunkt 25

Rehabilitierung und Ausgleich für in der DDR erlittene Verfolgung und Benachteiligung

Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion Die Linke, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der FDP Drucksache 18/0248 Neu

in Verbindung mit

lfd. Nr. 9:

Respekt des Landes Berlin für die Regimeopfer der ehemaligen DDR

Dringliche Beschlussempfehlung des Hauptausschusses vom 29. März 2017 Drucksache 18/0258

zum Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 18/0058

in Verbindung mit

lfd. Nr. 24:

Berlin bereitet sich auf „30 Jahre friedliche Revolution“ vor

Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion der CDU, der Fraktion Die Linke, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der FDP Drucksache 18/0247 Neu

In der Beratung beginnt die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Für die Fraktion hat jetzt der Abgeordnete Herr Otto das Wort. – Bitte schön!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Aufarbeitungsthemen – Aufarbeitung der Geschichte der DDR, des Herrschaftssystems, des Sozialismus – haben uns hier in den vergangenen Wochen und Monaten schon heftig beschäftigt. Dieses Mal – und da sage ich: endlich! – kommen wir dazu, uns mit dem zu beschäftigen, was wir uns als Koalition und sicherlich auch die Kolleginnen und Kollegen aus der Opposition sich gedacht haben, als die Wahlperiode angefangen hat. Wir haben in unseren

Koalitionsvertrag hineingeschrieben: Wir wollen uns darum kümmern, dass es eine Diskussion gibt über Opfer, über Benachteiligte, kurz: über Leute, die es in der DDR nicht gut hatten, die leiden mussten, die unterdrückt wurden, die im Gefängnis waren und andere Sachen mehr. Dazu kommen wir heute, und ich bin sehr froh darüber, dass wir endlich gemeinsam an diesem Punkt angelangt sind.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Beifall von Stefan Förster (FDP)]

Wir beschäftigen uns mit drei Anträgen. Das ist sehr viel für einen Tagesordnungspunkt. Ich versuche trotzdem, auf alle drei etwas einzugehen.

Der erste Antrag ist, glaube ich, der wichtigste. Das ist die Drucksache 18/0248, „Rehabilitierung und Ausgleich für in der DDR erlittene Verfolgung und Benachteiligung“. Das ist eine Bundesratsinitiative. Vielleicht sind es auch mehrere Bundesratsinitiativen. Wir wollen, dass bestimmte Gesetze, die schon existieren, verbessert werden, angepasst werden an die aktuelle Situation, und dass sie entfristet werden. Die Unrechtsbereinigungsgesetze – strafrechtliche Rehabilitierung, berufliche Rehabilitierung, verwaltungsrechtliche Rehabilitierung – sind alle befristet bis 31. Dezember 2019. Das wollen wir ändern. Wir wollen diese Fristen weghaben, weil sie sich nicht bewährt haben und weil immer noch Leute kommen und sagen: Moment mal, ich denke heute darüber nach, wenn ich einen Rentenantrag stelle, dass ich sehr wenig Rente bekomme, weil ich mich beruflich nicht entwickeln konnte, weil ich vielleicht im Gefängnis war. – Diese Leute kommen nicht darauf, wenn der Gesetzgeber sich das überlegt oder wenn wir das wollen, sondern sie kommen in der Regel darauf, wenn sie kurz vor der Rente sind. Deswegen wollen wir diese Fristen weghaben und den Senat darum bitten und ihn damit beauftragen.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP]

Es geht auch um die Anpassung der Opferrente. Es geht um Erweiterung der Ausgleichsleistung für verfolgte Schüler und vieles mehr. Das ist ein Thema, das wir im Bundesrat mit anderen Ländern zusammen – wir sind da nicht allein als Berlin, das sind die ostdeutschen Länder, aber, ich glaube, es sind auch andere Bundesländer, die sich dem anschließen werden – besser machen wollen.

30 Jahre sind lange her. Ich habe es schon angedeutet bei der Frage von Rente, von beruflicher Rehabilitierung. Trotzdem sind – und das hätten wir vielleicht, vielleicht auch ich, in den Neunzigerjahren gar nicht gedacht – die Geschichte, die Diktatur und das eigene Leben in so einem Land hinter der Mauer vielen im Gedächtnis, und das bewegt sie, und das beschäftigt sie. Wir tun sehr gut daran, 2019 als Parlament, als Senat, aber auch als Stadtgesellschaft daran zu denken, was vor 30 Jahren ge

schehen ist, wie das Land, wie unsere Stadt davor aussahen, und nicht nur Gedenkveranstaltungen durchzuführen, sondern auch eine Diskussion anzufangen: Wie wird in der Stadt erinnert? Wie ist das eigentlich mit dem Mauergedenken? Wie ist das mit der Stasi-Zentrale in Lichtenberg? Wie ist das mit anderen Stätten? Wie erinnern wir eigentlich am Alexanderplatz an die Demonstration vom 4. November 1989? – All das wollen wir machen. Und wir werden den Senat mit diesem Antrag hoffentlich auffordern – Das ist die Drucksache 18/0247 –, sich vorzubereiten auf „30 Jahre friedliche Revolution“ – auch das ein Anliegen der Koalition und der CDU und der FDP. Ich danke Ihnen, dass Sie diesem Antrag beigetreten sind.

[Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Vereinzelter Beifall bei der CDU und der FDP]